Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an der Umlage zur ZVK. Auslegung der AVR des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW-EKD) und der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K). Parallelsache zu – 3 AZR 311/02 –. Betriebliche Altersversorgung. Arbeitsvertragsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Richtlinien für Arbeitsverträge der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) finden auf Arbeitsverhältnisse mit diakonischen Rechtsträgern nur dann Anwendung, wenn sich die diakonische Einrichtung dem zugrundeliegenden Kirchengesetz (ARRGD) angeschlossen hat.
Orientierungssatz
- Die AVR-DW-EKD treten grundsätzlich dann hinter die AVR einzelner gliedkirchlicher Diakonischer Werke zurück, wenn diese nach Maßgabe ihrer eigenen Rechtsgrundlage Geltung für ein Arbeitsverhältnis beanspruchen.
- Die AVR-K für die Diakonischen Werke in Niedersachsen gelten nur dann für ein Arbeitsverhältnis, wenn sich die Einrichtung der Diakonie dem ARRGD-Niedersachsen als dem zugrundeliegenden Kirchengesetz angeschlossen hat (sogenanntes “Beitrittsmodell”, § 1 Abs. 2 ARRGD).
- Der mit Wirkung ab dem 1. Juni 2001 dem § 1a AVR-DW-EKD angefügte Abs. 3 hat lediglich klarstellende Funktion.
- Die Einführung einer Eigenbeteiligung zur Umlage an der kirchlichen ZVK iHv. 1 % des zusatzversorgungsfähigen Einkommens ist nicht offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Normenkette
AVR-DW-EKD §§ 1a, 27, 27a; AVR-K § 1a; ARRGD-Niedersachsen § 1; BGB §§ 317, 319
Verfahrensgang
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers zur Eigenbeteiligung an der Umlage zu einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse und um die Zahlung eines Restgehaltes im Hinblick auf bereits einbehaltene Beiträge.
Die Beklagte unterhält in mehreren Bundesländern, so auch in Niedersachsen, sozialpädagogische Einrichtungen. Ua. ist sie Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers e.V. und des Diakonischen Werkes der Braunschweigischen Landeskirche. Gem. § 6 der Satzung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland
– “Mittelbar angeschlossen sind die Werke, Verbände und sonstigen Einrichtungen, die den gliedkirchlichen und freikirchlichen Diakonischen Werken und Fachverbänden angehören.”,-,
ist sie auch mittelbares Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers, die Braunschweigische und die Oldenburgische Landeskirche sind zusammengeschlossen zu der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.
Der am 7. Juni 1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten als pädagogische Fachkraft auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 9. August 1982 seit dem 1. September 1982 beschäftigt, zuletzt in der sozialpädagogischen Einrichtung für Kinder und Jugendliche in B…. Gem. § 2 des Arbeitsvertrages gelten als Vertragsinhalt die Richtlinien für Arbeitsverträge für Anstalten und Einrichtungen, die dem Diakonischen Werk – Innere Mission und Hilfswerk – der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen sind, in der jeweils gültigen Fassung. § 4 des Arbeitsvertrages bestimmt, daß die Beklagte den Kläger der kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen (ZVK) zuführt und daß die zusätzliche Altersversorgung im Rahmen der Bestimmungen dieser ZVK gewährt wird.
Die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Richtlinien für Arbeitsverträge für Anstalten und Einrichtungen des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW-EKD) sehen als Geltungsbereich vor:
Ҥ 1a Geltungsbereich
Abs. 3 wurde § 1a AVR-DW-EKD mit Wirkung ab 1. Juni 2001 angefügt.
Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen hat ein eigenes Kirchengesetz zur Regelung des Arbeitsrechts für Einrichtungen der Diakonie (ARRGD) vom 11. Oktober 1997 erlassen. Als Geltungsbereich ist festgelegt:
Ҥ 1
Geltungsbereich
- Einrichtungen der Diakonie im Sinne dieses Kirchengesetzes sind die Diakonischen Werke der beteiligten Kirchen der Konföderation sowie die ihnen angeschlossenen rechtlich selbständigen Rechtsträger mit ihren Einrichtungen und Diensten.
- Dieses Kirchengesetz gilt für alle Einrichtungen der Diakonie, soweit sie sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben. Die Einrichtungen geben gegenüber der Geschäftsstelle der Konföderation entsprechende Erklärungen ab. Die Konföderation führt hierüber ein Register. Das Nähere regelt der Rat durch Verordnung.”
Die auf dieser Grundlage erlassenen Richtlinien für Arbeitsverträge der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) sehen schließlich als ihren Geltungsbereich vor:
Ҥ 1a Geltungsbereich
(1) Die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) gelten:
– |
in den Gebieten der an der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen beteiligten Kirchen, |
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für diakonische Rechtsträger mit allen ihren Einrichtungen, auf die das Arbeitsrechtsregelungsgesetz Diakonie (ARRGD) Anwendung findet, |
– |
für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen die AVR-K einzelvertraglich vereinbart sind oder für die die AVR-K aufgrund einer Dienstvereinbarung gelten. |
Für Arbeitsverhältnisse, für die im Arbeitsvertrag auf die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD … Bezug genommen wird, sind die AVR-K die gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelung im Sinne des § 1a Abs. 1 und 2 AVR-EKD in der Fassung vom 1. 7. 1997.”
Die Beklagte hat sich dem ARRGD der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen nicht angeschlossen.
Mit Wirkung ab 1. Januar 1999 wurde in die AVR-DW-EKD § 27a eingefügt, der eine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an der Umlage zur ZVK iHv. 1 % des zusatzversorgungspflichtigen Einkommens vorsah. Seit 1. Januar 2003 ist diese Eigenbeteiligung auf 0,75 % des Einkommens abgesenkt. Die AVR-K sehen dagegen eine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an der Umlage zur ZVK nicht vor.
Von Januar 1999 bis einschließlich August 2000 führte die Beklagte gem. § 27a AVR-DW-EKD eine Eigenbeteiligung des Klägers an der Umlage in unstreitiger Höhe von 1.374,48 DM an die ZVK ab und behielt den entsprechenden Betrag vom Nettogehalt des Klägers ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Einbehalt sei zu Unrecht erfolgt, da § 27a AVR-DW-EKD auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finde. § 1a AVR-DW-EKD verwiesen auf die AVR-K, welche für das Arbeitsverhältnis maßgeblich seien und eine Eigenbeteiligung nicht vorsähen. Zudem enthalte der Arbeitsvertrag von den AVR-DW-EKD abweichende Regelungen. Eine Inhaltskontrolle gem. § 317 BGB ergebe, daß die Eigenbeteiligung im Hinblick auf die finanziell bessere Situation der kirchlichen ZVK unbillig sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.374,48 DM netto zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, von der dem Kläger zustehenden monatlichen Vergütung einen Betrag als Eigenbeteiligung an der Umlage zur kirchlichen Zusatzversorgungskasse einzubehalten.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme zur Anwendung von § 27a AVR-DW-EKD verpflichtet und berechtigt gesehen. Die AVR-K kämen dagegen nicht zur Anwendung, da sie sich dem ARRGD nicht angeschlossen habe. Das werde nunmehr durch den neuen Abs. 3 des § 1a AVR-DW-EKD auch ausdrücklich klargestellt. Die Einführung einer Eigenbeteiligung iHv. 1 % an der Umlage zur ZVK sei nicht unbillig und orientiere sich an der Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes an der VBL-Umlage.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten war erfolgreich und führte zur Klageabweisung. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt erfolglos, da die Klage unbegründet ist. Die Beklagte hat den Gehaltsanspruch des Klägers iHv. 1.374,48 DM netto durch die Abführung dieses Betrages an die kirchliche ZVK erfüllt (§ 362 Abs. 2 BGB). Sie war nach § 27a AVR-DW-EKD ab 1. Januar 1999 berechtigt und verpflichtet, eine Eigenbeteiligung des Klägers an der Umlage zur kirchlichen ZVK in Höhe des jeweils festgelegten Prozentsatzes des zusatzversorgungspflichtigen Einkommens abzuführen. Dementsprechend ist auch der negative Feststellungsantrag des Klägers unbegründet.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß auf Grund von § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages die AVR-DW-EKD und damit auch deren § 27a auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, nicht dagegen die AVR-K, die keine Eigenbeteiligung vorsehen.
1. Die AVR-DW-EKD gelten grundsätzlich für die Beklagte und sind kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien anzuwenden.
a) Bei den Richtlinien zu Arbeitsverträgen (AVR) handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei den Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommissionen festgelegt werden. Wegen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 5 WRV) haben die Kirchen die Dienstherrenfähigkeit und können ein eigenständiges Dienstrecht nach ihrem bekenntnismäßigen Verständnis auf öffentlich-rechtlicher Grundlage schaffen (Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 3. Aufl. § 5 Rn. 1). Um kirchliches Selbstbestimmungsrecht einerseits und Betätigungsrecht der Koalitionen andererseits in Übereinstimmung zu bringen, ist den Kirchen ein sogenannter “Dritter Weg” eingeräumt worden, den sie über die Festlegung der AVR durch die Arbeitsrechtlichen Kommissionen verwirklicht haben. Kirchenrechtlich beruhen die AVR-DW-EKD auf einer Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands vom 8. Oktober 1976, wobei das Diakonische Werk der EKD in seiner Satzung geregelt hat, daß das Arbeitsrechtsregelungssystem des “Dritten Weges” in seinem Bereich Anwendung findet.
b) Die Beklagte fällt unter den Geltungsbereich der AVR-DW-EKD. Sie ist ua. Mitglied der Diakonischen Werke der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers e.V. und der Braunschweigischen Landeskirche. Als Mitglied dieser gliedkirchlichen Diakonischen Werke ist sie eine “sonstige Einrichtung”, die gem. § 6 der Satzung des DW-EKD dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands mittelbar angeschlossen ist. Nicht nur mit dem Kläger, sondern unstreitig auch mit ihren übrigen Mitarbeitern vereinbart die Beklagte in den Arbeitsverträgen die Anwendung der AVR-DW-EKD. Damit genügt sie dem rechtlichen Erfordernis der vertraglichen Transformation kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen in die Arbeitsverhältnisse durch Einzelvertrag, Gesamtzusage oder Einheitsregelung (BAG st. Rspr. 6. Dezember 1990 – 6 AZR 159/89 – BAGE 66, 314, 320; 20. März 2002 – 4 AZR 101/01 – AP GG Art. 140 Nr. 53 = EzA BGB § 613a Nr. 208). Sie erfüllt auch beide Voraussetzungen gem. § 1a AVR-DW-EKD, um unter den Geltungsbereich dieser AVR zu fallen.
c) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß vorliegend der Arbeitsvertrag den Vorgaben der AVR-DW-EKD entspricht und sich die Parteien nicht, indem sie abweichend von den AVR-DW-EKD andere Vertragsbedingungen vereinbart haben, dem kirchlichen Arbeitsrecht entzogen haben.
aa) Um sich zu der von ihr selbst in Anspruch genommenen Zuordnung zur Kirche in Widerspruch zu setzen, hätte die Beklagte mit dem Kläger zu seinen Lasten materiell-rechtlich wesentliche Abweichungen von den AVR-DW-EKD vereinbaren müssen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend gesehen. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist seine weitere Feststellung, der Kläger habe solche Abweichungen zu seinem Nachteil nicht hinreichend dargelegt. Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, eine solche Abweichung liege in der in § 3 Arbeitsvertrag wiedergegebenen Eingruppierung, ist schon nicht ersichtlich, daß es sich um eine Abweichung zu seinem Nachteil handeln könnte. Zudem sind auch für die Eingruppierung der kirchlichen Arbeitnehmer unabhängig von der bei Vertragsabschluß festgelegten Vergütungsgruppe die jeweils einschlägigen Bestimmungen der AVR maßgeblich. Bei allgemeiner Verweisung auf die AVR ist in Ermangelung besonderer Anhaltspunkte anzunehmen, daß die Arbeitsvertragsparteien auch mit den Vereinbarungen zur Eingruppierung nur zum Ausdruck bringen wollen, daß sich die Vergütung jeweils nach der Vergütungsgruppe richten soll, deren Voraussetzung der Arbeitnehmer mit seiner Tätigkeit erfüllt (BAG 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 1 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 4; 24. September 1997 – 4 AZR 452/96 – AP AVR Caritasverband § 12 Nr. 10, zu II 1b der Gründe).
bb) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang weiter auf die vereinbarte Möglichkeit der pauschalierten Abgeltung von Überstunden und Bereitschaftsdienst abgestellt hat, ist auch dies keine Abweichung von den AVR. § 20a Abs. 4 AVR-DW-EKD eröffnet derartige Pauschalierungsmöglichkeiten.
Die AVR-DW-EKD sind vorliegend nicht gem. § 1a Abs. 2 AVR-DW-EKD iVm. § 1a Abs. 1 AVR-K durch die AVR-K ersetzt.
1. Nach § 1a Abs. 2 AVR-DW-EKD gelten diese AVR nur “nach Maßgabe der gliedkirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelung”. Um den einzelnen Gliedkirchen, die als eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts selbst Dienstherrenfähigkeit haben, die Möglichkeit zu eröffnen, ein eigenständiges Dienstrecht für ihren Zuständigkeitsbereich zu schaffen, treten die AVR des Diakonischen Werkes der EKD also grundsätzlich hinter die AVR einzelner gliedkirchlicher Diakonischer Werke zurück. Dies setzt jedoch voraus, wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat, daß die AVR des gliedkirchlichen Diakonischen Werkes Geltung für das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe ihrer eigenen Rechtsgrundlage beanspruchen können. An dieser Voraussetzung fehlt es vorliegend.
2. Zwar ist für das Diakonische Werk der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen eine Arbeitsrechtliche Kommission gebildet, die mit den AVR-K eine gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelung geschaffen hat. Gleichwohl finden die AVR-K nach ihrer eigenen “Maßgabe” auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da die Beklagte deren Anwendungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Sie ist weder iSv. § 1a Abs. 1 AVR-K eine der an der Konföderation beteiligten Kirchen noch vereinbart sie mit ihren Arbeitnehmern die Geltung der AVR-K einzelvertraglich oder hat eine entsprechende Dienstvereinbarung abgeschlossen. Einzelvertraglich nimmt sie vielmehr die AVR-DW-EKD in Bezug. Die Beklagte erfüllt als diakonischer Rechtsträger auch nicht die weitere Voraussetzung gem. § 1a Abs. 1 AVR-K. Auf sie findet das ARRGD der evangelischen Kirchen in Niedersachsen vom 11. Oktober 1997 keine Anwendung.
Die Beklagte ist eine “Einrichtung der Diakonie” im Sinne des ARRGD, weil sie ein rechtlich selbständiger Rechtsträger ist, der sich zwei Diakonischen Werken der beteiligten Kirchen der Konföderation angeschlossen hat, nämlich dem Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers e.V. und dem Diakonischen Werk der Braunschweigischen Landeskirche. Jedoch gilt gem. § 1 Abs. 2 des ARRGD dieses Kirchengesetz nur für Einrichtungen der Diakonie, “soweit sie sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben”. Gerade dies hat die Beklagte unstreitig nie getan. Infolge dessen gelten weder das ARRGD noch die AVR-K für die Beklagte. Die grundsätzlich gültigen Regeln der AVR-DW-EKD treten nicht hinter eine anzuwendende gliedkirchliche Arbeitsrechtsregelung gem. § 1a Abs. 2 AVR-DW-EKD zurück.
Die mit der Revision wiederholten Angriffe des Klägers gegen diese vom Landesarbeitsgericht zutreffend entwickelte Auslegung der AVR-Normen und ihres Zusammenwirkens bleiben ohne Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers führt § 1a Abs. 1 Satz 2 AVR-K zu keinem anderen Ergebnis. Danach gelten für Arbeitsverhältnisse, für die im Arbeitsvertrag auf die AVR-DW-EKD Bezug genommen wird, die AVR-K als gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelung. Dies kann und soll den Geltungsbereich der AVR-K jedoch nicht weiter erstrecken, als dies in der Rechtsgrundlage, dem ARRGD, vorgesehen ist. Vielmehr sollen durch diese Vorschrift die Fälle erfaßt werden, in denen zwar ursprünglich – wie im Falle des Klägers – die AVR-DW-EKD arbeitsvertraglich in Bezug genommen wurden, die Rechtsträger der Einrichtung sich dann aber später dem ARRGD angeschlossen haben. In diesen Fällen geht die gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelung vor, wie § 1a Abs. 1 Satz 2 AVR-K unter Bezugnahme auf § 1a Abs. 2 AVR-DW-EKD klarstellt. Der Beitritt oder Anschluß der Einrichtung, den die Beklagte gerade nicht vollzogen hat, bleibt jedoch für das ARRGD unabdingbare Geltungsvoraussetzung.
2. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter darauf hingewiesen, daß diese Rechtslage bereits bei Einführung der Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an der Umlage zur kirchlichen ZVK im Januar 1999 bestand. Sie wurde durch die Einfügung des Abs. 3 zu § 1a AVR-DW-EKD mit Wirkung ab dem 1. Juni 2001 lediglich klargestellt. In seinen “Erläuterungen” vom 20. Juni 2001 zu dieser Ergänzung der AVR-DW-EKD hat das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland ausdrücklich darauf hingewiesen, daß § 1a Abs. 3 Buchst. c) AVR-DW-EKD die Fälle erfassen soll, in denen das Recht des jeweiligen gliedkirchlichen Werkes keinen allgemeinen Geltungsanspruch in seinem Gebiet erhebt und dabei besonders das ARRGD erwähnt. Ist bei diesem “Beitrittsmodell” eine Entscheidung für die Anwendung der AVR-K nicht getroffen, wie im Falle der Beklagten, “gilt wie in der Vergangenheit die AVR DW EKD direkt”.
3. Diese Auffassung stimmt auch mit der innerkirchlichen Rechtsprechung überein. Das Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten in der Evangelischen Kirche in Deutschland hat in seinem Beschluß vom 7. Juni 2001 (– I-0124/F1-01 –, zu II 3 der Gründe) entschieden, daß es für die Geltung der AVR-K darauf ankomme, ob die Einrichtung dem ARRGD beigetreten sei, weil § 1a Abs. 2 AVR-DW-EKD deren Geltung nur nach Maßgabe der gliedkirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelung vorsehe.
Entgegen der mit der Revision vertretenen Auffassung ist die Verpflichtung des Klägers, eine Eigenbeteiligung an der Umlage zur kirchlichen ZVK gemäß seinem Arbeitsvertrag iVm. § 27 AVR-DW-EKD zu leisten, inhaltlich nicht zu beanstanden.
1. Es kann dahinstehen, ob für die Inhaltskontrolle hier die für Tarifverträge geltenden Maßstäbe heranzuziehen sind, wie das die Rechtsprechung bisher für kirchliche Regelungen angenommen hat, soweit diese Tarifvertragsregelungen ganz oder mit im wesentlichen gleichen Inhalten übernommen haben (BAG 6. November 1996 – 5 AZR 334/95 – BAGE 84, 282; 28. Januar 1998 – 4 AZR 491/96 – AP AVR Caritasverband § 12 Nr. 11 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 44) oder ob die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland als zur Leistungsbestimmung berechtigte Dritte iSd. § 317 Abs. 1 BGB anzusehen ist, die mangels anderweitiger Regelung nach billigem Ermessen zu entscheiden hat (BAG 17. April 1996 – 10 AZR 558/95 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 140). Die Regelung des § 27a AVR-DW-EKD hält auch einer weitergehenden Prüfung nach den §§ 317, 319 BGB stand.
2. Die Änderung der Nettovergütung des Klägers durch Einführung der Eigenbeteiligung zur Umlage an der ZVK iHv. zunächst 1 % des zusatzversorgungspflichtigen Einkommens ist nicht offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Leistungsbestimmung eines Dritten dann, wenn sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener, sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt (BGH 26. April 1991 – V ZR 61/90 – LM BGB § 319 Nr. 30). Bei Anlegung dieses Maßstabes ist die Eigenbeteiligung des Klägers an der Umlage zur kirchlichen ZVK iHv. 1 % des zusatzversorgungspflichtigen Einkommens nicht zu beanstanden. Bereits nach der seit Beschluß der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der EKD vom 7. Dezember 1966 geltenden Fassung des § 27 Abs. 2 AVR-DW-EKD war “der Mitarbeiter … nach Maßgabe der Satzung der Zusatzversorgungseinrichtung verpflichtet, sich an der Zusatzversorgung zu beteiligen”. Der Kläger konnte also bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages nicht darauf vertrauen, daß er künftig an der Umlage zur ZVK nicht beteiligt werde. Darüber hinaus handelt es sich bei der Einführung der Eigenbeteiligung nicht um eine Maßnahme, die allein die Arbeitnehmer des Diakonischen Werkes der EKD betraf. Der Kläger selbst hat auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einführung der Eigenbeteiligung an der Umlage zur ZVK und der Einführung einer vergleichbaren Eigenbeteiligung an der VBL-Umlage im öffentlichen Dienst hingewiesen. Dieser Zusammenhang wird auch durch § 27a Abs. 3 AVR-DW-EKD betont, in dem ausdrücklich auf die Satzung der VBL Bezug genommen wird. Die Einführung einer solchen Eigenbeteiligung dient dem Zweck, die Leistungsfähigkeit der Zusatzversorgungssysteme zu erhalten und stellt daher eine zusätzliche finanzielle Absicherung im Rentenalter dar. Sie ist nicht deswegen offenbar unbillig, weil die früher allein arbeitgeberfinanzierte Umlage im Bereich des öffentlichen Dienstes 7 %, im Bereich der kirchlichen Zusatzversorgung aber nur 4,25 – 4,75 % betragen hat. Die gegenteilige Auffassung des Klägers verkennt, daß die Eigenbeteiligung bei der VBL, obwohl sie höher ausgestaltet wurde (1,25 %), nicht dazu geführt hat, das bisherige System der VBL-Versorgung zu erhalten. Gerade diese Entwicklung zeigt, daß es notwendig ist, rechtzeitig Sicherungsmaßnahmen zur Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der kirchlichen ZVK zu ergreifen.
Unterschriften
Reinecke, Bepler, Breinlinger, Born, Furchtbar
Fundstellen
Haufe-Index 1097266 |
BAGE 2004, 318 |
BB 2004, 1748 |
AP, 0 |
EzA-SD 2004, 8 |
EzA |
NZA-RR 2004, 423 |
PersR 2004, 325 |
RiA 2004, 219 |