Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulagenrechtliche Anschaffung einer Maschine. Anschaffung noch im alten Jahr trotz nach dem Jahreswechsel erforderlicher, unwesentlicher Restarbeiten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Investitionszulagenrechtliches Erfordernis der Anschaffung eines beweglichen Wirtschaftsguts ist neben der Erlangung der Verfügungsmacht zusätzlich dessen Betriebsbereitschaft.
2. Es ist grundsätzlich unschädlich, wenn nur noch unwesentliche Maßnahmen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft ausstehen, die im Allgemeinen innerhalb kurzer Zeit unschwer nachgeholt werden können.
3. Bei der im Streitfall zu beurteilenden Lieferung einer großen und technisch komplexen Offsetdruckmaschine erscheint ein Aufwand von sechs Arbeitstagen zur Endmontage und Ingangsetzung unwesentlich, so dass trotz bis zum 7.1. durchgeführter Restarbeiten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft von einer Anschaffung bereits zum 31.12. des Vorjahres auszugehen war.
Normenkette
InvZulG § 2 Abs. 1, 4 S. 5
Nachgehend
Tenor
1. Der geänderte Investitionszulagenbescheid 2005 und der Zinsbescheid vom 03. Mai 2010 – in der Fassung des geänderten Zinsbescheides vom 02. März 2011 – in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02. März 2011 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Das Urteil wird hinsichtlich der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung eines Investitionszulagenbescheides.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Zweck die Herstellung und Erbringung alle Arten graphischer Erzeugnisse und Leistungen ist. Die Klägerin hatte am 20. Februar 2006 für das Kalenderjahr 2005 unter anderem für die Anschaffung einer Offsetdruckmaschine (Anschaffungskosten 2.850.000 EUR netto) die Bewilligung einer Investitionszulage in Höhe von 783.750 EUR beantragt (27,5 v.H. der Anschaffungskosten). Auf der beiliegenden Rechnung vom 22. Dezember 2005 ist vermerkt: „… zahlen Sie bitte nach Inbetriebnahme der Maschine …” (Blatt 147 der Investitionszulagenakte 2005). Mit Bescheid vom 10. Mai 2006 setzte das Finanzamt D die Investitionszulage antragsgemäß auf 995.954 EUR fest; der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung 1977 (AO).
In der Folgezeit ergaben Ermittlungen der Staatsanwaltschaft D., daß für die Offsetdruckmaschine am 16. Dezember 2005 in den Räumen des Herstellers ein abschließender Probelauf stattgefunden hatte. Danach erfolgte die Freigabe für den Versand; die Maschine wurde am 22. Dezember 2005 mit vier Fahrzeugen geliefert. Der erforderliche Starkstromanschluß wurde im Jahr 2006 installiert. Danach fanden Probeläufe statt; am 13. Februar 2006 wurde die Maschine an die Klägerin übergeben. Die Bezahlung erfolgte am 17. Februar 2006 (Transportbescheinigungen Blatt 3 bis 7, Übernahme-Protokoll Blatt 8 und Zahlungs- bzw. Buchungsvermerk Blatt 9 der Rechtsbehelfsakte).
Nach Gewährung rechtlichen Gehörs setzte der Beklagte die Investitionszulage 2005 mit dem gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom 03. Mai 2010 auf 212.214 EUR fest; die ausgezahlte Investitionszulage in Höhe von 783.750 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 188.100 EUR wurde von der Klägerin zurückgefordert. Die gegen den geänderten Investitionszulagenbescheid und den Zinsbescheid gerichteten Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 02. März 2011 – Blatt 344 der Rechtsbehelfsakte). Allerdings setzte der Beklagte mit Verwaltungsakt vom 02. März 2011 die Zinsen zur Investitionszulage aus Billigkeitsgründen (§ 163 Satz 1 AO) auf 58.781,25 EUR herab (Blatt 351 der Rechtsbehelfsakte).
Die Klägerin erklärt, die Anlieferung der Offsetdruckmaschine und die Herstellung der Betriebsbereitschaft stellten sich wie folgt dar: Die am 22. Dezember 2005 gelieferte Druckmaschine sei bis zum 30. Dezember 2005 an dem dafür vorgesehenen Standort in der neuen Fertigungshalle aufgebaut worden. Die für die Inbetriebnahme bauseitig vorzunehmende Elektroinstallation sei zu diesem Zeitpunkt installiert gewesen. Dies hätte vor der Lieferung der Maschine Installationsarbeiten in erheblichem Umfang durch die bauseitigen Mechaniker mit sich gebracht. Ab dem 02. Januar 2006 seien die Elektriker des Lieferanten, die aus vertraglichen Gründen den Anschluß an das Stromnetz vornehmen sollten, vor Ort gewesen. Die elektrische Installation sei vom 30. Dezember 2005 bis 03. Januar 2006 geplant gewesen. Danach habe mit der Maschine gedruckt werden können. Die Daten der Inbetriebnahme oder der Abnahme seien für die Gewährung der Investitionszulage irrelevant. Sie seien nur für die vertragl...