Entscheidungsstichwort (Thema)
„Kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Ausgaben sind für das Kj abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
- Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kj bezogen.
- USt-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung i.d.R. von vornherein feststeht.
- Als „kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
- Eine Erweiterung dieser Höchstgrenze kommt auch mit Blick auf § 108 Abs. 1 AO nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 11; UStG § 18 Abs. 1 S. 3
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine am 11. Januar 2010 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2009 zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er als Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG). Umsatzsteuerlich ist der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG) das Kalendervierteljahr. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das 4. Quartal 2009 wurde am 11. Januar 2010 von dem Kläger eingereicht. Gleichzeitigt wurde die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € geleistet.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 41.125,49 €. Die Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € war bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden.
Am 31. Januar 2011 erließ der Beklagte einen Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2009, in dem es u.a. diese von den Klägern geltend gemachte Betriebsausgabe nicht anerkannte. In den Erläuterungen zu dem Bescheid heißt es: „In der Gewinnermittlung wurde die Umsatzsteuer von Ihne[n] unzutreffend berücksichtigt. Die Abweichungen sind der in der Anlage beigefügten Kopie der geänderten Anlage EÜR zu entnehmen”. Dem Steuerbescheid war eine handschriftlich kommentierte Kopie der von den Klägern eingereichten Anlage EÜR sowie ein Kontoauszug des Beklagten beigefügt.
Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben.
Sie sind der Auffassung, der angefochtene Steuerbescheid sei bereits aus dem Grunde formell rechtswidrig und unwirksam, weil die durch den Beklagten vorgenommenen Abweichungen gegenüber der Steuererklärung nicht nachvollziehbar seien.
Darüber hinaus sei die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe für das Jahr 2009 zu berücksichtigen. Es handele sich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2009 abgeflossen und deshalb nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Jahr 2009 anzusetzen seien. Soweit der Beklagte die Wendung „kurze Zeit” in dieser Vorschrift auf einen Zeitraum von 10 Tagen begrenze, müsse dabei berücksichtigt werden, dass der zehnte Tag des Jahres 2010 ein Sonntag gewesen sei und deshalb nach § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (im Folgenden: BGB) für Fristberechnungen der darauffolgende Werktag maßgeblich sei. Da die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig am 11. Januar 2010 erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen der Zurechnung der Aufwendung zum Jahr 2009 vor.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 2009 vom 31. Januar 2011 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 10. November 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung könne keine Berücksichtigung bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 finden. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH), dass der unbestimmte Rechtsbegriff „kurze Zeit” in § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann als erfüllt angesehen werde, wenn die Zahlung innerhalb eines Zeitraumes von 10 Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurde, zu dem sie gehört. Dies sei im Streitfall nicht erfüllt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung) zugestimmt und einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Steuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. D...