Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierung. maßgebliche Vergütungsordnung in einem tarifpluralen Betrieb
Orientierungssatz
1. Im Betrieb eines tarifgebunden Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das dort geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Der Arbeitgeber ist betriebsverfassungs-rechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen.
2. Ist der Arbeitgeber an zwei tarifliche Vergütungsordnungen gebunden, die zu einer Tarifpluralität führen, werden seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten durch das Bestehen zweier, unabhängig voneinander geltenden Entgeltsysteme erweitert. Der Arbeitgeber ist dann grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats den Entgeltgruppen der geltenden Vergütungsordnungen zuzuordnen.
3. Endet die unmittelbare und zwingende Wirkung eines Tarifvertrags aufgrund seiner Kündigung, bleiben die im Betrieb geltenden Grundsätze der betreffenden tariflichen Vergütungsordnung auch nach Eintritt der Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG betriebsverfassungsrechtlich bis zu ihrer Änderung grundsätzlich das für den Betrieb maßgebliche kollektive Entgeltschema.
Normenkette
ArbGG § 97 Abs. 5; BetrVG § 87 Abs. 1 Eingangshalbs., Abs. 1 Nr. 10, § 99 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 3, §§ 4a, 13 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.12.2013; Aktenzeichen 14 TaBV 9/13) |
ArbG Mannheim (Beschluss vom 06.02.2013; Aktenzeichen 10 BV 18/12) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Dezember 2013 – 14 TaBV 9/13 – aufgehoben.
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 6. Februar 2013 – 10 BV 18/12 – wird zurückgewiesen.
Gründe
C. Die Beteiligten streiten über die Vergütungsordnung eines tarifpluralen Betriebs.
Die Arbeitgeberin ist eine Bank und Mitglied im Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (AVR). Sie beschäftigt ca. 640 Arbeitnehmer. Antragsteller ist der für den Betrieb der V eG gebildete Betriebsrat.
Am 18. April 1979 vereinbarte der AVR mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), dem Deutschen Bankangestellten-Verband e.V. (DBV) und der DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) jeweils eigenständige und inhaltsgleiche Mantel- und Gehaltstarifverträge ua. für die Volks- und Raiffeisenbanken. Diese Tarifverträge wurden sowohl mit ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) als Rechtsnachfolgerin von DAG und HBV als auch mit DBV und DHV am 8. Juli 2004 wiederum inhaltsgleich und eigenständig neugefasst.
Zum 31. Mai 2006 wurden die Gehaltstarifverträge von ver.di, DBV und DHV jeweils gekündigt. Den mit ver.di geschlossenen Manteltarifvertrag (MTV ver.di 2004) kündigte der AVR zum 28. Februar 2013. Er schloss sowohl mit dem DBV als auch mit der DHV ab 2008 jeweils inhaltsgleiche Manteltarifverträge ua. für die Volks- und Raiffeisenbanken ab, die eine geänderte Vergütungsstruktur enthalten. Dies betrifft vor allem die Anrechnung von Berufsjahren und die Bildung von Berufsgruppen.
Die Arbeitgeberin verwendet seit Ende 2010 in ihren Formulararbeitsverträgen eine Bezugnahmeklausel, die wie folgt lautet:
„Bei Tarifbindung des Arbeitgebers gelten im Übrigen die ab dem Jahr 2008 vereinbarten Tarifverträge für Kreditgenossenschaften in der jeweils gültigen Fassung. Entfällt die Tarifbindung des Arbeitgebers, finden die zu diesem Zeitpunkt gültigen Tarifverträge bis auf Weiteres auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. …”
In der Folgezeit lehnte sie es gegenüber dem Betriebsrat ab, dessen Zustimmung zu Ein- oder Umgruppierungen nach den mit ver.di vereinbarten Tarifverträgen einzuholen. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin könne die betriebliche Vergütungsordnung nicht einseitig ändern. Sie müsse Ein- und Umgruppierungen anhand der repräsentativen Vergütungsordnung des MTV ver.di 2004 iVm. dem mit ver.di geschlossenen Gehaltstarifvertrag (GTV ver.di 2004) vornehmen.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Arbeitgeberin – ausgenommen es handelt sich um Mitglieder der Gewerkschaften DBV und DHV – verpflichtet ist, die Ein- und Umgruppierungen der Arbeitnehmer nach den Tarifgruppen gem. dem MTV der Genossenschaftsbanken vom 18. April 1979 / 8. Juli 2004, abgeschlossen zwischen den Gewerkschaften HBV und DAG / ver.di in Verbindung mit dem Gehaltstarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 8. Juli 2004, konkret des § 2 des Tarifvertrags, wiederum abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem AVR, vorzunehmen, solange keine Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung oder diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist.
Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt und die Auffassung vertreten, die mit ver.di vereinbarten Tarifverträge seien altersdiskriminierend und schon deshalb für Ein- oder Umgruppierungen unbeachtlich. Infolge ihrer derzeitigen Tarifgebundenheit bestimme sich die betriebliche Vergütungsordnung nach den mit dem DBV und der DHV geschlossenen Tarifverträgen. Diese seien für die Arbeitnehmer auch günstiger. Jedenfalls verdrängten sie im tarifpluralen Betrieb eine lediglich auf nachwirkenden Tarifverträgen beruhende Vergütungsordnung. Bei Einstellungen ab dem 1. März 2013 erfasse die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel zudem nicht mehr die mit ver.di geschlossenen Tarifverträge. Jedenfalls für diesen Personenkreis seien im Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG darauf bezogene Ein- oder Umgruppierungen nicht mehr vorzunehmen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihm auf die Beschwerde des Betriebsrats stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
D. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat unter Verkennung des Rechtsschutzziels des Betriebsrats dessen Feststellungsantrag zu Unrecht stattgegeben.
I. Der Feststellungsantrag des Betriebsrats ist zulässig.
1. Der Antrag bedarf der Auslegung.
Der Wortlaut des Antrags bringt nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zum Ausdruck, ob das Rechtsschutzziel des Betriebsrats darauf gerichtet ist, dass für Ein- oder Umgruppierungen auch oder nur die mit ver.di geschlossenen Tarifverträge zugrunde zu legen sind. Aus seinem Vorbringen ergibt sich aber, dass er gegenwarts- und zukunftsbezogen eine Pflicht der Arbeitgeberin festgestellt wissen will, im Rahmen von Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG die Ein- und Umgruppierung der Arbeitnehmer ausschließlich auf die Vergütungsordnung nach dem MTV ver.di 2004 iVm. dem GTV ver.di 2004 zu stützen. Bereits in der Antragsschrift führt er aus, es müsse, „wenn es verschiedene mögliche Schemata gibt, vom Arbeitgeber dasjenige genommen werden, das bisher galt, hilfsweise das, in dem die meisten Gewerkschaftsmitglieder sind, hier also das ver.di-Schema”. Dementsprechend rügt er in der Beschwerdeinstanz, das Arbeitsgericht sei fälschlicherweise davon ausgegangen, es müsse in einem Betrieb kein einheitliches Eingruppierungsschema geben und verweist darauf, alle Landesarbeitsgerichte hätten in Parallelverfahren angenommen, dass bezüglich der „Anhörung gem. § 99 BetrVG zur Eingruppierung nur ein Schema gelten könne”. Dies müsse das „ver.di-Schema” sein.
Demgegenüber will der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG festgestellt wissen. Hierfür könnte zwar der – auf Anregung des Landesarbeitsgerichts aufgenommene – Zusatz „solange keine Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung oder diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist” sprechen. Der Betriebsrat hat aber bereits erstinstanzlich ausgeführt, ein solches Mitbestimmungsrecht werde „im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht”.
2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung kann Gegenstand eines Feststellungsantrags nach § 256 Abs. 1 ZPO sein.
II. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Die sich aus dem MTV ver.di 2004 iVm. dem GTV ver.di 2004 ergebende Vergütungsordnung ist nicht die alleinige im Betrieb der Arbeitgeberin betriebsverfassungsrechtlich geltende. Bei Ein- und Umgruppierungen iSv. § 99 BetrVG ist neben ihr zumindest die anzuwenden, die aus den mit dem DBV geschlossenen Tarifverträgen folgt.
1. Eine Vergütungsordnung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt (BAG 18. Oktober 2011 – 1 ABR 25/10 – Rn. 14, BAGE 139, 332).
2. Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer maßgeblich sind, sondern um Inhaltsnormen, die nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend nur zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern gelten (vgl. BAG 4. Mai 2011 – 7 ABR 10/10 – Rn. 22, BAGE 138, 39; 18. März 2008 – 1 ABR 81/06 – Rn. 29, BAGE 126, 176). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der tarifgebundene Arbeitgeber dennoch betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor (BAG 18. Oktober 2011 – 1 ABR 25/10 – Rn. 16, BAGE 139, 332).
3. Ist der Arbeitgeber an zwei tarifliche Vergütungsordnungen gebunden, die zu einer Tarifpluralität führen, werden seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten durch das Bestehen zweier, unabhängig voneinander geltenden Entgeltsysteme erweitert. Er ist dann grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats den Entgeltgruppen der beiden betriebsverfassungsrechtlich geltenden Vergütungsordnungen zuzuordnen (BAG 14. April 2015 – 1 ABR 66/13 – Rn. 32, BAGE 151, 212). Ob sie einen vertraglichen Anspruch auf die Anwendung dieser Tarifverträge haben oder unmittelbar tarifgebunden sind, hat auf die gegenüber dem Betriebsrat bestehende Pflicht des Arbeitgebers aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG keinen Einfluss (BAG 4. Mai 2011 – 7 ABR 10/10 – Rn. 21 ff., BAGE 138, 39; vgl. auch 8. Dezember 2009 – 1 ABR 66/08 – Rn. 23, BAGE 132, 314).
4. Die Arbeitgeberin war zumindest bis zum 31. Mai 2006 und bis zum 28. Februar 2013 an Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften unmittelbar und zwingend gebunden. Das sind jedenfalls die mit ver.di und mit dem DBV getroffenen Vereinbarungen.
Zu Unrecht beruft sich der Betriebsrat auf eine Tarifkonkurrenz, bei der einer der miteinander konkurrierenden Tarifverträge verdrängt wird. Die Existenz zweier tariflicher Vergütungsordnungen, die mit unterschiedlichen Gewerkschaften vereinbart worden sind, führt vielmehr zu einer Tarifpluralität, bei der die jeweiligen Tarifnormen unabhängig voneinander für die jeweils tarifgebundenen Arbeitnehmer gelten. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats werden die Tarifverträge des DBV außerdem nicht von denen – aus seiner Sicht – repräsentativen Tarifverträgen von ver.di gemäß § 4a TVG verdrängt. Die Vorschrift ist nach § 13 Abs. 3 TVG schon nicht auf Tarifverträge anzuwenden, die – wie vorliegend – am 10. Juli 2015 bereits galten. Auch der weitere Einwand, es sei unklar, ob der DBV eine Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG sei, hat keine Substanz. Vernünftige Zweifel an der Tariffähigkeit des DBV, die zu einer Aussetzung des Verfahrens zur Klärung dessen Tariffähigkeit Anlass geben könnten (vgl. BAG 24. Juli 2012 – 1 AZB 47/11 – Rn. 7, BAGE 142, 366), enthält dieses Vorbringen nicht.
5. Endet die unmittelbare und zwingende Wirkung eines Tarifvertrags aufgrund seiner Kündigung, bleiben die im Betrieb geltenden Grundsätze der betreffenden tariflichen Vergütungsordnung auch nach Eintritt der Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG das für den Betrieb maßgebliche kollektive Entgeltschema.
a) Dazu ist es nicht erforderlich, dass die Vergütungsgrundsätze zuvor kollektivrechtlich durch Betriebsvereinbarung oder individualrechtlich, etwa durch Gesamtzusage oder vertragliche Einheitsregelungen, auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden. Der Eintritt der Nachwirkung hat lediglich zur Folge, dass das im Betrieb geltende kollektive, abstrakte Entgeltschema und die in ihm zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze nicht mehr zwingend gelten. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb dort geltende Entlohnungsgrundsätze sind. Bis zu einem wirksamen Änderungsakt sind sie grundsätzlich betriebsverfassungsrechtlich weiter gültig (BAG 14. April 2010 – 7 ABR 91/08 – Rn. 14; 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 28, BAGE 126, 237).
b) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin wird eine betriebliche Vergütungsordnung, die auf einem nachwirkenden Tarifvertrag beruht, weder durch den Abschluss von Tarifverträgen mit einer anderen Gewerkschaft abgelöst noch durch das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG verdrängt. Eine Ablösung setzt Tarifverträge identischer Normgeber voraus (BAG 19. November 2014 – 4 AZR 761/12 – Rn. 28, BAGE 150, 97). Das Günstigkeitsprinzip regelt das Verhältnis von kollidierenden individualvertraglich vereinbarten und kraft Tarifgebundenheit geltenden Arbeitsbedingungen (BAG 15. April 2015 – 4 AZR 587/13 – Rn. 27, BAGE 151, 221). Es gilt nicht für das Verhältnis unterschiedlicher Tarifverträge verschiedener Vertragsparteien. Ebenso wenig führt ein von der Arbeitgeberin pauschal behaupteter Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung der nach dem MTV ver.di 2004 iVm. dem GTV ver.di 2004 bestehenden betrieblichen Vergütungsordnung zu deren Wegfall. Sollten einzelne Bestimmungen altersdiskriminierend sein, sind diese nicht weiter anwendbar. Die Nichtigkeit der gesamten tariflichen Vergütungsordnung hätte das nicht zur Folge.
6. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom AVR mit dem DBV vereinbarte tarifliche Vergütungsordnung sei unbeachtlich, weil betriebsverfassungswidrig von der Arbeitgeberin eingeführt, ist unzutreffend. Das Landesarbeitsgericht verkennt, dass diese Tarifverträge ebenso Bestandteil der betrieblichen Vergütungsordnung sind wie die mit ver.di vereinbarten. Die Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin beruht auf ihrer Mitgliedschaft im AVR. Dieser hat jedenfalls seit 1979 eigenständige, wenn auch inhaltsgleiche Tarifverträge mit ver.di und dem DBV geschlossen. Diese sind Teil der betrieblichen Vergütungsordnung unabhängig davon, ob sie inhaltsgleich sind oder nicht. Indem die Arbeitgeberin im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG Ein- und Umgruppierungen nach den mit dem DBV ab dem Jahr 2008 vereinbarten Tarifverträgen vornimmt, führt sie keine andere betriebliche Vergütungsordnung ein, sondern wendet eine bereits bestehende an.
7. Danach kommen im Betrieb der Arbeitgeberin als betriebliche Vergütungsordnungen die vom AVR mit ver.di ebenso wie die mit dem DBV vereinbarten betriebsverfassungsrechtlich zur Anwendung. Es ist deshalb nicht entscheidungserheblich, ob das auch auf die mit der DHV geschlossenen Vereinbarungen insgesamt oder ab einem bestimmten Zeitpunkt zutrifft. Eine Aussetzung dieses Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Entscheidung über die Tariffähigkeit der DHV in dem beim Senat anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren (– 1 ABR 37/16 –) bedarf es daher nicht.
Unterschriften
Schmidt, Treber, Weber, Platow, Stemmer
Fundstellen
Haufe-Index 9880851 |
BB 2016, 2804 |
DB 2017, 676 |