Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrektur des Vorsteuerabzugs nach Rückgängigmachung des Verzichts auf die Umsatzsteuerfreiheit eines Grundstücksumsatzes und Berichtigung der Ausgangsrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der ausgeübte Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG kann grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit der eigenen Steuerfestsetzung rückgängig gemacht werden.
2. Der Veräußerer eines Grundstücks ist an der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung des Grundstücksumsatzes nicht durch eine kaufvertragliche (notarielle) Verpflichtung, den Umsatz als steuerpflichtig zu behandeln, gehindert. Die Rücknahme ist ebenso wie die Ausübung des Verzichts auf die Steuerbefreiung an keine besondere Form und Frist gebunden. Auch aus § 313 Satz 1 BGB ergibt sich kein Formzwang.
3. Hat der Grundstücksveräußerer nach Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung die Rechnung gegenüber dem Erwerber berichtigt, ist der Vorsteuerabzug des Erwerbers zu korrigieren. Die Berichtigung der Rechnung setzt nicht voraus, dass die Originalurkunde verändert wird. Vielmehr kann eine neue Rechnung ausgestellt werden, soweit aus dieser ersichtlich wird, dass diese die Ausgangsrechnung berichtigt.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 9a, § 9 Abs. 1, § 14 Abs. 1-2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB § 313 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs des Verzichts auf Umsatzsteuerbefreiung.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in C. Die Gesellschafter gründeten die Klägerin mit Gesellschaftsvertrag vom 29.12.1992 zum Zweck der Durchführung des Bauvorhabens eines Wohn- und Geschäftshauses in C., sowie der gemeinschaftlichen Nutzung und Bewirtschaftung des Bauvorhabens nach dessen Fertigstellung (Bl. 1 ff. Beiakte Dauerunterlagen). Gründungsgesellschafter und Treuhänder war die Firma B.-Immobilien Consulting GmbH und Co. KG, vertreten durch den Geschäftsführer Jürgen Kreis (Treuhänderin).
Mit notariellem Kaufvertrag vom 29.12.1992 erwarb die Treuhänderin das Grundstück E. in C. Unter 3.2. heißt es im Vertrag:
„Veräußerer verzichtet gemäß § 9 UStG auf die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 9 a UStG, optiert also für den gegenwärtigen Vertrag zur Mehrwertsteuerpflicht, so daß auf den Kaufpreis Umsatzsteuer in Höhe von 14 % anfällt.”
Dem folgend wiesen die Vertragsparteien im Vertrag die Umsatzsteuer in Höhe von 509.040 DM aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.12.1992 Bezug genommen. In der Folgezeit genehmigten die Vertragsparteien den schwebend unwirksamen Vertrag.
Die Klägerin verlangte mit der am 01.11.1993 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 1992 den Abzug von Vorsteuern in Höhe von 511.743,30 DM aus dem Kaufvertrag vom 29.12.1992 und der Rechnung des beurkundenden Notars vom 30.12.1992. Mit Bescheid vom 03.07.1995 setzte das Finanzamt ein Umsatzsteuerguthaben von 511.743,30 DM fest.
Mit Schreiben vom 31.01.1995 erklärten die Veräußerer gegenüber der Treuhänderin (Bl. 12 der Rechtsbehelfsakte): „Hiermit erklären wir, daß wir auf die Option nach § 9 UStG für die Rechnung/Kaufvertrag vom 29.12.1992, Urkunden-Nr. … sowie den Nachtrag vom 12.02.1993, Urkunden-Nr. … über das Grundstück E. in C. verzichten.
Diese Rechnung/Kaufvertrag berichtigen wir um die ausgewiesene Umsatzsteuer von 509.040,00 DM unter Punkt 3.2. der Urkunden-Nr. … und erstellen hiermit eine neue Rechnung über 3.600.000 DM Netto.”
Eine Abschrift des Schreibens ging am 15.02.1995 beim Finanzamt ein. Die Umsatzsteuerfeststetzung der Veräußerer stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Das Finanzamt änderte die Umsatzsteuerfestsetzung auf deren Antrag dahingehend, dass ihr nunmehr die Steuerfreiheit zugrundegelegt wurde.
Mit Bescheid vom 04.06.1997 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 1995 der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 509.040 DM fest, nachdem diese keine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 1995 eingereicht hatte. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 18.06.1997 Einspruch ein. Am 24.06.1997 ging beim Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung der Klägerin für 1995 ein. Darin erklärte diese steuerpflichtige Umsätze mit 281.749 DM und abziehbare Vorsteuer von 7.089,50 DM. Mit Bescheid vom 07.12.1998 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, bei ihr lägen bis zum heutigen Zeitpunkt alle Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vor. In der notariellen Urkunde von 29.12.1992 werde die Umsatzsteuer gemäß § 15 Abs. 1 UStG gesondert ausgewiesen. Damit liege eine Rechnung im Sinne von § 14 Abs. 1 UStG vor. Ein Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG habe geleistet und ein anderer Unternehmer habe für seine unternehmerische Tätigkeit erworben. Allein d...