Entscheidungsstichwort (Thema)
Nicht-selbstständige Einkünfte des Gesellschafter-Geschäftsführers aus über die normalen Pflichten hinausgehenden „Beratungsleistungen”
Leitsatz (redaktionell)
- Unselbstständig ist der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in das Gefüge der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft zu folgen hat, die sich aus seiner Bestellung zum Geschäftsführer, aus dem Anstellungsvertrag und aus den Gesellschafterbeschlüssen ergeben.
- Lassen sich „Beratungsleistungen” inhaltlich nicht von den Pflichten unterscheiden, die der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kraft seiner Organstellung zu erfüllen hat, so handelt es sich bei der Vergütung dieser Tätigkeiten um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, § 19 Abs. 1
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger aus der Tätigkeit für eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er war, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1994 als Gesellschafter-Geschäftsführer verschiedener GmbHs Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; daneben erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Außerdem war er einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern der Fa. W-GmbH (W). Anstellungsverträge der W mit ihren Geschäftsführern bestanden nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Streitjahr nicht. Der Kläger hatte jedoch – ebenso wie sein Mitgeschäftsführer – einen Beratungsvertrag mit der W geschlossen. Nach der am 5. Juli 1992 geschlossenen Vereinbarung war er verpflichtet, die Finanztechnik der Auftraggeberin beratend zu begleiten und seine persönlichen Kontakte zum Bankenbereich zu deren Wohl einzubringen. Im Bereich der Vermietung sollte der Kläger beratend und unterstützend tätig werden. Für diese Tätigkeit stand ihm eine Vergütung in Höhe von 10.000 DM monatlich zzgl. Umsatzsteuer zu. Unter Bezugnahme auf diese Honorarvereinbarung erteilte der Kläger der W unter dem 10. Oktober 1995 eine Rechnung über insgesamt 345.000 DM, die sich auf die Beratungstätigkeit in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Dezember 1994 bezog. In der am 13. Oktober 1995 abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 62.100 DM (Einnahmen 69.000 DM./. Werbungskosten 6.900 DM). Nähere Angaben machte er nicht. Mit Schreiben vom 6. November 1995 erklärte er Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 310.500 DM (Betriebseinnahme in Höhe von 345.000 DM./. Betriebsausgaben in Höhe von pauschal 10 v.H. = 34.500 DM) nach. Mit Schreiben vom 27. März 1996 bat der Beklagte (das Finanzamt – FA –) den Kläger darum, nähere Angaben zu der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit zu machen. Außerdem wies er darauf hin, dass der Kläger lt. vorliegender Mitteilung im Jahr 1995 hohe Honorarzahlungen von der W erhalten habe, und bat in diesem Zusammenhang um nähere Angaben. Mit Schreiben vom 28. Mai 1996 teilte der Kläger mit, dass es sich bei den sonstigen Einkünften um Erträge aus der Vermittlung eines Möbelmarktes handele, wobei er einen Anteil an Courtage in Höhe von brutto 69.000 DM erhalten habe. Die Kosten seien pauschal mit 10 v.H. der Einnahmen angesetzt worden. Außerdem reichte er den mit der W geschlossenen Vertrag sowie die Honorarabrechnung vom 10. Oktober 1995 ein. Durch Einkommensteuerbescheid vom 2. Oktober 1996 setzte das FA die Einkommensteuer gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau auf 0 DM fest. Hierbei erfasste es Einnahmen aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 414.000 DM. In der Anlage wies das FA darauf hin, dass sowohl die Einnahmen im Bereich der sonstigen Einkünfte als auch die Einkünfte aus selbständiger Arbeit den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet worden seien. Einem pauschalen Werbungskostenabzug von 10 v.H. könne nicht zugestimmt werden. Außerdem erteilte das FA einen Gewerbesteuermessbescheid für 1994, dem es einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 414.000 DM zugrundelegte. Der Bescheid wurde am 2. Oktober 1996 an die Gemeinde abgesandt und von dieser am 22. Oktober 1996 zur Post gegeben. Mit Schreiben vom 14. November 1996 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch ein, über den nach Aktenlage nie entschieden wurde.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erteilte das FA unter dem 9. Juni 1999 einen nach §°173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem es Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers als Einzelunternehmer nur noch in Höhe von 345.000 DM erfasste. Am selben Tag sandte das FA einen nach § 35b Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) geänderten Gewerbesteuermessbescheid an die Gemeinde ab, dem es gleichfalls nur noch einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 345.000 DM zug...