Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im Baugewerbe. Ausscheiden aus dem Versicherungsverhältnis durch Aufnahme einer Tätigkeit in einem Bauunternehmen mit Sitz im Beitrittsgebiet. Bindung von Tarifverträgen an Grundrechte. Behandlung von Arbeitslosigkeit nach dem Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA). Betriebliche Altersversorgung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber des Baugewerbes sowie deren Gemeinsame Einrichtungen
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 6 Abs. 3, § 3 Abs. 7 des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) erlischt das Versicherungsverhältnis zur Zusatzversorgungskasse für das Baugewerbe auch dann, wenn ein Bauarbeitnehmer eine Tätigkeit bei einem Bauunternehmen mit Sitz im Beitrittsgebiet aufnimmt.
2. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht befugt, von der Anwendung einer aus ihrer Sicht sozialpolitisch nicht mehr sinnvollen tarifvertraglichen Regelung abzusehen.
Leitsatz (redaktionell)
Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:
Bisher keine einschlägige Vorentscheidung
Orientierungssatz
1. Der Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) gilt nicht im Beitrittsgebiet. § 1 Abs. 1 TVA in der ab dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung hat dies nur klargestellt.
2. Ebenso wie durch eine Arbeitsaufnahme im Beitrittsgebiet erlischt das Versicherungsver-hältnis zur Zusatzversorgungskasse für das Baugewerbe nach § 6 Abs. 3 TVA auch dadurch, daß der Bauarbeitnehmer arbeitslos wird. In beiden Fällen besteht ein Zusatzversorgungsanspruch nur, wenn der Bauarbeitnehmer die tarifvertraglichen Wartezeiten zurückgelegt hat und bei ihm im Versorgungsfall eine der beiden Alternativen aus § 6 Abs. 4 TVA erfüllt ist, unter denen ein erloschenes Versicherungsverhältnis wieder auflebt.
3. Die Ausschlußregelung in § 6 Abs. 3 TVA steht nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht (Art. 3, 12, 14 GG; § 1 Abs. 1 BetrAVG).
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Baugewerbe; TV über eine zusä. Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) i.d.F. v. 6. März 1992 §§ 1, 3, 5-6; BetrAVG § 1; GG Art. 3, 12, 14
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Februar 2000 – 10 Sa 746/99 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger vom Beklagten Beihilfe zur Berufsunfähigkeitsrente nach § 3 Abs. 1 Buchst. b des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) verlangen kann.
Der am 29. Mai 1944 geborene Kläger war seit dem Jahre 1962 in verschiedenen Betrieben des Baugewerbes als gewerblicher Arbeitnehmer tätig, in keinem von ihnen aber zehn Jahre oder mehr. Sein vorletztes Arbeitsverhältnis bestand vom 9. März bis 8. Juni 1992 bei der O GmbH mit Sitz in S (Niedersachsen). Nach kurzer Arbeitslosigkeit arbeitete er danach vom 1. Juli 1992 bis zum 31. Oktober 1993 bei dem aus Niedersachsen in die neuen Bundesländer gewechselten Bauunternehmen F GmbH mit Sitz in E. Ab dem 1. November 1993 war er erneut arbeitslos. Auf seinen Antrag hin erhält er mit Wirkung vom 14. Juni 1995 gesetzliche Rente wegen Berufsunfähigkeit. Nach dem Rentenbescheid sind die Anspruchsvoraussetzungen seit dem 19. April 1995 erfüllt.
Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers, ihm eine Rentenbeihilfe zu bewilligen, mit Schreiben vom 29. April 1997 ab. Der Kläger habe eine Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs der Satzung des Beklagten, nämlich im Beitrittsgebiet, aufgenommen; dadurch habe das Versicherungsverhältnis geendet und sei auch vor Eintritt des Versorgungsfalles nicht wieder aufgelebt.
Der TVA in der am Berechnungsstichtag 19. April 1995 maßgeblichen Fassung vom 12. Dezember 1994 war am 14. Juli 1995 mit Wirkung zum 1. Januar 1995 für allgemeinverbindlich erklärt worden. Dabei ging die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von einem Geltungsbereich dieses Tarifvertrages für „das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin(West) nach dem Gebietsstand bis zum 3. Oktober 1990” aus. Der erstmals am 28. Dezember 1979 abgeschlossene TVA selbst bestimmte als seinen räumlichen Geltungsbereich: „Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin”. In ihm wird der Beklagte als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien gegründet. Im TVA heißt es weiter im hier wesentlichen:
„§ 3
Leistungsarten und Anspruchsberechtigte
(1) Die Kasse gewährt nach Maßgabe der Satzung und der nachstehenden Bestimmungen zu den Renten im Sinne der Vorschriften des SGB VI eine der folgenden Leistungen:
- Beihilfe zur Altersrente;
- Beihilfe zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente;
…
(2) Eine Leistungspflicht der Kasse tritt ein (Versicherungsfall), wenn ein versicherter Arbeitnehmer
- einen Tatbestand erfüllt, der gegenüber dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger einen Rentenanspruch nach Abs. 1 begründet, und
- er entweder das Vorliegen der Wartezeit gemäß § 5 Abs. 3 und 5 oder die Voraussetzungen unverfallbarer Leistungen gemäß § 6 nachweist.
…
(7) Als Tätigkeit im Baugewerbe gilt jede der in § 2 der Satzung beschriebenen Tätigkeiten.
…
§ 5
Wartezeit
(1) Als Wartezeit gelten
- alle Zeiten einer Tätigkeit als gewerblicher Arbeitnehmer oder als Angestellter in einem Betrieb im Sinne von § 2 Teil II der Satzung, sofern in Abs. 2 nicht etwas anderes bestimmt ist;
- Zeiten nach Abs. 6;
…
(3) Die Mindestdauer der Wartezeit beträgt 220 Monate. …
(5) Von der Wartezeit gemäß Abs. 1 und 2 müssen wenigstens 60 Monate innerhalb der letzten 9 Jahre vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem der Tatbestand gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a) eingetreten ist und die Wartezeit (Abs. 1 und 2) abgelaufen ist… Dies gilt nicht bei Geltendmachung von unverfallbaren Ansprüchen gemäß § 6 … .
(6) Zeiten der nachgewiesenen Krankheit oder Arbeitslosigkeit oder einer baufachbezogenen Berufsförderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit werden auf die in Abs. 5 geforderten 60 Monate bis zu insgesamt 30 Monaten angerechnet.
(7) Tätigkeitszeiten außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs gelten nur dann als Wartezeit nach Abs. 1 und 2, wenn der Arbeitnehmer von einem deutschen Betrieb oder einer Arbeitsgemeinschaft, an der ein deutsches Bauunternehmen beteiligt ist, auf den Arbeitsplatz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs entsandt worden ist und soweit für die Tätigkeitszeit Beiträge zur Kasse geleistet wurden.
…
§ 6
Unverfallbarkeit des Leistungsanspruches und Erlöschen des Versicherungsverhältnisses
(1) Scheidet ein Versicherter aus dem Baugewerbe im Sinne des § 3 Abs. 7 nach dem 21. Dezember 1974 und vor Eintritt des Versicherungsfalles aus, so behält er eine Anwartschaft auf den unverfallbaren Teil der Beihilfen gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a) und b), wenn er bei seinem Ausscheiden aus dem Baugewerbe
- das 35. Lebensjahr vollendet hat und
- mindestens 10 Jahre in einem Arbeitsverhältnis zu ein und demselben Betrieb (Unternehmen) des Baugewerbes gestanden hat.
…
(3) Scheidet ein Versicherter aus dem Baugewerbe i. S. von § 3 Abs. 7 aus, ohne die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt zu haben, so endet das Versicherungsverhältnis zur Kasse. Eine Abfindung wird nicht gezahlt.
…
(4) Ein erloschenes Versicherungsverhältnis lebt wieder auf, wenn der Arbeitnehmer erneut eine Tätigkeit im Baugewerbe im Sinne von § 3 Abs. 7 aufnimmt. …
Ein erloschenes Versicherungsverhältnis lebt auch dann wieder auf, wenn der Arbeitnehmer aus dem Baugewerbe i.S. von § 3 Abs. 7 ausgeschieden und der Versicherungsfall innerhalb der ersten zwölf Monate nach diesem Ausscheiden eingetreten ist.”
In der Satzung des Beklagten in der am Berechnungsstichtag geltenden Fassung wird als deren räumlicher Geltungsbereich das „Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin” bestimmt. In § 2 Teil II (Betrieblicher Geltungsbereich) heißt es am Ende des Abschnitts VII:
„Nicht erfaßt werden Betriebe, die von der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe in der jeweils geltenden Fassung ausgenommen sind.”
Ab dem 1. Januar 1997 bestimmt § 1 Abs. 1 TVA den räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages dahin, er gelte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Beitrittsgebiets.
Der Kläger hatte bis zum 30. Juni 1992 eine Wartezeit von 287 Monaten zurückgelegt, wovon mindestens 60 Monate innerhalb der letzten neun Jahre vor dem 19. April 1995 liegen.
Der Kläger hat den Standpunkt eingenommen, der Beklagte schulde ihm die geltend gemachte Beihilfe zur Berufsunfähigkeitsrente. Das Versicherungsverhältnis zum Beklagten sei nicht durch Aufnahme seiner Tätigkeit im Beitrittsgebiet am 1. Juli 1992 erloschen. Auch dieser Beschäftigungsort sei Teil der Bundesrepublik Deutschland entsprechend dem TVA und der Satzung des Beklagten gewesen. Die Bekanntmachungen zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TVA enthielten erstmals im Juli 1995 eine Beschränkung auf die alten Bundesländer. Dies könne angesichts seiner Tätigkeit im Jahre 1992 keine Bedeutung haben. Der TVA stelle auch nur auf eine Tätigkeit im Baugewerbe und zusätzlich im räumlichen Geltungsbereich des TVA ab. Im übrigen habe der TVA erst durch die Tarifvertragsänderung vom 30. November 1995 mit Wirkung vom 1. Januar 1997 seinen räumlichen Geltungsbereich auf das Gebiet der alten Bundesländer beschränkt. Auf diese ihm aufgrund der Tarifänderung drohende Rechtsbeeinträchtigung habe der Beklagte ihn bei seiner formlosen Antragstellung im Jahre 1996 nicht hingewiesen. Wäre dies geschehen, hätte er den formgerechten Antrag auf Rentenbeihilfe noch im Jahre 1996 gestellt. Aus diesem Grund sei der Beklagte jedenfalls schadenersatzpflichtig. Unabhängig davon hat der Kläger den Standpunkt eingenommen, die Verweigerung der Rentenbeihilfe sei jedenfalls rechtswidrig, weil er trotz Erfüllung aller Wartezeiten einen Rechtsverlust erleiden solle. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in seine Eigentumsrechte dar. Wäre er ab dem 1. Juli 1992 arbeitslos geblieben, würde ihm unbezweifelbar ein Beihilfeanspruch zustehen.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm ab 1. Juli 1995 Rentenbeihilfe zu zahlen;
hilfsweise:
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der aus der unterbliebenen Information über die bevorstehende Änderung des Tarifvertrages mit Wirkung zum 1. Januar 1997 resultiert.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe keinen Versorgungsanspruch, weil er mit Aufnahme seiner Tätigkeit in E iSv. § 3 Abs. 7 TVA aus dem Baugewerbe ausgeschieden sei, ohne bis zu diesem Zeitpunkt eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft bei einem Arbeitgeber des Baugewerbes erworben zu haben. Hierdurch sei das Versicherungsverhältnis erloschen. Auch schon vor der ausdrücklichen Anpassung des Tarifwortlauts mit Wirkung zum 1. Januar 1997 hätten die Regelungen des Tarifvertrages nur im Gebiet der alten Bundesländer und Westberlins gegolten. Die F GmbH habe auch nicht von der 1996 im Hinblick auf mögliche Wechsel von Bauarbeitnehmern aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet eingefügten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Bauarbeitnehmer freiwillig nachträglich zu versichern. Es sei deshalb auch in der Folgezeit beim Erlöschen des Versicherungsverhältnisses geblieben. Dies sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Arbeitnehmer habe es in der Hand, durch tarifgerechtes Verhalten dem Verlust von Versorgungsansprüchen vorzubeugen.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Hauptantrag des Klägers erkannt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils I. Instanz an.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder in unmittelbarer Anwendung des TVA einen Anspruch auf Beihilfe zu der von ihm bezogenen Berufsunfähigkeitsrente, noch muß der TVA aufgrund eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht im Sinne des Klägers korrigiert werden.
A. Die Klage ist mit Hauptantrag und Hilfsantrag in die Revisionsinstanz gelangt.
I. Beide Anträge hat der Kläger in erster Instanz verlesen. Das Arbeitsgericht hat den Hilfsantrag aber nicht beschieden, weil es bereits den Hauptantrag für begründet gehalten hat.
II. Gleichwohl ist die Klage mit Haupt- und Hilfsantrag in der Berufungsinstanz anhängig gewesen. Hält das Berufungsgericht anders als das Gericht erster Instanz die Klage aus dem Hauptantrag für unbegründet, muß es auch ohne entsprechenden besonderen Antrag in der Berufungsinstanz über den Hilfsantrag entscheiden(für die entsprechende Rechtslage im Rechtsbeschwerdeverfahren: BAG 23. April 1985 – 1 ABR 39/81 – AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 87 Kontrolleinrichtung Nr. 12; 11. Februar 1992 – 1 ABR 49/91 – BAGE 69, 302). Dies ist zwar nicht ausdrücklich, aber in der Sache geschehen. Es bedurfte hinsichtlich des Hilfsantrages keiner zusätzlichen Ausführungen, weil das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, daß die Rechtslage, was den Geltungsbereich des TVA angeht, nicht im Jahre 1997 geändert worden ist, sondern seit 1991 unverändert geblieben ist. Angesichts dessen schied ein Schadenersatzanspruch wegen eines vom Beklagten pflichtwidrig unterlassenen Hinweises auf eine für 1997 bevorstehende Änderung der tarifvertraglichen Rechtslage von vornherein aus.
III. Da der Senat festzustellen hat, ob das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, hat er zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht zu Recht Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen hat. Daß der Kläger den Hilfsantrag in der Revisionsinstanz nicht weiter verfolgen will, hat er zumindest nicht ausdrücklich erklärt. Auch die Auslegung der Revisionsbegründung läßt einen solchen Willen des Klägers nicht erkennen.
B. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hätte zwar seinen Hauptantrag auch beziffern können. Bei der beklagten Zusatzversorgungskasse kann jedoch ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sie auf eine lediglich feststellende Entscheidung hin leisten wird.
C. Die Klage ist aber weder aus dem Haupt- noch aus dem Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat keinen unmittelbar tarifvertraglichen Erfüllungsanspruch auf Zahlung einer Beihilfe zur Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 TVA. Die einem solchen Anspruch entgegenstehenden Bestimmungen des Tarifvertrages stehen nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht. Der hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheidet aus, weil sich die Rechtslage im hier Wesentlichen seit 1995 nicht geändert hat. Der Beklagte hat deshalb auch keine dahingehende Hinweispflicht verletzt.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beihilfe zur Berufsunfähigkeitsrente nach § 3 Abs. 1 Buchst. b TVA. Er hat nicht alle Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 TVA erfüllt. Nach dieser Bestimmung tritt eine Leistungspflicht des Beklagten nur ein, wenn ein versicherter Arbeitnehmer einen Tatbestand erfüllt, der gegenüber dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger einen Rentenanspruch, hier auf Berufsunfähigkeitsrente, begründet, und er entweder das Vorliegen der Wartezeit nach § 5 Abs. 3 und Abs. 5 oder die Voraussetzungen unverfallbarer Leistungen gem. § 6 nachweist. Diese Voraussetzungen sind nicht vollständig erfüllt.
1. Der Kläger hatte allerdings am 19. April 1995 ausweislich des Bescheids des Rentenversicherungsträgers vom 26. März 1997 den Tatbestand erfüllt, der einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente begründet (§ 3 Abs. 2 Buchst. a TVA). Er hatte zu diesem Zeitpunkt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch die nach § 5 Abs. 3 und § 5 Abs. 5 TVA erforderlichen Wartezeiten im Baugewerbe zurückgelegt. Er konnte auf insgesamt mehr als 280 Monate im Arbeitsleben zurückblicken, in denen er die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Buchst. a bis e oder Abs. 2 TVA erfüllt hat. Hiervon lagen 60 Monate innerhalb der letzten neun Jahre vor dem 19. April 1995, dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente erfüllt waren.
2. Der Kläger war aber, wie dies § 3 Abs. 2 TVA zusätzlich fordert, bei Erfüllung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr beim Beklagten versichert. Sein Versicherungsverhältnis war nach § 6 Abs. 3 TVA erloschen, weil er spätestens am 1. Juli 1992 aus dem Baugewerbe iSv. § 3 Abs. 7 TVA ausgeschieden war, ohne daß er bereits zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 TVA erfüllt hatte. Es ist auch nicht nach § 6 Abs. 4 TVA bis zum Eintritt des Versorgungsfalles wieder aufgelebt.
a) Ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Baugewerbe ist für den Anspruch auf Beihilfe nach dem TVA dem Grunde nach unerheblich, wenn der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber des Baugewerbes die Voraussetzungen für eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 BetrAVG erfüllt hat (§ 6 Abs. 1 TVA). Dies war beim Kläger aber nicht der Fall. Er hat in keinem seiner früheren Beschäftigungsbetriebe durch eine ununterbrochene Beschäftigungszeit von zehn Jahren eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erdient.
b) Angesichts dessen hat das Versicherungsverhältnis des Klägers zum Beklagten spätestens mit dessen Aufnahme einer Tätigkeit bei der F GmbH in E geendet. Hierdurch ist der Kläger aus dem Baugewerbe iSv. § 3 Abs. 7 TVA ausgeschieden. Er hat mit seiner Beschäftigung bei einem Unternehmen im Beitrittsgebiet keine der in § 2 der Satzung des Beklagten beschriebenen Tätigkeiten mehr verrichtet.
aa) Dies kann nicht mit der Begründung verneint werden, der Kläger sei weiterhin baugewerblich tätig gewesen. Man scheidet entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann aus dem Baugewerbe iSv. § 6 Abs. 3 TVA aus, wenn man den betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich des TVA verläßt, sondern auch dann, wenn man außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des TVA tätig wird.
Der Kläger hat seine Auffassung auf § 3 Abs. 7 TVA gestützt, der den räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages gerade nicht in Bezug nehme. Dies ergebe sich auch im Umkehrschluß aus § 5 Abs. 7 TVA, wonach als Wartezeit Tätigkeitszeiten außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags nur dann gelten, wenn der Arbeitnehmer von einem deutschen Betrieb auf den Arbeitsplatz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs entsandt worden ist und für diese Tätigkeit Beiträge zur Kasse geleistet wurden. Es entspreche dem Normzweck des TVA und dem Willen der Tarifpartner, daß eine Weiterarbeit außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des TVA kein Ausscheiden aus dem Versicherungsverhältnis bewirke, wenn es nur im Baugewerbe erfolge. Die Rentenbeihilfe solle solchen Arbeitnehmern zugute kommen, die durch ihre langjährige Tätigkeit in Betrieben des Baugewerbes ihre Verbundenheit mit diesem Gewerbe unter Beweis gestellt hätten. Wer dem Baugewerbe den Rücken kehre, könne grundsätzlich keine Leistungen beanspruchen. An einer solchen Abkehr vom Baugewerbe fehle es aber, wenn sich lediglich der Beschäftigungsort ändere. Vor diesem Hintergrund erschließe sich auch der Sinn des § 5 Abs. 7 TVA. Dadurch werde nämlich sicher gestellt, daß den zeitweilig außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs tätigen Arbeitnehmern bereits erworbene Anwartschaften erhalten blieben. Andererseits vermeide die Bestimmung zusätzliche Belastungen der Kasse dadurch, daß Wartezeiten nur insoweit anrechnungsfähig seien, als im entsprechenden Zeitraum auch Beiträge durch den Arbeitgeber entrichtet würden.
Das Landesarbeitsgericht hat dem gegenüber angenommen, mit dem Ausscheiden aus dem räumlichen Geltungsbereich des TVA sei der Kläger aus dem Versicherungsverhältnis ausgeschieden. Es gebe außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs kein Verbleiben im Baugewerbe iSv. § 6 TVA. Als „Tätigkeit im Baugewerbe” iSd. § 3 Abs. 7 TVA könne nicht jede Tätigkeit zur Erbringung baulicher Leistungen, sondern nur eine solche im räumlichen Geltungsbereich der Satzung und des TVA angesehen werden. Dem tritt der Senat bei. § 3 Abs. 7 TVA verweist zur Bestimmung dessen, was „Tätigkeit im Baugewerbe” ist, auf § 2 der Satzung des Beklagten insgesamt. In dieser Bestimmung in der im Jahre 1995 geltenden Fassung wird sowohl der betriebliche und persönliche Geltungsbereich als auch der räumliche Geltungsbereich der Satzung festgelegt. Eine Tätigkeit im Baugewerbe ist demgemäß nur eine Tätigkeit in einem Baubetrieb (§ 2 Teil II) im „Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin” (§ 2 Teil I) von gewerblichen Arbeitnehmern, versicherungspflichtig tätigen Angestellten ua. (§ 2 Teil III). Dieses Normverständnis entspricht auch der von Repräsentanten beider Tarifvertragsparteien stammenden Kommentierung des TVA (damals: ZVK-TV)(Sperner/Brocksiepe/Egger/Henrich/Unkelbach Die Sozialkassen der Bauwirtschaft, Kommentar zu den tariflichen Regelungen, 1976 Anm. 12 zu § 5 ZVK-TV [2., 4. Abs.]).
Die Berufung des Klägers darauf, die vom Arbeitsgericht vertretene Auslegung entspreche dem Willen der Tarifvertragsparteien, weil es darum gehe, Arbeitnehmer zu begünstigen, die in Betrieben des Baugewerbes ihre langjährige Verbundenheit zu diesem Gewerbe gezeigt hätten, überzeugt nicht. Bei einem Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung, die durch Beiträge bestimmter Arbeitgeber finanziert wird, ist auszuschließen, daß der Kreis der Leistungsberechtigten allein nach der Zugehörigkeit zu einem Gewerbe und nicht zumindest auch nach den die Einrichtung finanzierenden Angehörigen dieses Gewerbes festgelegt wird.
Auch der Hinweis auf § 5 Abs. 7 TVA trägt die Auffassung des Klägers nicht. Man könnte sich zwar auf den ersten Blick fragen, warum die Tarifvertragsparteien Worte über die Wartezeitfähigkeit von Auslandseinsätzen verlieren, wenn doch der Auslandseinsatz insgesamt zu einem Verlassen des Geltungsbereichs des Tarifvertrags und dem Ende der Versicherung führen soll. Bei dieser Bestimmung, die sich entsprechend auch schon in § 5 IV Nr. 2. Abs. 5 ZVK-TV in der Fassung vom 30. Oktober 1975 gefunden hat, geht es jedoch nicht um die Behandlung von Beschäftigungsverhältnissen außerhalb des Geltungsbereichs des TVA. Die dort angesprochenen Arbeitnehmer sind für Arbeitgeber tätig, die ihren Sitz im Geltungsbereich des Tarifvertrages haben. In den persönlichen Geltungsbereich des TVA fallen aber nur Arbeitnehmer, die sozialversicherungspflichtig tätig sind (§ 1 Nr. 3 TVA = § 1 Abs. 3 ZVK-TV). Da eine Auslandstätigkeit, die von Deutschland aus gesteuert wird, unter bestimmten Voraussetzungen nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt, hätten die hier geltenden Regeln zu einem Wegfall der Versicherung für aus Deutschland entsandte Bauarbeiter führen können. Durch die tarifvertragliche Regelung wird sichergestellt, daß das Versicherungsverhältnis zum Beklagten maßgeblich sein soll. Die Zeit des von einem westdeutschen, dem TVA unterfallenden Bauunternehmen aus gesteuerten Einsatzes auf einer ausländischen Baustelle wird unabhängig von seiner sozialversicherungsrechtlichen Behandlung stets auf die Wartezeit angerechnet, wenn und soweit im Hinblick auf diese Tätigkeit Beiträge zur Kasse geleistet wurden(Sperner/Brocksiepe/Egger/Henrich/Unkelbach aaO Anm. 52 zu § 5 ZVK-TV).
bb) Dadurch, daß der Kläger am 1. Juli 1992 seine Berufstätigkeit in E fortgesetzt hat, das im Beitrittsgebiet in der Nähe von Berlin liegt, hat er den räumlichen Geltungsbereich des TVA und der Satzung des Beklagten verlassen und so das Versicherungsverhältnis zum Beklagten beendet, das allein seinen Anspruch auf Beihilfe vermitteln kann.
Zwar heißt es sowohl in § 1 Abs. 1 TVA als auch in § 1 Abs. 1 der Satzung des Beklagten in den jeweils zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles geltenden Fassungen, daß diese Bestimmungen im „Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin” gelten. Die ausdrückliche Aufführung des Landes Berlin neben der Bundesrepublik Deutschland zeigt jedoch zweifelsfrei, daß hiermit die Bundesrepublik Deutschland vor dem 3. Oktober 1990 gemeint war. Der TVA galt mithin auch damals schon nur in den alten Bundesländern und in Westberlin. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt. Demgemäß ist auch seine Beurteilung richtig, daß die Allgemeinverbindlicherklärung vom 14. Juli 1995, die den Geltungsbereich der Erklärung auf den Gebietsstand bis zum 3. Oktober 1990 erstreckt, keine rechtsbegründende, sondern lediglich eine klarstellende Funktion hat. Andernfalls hätte der Hinweis auf den Wirkungsbereich der Allgemeinverbindlicherklärung als Einschränkung der Geltung des Tarifvertrages, soweit er allgemeinverbindlich ist, aufgeführt werden müssen, was nicht geschehen ist. Auch hierauf hat das Landesarbeitsgericht zu Recht hingewiesen.
Der Geltungsbereich des TVA, der mit diesem Wortlaut bereits lange vor der Vereinigung gegolten hat, ist nicht automatisch durch die Vereinigung und die Erweiterung der Staatsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland erweitert worden. Änderungen der Staatsgrenzen lassen den tarifvertraglichen Geltungsbereich unberührt(Däubler Tarifvertragsrecht 3. Aufl. Rn. 254 ff. mwN).
cc) Entgegen der Auffassung des Klägers können der TVA und die Satzung des Beklagten auch nicht ergänzend dahin ausgelegt werden, daß nunmehr auch das Beitrittsgebiet zum Geltungsbereich gehört. Es mag zwar sein, daß der ursprüngliche Tarifvertrag durch die Vereinigung insoweit klärungs- und änderungsbedürftig geworden ist. Tatsächlich haben die Tarifvertragsparteien auch Ende 1995 mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 eine Klarstellung vorgenommen und als räumlichen Geltungsbereich des TVA „das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Beitrittsgebiets” festgelegt. Sowohl diese Festlegung, als auch der Umstand, daß lediglich der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VDV) von denselben Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag im Jahre 1992 in seinem Geltungsbereich auch auf das Beitrittsgebiet erstreckt worden ist, zeigt mit hinreichender Deutlichkeit den wahren Willen der Tarifvertragsparteien, die Geltung des TVA nicht auf das Beitrittsgebiet zu erstrecken. Eine solche Willensbetätigung schließt in jedem Falle eine gegenläufige ergänzende Tarifvertragsauslegung durch die Gerichte aus. Die grundsätzliche Frage, inwieweit überhaupt eine ergänzende Tarifvertragsauslegung durch die Gerichte ohne Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG in Frage kommt, muß angesichts dessen nicht beantwortet werden.
c) Da nach alledem zum 1. Juli 1992 das Versicherungsverhältnis des Klägers erloschen ist, käme nach dem Wortlaut des Tarifvertrages ein Anspruch auf Beihilfe nur dann in Betracht, wenn dieses Versicherungsverhältnis bis zum Versorgungsfall wieder aufgelebt wäre. Die Voraussetzungen aus § 6 Abs. 4 TVA erfüllt der Kläger jedoch nicht. Er hat weder erneut eine „Tätigkeit im Baugewerbe”, also im Geltungsbereich des Tarifvertrages, aufgenommen, noch ist der Versicherungsfall innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Ausscheiden aus dem Geltungsbereich des TVA eingetreten. Es hat fast drei Jahre gedauert, bis es nach dem Wechsel nach E zur Berufsunfähigkeit des Klägers gekommen ist.
II. Die tarifvertragliche Bestimmung zum Erlöschen der Versicherung eines Arbeitnehmers bei einem Verlassen des räumlichen Geltungsbereichs des TVA verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie kann deshalb auch nicht zugunsten des Klägers unangewendet bleiben.
1. Der Tarifvertrag verstößt nicht gegen zwingendes einfaches Gesetz. Er hat ein in sich geschlossenes Zusatzversorgungssystem geschaffen, das erheblich mehr gibt als das Betriebsrentengesetz.
Nach § 1 BetrAVG werden Versorgungsanwartschaften nur bei langjähriger Betriebszugehörigkeit unverfallbar. Dazu kommt es im Baugewerbe wegen der dort herrschenden starken Fluktuation nur selten. Vor diesem Hintergrund haben die Tarifvertragsparteien ein branchenbezogenes Zusatzversorgungswerk geschaffen. § 6 Abs. 1 TVA entspricht § 1 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BetrAVG. Nach § 3 Abs. 2 Buchst. b, § 5 Abs. 3, 5 TVA besteht ein Versorgungsanspruch aber auch dann, wenn ein Arbeitnehmer insgesamt 220 Monate bei beitragspflichtigen Arbeitgebern des Baugewerbes beschäftigt war, wovon wenigstens 60 Monate innerhalb der letzten 9 Jahre vor dem Versorgungsfall liegen müssen, und sie im Versorgungsfall versichert sind.
2. § 6 Abs. 3 TVA verstößt nicht gegen Art. 12 GG.
a) Zur Bindung der Tarifvertragsparteien an Art. 12 GG hat der Siebte Senat in seinen Urteilen vom 25. Februar 1998 und 11. März 1998(– 7 AZR 641/96 – BAGE 88, 118 und – 7 AZR 700/96 – BAGE 88, 162) in Bezug auf tarifvertragliche Altersgrenzen ausgeführt: Tarifvertragliche Regelungen könnten zwar die arbeitsplatzbezogene Berufsfreiheit der Arbeitnehmer beschränken und beeinträchtigten so den Schutzbereich des Art. 12 GG. Die Betroffenen könnten sich aber nicht unmittelbar auf dieses Grundrecht berufen, weil Tarifverträge keine staatlichen Maßnahmen iSd. Art. 1 Abs. 3 GG seien. Dies bedeute allerdings nicht, daß diese Grundrechte ohne Bedeutung seien. Ihre Schutzfunktion wirke mittelbar auf die gerichtliche Behandlung von Tarifverträgen ein. Der Staat, der im Streitfall durch die Gerichte handele, sei verpflichtet, auch gegenüber privatautonomen Regelungen einen an der Schutzfunktion der Grundrechte orientierten Mindestschutz zu gewähren, wenn hierfür aufgrund der Stellung des von der Regelung Betroffenen ein hinreichender Anlaß bestehe. Dies sei angesichts der normativen Wirkung eines Tarifvertrages grundsätzlich der Fall. Dieser grundrechtlich geforderte Schutz werde hinsichtlich des Bestandsschutzes für Arbeitsverhältnisse durch das Kündigungsschutzgesetz und durch die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle geleistet. Dieses einfache Recht als Prüfungsmaßstab sei dann anhand des Art. 12 GG zu überprüfen. Es müsse der aus Art. 12 GG abzuleitenden Schutzpflicht genügen. Der erkennende Senat ist dieser Rechtsprechung des Siebten Senats beigetreten(4. April 2000 – 3 AZR 729/98 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 19 = RdA 2001, 110, 111 mit Anmerkung Dieterich).
b) Überträgt man diese Gedanken auf die Bewertung tarifvertraglicher Versorgungsregelungen, so ergibt sich zunächst, daß das Betriebsrentengesetz einfachgesetzlich festlegt, bis zu welcher Bindungsdauer eine Beeinträchtigung der Freiheit der Arbeitsplatzwahl durch das Risiko des Verlustes der ursprünglich freiwillig in Aussicht gestellten Zusatzversorgung von Rechts wegen hinzunehmen ist. Von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Grenzziehung ist auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 15. Juli 1998(– 1 BvR 1554/89, 963, 964/94 – BVerfGE 98, 365) ausgegangen. In diesem Beschluß, in dem es um den unterschiedlichen Wert unverfallbarer Versorgungsanwartschaften in der Privatwirtschaft und bei Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes ging, hat das Bundesverfassungsgericht die Regelungen für den Bereich des öffentlichen Dienstes zwar beanstandet, sie jedoch an den in der Privatwirtschaft aufgrund der §§ 1, 2 BetrAVG geltenden Regeln gemessen; es hat also deren Wirksamkeit ohne weiteres unterstellt.
c) Hat aber der Gesetzgeber im Betriebsrentengesetz den aus Art. 12 GG geforderten Mindestschutz vor Beeinträchtigungen der freien Arbeitsplatzwahl gewährleistet, ergibt sich daraus zugleich, daß die sich aus Art. 12 GG ergebende Schutzpflicht die Gerichte nicht dazu anhält, eine tarifvertragliche Regelung zu korrigieren, die eine geringere Bindung an das einzelne Arbeitsverhältnis zur Folge hat, als sie durch die Unverfallbarkeitsbestimmungen des Betriebsrentengesetzes für den Erwerb eines Anspruchs vorausgesetzt wird.
3. § 6 Abs. 3 TVA verstößt auch nicht gegen Art. 14 GG.
Dabei kann dahin stehen, inwieweit Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung überhaupt an dieses Grundrecht gebunden sind. Es ist schon nicht eindeutig, daß betriebliche Versorgungsanwartschaften von der Eigentumsgarantie erfaßt werden. Aber auch wenn man hiervon ausgeht, ist eine Eigentumsverletzung durch § 6 Abs. 3 TVA nicht zu erkennen. Die Eigentumsgarantie schützt in keinem Falle mehr als die im Laufe des bisherigen Berufslebens erdiente Vermögensposition. Diese stand aber von vornherein unter der Bedingung des § 6 Abs. 3, 4 TVA. Es stand von vornherein fest, daß Versorgungsanwartschaften erlöschen würden, wenn der Arbeitnehmer das Baugewerbe länger als 12 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles verlassen und nicht bis zum Versorgungsfall dorthin zurückkehren würde. Eine weitergehende Anwartschaft stand dem Kläger auch nach den von ihm zurückgelegten Wartezeiten nicht zu(vgl. hierzu auch BVerfG 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89, 963, 964/94 – BVerfGE 98, 365, zu C IV der Gründe).
4. § 6 Abs. 3 TVA verstößt schließlich auch nicht gegen Art. 3 GG.
a) Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, inwieweit der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG die Tarifvertragsparteien unmittelbar bindet (vgl. hierzu einerseits BAG 4. April 2000 – 3 AZR 729/98 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 19 = RdA 2001, 110, 113 mit kritischer Anmerkung Dieterich; andererseits 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – AP TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 25 = EzA GG Art. 9 Nr. 74 mwN). Auch dann, wenn man eine solche Bindung annimmt, ergibt sich daraus nicht die Unwirksamkeit der vom Kläger in Frage gestellten Ausschlußbestimmung. Die sich aus § 6 Abs. 3 TVA ergebende Differenzierung ist nicht willkürlich und sachwidrig.
b) Alle dem Tarifvertrag unterworfenen Arbeitnehmer erdienen ihre Versorgungsrechte unter der auflösenden Bedingung, daß sie den Geltungsbereich des TVA verlassen. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung könnte darin liegen, daß die Gruppe derer, die das Baugewerbe durch die Aufnahme einer Berufstätigkeit außerhalb des räumlichen, persönlichen oder betrieblichen Geltungsbereichs verlassen, schlechter behandelt wird als die Gruppe der Arbeitnehmer, die weiterhin im Baugewerbe der alten Bundesländer beschäftigt bleiben. Dies ist indes nicht der Fall, auch wenn die Konsequenzen, die sich aus der Grenzziehung der Tarifvertragsparteien ergeben, angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt sozialpolitisch sehr problematisch sind. Sozialpolitische Vorbehalte können es nicht rechtfertigen, in sich nachvollziehbaren und nicht willkürlichen Regelungen der Tarifvertragsparteien von Rechts wegen die Wirkung zu versagen.
aa) Die vom Landesarbeitsgericht ohne Sachprüfung als richtig unterstellte Auffassung des Klägers, er hätte seinen Anspruch auf Invalidenbeihilfe behalten, wenn er nur arbeitslos geblieben wäre, anstatt eine Beschäftigung in E aufzunehmen, und wäre dann wie geschehen erwerbsunfähig geworden, ist nicht durch die Bestimmungen des TVA gedeckt. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt kommt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch eine Schlechterbehandlung von Arbeitnehmern, die außerhalb des Geltungsbereichs des TVA eine Arbeit aufnehmen, gegenüber denen, die arbeitslos bleiben, nicht in Betracht.
Nach § 5 Abs. 6 TVA werden zwar Zeiten der Arbeitslosigkeit in einem Umfang von bis zu 30 Monaten auf die nach § 5 Abs. 5 erforderliche Wartezeit von 60 Monaten innerhalb der letzten neun Jahre vor Eintritt des gesetzlichen Rentenfalls berücksichtigt. Das bedeutet aber nicht, daß diese Zeiten auch als Zeiten einer „Tätigkeit im Baugewerbe” (§ 3 Abs. 7, § 6 Abs. 3 TVA) gelten. Wird ein Arbeitnehmer arbeitslos, erlischt das Versicherungsverhältnis ebenso, wie wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs des TVA aufnimmt. Das Versicherungsverhältnis kann lediglich – ebenso wie in dem letztgenannten Fall – wieder aufleben, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 TVA erfüllt sind, der Arbeitnehmer also erneut eine Tätigkeit im Baugewerbe innerhalb des Geltungsbereichs des TVA aufnimmt oder der Versicherungsfall innerhalb der ersten zwölf Monate nach Beginn der Arbeitslosigkeit eintritt.
Arbeitslosigkeit und die Aufnahme einer Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs des TVA werden also, was das Erlöschen des Versicherungsverhältnisses angeht, insgesamt gleichbehandelt, weil in beiden Fällen im System des TVA ein „Ausscheiden aus dem Baugewerbe” vorliegt. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
bb) Soweit der TVA die Arbeitnehmer, die aus dem Baugewerbe ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer tarifvertraglichen Versorgungsansprüche schlechter stellt als diejenigen, die im Baugewerbe verblieben sind oder nur kurze Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Baugewerbe einen Versicherungsfall erleben, ist dies nicht sachwidrig.
Die Tarifvertragsparteien haben ein Zusatzversorgungssystem geschaffen, das erheblich günstiger als das gesetzliche Regelungsmodell des Betriebsrentengesetzes ist. Es verlangt allerdings eine bestimmte Branchentreue. Als solches ist das System in sich stimmig und trägt dem Umstand Rechnung, daß nur die im Geltungsbereich des TVA gelegenen Betriebe des Baugewerbes das Zusatzversorgungssystem finanzieren. Es erschiene dem Senat zwar wünschenswert, wenn die Parteien des TVA über § 1 Abs. 1 BetrAVG hinausgehend eine branchenbezogene Unverfallbarkeitsfrist einführten, um die Flexibilität eines Bauarbeitnehmers bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu fördern. Eine solche Regelung wäre angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage in der Baubranche im Zweifel sinnvoller als die von den Tarifvertragsparteien aufrechterhaltene Regelung des § 6 Abs. 3 TVA. Die Gerichte für Arbeitssachen sind jedoch nicht befugt, eine solche aus ihrer Sicht sinnvollere Regelung an die Stelle des von den Tarifvertragsparteien Geschaffenen zu setzen.
Unterschriften
Reinecke, Dr. Armbrüster, Bepler, Born, Kaiser
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.04.2001 durch Schiege, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 657425 |
BAGE, 301 |
BB 2001, 2654 |
DB 2002, 2116 |
BauR 2002, 367 |
ARST 2001, 191 |
FA 2001, 216 |
FA 2002, 89 |
NZA 2002, 912 |
SAE 2002, 74 |
AP, 0 |
AuA 2001, 326 |
AuA 2002, 428 |
EzA |
LKV 2001, 359 |
MDR 2002, 99 |
NJ 2001, 298 |
NJ 2002, 223 |
VersR 2002, 44 |