Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösende Bedingung. unbefristete volle Erwerbsminderung. Eintritt der Bedingung. fehlende Bestandskraft und Tatbestandswirkung des Rentenbescheids
Orientierungssatz
1. Eine Tarifbestimmung, nach der das Arbeitsverhältnis „mit dem Beginn der unbefristeten vollen Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung …” endet, ist dahin auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt enden soll, von dem ab dem Arbeitnehmer vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer bewilligt wird. Das Arbeitsverhältnis endet daher nicht bereits dann, wenn der Arbeitnehmer voll erwerbsgemindert ist. Mit diesem Inhalt ist die tarifliche Regelung über die auflösende Bedingung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt.
2. Die fehlende Bestandskraft des Rentenbescheids steht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht von vornherein entgegen. Ein Rentenbescheid wird nach § 39 Abs. 1 SGB X gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt und mit dem Inhalt wirksam, in dem er ihm inhaltlich bekannt gegeben wird. Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt der bekannt gemachte Verwaltungsakt wirksam, solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt wird.
3. Ist der Rentenbescheid formell noch nicht bestandskräftig, können allerdings Veränderungen im Antragsverhalten des Arbeitnehmers in Bezug auf die Rentenbewilligung unter bestimmten Voraussetzungen zu berücksichtigen sein. Legt der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch gegen den Rentenbescheid ein und nimmt er den Rentenantrag nach Ablauf der Widerspruchsfrist zurück oder schränkt ihn ein, verhindert dies die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung nur dann, wenn die Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erfolgt und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber innerhalb der Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG hiervon in Kenntnis setzt. Die Rechtswirkungen einer auflösenden Bedingung lassen sich jedoch nicht dadurch ausschließen, dass sich der Arbeitnehmer über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus die Möglichkeit vorbehält, den Rentenantrag zurückzunehmen. Eine Änderung des Antragsverhaltens hat keine Auswirkungen mehr auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nach dessen Beendigung aufgrund der auflösenden Bedingung erfolgt.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 Sätze 1-2, § 15 Abs. 2, §§ 17, 21; GG Art. 12 Abs. 1; SGB VI § 43 Abs. 2 S. 2; SGB IX § 92 S. 1; SGB X § 39 Abs. 1-3; SGG § 84; Tarifvertrag über allgemeine Beschäftigungsbedingungen vom 30. November 2009 zwischen der IBM Deutschland Management & Business Support GmbH und der Gewerkschaft Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (TV Beschäftigungsbedingungen) § 9.1 Buchst. a Nr. 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2014 – 21 Sa 48/14 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch Eintritt einer auflösenden Bedingung aufgrund Bezugs einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung seitens der Klägerin geendet hat.
Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1998 als kaufmännische Mitarbeiterin bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem Jahr 2006 ist sie durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.
Kraft beiderseitiger Tarifbindung findet der von der Beklagten mit der Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) abgeschlossene Tarifvertrag über allgemeine Beschäftigungsbedingungen vom 30. November 2009 (im Folgenden: TV Beschäftigungsbedingungen) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Dieser bestimmt in § 9.1 Buchst. a:
„Auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Arbeitsverhältnisse enden:
… |
|
4. |
mit dem Beginn der unbefristeten vollen Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung, frühestens jedoch nach Ablauf des Monats, für den letztmalig eine Gehaltszahlung erfolgte. Dies gilt auch bei der Umwandlung einer befristeten in eine unbefristete volle Erwerbsminderung. |
…” |
|
Mit Bescheid vom 19. Mai 2010 teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin mit, dass sie auf ihren Antrag vom 3. April 2008 rückwirkend ab dem 1. April 2008 bis zum Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalte. Auf den Widerspruch der Klägerin stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund die Rentenhöhe erneut fest. Dazu heißt es in dem Bescheid vom 21. November 2011 eingangs wie folgt:
„Ihre
Rente wegen voller Erwerbsminderung |
stellen wir neu fest.
Die Rente beginnt am 01.04.2008. Sie wird längstens bis zum 31.03.2024 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze) gezahlt.
…”
Die Klägerin setzte das Widerspruchsverfahren gegen den erneuten Rentenbescheid fort, weil aus ihrer Sicht weitere Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen seien. Den daraufhin ergangenen abschlägigen Widerspruchsbescheid griff sie mit einer Klage vor dem Sozialgericht an. Die Klage wurde bisher nicht begründet. Das sozialgerichtliche Verfahren ruht.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2013, das am 25. Juni 2013 um 15.28 Uhr in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen wurde, teilte die Beklagte ihr Folgendes mit:
„…
auf Grundlage Ihrer mit E-Mail vom 03.06.2013 zur Verfügung gestellten Informationen haben wir die Rechtslage bezüglich Ihres Arbeitsverhältnisses durch einen externen Rechtsanwalt prüfen lassen. Diese Prüfung hat nun ergeben, dass Ihr Arbeitsverhältnis auf Grund der Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 19.05.2010 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Buchst. a Ziffer 4 des geltenden Tarifvertrages über Allgemeine Beschäftigungsbedingungen zum 01.04.2008 geendet hat.
Wir teilen Ihnen daher mit, dass Ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der o. g. auflösenden Bedingung im Tarifvertrag beendet ist. Gemäß §§ 15 Abs. 2, 21 TzBfG wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch erst zwei Wochen nach Zugang unseres heutigen Schreibens bei Ihnen wirksam.
…”
Die Klägerin hat mit der am 2. Juli 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 11. Juli 2013 zugestellten Klage die Auffassung vertreten, mangels bestandskräftigen Rentenbescheids sei die auflösende Bedingung nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen nicht eingetreten. Sie könne nach wie vor über ihren ursprünglichen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung disponieren. Mit dem sozialgerichtlichen Verfahren halte sie sich die Möglichkeit offen, den Antrag auf Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung zurückzunehmen oder auf die Bewilligung einer befristeten Rente wegen Erwerbsminderung einzuschränken, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Es bestehe ein legitimes Interesse, dass sie ihren Rentenantrag noch im Widerspruchsverfahren zurücknehmen könne, wenn sich dort herausstelle, dass der von der Rentenversicherung zugrunde gelegte Versicherungsverlauf korrekt und die zu gewährende Rente für sie zu gering sei. Der nicht bestandskräftige Rentenbescheid entfalte noch keine sog. „Tatbestandswirkung”, an die das Gericht gebunden sei. Deshalb habe sie ein legitimes Interesse, sich durch Aufrechterhaltung ihres Widerspruchs bzw. ihrer Klage gegen den Rentenbescheid bis zur Klärung der korrekten Rentenhöhe die Möglichkeit dessen Beseitigung offenzuhalten. Im Übrigen genüge das Mitteilungsschreiben der Beklagten vom 24. Juni 2013 nicht den Anforderungen von §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG, da der Zeitpunkt des Bedingungseintritts unzutreffend angegeben sei. Außerdem hätte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Zustimmung des Integrationsamts bedurft.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung zum 11. Juli 2013 beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis hat durch Eintritt der auflösenden Bedingung der Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen iVm. §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zwei Wochen nach dem Zugang des Mitteilungsschreibens der Beklagten vom 24. Juni 2013 bei der Klägerin mit Ablauf des 10. Juli 2013 geendet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die in § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen geregelte auflösende Bedingung nicht bereits nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten gilt. Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben. Die Klägerin macht zwar nicht die Unwirksamkeit der auflösenden Bedingung geltend, vielmehr beruft sie sich darauf, dass die auflösende Bedingung nicht eingetreten sei. Dies ist jedoch ebenfalls innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend zu machen, ansonsten gilt die auflösende Bedingung als eingetreten.
1. Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt in der Regel von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig nahezu unlösbar mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingung verknüpft. So kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei auflösenden Bedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Sie dient der Wirksamkeit der Bedingungsabrede. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 18 ff., BAGE 137, 292; vgl. BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 16; 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 14, BAGE 155, 1; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 13; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 18, BAGE 148, 357; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 12 f.).
Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Da der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird die Klagefrist in den Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist, erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 22, BAGE 137, 292; vgl. BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 17; 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 15, BAGE 155, 1; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 14; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 19, BAGE 148, 357; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 14).
2. Danach hat die Klägerin rechtzeitig binnen drei Wochen nach Unterrichtung durch die Beklagte, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Eintritt der auflösenden Bedingung enden werde, Klage erhoben. Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 19. Mai 2010 am 1. April 2008 geendet habe, die Beendigung jedoch gem. § 15 Abs. 2, § 21 TzBfG erst zwei Wochen nach Zugang des Schreibens wirksam werde. Gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat sich die Klägerin mit der am 2. Juli 2013 zu Protokoll des Arbeitsgerichts eingereichten Klage unter Beifügung des Schreibens der Beklagten vom 24. Juni 2013 mittels eines Feststellungsantrags, eines Kündigungsschutzantrags sowie eines Antrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung gewandt. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren zu Recht nicht als Kündigungsschutzklage oder als allgemeine Feststellungsklage verstanden. Nach dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 24. Juni 2013, das Bestandteil der Klagebegründung ist, sollte ersichtlich nicht eine Kündigung, sondern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung nach § 9.1 Buchst. a TV Beschäftigungsbedingungen angegriffen werden. Die Klägerin hat den Antrag dementsprechend am 31. Juli 2013 neu gefasst. Die Klage wurde rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist erhoben. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass das Schreiben der Beklagten vom 24. Juni 2013 am 25. Juni 2013 um 15.28 Uhr in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen wurde. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, unter Berücksichtigung der üblichen Postzustellungszeiten sei das Schreiben nach § 130 Abs. 1 BGB erst am 26. Juni 2013 zugegangen (vgl. allg. dazu BAG 26. März 2015 – 2 AZR 483/14 – Rn. 37 f.), ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Frist wurde mit dem am 26. Juni 2013 erfolgten Zugang des Mitteilungsschreibens der Beklagten vom 24. Juni 2013 in Lauf gesetzt und endete daher am 17. Juli 2013. Die Frist wurde daher durch die der Beklagten am 11. Juli 2013 zugestellte Klage gewahrt.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien gem. §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung der Klägerin über den Eintritt der in § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen geregelten auflösenden Bedingung durch die Beklagte geendet hat.
1. § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen findet nach § 4 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
2. Nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 Satz 1 TV Beschäftigungsbedingungen endet das Arbeitsverhältnis „mit dem Beginn der unbefristeten vollen Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung …”. Diese Regelung ist dahin auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt endet, ab welchem dem Arbeitnehmer vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer bewilligt wird. Das Arbeitsverhältnis soll daher nicht bereits dann enden, wenn der Arbeitnehmer voll erwerbsgemindert ist. Die Tarifnorm knüpft ausdrücklich an die gesetzliche Rentenversicherung an und setzt damit voraus, dass dem Arbeitnehmer im Falle der „unbefristeten vollen Erwerbsminderung” eine entsprechende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt wird. Dies ergibt sich insbesondere auch aus § 9.1 Buchst. a Nr. 4 Satz 2 TV Beschäftigungsbedingungen. Danach gilt die auflösende Bedingung „auch bei der Umwandlung einer befristeten in eine unbefristete volle Erwerbsminderung”. Umgewandelt werden kann nur die Rentenart, dh. die befristete Rente in eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, nicht jedoch die Erwerbsminderung an sich.
3. Mit diesem Inhalt ist die tarifliche Regelung über die auflösende Bedingung in § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt.
a) Tarifliche Bestimmungen, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen (BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 26; 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 20, BAGE 155, 1; 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zu B II 1 b bb der Gründe). Sie bedürfen eines Sachgrundes gem. § 14 Abs. 1 TzBfG.
aa) Der Sachgrund des Bezugs einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ist zwar in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht genannt. Die Aufzählung ist jedoch nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des TzBfG anerkannte noch weitere Gründe für Befristungen oder auflösende Bedingungen ausschließen (BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 26; 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – Rn. 23, BAGE 117, 255). Eine auflösende Bedingung für den Fall einer vom Rentenversicherungsträger festgestellten unbefristeten vollen Erwerbsminderung beruht auf der Annahme der Tarifvertragsparteien, der Arbeitnehmer werde künftig die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen können. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Arbeitnehmer, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine daran anknüpfende auflösende Bedingung dient einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustands besteht. Andererseits soll dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung getragen werden, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen. Diese berechtigten Interessen beider Arbeitsvertragsparteien sind grundsätzlich geeignet, einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung abzugeben (vgl. BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 27; 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 21, BAGE 155, 1; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 28; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 51, BAGE 148, 357; 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – Rn. 22, aaO).
bb) Die verminderte Erwerbsfähigkeit stellt allein allerdings keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die Einbindung der Interessen des Arbeitnehmers durch die Anknüpfung an die rentenrechtliche Versorgung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Eine Tarifvorschrift, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall der Erwerbsminderung als sachlich gerechtfertigt ansieht, verlangt zu ihrer Wirksamkeit, dass das Arbeitsverhältnis nur bei einem voraussichtlich dauerhaften Rentenbezug enden soll. Eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung auf unbestimmte Dauer führt, ist als Auflösungstatbestand ungeeignet (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 22, BAGE 155, 1; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 30; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 58, BAGE 148, 357).
b) Danach besteht für die in § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen geregelte auflösende Bedingung der erforderliche sachliche Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG, da die Regelung nicht nur auf die volle Erwerbsminderung abstellt, die für sich gesehen keinen Sachgrund für eine auflösende Bedingung darstellen würde, sondern den dauerhaften Bezug entsprechender Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfordert.
4. Die Voraussetzungen des Bedingungseintritts nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen sind erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Klägerin mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19. Mai 2010 eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. April 2008 bewilligt wurde. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dem Eintritt der Bedingung nicht entgegen, dass der Rentenbescheid aufgrund ihres Widerspruchs und ihrer Klage bislang keine Bestandskraft erlangt hat. § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen setzt keinen bestandskräftigen Rentenbescheid voraus. Ein solches Erfordernis besteht auch nicht deshalb, weil dem Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Senats zu vergleichbaren Tarifbestimmungen eine rentenrechtliche Dispositionsbefugnis zusteht und Änderungen im Antragsverhalten des Arbeitnehmers nach der Zustellung des Rentenbescheids unter bestimmten Voraussetzungen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung entgegenstehen können (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 26 ff. mwN, BAGE 155, 1).
a) Die fehlende Bestandskraft des Rentenbescheids steht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen nicht von vornherein entgegen, weil die volle Erwerbsminderung der Klägerin erst mit der Bestandskraft des Rentenbescheids festgestellt wäre. Ein Rentenbescheid wird als Verwaltungsakt nach § 39 Abs. 1 SGB X gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt und mit dem Inhalt wirksam, in dem er ihm inhaltlich bekannt gegeben wird. Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt der bekannt gemachte Verwaltungsakt wirksam, solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt wird. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gerichte aller Gerichtszweige an das Bestehen und den Inhalt von wirksamen Verwaltungsakten gebunden sind, soweit ihnen nicht die Kontrollkompetenz eingeräumt ist (sog. Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten). An den Verwaltungsakt des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, mit dem eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wurde, sind nicht nur die Parteien, sondern auch die Gerichte für Arbeitssachen gebunden, die den Rentenbescheid nur auf seine Nichtigkeit hin überprüfen können. Die Bindungswirkung umfasst die für die Verwaltungsentscheidung rechtserheblichen Tatsachenfeststellungen (vgl. BAG 2. März 2006 – 2 AZR 46/05 – Rn. 17 f., BAGE 117, 168). Sie führt dazu, dass den Gerichten für Arbeitssachen eine eigenständige Bewertung des Leistungsvermögens des Arbeitnehmers für die Fortsetzung seiner Tätigkeit verwehrt ist (BAG 30. April 1997 – 7 AZR 122/96 – zu I 1 b der Gründe). Nur im Fall der Nichtigkeit entfaltet der Rentenbescheid nach § 39 Abs. 3 SGB X von vornherein keine Tatbestandswirkung (vgl. BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 27 f.; 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – zu II 1 b der Gründe, BAGE 111, 148; 11. März 1998 – 7 AZR 101/97 – zu 1 der Gründe; BSG 21. Juni 1995 – 6 RKa 54/94 – BSGE 76, 149). Nichtig ist ein Verwaltungsakt nach § 40 Abs. 1 SGB X aber nur, wenn er – anders als im vorliegenden Fall – an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist (dazu BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 27 f.; 10. Mai 2012 – 8 AZR 434/11 – Rn. 46; 14. September 2011 – 10 AZR 466/10 – Rn. 22; BVerwG 11. Mai 2000 – 11 B 26.00 –; 17. Oktober 1997 – 8 C 1.96 – zu 1 der Gründe mwN; BSG 7. September 2006 – B 4 RA 43/05 R – BSGE 97, 94).
b) Ist der Rentenbescheid formell noch nicht bestandskräftig, können allerdings Veränderungen im Antragsverhalten des Arbeitnehmers für den Eintritt der Rechtsfolgen nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen in Bezug auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses von Bedeutung sein.
aa) Hat der Arbeitnehmer Widerspruch gegen den Rentenbescheid eingelegt, steht es ihm frei, von seiner sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch zu machen und den Antrag zurückzunehmen oder einzuschränken. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigt erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers die in der Tarifbestimmung angeordnete Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Die Anknüpfung des Beendigungstatbestands an eine nur auf Antrag zu gewährende Rentenleistung wahrt das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, in eigener Verantwortung über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden (vgl. BVerfG 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133). Daher können Veränderungen im Antragsverhalten eines Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen zu berücksichtigen sein, solange der Rentenbescheid noch nicht bestandskräftig ist (vgl. BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 27, BAGE 155, 1).
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Arbeitnehmer die Rechtswirkungen des § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen aber nicht dadurch vermeiden, dass er sich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus die Möglichkeit vorbehält, den Rentenantrag zurückzunehmen. Bis zu welchem Zeitpunkt sich die Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung aufgrund einer Änderung des Antragsverhaltens verhindern lassen, ergibt die systematische und teleologische Auslegung des § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen, der selbst – wie vergleichbare tarifvertragliche Regelungen – keine Maßgaben für spätere Dispositionen des Arbeitnehmers über seinen Rentenantrag enthält (vgl. zu § 33 Abs. 2 TV-L BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 27, BAGE 155, 1; zu § 36 Abs. 2 Satz 1 TV-BA BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 21). Danach hat eine Änderung des Antragsverhaltens keine Auswirkungen mehr auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nach dessen Beendigung aufgrund der auflösenden Bedingung erfolgt. Legt der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch gegen den Rentenbescheid ein und nimmt er den Rentenantrag erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist zurück oder schränkt ihn ein, verhindert dies die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen nur dann, wenn die Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erfolgt und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber innerhalb der Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG hiervon in Kenntnis setzt.
(1) Die Tarifvorschrift dient nicht nur dem Schutz des Arbeitnehmers vor Überbeanspruchung. Sie will auch dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, der dauerhaft gesundheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Der Arbeitgeber muss die Möglichkeit haben, nach der Mitteilung über die Rentenbewilligung wegen Erwerbsminderung auf Dauer entsprechende Personaldispositionen, zB durch Neueinstellungen, vorzunehmen (vgl. zu § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 28, BAGE 155, 1; zu § 59 Abs. 1 BAT und § 59 Abs. 1 BAT-O: BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – zu II 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 111, 148 und 3. September 2003 – 7 AZR 661/02 – zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 107, 241). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer den Eintritt der Rechtsfolgen des § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen nicht entsprechend §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 KSchG durch Rücknahme des Rentenantrags bis zur letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz verhindern. Damit könnte der Arbeitnehmer der durch die Zustellung des Rentenbescheids und den Ablauf der Zweiwochenfrist des § 15 Abs. 2 TzBfG ggf. herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Rücknahme des Rentenantrags nachträglich die Grundlage entziehen mit der Folge, dass das bereits beendete Arbeitsverhältnis rückwirkend wieder aufleben würde. Dies würde dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit nicht gerecht (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 29, aaO).
(2) Das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz rechtfertigt es nicht, den Eintritt der Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung nach Ablauf der Widerspruchsfrist über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus ungeklärt zu lassen (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 29, BAGE 155, 1). Ein effektiver Bestandsschutz ist vielmehr bereits dann gewährleistet, wenn der Arbeitnehmer, der gegen den Rentenbescheid fristgerecht Widerspruch eingelegt und den Arbeitgeber hierüber alsbald informiert hat, die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist noch bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Rücknahme oder Einschränkung seines Rentenantrags verhindern kann, sofern er den Arbeitgeber innerhalb der Frist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG hierüber unterrichtet. Damit ist auch dem Interesse des Arbeitgebers, baldmöglichst Klarheit darüber zu erlangen ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder ob er über den Arbeitsplatz disponieren kann, ausreichend Rechnung getragen (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 29, aaO).
(a) Zur Gewährleistung eines effektiven Bestandsschutzes ist es ausreichend, eine Änderung im Antragsverhalten nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 15 Abs. 2 TzBfG zu berücksichtigen (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 30, BAGE 155, 1). Zur effektiven Wahrnehmung der sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis muss der Arbeitnehmer wissen, welche Rechtsfolgen von einem Rentenbescheid auf sein Arbeitsverhältnis ausgehen. Dies ist erst mit dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung durch den Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sichergestellt. Der Rentenbescheid selbst zeigt dem Arbeitnehmer nur die sozialrechtlichen Folgen, nicht jedoch die Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis auf. Die Dispositionsbefugnis über den Rentenanspruch und damit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt dem Arbeitnehmer in dem gebotenen Umfang erhalten, wenn er die Möglichkeit hat, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 15 Abs. 2 TzBfG eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Rücknahme des Rentenantrags zu treffen und die gebotenen Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger abzugeben. Damit steht ihm zumindest eine Frist von zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung zur Verfügung, die auch unter Beachtung der verfassungsrechtlich geschützten Bestandsschutzinteressen für den Arbeitnehmer nicht unangemessen kurz ist. Diesen Zeitraum hält der Gesetzgeber für ausreichend, um es dem Arbeitnehmer im Falle des Eintritts einer auflösenden Bedingung zu ermöglichen, sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzustellen und sich insbesondere um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen (BT-Drs. 14/4374 S. 20). Es ist dem Arbeitnehmer daher auch zumutbar, innerhalb dieser Frist zu entscheiden, ob er seinen Rentenantrag zurücknimmt oder nicht, zumal der Arbeitnehmer bei einem von ihm selbst gestellten Rentenantrag von einem bewilligenden Bescheid nicht überrascht wird (vgl. BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 31 f., aaO; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 70, BAGE 148, 357).
(b) Dem berechtigten Planungs- und Dispositionsinteresse des Arbeitgebers wird hierdurch ausreichend Rechnung getragen, sofern er von dem Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG über die Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags unterrichtet wird. Bis zum Ablauf der Klagefrist für die Bedingungskontrollklage kann der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Zustellung des Rentenbescheids enden wird, so dass er in der Regel keine endgültigen Dispositionen über den Arbeitsplatz treffen wird (vgl. BAG 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 33 f., BAGE 155, 1).
c) Danach sind die Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung in § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen eingetreten. Die Klägerin hat zwar gegen den Rentenbescheid vom 19. Mai 2010 idF des Änderungsbescheids vom 21. November 2011 innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch eingelegt und nach dessen Zurückweisung Klage erhoben. Sie hat den Rentenantrag aber bisher nicht zurückgenommen.
5. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegen, dass der Zeitpunkt des Bedingungseintritts mit dem 1. April 2008 im Mitteilungsschreiben der Beklagten vom 24. Juni 2013 fehlerhaft bezeichnet wäre. Die Beklagte hat in dem Schreiben vom 24. Juni 2013 keinen falschen, sondern den für den Bedingungseintritt vorgesehenen Zeitpunkt zutreffend mitgeteilt. Nach § 9.1 Buchst. a Nr. 4 TV Beschäftigungsbedingungen tritt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beginn der unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ein. Ausweislich des Rentenbescheids vom 19. Mai 2010 wurde die Rente ab dem 1. April 2008 bewilligt. Darauf nimmt auch der Änderungsbescheid vom 21. November 2011 Bezug.
6. Die Klägerin rügt ohne Erfolg, dem Eintritt der auflösenden Bedingung stehe entgegen, dass die Beklagte das Integrationsamt vor der Beendigungsmitteilung nicht analog § 92 Satz 1 SGB IX angehört hat. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung bedarf nicht der Zustimmung des Integrationsamts. Das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts in § 92 Satz 1 SGB IX gilt unmittelbar nur für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit. Die Norm gilt für den Eintritt dauerhafter voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI nicht. Für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift ist kein Raum (BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 58; 27. Juli 2011 – 7 AZR 402/10 – Rn. 29 ff.; 6. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 25, BAGE 137, 292).
7. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat damit aufgrund der Mitteilung der Beklagten vom 24. Juni 2013 über den Eintritt der auflösenden Bedingung am 10. Juli 2013 geendet.
a) Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der Zweiwochenfrist. Das Arbeitsverhältnis wird bis dahin fortgesetzt, ohne dass ein Fall von §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre (vgl. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 60; 6. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 22, BAGE 137, 292; 27. Juli 2011 – 7 AZR 402/10 – Rn. 67).
b) Danach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Ablauf der Zweiwochenfrist nach Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 24. Juni 2013 am 26. Juni 2013 nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG iVm. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 10. Juli 2013 geendet hat.
III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Gräfl, M. Rennpferdt, Kiel, H. Hansen, Weber
Fundstellen
Haufe-Index 10892123 |
BB 2017, 1588 |