Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialkassenverfahren. Mobile Bürotrennwände (Trocken- und Montagebau). Mobile Bürotrennwände. Trocken- und Montagebau. Tarifauslegung
Orientierungssatz
- Die Montage von Bürotrennwandsystemen gehört zu den Trocken- und Montagebauarbeiten.
- Es kommt nicht darauf an, ob die Montagebauteile spurlos wieder entfernt werden können. Der VTV fordert keine untrennbar feste Verbindung mit dem Bauwerk.
- Es ist unerheblich, ob der Eigentümer des Gebäudes als Vermieter oder der Mieter Auftraggeber der Trennwandmontagearbeiten ist.
Normenkette
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37, § 21
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. Dezember 2001 – 16 Sa 1465/01 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Mai 2001 – 98 Ca 65643/00 – abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten März 2000 bis Dezember 2000 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind, für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigungssumme in Höhe von 4.601,63 Euro zu zahlen.
- Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Zeitraum von März bis Dezember 2000 einen Baubetrieb iSd. Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und deshalb Auskünfte an die Klägerin über seine gewerblichen Arbeitnehmer zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung zu zahlen hat.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (im Folgenden: ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
In seiner Gewerbeanmeldung vom 3. März 1998 hat der Beklagte als Tätigkeit angegeben: “Systemmontage/Einbau von genormten Baufertigteilen (zB Fenster, Türen, Zargen, Regale)”. Von der Handwerkskammer Potsdam wurde er mit dem Gegenstand “Einbau von genormten Baufertigteilen” in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen. In einem Stammblatt der Klägerin hat er unter dem 30. März 2000 die betrieblichen Tätigkeiten zeitlich wie folgt aufgegliedert: “30 % Systembüromöbel, 70 % mobile Bürotrennwandsysteme”.
Im Betrieb des Beklagten wurden im Kalenderjahr 2000 zu mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit in bauseits bereits vorhandene Halterungen an Boden und Decken Bürotrennwandsysteme eingehängt und mit Spannschrauben befestigt. Die Trennwände können entfernt werden, ohne daß anschließend Maler- oder sonstige Renovierungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Zu diesen Arbeiten gehört weiterhin der Einbau von Türzargen und Türen, die in den eingebauten Wänden konstruktiv bereits vorgesehen sind.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, es handele sich hierbei um Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV). Weder sei erforderlich, daß es sich um tragende Wände handele, noch daß eine feste Verbindung mit dem Bauwerk hergestellt werde.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, ihr auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten März 2000 bis Dezember 2000 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
- für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigungssumme in Höhe von 4.601,63 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er meint, es handele sich nicht um bauliche Tätigkeiten, insbesondere nicht um Trocken- und Montagebauarbeiten. Die Arbeiten seien eher dem Aufstellen von Raumteilern bzw. Stellwänden in Großraumbüros vergleichbar. Der Ausbau des Gebäudes sei längst abgeschlossen, wenn die Tätigkeit des Beklagten beginne. Die Aufträge würden zumeist von den später einziehenden Mietern erteilt.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die ihre Klageanträge weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil war aufzuheben, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und den Klageanträgen stattzugeben. Die ZVK hat einen Anspruch auf die geltend gemachte Auskunft und hilfsweise die Entschädigung, da der Beklagte im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb unterhielt.
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Hermann, Ließ
Fundstellen
Haufe-Index 872239 |
FA 2003, 93 |
IBR 2003, 333 |
NZA 2003, 816 |
AP, 0 |
EzA |
NJOZ 2003, 1754 |