Leitsatz (redaktionell)
Stützt der Beschwerdeführer seine Nichtzulassungsbeschwerde auf fehlerhafte Tarifauslegung und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, so muß er bei einer Änderung der maßgeblichen tariflichen Bestimmungen darlegen, daß die als fehlerhaft gerügte Tarifauslegung noch Bedeutung für zahlreiche weitere Rechtsstreitigkeiten hat (Fortführung von BAG Beschluß vom 27. März 1993 - 4 AZN 5/93 - BAGE 73, 4 = AP Nr. 21 zu § 72 ArbGG 1979).
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 15. Mai 1998 -6 Sa 214/97 - wird als unzulässig verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.095,56 DM festgesetzt,
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Höhe der Jahressonderzuwendung für das Kalenderjahr 1995 gemäß § 12 Nr. 4 des Manteltarifvertrags für das Bäckerhandwerk in Schleswig-Holstein und in der Freien und Hansestadt Hamburg in der Fassung vom 18. Mai 1993 (MTV). Diese Tarifvorschrift lautet u. a.:
Versicherungspflichtige Beschäftigte, deren Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr ganz oder teilweise ruhen, erhalten keine oder eine anteilige Jahressonderzuwendung.
§ 12 MTV ist in der ab 1. Juni 1997 geltenden Fassung vom 20. Mai 1997 um die Nr. 8 erweitert worden, die wie folgt lautet:
Bei einer längeren Krankheitsdauer als 3 Monate im Kalenderjahr wird ab dem 4. Monat der tarifliche Anspruch auf Jahressonderzuwendung um 1/9 für jeden weiteren vollen Kalendermonat (30 Kalendertage) gekürzt, aber höchstens bis auf 50 % der tariflich zustehenden Jahressonderzuwendung.
Die Beklagte hat dem Kläger eine Jahressonderzuwendung für das Kalenderjahr 1995 in Höhe von 1.438,23 DM gewährt. Der Kläger ist der Ansicht, daß ihm weitere 1.095,56 DM brutto zustehen, weil das Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Krankheitszeiten entgegen einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht im Sinne des § 12 Nr. 4 MTV geruht habe.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage auf die volle Sonderzuwendung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 72 a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ist die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nur dann zu bejahen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und diese Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wenn wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit eng berührt (st. Rspr. BAG Beschluß vom 5. Dezember 1979 - 4 AZN 41/79 - BAGE 32, 203, 210 = AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz).
Zwar kann die Änderung eines Tarifvertrages nicht generell die grundsätzliche Bedeutung eines um die Auslegung dieses Tarifvertrags geführten Rechtsstreits ausschließen. Die Bedeutung der in diesem Rechtsstreit ergehenden Entscheidung hängt aber davon ab, ob noch weitere Auseinandersetzungen um die auszulegende Tarifnorm geführt werden oder zu erwarten sind. Hierbei genügt es allerdings nicht, wenn dies nur in Einzelfällen in Betracht kommt. Vielmehr müssen von der Tarifnorm noch zahlreiche Sachverhalte betroffen sein, die mit dem Sachverhalt des entschiedenen Falles vergleichbar sind (vgl. BAG Beschluß vom 24. März 1993 - 4 AZN 5/93 - BAGE 73, 4, 9 = AP Nr. 21 zu § 72 ArbGG 1979, zu II 3 der Gründe). Die Entscheidung muß wenigstens für 20 gleiche oder ähnlich liegende Arbeitsverhältnisse rechtliche Bedeutung haben (BAG Beschluß vom 15. November 1995 - 4 AZN 580/95 - AP Nr. 49 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz). Dies ist vom Beschwerdeführer substantiiert darzulegen.
2. Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt. Er hat lediglich ausgeführt, daß die Entscheidung der Rechtsfrage über die Berücksichtigung von Krankheitszeiten bei der Berechnung der Jahressonderzuwendung Klarheit für eine nicht unbedeutende Anzahl ähnlich gelagerter Fälle schaffen kann. Dies ist jedoch unzureichend, weil sich die tariflichen Bestimmungen bereits für die Jahressonderzuwendung 1997 geändert haben. Der Kläger hätte damit substantiiert dartun müssen, daß für die Vorjahre, als der MTV noch nicht geändert war, noch weitere Auseinandersetzungen um die auszulegende Tarifnorm geführt werden oder zu erwarten seien. Dies ist nicht geschehen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 436571 |
BB 1999, 60 |
DB 1999, 155 |
FA 1999, 25 |
FA 1999, 59 |
NZA 1999, 224 |
RdA 1999, 232 |
ZTR 1999, 140 |
AP, 0 |
www.judicialis.de 1998 |