Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Schuldzinsen bei Vermietung und Verpachtung - Ablauf der Spekulationsfrist
Leitsatz (redaktionell)
- Nachträgliche Schuldzinsen können bei VuV auch nach Veräußerung des Vermietungsobjekts abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten mit dem Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.
- Das gilt auch für eine nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 EStG erfolgte Veräußerung.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 23
Streitjahr(e)
2009, 2010
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch nach einer Veräußerung des Wohngrundstücks außerhalb der Spekulationsfrist berücksichtigt werden können.
Die Kläger wurden in den Streitjahren 2009 und 2010 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärungen für diese Jahre begehrten sie jeweils einen Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 4.801,00 € (2009) bzw. 4.053,00 € (2010) für Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Geldmittel des zugrundeliegenden Darlehens dienten ursprünglich der Finanzierung des Vermietungsobjektes (Mehrfamilienhaus) in X. Dieses Objekt war im Jahr 1996 durch die aus den Gesellschaftern A, B und dem Kläger bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (zukünftig: GbR) fertiggestellt worden. Die Herstellungskosten umfassten 501.281,31 DM. Die GbR veräußerten das Mehrfamilienhaus am 9. Oktober 2007. Im Jahr 2008 kam es zur Auflösung der GbR. Der Veräußerungserlös in Höhe von 80.000,00 € konnte die noch im Zeitpunkt der Zahlung des Kaufpreises bestehenden Darlehensverbindlichkeiten nicht vollständig ausgleichen. der Kaufpreis wurde dem Konto der GbR (Bank D, Kontonr. 6230007236) im Januar 2008 gutgeschrieben. Das Restdarlehen wurde in Höhe von 75.000 EUR durch den Gesellschafter A am 29. Dezember 2008 getilgt. Die verbliebene Darlehensschuld in Höhe von 59.550,27 EUR übernahm der Kläger. Er übernahm auch die Schuld der GbR, die das Kontokorrentkonto der GbR (Bank D, Kontonr. 1169994) am Jahresende 2008 auswies (insgesamt 12.158,60 EUR). Zur Ablösung dieser Restschuld nahm der Kläger im Dezember 2008 ein Darlehen über 71.000,00 € auf (Bank D, Kontonr. 6710052314), deren Zinsen der Kläger in den Streitjahren 2009 und 2010 in Höhe von 4.801,00 € (2009) bzw. 4.053,00 € (2010 inkl. Steuerberaterkosten) als Werbungkosten geltend machte. Der Beklagte versagte diesen Werbungskostenabzug.
Der Beklagte erließ dementsprechend einen Einkommensteuerbescheid für 2009 am 6. Dezember 2010 und einen Einkommensteuerbescheid für 2010 am 15. September 2011. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden mit den Einspruchsbescheiden vom 22. April 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat dabei die Ansicht, dass eine Zuordnung der nachträglichen Schuldzinsen zum privaten Vermögensbereich dann notwendig und folgerichtig sei, wenn die Veräußerung von Grundstücken dem steuerrechtlich relevanten Vermögensbereich nicht zugerechnet werde, wie es bei privaten Veräußerungen außerhalb der Spekulationsfrist im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Fall sei. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG der Schuldzinsen mit den Einkünften aus § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sei dann zu verneinen, da die Zinsen in einem solchen Fall eine Gegenleistung für die Überlassung von Kapital, dass im privaten Vermögensbereich nicht der Einkünfteerzielung diene, darstellen würde. Da im Streitfall die Immobilie außerhalb der Spekulationsfrist veräußert worden sei, könnten daher auch die nachträglichen Schuldzinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Gegen die Einkommensteuerfestsetzungen 2009 und 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen erhoben die Kläger Klage.
Die Kläger tragen vor, der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit seinem Urteil vom 20. Juni 2012 (IX R 67/10, BStBl II 2013, 275) Kriterien für die Bejahung eines Veranlassungszusammenhangs der Schuldzinsen mit den Einkünften aus § 21 EStG gegeben. Dabei habe der BFH eben nicht einen Zusammenhang zwischen dem Werbungkostenabzug der Schuldzinsen und einer Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 EStG hergestellt. Somit seien Schuldzinsen für ein Darlehen, dass bei der Veräußerung des Vermietungsobjektes nicht abgelöst werden konnte, auch dann als Werbungskosten zu berücksichtigten, wenn sie außerhalb der Spekulationsfrist des § 23 EStG entstanden sind.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide vom 6. Dezember 2010 (2009) und vom 15. September 2011 (2010) in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 22. April 2013 zu ändern und Schuldzinsen in Höhe von 4.801,00 € (2009) und 4.053,00 € (2010) als nachträgliche Werbungkosten zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, ein Veranlassungsz...