Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsvereinbarung über Altersgrenze
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Betriebsvereinbarung, nach der für Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf des Monats endet, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet, ist dahin auszulegen, daß das Arbeitsverhältnis bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze vorbehaltslos nur enden soll, wenn der betroffene Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt auch ein gesetzliches Altersruhegeld zu beanspruchen hat.
2. Die Wirksamkeit einer Altersgrenze dieses Inhalts ist darüber hinaus nicht davon abhängig, ob zusätzlich eine auf die Altersgrenze abgestellte betriebliche Altersversorgung besteht. Es bleibt dahingestellt, ob im Wege einer Billigkeitskontrolle Härteklauseln für Arbeitnehmer einzufügen sind, die durch das gesetzliche Altersruhegeld nicht ausreichend wirtschaftlich versorgt sind.
3. Wird eine Altersgrenze für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstmals durch eine Betriebsvereinbarung eingeführt, dann wirkt sie auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer, die auf unbestimmte Zeit eingestellt worden sind, wenn die Arbeitsverträge unter dem Vorbehalt späterer Betriebsvereinbarungen stehen, dh "betriebsvereinbarungsoffen" ausgestaltet worden sind (im Anschluß an BAG GS vom 16. September 1986 - GS 1/82 = AP Nr 17 zu § 77 BetrVG 1972 - auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
Normenkette
TVG § 1; EWGRL 207/76; BGB § 620; KSchG § 1; BetrVG §§ 88, 77
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 13.02.1986; Aktenzeichen 7 Sa 99/85) |
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 10.09.1985; Aktenzeichen 4 Ca 162/85) |
Tatbestand
Der am 10. April 1920 geborene, verheiratete Kläger, ein griechischer Staatsangehöriger, war bei der Beklagten, einem Unternehmen der Metallindustrie, seit dem 4. Dezember 1969 als Metallarbeiter gegen einen Stundenlohn von zuletzt 13,30 DM brutto beschäftigt. In einem unter dem 20. Februar 1973 abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag war u.a. folgendes vereinbart worden:
(6.) Das Arbeitsverhältnis kann innerhalb der
ersten acht Wochen (Probezeit) unter Einhaltung
einer Frist von drei Werktagen gekündigt
werden. Nach acht Wochen Beschäftigungszeit
besteht eine Kündigungsfrist
von zwei Wochen zum Wochenschluß.
(8.) Die allgemeinen Arbeitsbedingungen und
-vergütungen unterliegen den gesetzlichen
Bestimmungen sowie Betriebsvereinbarungen.
Am 23. Januar 1975 schloß die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat die Betriebsvereinbarung Nr. 7/75, die folgenden Inhalt hat:
Betr.: Beendigung des Arbeitsverhältnisses
------ bei Erreichen der Altersgrenze
Für Mitarbeiter, die das 65. Lebensjahr
und für Mitarbeiterinnen, die das 60. Lebensjahr
erreichen, endet das Arbeitsverhältnis
ohne Kündigung mit Ablauf des Monats,
in dem der Arbeitnehmer das 65. bzw. das
60. Lebensjahr vollendet.
Bei der Beklagten besteht keine betriebliche Altersversorgung.
Am 23. April 1985 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, daß sein Arbeitsverhältnis aufgrund der Betriebsvereinbarung wegen Erreichens der Altersgrenze mit Ablauf des 30. April 1985 ende. Sie verweigert ihm seit dem 1. Mai 1985 die weitere Beschäftigung.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 20. Mai 1985 bei Gericht eingegangenen Klage. Er hat vorgetragen, sein Arbeitsverhältnis bestehe fort, weil die Betriebsvereinbarung vom 23. Januar 1975 aus mehreren Gründen rechtsunwirksam sei.
Sie verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, weil durch den für den Unternehmensbereich geltenden Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Metallindustrie in Nord-Württemberg/Nord-Baden vom 28. Juli 1984 (künftig: MTV 1984) jegliche Befristung eines Arbeitsverhältnisses, jedenfalls aber die Befristung von Arbeitsverhältnissen mit Arbeitnehmern nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausgeschlossen sei. Dies ergebe sich aus folgenden Bestimmungen:
§ 2 Abschnitt 2.6, Abs. 2
Die Vereinbarung eines Probearbeitsverhältnisses
als Arbeitsverhältnis
auf Zeit ist unzulässig.
§ 4 Abschnitt 4.4
Einem Arbeitnehmer, der das 53., aber
noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet
hat und dem Betrieb mindestens drei Jahre
angehört, kann nur noch aus wichtigem
Grund gekündigt werden.
Die Betriebsparteien könnten ferner die Arbeitsverhältnisse auf das 65. Lebensjahr nur dann befristen, wenn eine angemessene Altersversorgung gewährleistet sei. Die Beklagte gewähre keine betriebliche Altersversorgung. Die ihm ab 1. Mai 1985 gewährte gesetzliche Monatsrente von 724,56 DM reiche nicht aus, seinen und seiner Ehefrau Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß das zwischen den
Parteien bestehende Arbeitsverhältnis
nicht zum 30. April 1985 geendet hat,
sondern darüber hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen fortbesteht.
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger
zu den bisherigen Arbeitsbedingungen
weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, § 77 Abs. 3 BetrVG stehe der Betriebsvereinbarung nicht entgegen, da Altersgrenzen für Arbeitsverhältnisse in dem einschlägigen Tarifvertrag nicht geregelt seien. Die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung sei ferner nicht von dem Bestehen einer betrieblichen Altersversorgung abhängig. Auch eine solche Versorgung garantiere zudem nicht stets eine volle soziale Sicherung. Die gesetzliche Rentenversicherung gewährleiste bei Vollendung des 65. Lebensjahres eine Mindestaltersversorgung und stelle hierbei eben nicht auf das Ende der Beschäftigung, sondern auf das Erreichen einer Altersgrenze ab. Im übrigen sei der Kläger auch ausreichend versorgt. Der Familienunterhalt werde ganz wesentlich von der Altersrente der Ehefrau bestritten. Der Kläger habe selbst erklärt, daß seine und seiner Ehefrau Altersrente über 2.000,-- DM monatlich betrage und er Immobilien an der griechischen Küste besitze.
Die Einführung einer Altersgrenze von 65 Lebensjahren sei im Hinblick auf das Interesse des Betriebes und auch der Belegschaft an einem gesunden Altersaufbau sachlich gerechtfertigt. Sie habe in den Jahren 1980 bis 1985 ihre Belegschaft von 300 auf 180 Arbeitnehmer verringern müssen. Hierdurch habe sich eine ungünstige Altersstruktur ergeben, da bei den Kündigungen die sozialen Gesichtspunkte zu berücksichtigen gewesen seien. Von den nunmehr noch beschäftigten Arbeitnehmern sei mehr als ein Drittel älter als 50 Jahre.
Die Betriebsvereinbarung greife nicht unzulässig in vertragliche Rechte des Klägers ein, da nach Ziff. 8 des Arbeitsvertrages vom 20. Februar 1973 die allgemeinen Arbeitsbedingungen auch den Betriebsvereinbarungen unterlägen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.
In der Revisionsinstanz ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, daß die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 18. September 1986 vorsorglich zum 31. März 1987 fristgerecht gekündigt und der Kläger hiergegen keine Klage erhoben hat. Der Kläger verfolgt demgemäß mit der Revision nur noch den Antrag festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit dem 30. April 1985 geendet, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus bis zum 31. März 1987 fortbestanden hat. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
A. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist allerdings der von der Revision noch verfolgte Feststellungsantrag zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ist nicht deshalb entfallen, weil nur noch das Bestehen des Arbeitsverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums zu prüfen ist und der Kläger deshalb auf Zahlung der ihm zustehenden Vergütung klagen könnte. Es reicht im allgemeinen aus, wenn zur Zeit der Klageerhebung ein Feststellungsinteresse gegeben war, weil damals noch nicht auf Leistung geklagt werden konnte (BAG Urteil vom 18. Januar 1966 - 1 AZR 247/63 - AP Nr. 37 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, zu I 2 a der Gründe). Dieser Fall ist hier gegeben. Im Zeitpunkt der Klageerhebung und selbst noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war zwischen den Parteien streitig, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Betriebsvereinbarung vom 23. Januar 1975 (künftig: BV 1975) beendet war oder auf unbestimmte Zeit fortbestand. Für die Feststellung, wie sie der Kläger unter Ziffer 1 seines damaligen Klageantrags begehrt hatte, bestand somit ein rechtliches Interesse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Erst durch die nach Erlaß des angefochtenen Urteils ausgesprochene und vom Kläger nicht angegriffene ordentliche Kündigung der Beklagten hat sich der Bestandsstreit auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt. Der Kläger war somit bereits aus diesem Grunde nicht gehalten, nunmehr zur Leistungsklage überzugehen.
B. Die vom Kläger aufrechterhaltene begrenzte Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten aufgrund der BV 1975 mit dem 30. April 1985 geendet hat.
I. Bei der BV 1975 handelt es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG. Die Festsetzung einer Altersgrenze gehört zu den sozialen Angelegenheiten und unterliegt deshalb, soweit es den Gegenstand der Regelungsmaterie angeht, der Zuständigkeit der Betriebsparteien aufgrund des § 88 BetrVG (Senatsbeschluß vom 19. September 1985 - 2 AZR 188/83 - AP Nr. 11 zu § 77 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe; zum alten Recht: BAGE 23, 257 = AP Nr. 5 zu § 57 BetrVG, zu II 1 der Gründe).
II. Dem Abschluß einer Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt der BV 1975 steht das einschlägige Tarifrecht nicht entgegen, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat.
Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein, es sei denn, daß ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Betriebsvereinbarungen zuläßt. Die vorliegend in Betracht kommenden Tarifverträge (MTV 1984 sowie seine Vorgänger, die Mantel-Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden vom 20. Oktober 1973 - künftig: MTV 1973 - und vom 29. Oktober 1979 - künftig: MTV 1979 -) enthalten jedoch weder eine ausdrückliche noch eine konkludente generelle Regelung der Befristung von Arbeitsverhältnissen oder einer Altersgrenze.
1. Der MTV 1973 enthält in § 8 lediglich eine Regelung der Kündigungsfristen, jedoch keine Bestimmungen über eine Probezeit sowie in § 9.2 den Ausschluß der ordentlichen Kündigung für Arbeitnehmer nach Vollendung des 53. Lebensjahres und vor Vollendung des 65. Lebensjahres bei mindestens dreijähriger Betriebszugehörigkeit. In den Mantel-Tarifverträgen 1979 und 1984 finden sich in § 2 ("Einstellung und Probezeit") unter 2.6 Bestimmungen über Schriftform und Dauer der Probezeit sowie das Verbot der Vereinbarung eines Probearbeitsverhältnisses als Arbeitsverhältnis auf Zeit, ferner in § 4 Regelungen über die Kündigung, darunter in Abschnitt 5 eine dem § 9.2 MTV 1973 entsprechende Unkündbarkeitsregelung.
2. Eine tarifliche Regelung der Befristung von Arbeitsverhältnissen enthält einen weitreichenden Eingriff in die gemäß § 620 Abs. 2 BGB im Grundsatz bestehende Befugnis der Arbeitsvertragsparteien zum Abschluß befristeter Arbeitsverträge. Deshalb muß der Wille der Tarifvertragsparteien, dahingehende Vereinbarungen sollten unzulässig oder nur begrenzt zulässig sein, deutlich zum Ausdruck kommen. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage der Auslegung des jeweiligen Tarifvertrages. Die bloße tarifliche Regelung der Kündigungsfristen enthält, auch wenn sie erschöpfend ist, deshalb grundsätzlich noch kein solches Verbot (BAGE 34, 89 = AP Nr. 15 zu § 620 BGB Probearbeitsverhältnis, zu I 2 a der Gründe). Ebensowenig kann einem Tarifvertrag, der nur bestimmte Arten von befristeten Arbeitsverhältnissen zum Gegenstand hat, ein Verbot der Befristungen aus anderen Gründen entnommen werden (Senatsurteil vom 12. Dezember 1985 - 2 AZR 9/85 - AP Nr. 96 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe). Diese Grundsätze gelten auch für tarifliche Regelungen einer Altersgrenze, die zwar keine Befristung, sondern eine auflösende Bedingung zum Inhalt haben (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 3 der Gründe), weil auch eine solche Vereinbarung in die Vertragsfreiheit eingreift.
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann den hier einschlägigen Mantel-Tarifverträgen weder das generelle Verbot der Befristung von Arbeitsverträgen noch das spezielle Verbot der Einführung einer Altersgrenze entnommen werden.
a) Der MTV 1973, der bei Abschluß der BV 1975 galt, enthielt lediglich eine abschließende Regelung der Kündigungsfristen sowie den zeitweisen Ausschluß der ordentlichen Kündigung für ältere Arbeiter. Die Regelung der Kündigungsfristen ist, wie ausgeführt, kein Anzeichen für ein Verbot der Befristung oder der Einführung von Altersgrenzen. Gleiches gilt für die Unkündbarkeitsregelung. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, hat sie lediglich den besonderen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer zwischen dem 53. und 65. Lebensjahr zum Gegenstand. Wie ihr Gesamtzusammenhang ergibt, soll für Arbeitnehmer nach Vollendung des 65. Lebensjahres wieder die allgemeine Kündigungsordnung des § 8 MTV 1973 maßgebend sein. Diese Regelung kann jedoch keine weitergehende Bedeutung als für die nicht unter die Ausnahmeregelung des § 9 MTV 1973 fallenden Arbeitnehmer unter 53 Jahren im Sinne eines Befristungsverbots haben.
b) Die gleichlautenden Bestimmungen der §§ 2 Abschnitt 2.6 MTV 1979 und MTV 1984 über das Verbot einer Befristung von Probearbeitsverhältnissen können ebenfalls nicht als Ausdruck des Willens der Tarifvertragsparteien angesehen werden, Befristungen oder Altersgrenzen allgemein zu verbieten. Dies hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend aus Wortlaut und Gesamtzusammenhang dieser Normen abgeleitet. Sie befinden sich in dem § 2 des jeweiligen Tarifvertrages, der ausschließlich die Regelungsmaterien Einstellung und Probezeit enthält und weisen keinen Bezug zu der allgemeinen Kündigungsordnung des § 4 auf, der die Kündigung eigenständig regelt (vgl. z.B. die ausdrückliche Regelung der Schriftform in § 2 und § 4). Für den Ausschluß der ordentlichen Kündigung für Arbeitnehmer zwischen dem 53. und 65. Lebensjahr gelten die vorstehenden Ausführungen zum MTV 1973 entsprechend.
III. Die Revision rügt ohne Erfolg einen Verstoß der BV 1975 gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG mit der Begründung, die Regelung differenziere unzulässig zwischen Männern und Frauen durch die Festlegung unterschiedlicher Altersgrenzen und sei deshalb insgesamt rechtsunwirksam.
1. Die Betriebsparteien knüpfen mit dieser Regelung an die in den Sozialversicherungsgesetzen für Männer und Frauen unterschiedlich auf das 65. bzw. 60. Lebensjahr festgelegten Altersgrenzen an und gehen ersichtlich davon aus, daß die Arbeitnehmer durch den Bezug der Altersrente wirtschaftlich ausreichend gesichert sind. Das Bundesverfassungsgericht hat die rentenversicherungsrechtliche Differenzierung des Altersruhegeldbezugs für Männer und Frauen für verfassungsgemäß angesehen (Urteil vom 28. Januar 1987 - 1 BvR 455/82 - AP Nr. 3 zu § 25 AVG). Ob deshalb auch eine hieran anknüpfende Altersgrenzenregelung in einer Betriebsvereinbarung dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG entspricht, kann dahingestellt bleiben. Auch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot würde nämlich nicht zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung führen. Anders als Tarifverträge unterliegen Betriebsvereinbarungen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle (BAGE 39, 295 = AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972, zu II 5 der Gründe, m.w.N.). In deren Rahmen könnte eine gegen das Diskriminierungsverbot verstoßende Altersgrenzenregelung allenfalls dahin geändert werden, daß für Männer und Frauen gleichermaßen eine einheitliche Altersgrenze von 65 Jahren gelten soll. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Betriebsparteien in Kenntnis einer Unwirksamkeit der von ihnen getroffenen Regelung die Begrenzung auf das 65. Lebensjahr für Männer und Frauen unterschritten und damit die Arbeitsverhältnisse von Männern ohne Rücksicht auf das Bestehen eines gesetzlichen Rentenanspruchs beendet hätten, da sie bei dieser Regelung ersichtlich an den üblichen Beginn des Bezuges des gesetzlichen Altersruhegeldes anknüpfen wollten.
2. Aus demselben Grund kann dahingestellt bleiben, ob die BV 1975 gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/207 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1976, Teil L Nr. 39 vom 14. Februar 1976, S. 40 - 42) verstößt. Diese Bestimmung bezieht sich auf das Verbot von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts hinsichtlich der Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen. Sie ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Vorabentscheidungen vom 26. Februar 1986 - Rs 152/84 - NJW 1986, 2178 und - Rs 262/84 - aaO, 2181 - Leitsatz) dahin auszulegen, daß Regelungen unzulässig sind, nach denen eine Frau nur deshalb entlassen wird oder wegen Erreichens einer Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, weil sie das vom Rentenalter für Männer verschiedene Alter erreicht hat, von dem an Frauen nach nationalem Recht Anspruch auf eine staatliche Rente haben. Auch wenn die BV 1975 aus diesem Grunde unwirksam wäre, könnte sie im Rahmen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle auf der Basis einer einheitlichen Altersgrenze von 65 Jahren geändert werden.
IV. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, daß die BV 1975 gegen die Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung und zur auflösenden Bedingung von Arbeitsverhältnissen verstößt.
1. Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze haben eine auflösende Bedingung zum Inhalt, deren Zulässigkeit nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung von Arbeitsverträgen (grundlegend Beschluß des Großen Senats BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) zu beurteilen ist. Die auflösende Bedingung läuft unmittelbar darauf hinaus, daß Sachverhalte das Arbeitsverhältnis beenden sollen, die nach § 1 KSchG oder § 626 BGB möglicherweise nicht als Beendigungsgründe ausreichen würden. Sie unterscheidet sich dadurch von der Befristung und ist deshalb mehr mit der Kündigung vergleichbar. Das gilt grundsätzlich auch für die Einführung einer Altersgrenze für Arbeitsverhältnisse (Senatsurteil vom 20. Dezember 1984, aaO, zu B I 3 und 4 sowie II 2 a der Gründe). Nach der Rechtsprechung des Senats (BAGE 11, 278 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung) gewährt das Kündigungsschutzgesetz einen individuellen, auf die Person des einzelnen Arbeitnehmers zugeschnittenen Kündigungsschutz. Allein das Erreichen des 65. Lebensjahres kann deswegen nicht schematisierend stets als personenbedingter Kündigungsgrund anerkannt werden (vgl. die weiteren Schrifttumsnachweise im Senatsurteil vom 20. Dezember 1984, aaO, zu B II 2 a der Gründe).
Diese Grundsätze gelten auch für Betriebsvereinbarungen. Die Betriebsparteien haben nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Recht und Billigkeit und deshalb bei der Regelung von Beendigungstatbeständen auch das gesetzliche Kündigungsschutzrecht zu beachten, das nicht zu ihrer Disposition steht.
2. Die in einer Betriebsvereinbarung festgelegte Altersgrenze von 65 Lebensjahren ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zumindest dann im Sinne der Grundsätze zur Befristungskontrolle sachlich gerechtfertigt, wenn eine betriebliche Altersversorgung besteht (BAGE 23, 257 = AP Nr. 5 zu § 57 BetrVG, zu III 1 b und c der Gründe; Beschluß vom 19. September 1985, aa0).
Der Senat hat es in dem erstgenannten Urteil (zu III 1 b der Gründe) für die Zulässigkeit einer durch Betriebsvereinbarung eingeführten Altersbegrenzung auf das 65. Lebensjahr als "ganz entscheidend" angesehen, daß eine auf diese Altersgrenze abgestellte betriebliche Versorgungsregelung bestand. Auch spätere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur tariflichen Altersgrenze von 65 Jahren im öffentlichen Dienst (z.B. § 60 Abs. 1 BAT) enthalten diesen Hinweis (vgl. BAGE 31, 20 = AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 a der Gründe).
Nach dem Urteil BAGE 23, 257 (= AP, aa0) ist das Bestehen einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung jedoch keine unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit einer auf das 65. Lebensjahr abstellenden Altersgrenze, sondern nur ein zusätzlicher Umstand, der die übrigen für die Zulässigkeit einer solchen Regelung sprechenden Gründe noch verstärkt. Im übrigen (aa0, zu III 1 b und 2 d der Gründe) hat der Senat zur Rechtfertigung einer solchen Regelung folgende betriebliche und in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe angeführt:
Durch eine feste Altersgrenze könnten sich zwar die einzelnen Arbeitnehmer unterschiedlich betroffen fühlen. Die nahe an der Pensionsgrenze stehenden Arbeitnehmer verlören die Aussicht, noch für längere Zeit ein volles Arbeitseinkommen zu erzielen, während die jüngeren Arbeitnehmer früher in die regelmäßig besseren Stellungen nachrücken können. Ein unbilliger Eingriff in die Individualsphäre liege darin aber nicht. Vorteile und Nachteile einer solchen, auf lange Sicht eingeführten Regelung würden im Laufe der Zeit ausgeglichen. Für etwa besonders benachteiligte Arbeitnehmer ließen sich im Wege der gerichtlichen Billigkeitskontrolle durch eine Übergangsregelung unbillige Härten vermeiden. Darüber hinaus liege der u.a. durch eine feste Altersgrenze erreichbare vernünftige Altersaufbau einer Belegschaft im Interesse nicht nur des Unternehmens, sondern auch der Belegschaft, da Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb bestimmbarer Zeiträume eröffnet würden. Dementsprechend sei die Arbeitgeberseite an einer sachgerechten, d.h. u.a. vorausberechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung interessiert. Die Festsetzung des 65. Lebensjahres als Altersgrenze sei auch weitgehend üblich oder sogar gesetzlich bzw. tariflich bestimmt.
Ferner habe der gegenüber einer allein wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ausgesprochenen Kündigung bestehende Kündigungsschutz nur begrenzten Wert. Denn der Arbeitgeber, der eine einheitliche Gestaltung durchsetzen wolle, könne für die Rechtfertigung einer Kündigung zusätzliche Gründe anführen. Diese könnten in dringenden betrieblichen Erfordernissen (zweckmäßiger Altersaufbau, Personal- und Nachwuchsplanung), aber auch in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Der Arbeitgeber werde dann veranlaßt, den Arbeitnehmer gegen Ende seines Berufslebens besonders sorgfältig auf Leistungsabfall und ähnliches zu beobachten und ihn im Falle der Kündigung einem für ihn unerfreulichen Rechtsstreit aussetzen. Dann sei es ehrlicher, durch eine Altersgrenze klare Verhältnisse zu schaffen.
3. Diese Gründe rechtfertigen eine auf den regelmäßigen Bezug der gesetzlichen Rente abgestellte Altersgrenze auch dann, wenn im Geltungsbereich der zu beurteilenden Betriebsvereinbarung keine betriebliche Altersversorgung besteht. Ein solches Versorgungswerk ist keine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Altersgrenze von 65 Lebensjahren für männliche Arbeitnehmer. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt kann durch Betriebsvereinbarung vielmehr grundsätzlich schon dann festgelegt werden, wenn dem Arbeitnehmer Altersruhegeld aus der gesetzlichen Altersversicherung zusteht.
a) Eine Altersgrenze von 65 Jahren ohne jede Rücksicht auf die wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers ist hingegen nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Befristungskontrolle sachlich nicht zu rechtfertigen. Das KSchG will durch den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer die wirtschaftliche Grundlage für die Bestreitung seines und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen Lebensunterhalt sichern (vgl. Senatsurteil vom 6. März 1986 - 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A IV 6 b der Gründe). In diesen Bestandsschutz würde objektiv funktionswidrig zu einschneidend eingegriffen, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch bei Fehlen einer gesetzlichen Altersversorgung allein von der Vollendung des 65. Lebensjahres abhängig abhängig gemacht würde. Dieser Wertung entspricht z.B. auch die Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 5 BAT insoweit, als danach ein Angestellter auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres dann bei voller Leistungsfähigkeit bis zu drei Jahren weiterbeschäftigt werden soll, wenn die Voraussetzungen für den Bezug laufender Bezüge aus der Rentenversicherung noch nicht erfüllt sind.
b) Hat der Arbeitnehmer jedoch bei Erreichen dieser Altersgrenze Anspruch auf Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1248 RVO, § 25 AVG), so ist schon damit in der Regel bereits eine ausreichende Alterssicherung gewährleistet. Die Begrenzung des Arbeitsverhältnisses ist dann aus den in dem Senatsurteil BAGE 23, 257 dargelegten Gründen grundsätzlich als sachlich gerechtfertigt anzusehen.
aa) Das Erreichen des 65. Lebensjahres ist zwar für sich allein kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Sie begründet auch keine Vermutung einer der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung entgegenstehenden Minderung der Leistungsfähigkeit; die Frage des Alterns ist nicht allein eine Frage des Lebensalters (BAGE 11, 278 = AP, aaO, zu III 1 der Gründe). Andererseits ist die altersbedingte Abnahme der Leistungsfähigkeit ein schleichender Prozeß, der individuell verschieden schnell vor sich geht und sich je nach der Tätigkeit unterschiedlich auswirkt (vgl. Hromadka, DB 1985, Beilage Nr. 11/85 S. 3). Die Feststellung, wann der Arbeitnehmer in vorgerücktem Lebensalter seine vertraglichen Pflichten aus altersbedingten Gründen nicht mehr ausreichend erfüllen kann, ist im Einzelfall schwierig. Dies kann den Arbeitnehmer gegen Ende seines Berufslebens einer für ihn demütigenden Kontrolle seiner Arbeitsleistung aussetzen und zu unerfreulichen Kündigungsprozessen führen. Der Senat hält deshalb an der in dem Urteil BAGE 23, 257 (= AP, aa0) vertretenen Ansicht fest, daß die Festlegung einer Altersgrenze von 65 Lebensjahren regelmäßig im wohlverstandenen Interesse des Arbeitnehmers liegt, weil sie für ihn ungute außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzungen über altersbedingten Leistungsabbau ausschließt. Zwar könnte der Arbeitnehmer eine solche Auseinandersetzung durch Eigenkündigung vermeiden (so Hanau, RdA 1976, 24, 29). Jedoch fehlt gerade bei altersbedingtem Leistungsabfall oft die Fähigkeit, den eigenen gesundheitlichen Zustand objektiv zu beurteilen und die sich daraus für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergebenden Folgerungen zu ziehen. Die Altersgrenze ist ferner geeignet, den Arbeitgeber von einer früheren Kündigung abzuhalten, auch wenn objektiv oder aus seiner Sicht bereits vorzeitig ein altersbedingter, die Vertragserfüllung beeinträchtigender Leistungsabfall zu beobachten ist (so zutreffend Hromadka, DB 1985, Beil. 11, S. 1, 3).
bb) Auch die weiteren in dem Senatsurteil BAGE 23, 257 angeführten Gründe - zweckmäßiger Altersaufbau, Personal- und Nachwuchsplanung - sind geeignet, eine Altersgrenze von 65 Jahren sachlich zu rechtfertigen. Zwar hat die Einführung der flexiblen Altersgrenze durch das Rentenreformgesetz vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I S. 1965) den Arbeitnehmern - im Rahmen der gesetzlichen Kündigungsfrist - die freie Wahl des Pensionierungszeitpunkts bereits ab dem 63. Lebensjahr eingeräumt und dadurch mehr Arbeitnehmer als bisher veranlaßt, vor Erreichen des 65. Lebensjahres aus dem aktiven Arbeitsleben auszuscheiden. Jedoch macht eine Höchstgrenze von 65 Lebensjahren nach wie vor die Personal- und Nachwuchsplanung berechenbarer und führt auch unter Berücksichtigung des vermehrten Ausscheidens von Arbeitnehmern ab dem 63. Lebensjahr zu einer Verbesserung der betrieblichen Altersstruktur sowie der Aufstiegschancen für den Nachwuchs. Die Möglichkeit der Vereinbarung längerer Fristen für die Arbeitnehmerkündigung (vgl. Hanau, aaO, S. 28) gewährleistet eine berechenbare Personalplanung nicht in gleichem Maße, da sich Arbeitnehmer erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres auf längere Kündigungsfristen einlassen und auf diesem Wege somit keine einheitliche Regelung im Betrieb erreicht werden kann.
cc) Eine abweichende Beurteilung rechtfertigt auch nicht die neu in das Gesetz aufgenommene Bestimmung des § 75 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, nach der die Betriebsparteien darauf zu achten haben, daß Arbeitnehmer nicht wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt werden. Denn diese Vorschrift bezweckt allein, den Arbeitnehmer davor zu schützen, daß er während seines Erwerbslebens wegen der Überschreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt wird, nicht aber, das Erwerbsleben selbst zu verlängern (BAGE 31, 20, 22 = AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972 zu II 2 a der Gründe; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 75 Rz 22; GK-Thiele, BetrVG, 3. Bearbeitung, § 75 Rz 42; a.M. Dietz/Richardi, BetrVG, 5. Aufl., § 75 Rz 35; Hanau, aaO, S. 28).
V. Unter den vorstehend dargestellten Voraussetzungen ist eine der BV 1975 entsprechende Altersgrenzenregelung grundsätzlich auch mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
1. Gesetzliche Höchstaltersgrenzen für einzelne Berufe bedeuten allerdings keine bloße Beschränkung der Berufsausübung, die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden kann, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen. Sie greifen vielmehr auf der "Stufe" der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen in die Freiheit der Berufswahl ein. Für sie gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinne, daß sie zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen und keine in sich schon verfassungswidrige, weil übermäßige, nicht mehr zumutbare Belastung enthalten dürfen (BVerfGE 9, 338 = AP Nr. 17 zu Art. 12 GG; vgl. ferner allgemein zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen BVerfGE 7, 377, 405 ff. = AP Nr. 13 zu Art. 12 GG, zu IV 3 d der Gründe).
Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen enthalten jedoch keine subjektiven Zulassungsvoraussetzungen für ganze Berufe, sondern machen nur den Bestand einzelner Arbeitsverhältnisse von einem bestimmten Lebensalter abhängig. Zwar bedeutet allgemein im Hinblick auf die herrschende Einstellung gegenüber älteren Arbeitnehmern ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nach Erreichen des 65. Lebensjahres für einen Arbeitnehmer eine erhebliche Beschränkung. Ein derartiger Eingriff kann deshalb nur aus sachlichen Gründen zulässig sein. Solche Gründe sind aber in den vorstehend zur sachlichen Rechtfertigung der Altersgrenzenregelung unter dem Gesichtspunkt der gerichtlichen Befristungskontrolle dargelegten Umständen zu sehen.
VI. Das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 65. Lebensjahres kann für den Arbeitnehmer jedoch auch dann, wenn ihm gesetzliches Altersruhegeld zusteht, eine besondere wirtschaftliche Härte bedeuten. Dieser Fall kann eintreten, wenn das Altersruhegeld erheblich unter den durchschnittlich erreichbaren Bezügen oder sogar unter den Sozialhilfesätzen liegt. Außergewöhnliche Nachteile können dem Arbeitnehmer aber auch bei Bezug einer "normalen" Altersrente durch besondere soziale Verhältnisse (schwere Erkrankung von Familienangehörigen, noch bestehende Unterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern) entstehen.
Es ist deswegen naheliegend, solchen Tatbeständen, soweit die anzuwendende Betriebsvereinbarung keine Ausnahmeregelung vorsieht, im Wege der Billigkeitskontrolle Rechnung zu tragen. Wie ausgeführt (oben unter III 1), unterliegen Betriebsvereinbarungen grundsätzlich einer solchen gerichtlichen Kontrolle. Zwar ist zunächst davon auszugehen, daß die Betriebsvereinbarung die einzuhaltenden Grenzen von Recht und Billigkeit (§ 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) nicht überschreitet. Die aber gleichwohl zulässige und nach der jeweiligen Interessenlage auch gebotene gerichtliche Kontrolle erstreckt sich entsprechend der Natur der Betriebsvereinbarung als kollektiver Regelung allerdings nur auf die Norm als solche (abstrakte Billigkeitskontrolle), nicht hingegen auf deren Auswirkung auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse (konkrete Billigkeitskontrolle; vgl. dazu Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 77 Rz 73, 73 b, m.w.N.). Dementsprechend könnte auf diesem Wege nur eine allgemeine Härteklausel unter den genannten Voraussetzungen und mit z.B. an § 60 Abs. 2 BAT ausgerichteten Rechtsfolgen in eine Betriebsvereinbarung wie die vorliegend zu beurteilende eingefügt werden.
VII. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles braucht jedoch nicht abschließend geprüft zu werden, ob und unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen im Wege der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in die BV 1975 eine Härteklausel eingefügt werden müßte.
1. Die BV 1975 stellt zwar nach ihrem Wortlaut für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich auf das Erreichen der darin festgesetzten Altersgrenzen ab. Mit diesem Inhalt widerspräche sie aber den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Befristungskontrolle und auch Art. 12 Abs. 1 GG, weil sie unberücksichtigt ließe, ob der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt jedenfalls regelmäßig wirtschaftlich abgesichert ist. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt (vorstehend unter III 1), gehen die Betriebsparteien mit der Anknüpfung an die in den Sozialversicherungsgesetzen festgelegten Altersgrenzen ersichtlich davon aus, daß die Arbeitnehmer durch den Bezug des gesetzlichen Altersruhegeldes wirtschaftlich ausreichend gesichert sind. Die Betriebsvereinbarung ist deswegen gesetzes- und verfassungskonform dahin auszulegen, daß das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze nur dann enden soll, wenn er zu diesem Zeitpunkt auch ein gesetzliches Altersruhegeld zu beanspruchen hat.
2. Ob darüber hinaus in die vorliegend anzuwendende Betriebsvereinbarung eine Härteklausel eingefügt werden muß, braucht deswegen nicht entschieden zu werden, weil der Kläger keine ausreichenden Tatsachen dafür vorgetragen hat, daß er mit dem ihm gewährten Altersruhegeld nicht ausreichend wirtschaftlich gesichert ist.
Wie ausgeführt, gewährleistet das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Vollendung des 65. Lebensjahres grundsätzlich eine ausreichende wirtschaftliche Alterssicherung des Arbeitnehmers. Sieht deshalb eine Betriebsvereinbarung für Härtefälle eine Ausnahme vor oder ist eine solche Klausel im Wege der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in die Betriebsvereinbarung einzufügen, so hat der Arbeitnehmer die diesen Ausnahmetatbestand begründenden Tatsachen vorzutragen und im Falle des Bestreitens durch den Arbeitgeber zu beweisen. Diese Voraussetzungen sind nach dem Vortrag des Klägers nicht erfüllt.
b) Der Kläger hat zunächst vorgetragen, er beziehe lediglich ein gesetzliches Altersruhegeld in Höhe von 724,56 DM monatlich und sei zudem auch noch seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Die Beklagte hat hierauf erwidert, der Unterhalt der Eheleute werde ganz wesentlich von der Altersrente der Ehefrau des Klägers bestritten. Nach seinen Angaben ihr gegenüber betrügen die Altersrenten beider Ehegatten über 2.000,-- DM monatlich. Ferner habe er auch durch Immobilienbesitz in Griechenland für seinen Ruhestand gesorgt. Da sich die Beklagte insoweit auf eigene Erklärungen des Klägers berufen hat, konnte er diesen Vortrag nicht mit Nichtwissen bestreiten, sondern hätte sich substantiiert hierzu äußern müssen (§ 138 Abs. 1 und 4 ZPO). Er hat hierzu jedoch keine Stellung genommen. Die Behauptungen der Beklagten gelten deshalb gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unbestritten (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 15. Aufl., § 138 Anm. III 1 b, aa). Verfügt der Kläger jedoch zusammen mit seiner Ehefrau über ein Renteneinkommen von mehr als 2.000,-- DM monatlich sowie über Immobilien, so kann noch nicht von einem Fall ausgegangen werden, der das Eingreifen einer wie immer in ihren Voraussetzungen zu bestimmenden Härteklausel rechtfertigen könnte.
VIII. Anders als bei dem Sachverhalt, der dem Beschluß des Senats vom 19. September 1985, aa0, zugrunde liegt, ist vorliegend nicht zu prüfen, ob die BV 1975 ein vertraglich begründetes, auf einer vom Arbeitgeber gesetzten Einheitsregelung beruhendes Bestandsschutzrecht des Klägers unzulässig beschränkt. Deshalb bedarf es keiner weiteren Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts oder einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung des Großen Senats über den Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom 19. September 1985 (aaO) aus dem Gesichtspunkt der ablösenden Betriebsvereinbarung.
1. Wie der Große Senat in dem Beschluß vom 16. September 1986 (- GS 1/82 - AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972, zu C II 1 c der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) ausgeführt hat, kann der Arbeitgeber in die Einheitsregelung oder die Gesamtzusage den Vorbehalt aufnehmen, daß eine spätere betriebliche Regelung den Vorrang haben solle. Dieser Vorbehalt kann ausdrücklich, aber auch bei entsprechenden Begleitumständen stillschweigend erfolgen. Auch der Sechste Senat hat zutreffend darauf hingewiesen, Einzelarbeitsverträge könnten "betriebsvereinbarungsoffen" sein (BAGE 39, 295 = AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972).
2. Im vorliegenden Fall haben die Parteien den Arbeitsvertrag vom 20. Februar 1973 in diesem Sinne "betriebsvereinbarungsoffen" ausgestaltet, indem sie unter Ziff. 8 vereinbart haben, die allgemeinen Arbeitsbedingungen und -vergütungen sollten den gesetzlichen Bestimmungen sowie Betriebsvereinbarung unterliegen.
Das Berufungsgericht hat diese Vertragsklausel dahin ausgelegt, daß dadurch allgemein alle abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages gemacht werden sollten. Diese Auslegung läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Für sie spricht eindeutig schon der Vertragswortlaut. Die Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen läßt keine Einschränkung dahin erkennen, daß nur die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Gesetze gemeint sein sollten. Gleiches muß dann für die anschließend ohne erkennbare Einschränkung aufgeführten Betriebsvereinbarungen gelten. Zu Unrecht meint die Revision, unter den "Allgemeinen Arbeitsbedingungen" im Sinne der Vertragsklausel seien nur die Inhaltsnormen einer Betriebsvereinbarung im engeren Sinn, nicht dagegen auch Beendigungsnormen zu verstehen. Für eine solche Einschränkung besteht kein sachlicher Anhaltspunkt. Die Parteien haben in der Vertragsklausel das Begriffspaar Arbeitsvergütungen und Arbeitsbedingungen verwendet, das sich auch in § 77 Abs. 3 BetrVG zur Umschreibung der Materien findet, die, soweit in Tarifverträgen geregelt, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können. Zu den Arbeitsbedingungen im Sinne dieser Norm zählen alle materiellen Arbeitsbedingungen und damit auch Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses; Gegenstand einer Betriebsvereinbarung können Regelungen über den Inhalt und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sein (vgl. Dietz/Richardi, aaO, § 77 Rz 40, 55).
Hillebrecht Triebfürst Ascheid
Timpe Nipperdey
Fundstellen
Haufe-Index 437711 |
BAGE 57, 30-47 (LT1-3) |
BAGE, 30 |
BB 1988, 1820-1822 (LT1-3) |
DB 1988, 1501-1504 (LT1-3) |
AiB 1988, 290-291 (LT1-3) |
EWiR 1988, 883-883 (L1-3) |
JR 1988, 484 |
NZA 1988, 617-620 (LT1-3) |
RdA 1988, 253 |
RzK, I 9g Nr 12 (LT1-3) |
SAE 1989, 84-89 (LT1-3) |
AP § 620 BGB Altersgrenze (LT1-3), Nr 2 |
AR-Blattei, Betriebsvereinbarung Entsch 43 (LT1-3) |
AR-Blattei, ES 520 Nr 43 (LT1-3) |
EzA § 620 BGB Altersgrenze, Nr 1 (LT1-3) |
br 1989, 48 (K) |