Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag - Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
Orientierungssatz
Nach der Rechtsprechung des Senats ist als sachlicher Grund anzuerkennen, wenn die Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Zuweisung erfolgt, das heißt wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf den Zeitraum begrenzt, für den er sich auf die Kostenübernahme durch das Arbeitsamt verlassen darf.
Normenkette
AFG § 91; BGB §§ 620, 625
Verfahrensgang
LAG Bremen (Entscheidung vom 26.02.1988; Aktenzeichen 3 Sa 583/86) |
ArbG Bremen (Entscheidung vom 11.06.1986; Aktenzeichen 5 Ca 5248/85) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob sich die Klägerin zum Beklagten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet.
Die Klägerin war bei dem beklagten Verein zunächst vom 11. April bis zum 30. November 1984 aufgrund Arbeitsvertrages vom 11. April 1984 als Sozialpädagogin beschäftigt. Der Einstellung lag zugrunde, daß die Klägerin dem Beklagten vom Arbeitsamt Bremen im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach den §§ 91 bis 96 AFG zugewiesen worden war.
In der Zeit vom 1. Dezember 1984 bis zum 30. November 1985 wurde das Arbeitsverhältnis von den Parteien fortgesetzt. Hierüber erhielt die Klägerin im Februar 1985 einen Arbeitsvertrag, der das Datum vom 7. Februar 1985 trägt und der am 21. Februar 1985 schriftlich abgeschlossen wurde. Auch diesem Arbeitsvertrag liegt eine Zuweisung der Klägerin an den Beklagten im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zugrunde.
Die Klägerin meint aus zwei Gründen, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Beklagten zu stehen. Zum einen ergebe sich dies aus § 625 BGB, da sie nach Ablauf der ersten Befristung am 30. November 1984 ohne Vorliegen eines Arbeitsvertrages bis zum 21. Februar 1985 weiterbeschäftigt worden sei. Zum anderen sei die in dem unter dem 7. Februar 1985 datierten Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 1985 unwirksam, da es hierfür an einem sachlichen Grund fehle. Die Zuweisung durch das Arbeitsamt im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sei als sachlicher Grund für eine Befristung nur dann anzuerkennen, wenn sie die gleichen Zeiträume umfasse wie der Arbeitsvertrag. Dies sei hier nicht der Fall, da im Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Arbeitsvertrages nur eine Zuweisung bis zum 31. Mai 1985 vorgelegen habe.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
1. festzustellen, daß sich die Klägerin in einem
unbefristeten Arbeitsverhältnis als Sozialpä-
dagogin zu dem Beklagten befindet,
2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin
über den 30. November 1985 hinaus zu unver-
änderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, mit der Klägerin sei Ende November 1984 mündlich ein Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1. Dezember 1984 bis zum 30. November 1985 abgeschlossen worden; der schriftliche Vertragsabschluß habe sich durch Arbeitsüberlastung verzögert. Der Beklagte hat ferner behauptet, das Arbeitsamt habe ihm schon im November 1984 die Zuweisung der Klägerin und eine entsprechende Bezuschussung für die Zeit vom 1. Dezember 1984 bis 30. November 1985 mündlich zugesagt; lediglich die förmliche Zuweisung der Klägerin sei wegen der zunächst nur in beschränktem Umfang zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vorerst nur bis zum 31. Mai 1985 erfolgt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie lediglich ihren Klageantrag zu 1) weiterverfolgt hat, ist vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag zu 1) weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Denn das Landesarbeitsgericht hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht bestätigt.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zunächst rechtsfehlerfrei erkannt, daß die Klägerin ihr Begehren auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht auf § 625 BGB stützen kann. Denn es fehlt bereits an der Voraussetzung dieser Vorschrift, daß im Zeitpunkt der Weiterbeschäftigung der Klägerin ihre Dienstzeit bereits abgelaufen gewesen wäre.
Das Landesarbeitsgericht hat insoweit in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Parteien bereits Ende November 1984 und damit vor Ablauf des ersten Arbeitsvertrages mündlich einen weiteren auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hatten. Aufgrund dieser tatsächlichen Feststellung, an die der Senat angesichts des Fehlens einer Verfahrensrüge der Revision gebunden ist, steht fest, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien einvernehmlich über den 30. November 1984 hinaus verlängert wurde und daß es schon deshalb an den Voraussetzungen des § 625 BGB fehlt.
2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Befristung dieses Ende November 1984 mündlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages, der durch den schriftlichen Arbeitsvertrag lediglich bestätigt worden sei, zum 30. November 1985 sei rechtswirksam.
Das Landesarbeitsgericht hat insoweit unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Senatsurteil vom 3. Dezember 1982 (- 7 AZR 622/80 - BAGE 41, 110 = AP Nr. 72 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), die der Senat durch Urteil vom 12. Juni 1987 (- 7 AZR 389/86 - BAGE 55, 338 = AP Nr. 114 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) bestätigt hat, im wesentlichen ausgeführt, die Befristung des zweiten Arbeitsvertrages für den Zeitraum vom 1. Dezember 1984 bis zum 30. November 1985 sei aufgrund der Zusagen des Arbeitsamtes für die Bereitstellung von Mitteln zur Durchführung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zulässig gewesen. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, daß das Arbeitsamt dem beklagten Verein Ende November 1984 mitgeteilt habe, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme werde für ein weiteres Jahr finanziert, obwohl zunächst nur formell ein Bescheid für die Zeit vom 1. Dezember 1984 bis zum 31. Mai 1985 ergehen werde. Diese Zusage sei mündlich erteilt worden, da dem Arbeitsamt Bremen zum Ende des Haushaltsjahres nur Mittel für ein halbes Jahr zur Verfügung gestanden hätten. Ohne einen neuen Antrag des beklagten Vereins sei dann bereits im Februar 1985 die Verlängerung erfolgt. Auch der Klägerin sei zugleich mit ihrer formellen Zuweisung zunächst nur für ein halbes Jahr eine entsprechende Zusage (d.h. der Zuweisung für ein weiteres volles Jahr) gemacht worden. Eine solche Zusage habe das Arbeitsamt deshalb geben können, weil von der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme auch Jugendliche betroffen waren und ihr deshalb selbst bei Finanzknappheit eine derartige Priorität zukam, daß ihre Durchführung für den beabsichtigten Zeitraum (d.h. bis Ende November 1985) schon im November 1984 gesichert gewesen sei. Aufgrund dieses festgestellten Sachverhalts sei die vom Bundesarbeitsgericht in den angeführten Senatsurteilen aufgestellte Voraussetzung, daß die Befristungsdauer mit der Zuweisungsdauer übereinstimmen müsse, erfüllt. Denn diese Voraussetzung sei auch dann gegeben, wenn - wie im vorliegenden Falle - eine mündliche Zusage des Sachbearbeiters des Arbeitsamts vorliege, die Maßnahme werde in jedem Fall bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verlängert, und der Arbeitgeber deshalb einen entsprechenden befristeten Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer unter Hinweis auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme abschließe. Begründete Zweifel an der Verlängerung der vorliegenden Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bis zum 30. November 1985 hätten im November 1984 nicht vorgelegen, weil es sich zum einen um eine Maßnahme höchster Priorität gehandelt habe und weil zum anderen das Arbeitsamt sowohl dem beklagten Verein als auch der Klägerin mitgeteilt habe, einer Verlängerung bis zum 30. November 1985 stünden keine Hindernisse entgegen und lediglich aus haushaltstechnischen Gründen könne zunächst eine Zuweisung nur bis zum 31. Mai 1985 erfolgen. Jedenfalls aber habe der beklagte Verein, der selbst vermögenslos sei, aufgrund einer begründeten Prognoseentscheidung davon ausgehen dürfen, daß ihm Drittmittel zur Bezahlung u.a. der Klägerin bis zum 30. November 1985 zur Verfügung stehen würden. Auf entsprechende Auskünfte des Arbeitsamts habe sich der Beklagte verlassen und daher diese Auskünfte seiner Prognoseentscheidung zugrunde legen dürfen.
Diese rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision hat einen solchen nicht aufgezeigt. Sie weist insoweit lediglich darauf hin, daß haushaltstechnische Überlegungen nicht geeignet seien, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Mit diesem Hinweis verkennt die Revision jedoch, daß es sich bei den haushaltstechnischen Umständen, die zu der formellen Begrenzung der Zuweisung der Klägerin auf vorerst ein halbes Jahr führten, nicht um den Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages handelte. Der Befristungsgrund, d.h. der Grund, aus dem der beklagte Verein mit der Klägerin kein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit, sondern lediglich ein befristetes Arbeitsverhältnis abschloß, war vielmehr, daß der beklagte Verein die Klägerin nur einstellte, weil sie ihm vom Arbeitsamt unter Übernahme der Kosten zugewiesen und diese Zuweisung ihrerseits befristet war. Dieser Befristungsgrund ist nach der angeführten Senatsrechtsprechung als sachlicher Grund anzuerkennen, wenn die Befristung für die Dauer der Zuweisung erfolgt, d.h. wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf den Zeitraum begrenzt, für den er sich auf die Kostenübernahme durch das Arbeitsamt verlassen darf. Diese Voraussetzungen sind im Entscheidungsfall erfüllt. Wenn das Landesarbeitsgericht aufgrund der festgestellten Umstände zu der Würdigung gelangt ist, der Beklagte habe sich trotz der formell zunächst auf ein halbes Jahr begrenzten Zuweisung aufgrund der erteilten mündlichen Zusagen darauf verlassen dürfen, die Zuweisung und damit die Kostenübernahme werde noch für ein ganzes Jahr erfolgen, so ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dr. Seidensticker Dr. Becker Dr. Steckhan
Wagner Schmalz
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