Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliche und gesonderte Feststellung bei Nutzung durch Miteigentümer bzw. Mitgesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist eine gesonderte Feststellung der Einkünfte durchzuführen, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen. Hierzu zählen neben Personengesellschaften auch Miteigentumsgemeinschaften. Es kann jedoch nicht ohne Weiteres in allen Fällen, in denen das Mietobjekt in Miteigentum steht oder sich im Eigentum einer Personengesellschaft befindet, von einer gemeinschaftlichen Verwirklichung des Tatbestandes der Vermietung und Verpachtung ausgegangen werden.
- In den Fällen der Vermietung eines bebauten Grundstücks, das im Eigentum mehrerer Personen steht, kommt eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Vermietungsvorgang, soweit er auf den nutzenden Miteigentümer oder Gesellschafter entfällt, eine Umqualifizierung erfährt. Denn der Vermietungsvorgang stellt sich bei diesem Miteigentümer oder Gesellschafter in Höhe seines Miteigentumsanteils bzw. ideellen Anteils an der Gesamthand als „Eigennutzung” dar.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 Nr. 1a; EStG § 21a
Streitjahr(e)
1985, 1986
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob und in welcher Höhe Einkünfte aus der Nutzung eines Grundstück steuerlich einheitlich und gesondert festzustellen sind.
Der Kläger erwarb durch Vertrag vom 10. September 1980 das Erbbaurecht an dem Grundstück X. Am 23. Dezember 1980 machte er der Klägerin, die die Schwester des Klägers ist, notariell das unwiderrufliche Angebot, ihr sämtliche Rechte aus dem Erbbaurechtsvertrag zur ideellen Hälfte zu übertragen. Die Übertragung sollte unentgeltlich erfolgen. Die Klägerin sollte mit allen Rechten und Pflichten in den Erbbaurechtsvertrag eintreten. Mit notarieller Urkunde vom 16. Juli 1986 nahm die Klägerin das Angebot vom 23. Dezember 1980 an.
Das Erbbaugrundstück wurde 1982 mit einem Einfamilienhaus bebaut. Dieses bewohnte in der Folgezeit der Kläger mit seiner Familie. Die Finanzierung des Bauvorhabens erfolgte über ein gemeinsames Bankkonto beider Geschwister.
Die Kläger reichten für die Jahre ab 1983 gesonderte und einheitliche Feststellungserklärungen für die Einkünfte aus dem Erbbaugrundstück ein. Die Einkünfte wurden dabei in der Weise erfasst, dass die Einkünfte, soweit sie auf die Klägerin entfielen, durch Einnahme-Überschuss-Rechnung und soweit sie auf den Kläger entfielen, nach § 21 a Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt wurden. Der Beklagte lehnte für die Jahre 1983 bis 1986 das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ab und erließ für diese Jahre am 23. April 1987 bzw. am 13. Oktober 1988 negative Feststellungsbescheide.
Gegen diese Feststellungsbescheide legten die Kläger Einspruch ein und erhoben nach Erlass der Einspruchsbescheide für die Jahre 1983 und 1984 Klage.
Durch Urteile vom 11. April 1991 XI 361/86 und XI 362/86 entschied das Niedersächsische Finanzgericht für die Jahre 1983 und 1984, dass für das oben genannte Objekt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einheitlich und gesondert festzustellen seien. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hatten die Kläger mündlich einen Mietvertrag geschlossen, wonach der Kläger auf Lebenszeit das Haus X bewohnen sollte. Gegen die Mietzinsforderungen der Klägerin wurde nach diesen Feststellungen mit Ansprüchen des Klägers gegen die Klägerin aus einem anderen Vermietungsobjekt aufgerechnet. Dabei handelte es sich um das Zweifamilienhaus Y, welches den Klägern ebenfalls zu je ½ gehörte. Dieses Objekt wurde von der Klägerin und ihrer Familie genutzt. Die Obergeschosswohnung wurde von dem Vater der Kläger genutzt.
Aufgrund der Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts erließ der Beklagte am 4. September 1992 für die Streitjahre 1985 und 1986 Feststellungsbescheide. Dabei wurden jedoch die Einkünfte abweichend von den eingereichten Feststellungserklärungen ermittelt. Nach Auffassung des Beklagten sei der Wert der Mietzinsforderungen in Höhe der ortsüblichen Miete des jeweils überlassenen Objektes zu erfassen, so dass sich abweichende Beträge zu den Erklärungen ergaben. Die Kläger sahen ihre Einsprüche als nicht erledigt an und rügten die abweichenden Ansätze der Mieteinnahmen.
Mit Schreiben vom 18. Juni 1996 bzw. 7. Oktober 1997 drohte der Beklagte eine verbösernde Entscheidung im Sinne einer Aufhebung der Feststellungsbescheide 1985 und 1986 an, da nach seiner Auffassung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des FG Münster, Urteil vom 6. Februar 1995 4 K 4456/92 F (EFG 1996, 235) die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine einheitlich und gesonderte Feststellung nicht erfüllt seien. Dazu haben sich die Kläger nicht geäußert. Daraufhin erließ der Beklagte am 6. Januar 1998 einen Einspruchs...