Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Drittanfechtungsrecht des Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft gegen einen gegen die Gesellschaft ergangenen Feststellungsbescheid (§ 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG)
Leitsatz (amtlich)
Dem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft steht gegen einen gegen die Gesellschaft ergangenen Feststellungsbescheid gem.§§ 27 Abs. 2 , 28 Abs. 1 Satz 3 KStG kein Drittanfechtungsrecht zu.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2; KStG § 27 Abs. 2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des gegen die Beigeladene ergangenen Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2007 vom 23. Februar 2009.
Die Klägerin war im Jahr 2007 - und ist auch heute - Gesellschafterin der Beigeladenen. Für letztere wurde am 15. Oktober 2008 eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31. Dezember 2007 eingereicht, in der das steuerliche Einlagekonto mit 0 EUR beziffert wurde. Dabei wurde eine im Jahr 2007 in die Kapitalrücklage geleistete Einlage in Höhe von 800.709,96 EUR versehentlich nicht berücksichtigt.
Das steuerliche Einlagekonto wurde mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 22. Dezember 2008 erklärungsgemäß mit 0 EUR festgestellt. Der Bescheid wurde am 23. Februar 2009 aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen geändert, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb.
Am 26. November 2015 machte die Beigeladene gegenüber dem damals zuständigen Finanzamt geltend, dass die genannten Bescheide nichtig seien, weil die in 2007 geleistete Einlage nicht berücksichtigt worden sei; hilfsweise sei diese im Wege einer Änderung gem. § 129 AO im Nachhinein zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 lehnte das Finanzamt den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit und den Antrag auf Änderung gem. § 129 AO ab. Dagegen legte die Beigeladene am 10. Februar 2017 Einspruch ein, den der nunmehr zuständige Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2018 als unzulässig verwarf.
Bereits am 18. Januar 2018 hatte die Klägerin Einspruch gegen den gegen die Beigeladene ergangenen Feststellungsbescheid erhoben und beantragt, die im Jahr 2007 geleistete Einlage zusätzlich zu erfassen. Die Klägerin sei Gesellschafterin der Beigeladenen und als solche von der fehlerhaften Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unmittelbar betroffen. Denn sofern die Gesellschafterversammlung der Beigeladenen Ausschüttungen beschließe, die sich aus den im Jahr 2007 gebildeten Kapitalrücklagen finanzierten, könne weder auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft noch auf der Ebene der Ausschüttungsempfängerin von einer Auskehrung aus dem Einlagekonto ausgegangen werden. Das ergebe sich daraus, dass der Feststellungsbescheid betreffend das steuerliche Einlagekonto nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine materiell-rechtliche Bindungswirkung für die Besteuerung des Anteilseigners entfalte (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 19. Mai 2010 I R 21/09, BStBl II 2014, 937; vom 28. Januar 2015 I R 70/13, DStR 2015, 1242; und vom 11. Februar 2015 I R 3/14, BStBl II 2015, 816). Angesichts dessen verfüge die Klägerin über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis und die erforderliche Rechtsbehelfsbefugnis. Insofern entspreche die Rechtslage derjenigen bei Einbringungssachverhalten im Sinne von § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2006. Auch dort werde eine Drittanfechtungsklage des Gesellschafters als zulässig angesehen, weil sich die steuerlichen Auswirkungen unmittelbar bei diesem ergäben (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 25. April 2012 I R 2/11, BFH/NV 2012, 1649; vom 6. Februar 2014 I B 168/13, BFH/NV 2014, 921; vom 8. Juni 2011 I R 79/10, BStBl II 2012, 421; und das Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 30. April 2014 2 K 644/12, juris). Da der Feststellungsbescheid der Klägerin gegenüber nicht bekanntgegeben worden sei, sei auch eine Rechtsbehelfsfrist nicht in Gang gesetzt worden, der Einspruch sei also nicht verfristet.
Der Beklagte verwarf diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2018 als unzulässig. Der Klägerin fehle bezogen auf den gegen die Beigeladene ergangenen Feststellungsbescheid die Rechtsbehelfsbefugnis. Zwar könne sich gegen eine aus einem Verwaltungsakt resultierende Rechtsverletzung nicht nur derjenige wenden, an den sich der Verwaltungsakt richte. Vielmehr könnten auch Dritte den Verwaltungsakt anfechten, wenn dieser im Sinne einer Beschwer in ihre Rechte eingreife. Bei der Klägerin handele es sich aber nicht um eine Drittbetroffene in diesem Sinne. Zum einen entfalte der Feststellungsbescheid gem. § 27 Abs. 2 KStG für den Gesellschafter keine unmittelbare Bindungswirkung im Sinne des § 182 Abs. 1 AO, sondern - über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG - lediglich eine materiell-rechtliche Bindungswirkung dergestalt, dass sich der Gesellschafter im Rahmen der ihn betreffenden Steuerfe...