Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollzugszulage (Gitterzulage)
Leitsatz (amtlich)
Justizvollzugseinrichtungen iS des § 2 des Tarifvertrages über Zulagen an Arbeiter bei Justizvollzugseinrichtungen sind Dienststellen oder Teile von Dienststellen, die unmittelbar für die Durchführung des Strafvollzugs nach dem Strafvollzugsgesetz mit den damit verbundenen herausgehobenen Funktionen zuständig sind. Ein nur mittelbarer Zusammenhang der Tätigkeit mit dem Justizvollzug begründet keinen Anspruch auf die Vollzugszulage (Anschluß an BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – ZTR 1998, 475).
Orientierungssatz
Auch nach der im Jahre 1990 erfolgten Erweiterung des zulagenberechtigten Personenkreises für die sog. Gitterzulage durch die Änderung des Begriffs „Justizvollzugsanstalt” in „Justizvollzugseinrichtung” reicht ein lediglich mittelbarer Bezug zum Justizvollzug nicht aus.
Tätigkeiten in Justizvollzugsämtern oder Justizvollzugsschulen können nur dann den Anspruch auf die Gitterzulage auslösen, wenn sie mit den herausgehobenen Anforderungen verbunden sind, die Mitarbeiter in geschlossenen, der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht zugänglichen Einrichtungen im ständigen Umgang mit straffällig gewordenen Personen erfüllen müssen.
Normenkette
Tarifvertrag über Zulagen an Arbeiter bei Justizvollzugseinrichtungen und Psychiatrischen Krankenanstalten § 2; Vorbemerkung Nr. 12 zu den Bundesbesoldungsordnungen A. und B
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. November 2000 – 14 Sa 939/00 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger eine Justizvollzugszulage, im Sprachgebrauch der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auch „Gitterzulage” genannt, zusteht.
Der Kläger war seit dem Jahr 1974 bis zum 30. September 2000 beim beklagten Land, zuletzt als Fahrer der Justizvollzugsschule Nordrhein-Westfalen, in der Justizbedienstete aus- und fortgebildet werden, beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte der Kläger für etwa drei Stunden pro Tag Gefangene im Rahmen des offenen Strafvollzugs zur Justizvollzugsanstalt R zu bringen und dort wieder abzuholen. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 11. März 1974 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) vom 27. Februar 1964 und den diesen ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.
Der Tarifvertrag über Zulagen an Arbeiter bei Justizvollzugsanstalten vom 27. November 1975 (im folgenden: ZulagenTV) sah in § 2 Abs. 1 folgende Regelung vor:
„Arbeiter erhalten eine Zulage unter den gleichen Voraussetzungen und in der gleichen Höhe wie sie die Beamten des Arbeitgebers bei Justizvollzugsanstalten nach Nr. 12 der Vorbemerkung zu den Besoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes erhalten.”
Die Zahlung von Zulagen für vergleichbare Beamte war durch die Vorbemerkung Nr. 12 zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B (im folgenden: Vorbem. 12) geregelt. Diese lautete in der Fassung des 5. Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990 (BGBl. I S 967):
„Beamte in Ämtern der Bundesbesoldungsordnung A bei Justizvollzugsanstalten, in abgeschlossenen Vorführbereichen der Gerichte sowie in geschlossenen Abteilungen bei Psychiatrischen Krankenanstalten, die ausschließlich dem Vollzug von Maßregeln der Sicherung und Besserung dienen, erhalten eine Stellenzulage nach ….”
Durch „Gesetz zur Neufassung anderer dienstrechtlicher Vorschriften” vom 11. Dezember 1990 (BGBl. I S 2682) wurde die Vorbemerkung Nr. 12 wie folgt neu gefaßt:
„Beamte in Ämtern der Bundesbesoldungsordnung A bei Justizvollzugseinrichtungen, in abgeschlossenen Vorführbereichen der Gerichte sowie in geschlossenen Abteilungen bei Psychiatrischen Krankenanstalten, die ausschließlich dem Vollzug von Maßregeln der Sicherung und Besserung dienen, erhalten eine Stellenzulage nach ….”
Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 wurde die Vorschrift um die Worte „und in Abschiebehafteinrichtungen” ergänzt.
Durch Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 24. April 1991 zum ZulagenTV erhielt dieser Tarifvertrag die neue Überschrift „Tarifvertrag über Zulagen an Arbeiter bei Justizvollzugseinrichtungen und Psychiatrischen Krankenanstalten”. § 2 Abs. 1 ZulagenTV wurde wie folgt geregelt:
„Die Arbeiter erhalten eine Zulage unter den gleichen Voraussetzungen und in der gleichen Höhe wie sie Beamte des Arbeitgebers bei Justizvollzugseinrichtungen und Psychiatrischen Krankenanstalten nach Nr. 12 der Vorbemerkung zu den Besoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes erhalten.”
Der Kläger erhielt ab dem 1. April 1991 eine Zulage nach § 2 ZulagenTV in Verbindung mit der Vorbem. 12 in Höhe von zuletzt monatlich 186,84 DM brutto. Mit Schreiben vom 11. August 1999 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, daß die Zahlung der Vollzugszulage ab dem 31. August 1999 eingestellt werde.
Mit seiner am 18. Oktober 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung der „Gitterzulage” über den 31. August 1999 hinaus.
Der Kläger meint, sein Anspruch beruhe auf § 2 Abs. 1 ZulagenTV, da seit der Änderung des Wortlauts der Vorbem. 12 von „Justizvollzugsanstalten” in „Justizvollzugseinrichtungen” nicht allein Mitarbeiter im unmittelbaren Strafvollzug, sondern auch solche Mitarbeiter die Zulage erhalten sollten, die lediglich mittelbar mit Strafgefangenen zu tun hätten. Auch diese Mitarbeiter seien häufig vergleichbaren Gefahren und Belastungen ausgesetzt. Demgegenüber erhielten Mitarbeiter in Justizvollzugsanstalten die Zulage auch, wenn sie keinem direkten Umgang mit Strafgefangenen ausgesetzt seien. Sollten Beschäftigte in Justizvollzugseinrichtungen außerhalb des geschlossenen Strafvollzugs nicht von der Vorbem. 12 erfaßt werden, ergäbe die Änderung keinen Sinn. Unabhängig von der Gesetzesänderung sei von den Tarifvertragsparteien eine eigenständige tarifliche Neuregelung getroffen worden, die eine Einbeziehung des Klägers rechtfertige. Da der Kläger seit April 1991 die Gitterzulage erhalten habe, verstoße der Entzug der Leistung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 30. September 2000 die sog. Gitterzulage in Höhe von insgesamt 2.418,00 DM brutto zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Arbeiter könnten die Gitterzulage nur beanspruchen, wenn sie im gleichen Maße wie Beamte in Justizvollzugseinrichtungen unmittelbar mit den besonders belastenden Aufgaben des Strafvollzugs befaßt seien. Die Tarifvertragsparteien hätten im Rahmen der Änderung des § 2 ZulagenTV die Tarifsituation an die Änderung der Vorbem. 12 angepaßt. Deren Auslegung ergebe, daß die Stellenzulage bereits nach § 42 Abs. 3 BBesG nur für eine herausgehobene Funktion und nicht für das Grundamt als solches gewährt werden könne. Eine etwaige, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens vertretene abweichende Interpretation der Rechtsfolgen der Änderung sei mangels objektiven Niederschlag im Gesetz ohne Belang. Sinn und Zweck der Änderung der Vorbem. 12 und des § 2 ZulagenTV sei es, sämtlichen besonders belasteten Mitarbeitern in allen Justizvollzugseinrichtungen künftig die gleiche Zulage zu gewähren, soweit sie „hinter Gittern und Mauern” arbeiten müßten, da bislang nur die Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten erfaßt worden seien. Die irrtümliche Verwaltungspraxis seit 1991 einzustellen, sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung einer Vollzugszulage.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß mit § 2 ZulagenTV keine eigenständige Regelung getroffen worden sei. Zur Gleichstellung der Mitarbeiter werde auf die beamtenrechtliche Rechtslage verwiesen. Die Änderung der Vorbem. 12 stelle allein eine redaktionelle Anpassung dar. Die Auslegung der Vorbem. 12 ergebe unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und der Systematik des Besoldungsrechts, daß Mitarbeiter außerhalb abgeschlossener Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung keine Zulage beanspruchen könnten. Etwaige abweichende Interpretationen der Folgen der Gesetzänderung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hätten keinen objektiven Niederschlag in der Vorbem. 12 selbst gefunden. Der Kläger habe keine Tätigkeiten innerhalb einer Einrichtung des Strafvollzugs „hinter Gittern und Mauern” wahrgenommen. Seine Fahrertätigkeit rechtfertige die Zulage nicht, da die anderen Aufgaben des Klägers demgegenüber nicht lediglich geringfügig angefallen seien. Auf Grund der irrtümlich seit 1991 vorgenommenen Zahlungen sei eine betriebliche Übung nicht begründet worden.
II. Diesen rechtlichen Erwägungen folgt der Senat.
1. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch gemäß § 2 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZulagenTV. Er fällt nicht unter den Kreis der zulagenberechtigten Personen.
a) Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 11. März 1974 finden die Vorschriften des MTL II und die diesen ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der ZulagenTV ergänzt die Regelungen des zwischenzeitlich an die Stelle des MTL II getretenen MTArb. Nach § 1 ZulagenTV gilt dieser Tarifvertrag für Arbeiter, die unter den Geltungsbereich des MTArb fallen.
b) Der Kläger erfüllt auf Grund der von ihm ausgeübten Tätigkeiten nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung einer Vollzugszulage. Nach § 2 Abs. 1 ZulagenTV erhält ein Arbeiter die Zulage „unter den gleichen Voraussetzungen und in der gleichen Höhe wie sie die Beamten des Arbeitgebers bei Justizvollzugseinrichtungen und Psychiatrischen Krankenanstalten” nach der Vorbemerkung Nr. 12 erhalten. Dies setzt voraus, daß eine Tätigkeit „bei Justizvollzugseinrichtungen” ausgeübt wird. Die Auslegung dieser Norm ergibt, daß allein die Erledigung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Justizvollzug durch die Dienststelle des Klägers die Zulagenzahlung nicht rechtfertigt. Erforderlich ist, daß der Arbeiter selbst Tätigkeiten im Bereich des unmittelbaren Strafvollzugs ausübt. Die Tätigkeiten des Klägers erfüllen diese Anforderungen nicht. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Vorbemerkung Nr. 12(BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – ZTR 1998, 475).
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Ausgehend vom Wortlaut der Tarifnorm ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt(BAG 20. April 1994 – 10 AZR 276/93 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 11 mwN; 7. Juni 2000 – 10 AZR 423/99 – nv.).
bb) Erfolglos rügt der Kläger, das Landesarbeitsgericht habe bei der Anwendung dieser Grundsätze mit seiner Auslegung materielles Recht verletzt.
(1) Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 ZulagenTV erhält ein Arbeiter die Vollzugszulage unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Beamter des Arbeitgebers „bei Justizvollzugseinrichtungen” nach der Vorbem. 12. Damit legt der ZulagenTV keine eigenständigen Anspruchsvoraussetzungen für die Zulage fest. Mit der Verweisung auf die beamtenrechtliche Rechtslage haben die Tarifvertragsparteien ihren Normsetzungswillen dahingehend beschränkt, als das auch für Arbeiter die Regelung der Vorbem. 12 inhaltlich gelten soll. Der 2. Änderungstarifvertrag vom 24. April 1991 mit der Änderung des Wortlauts von „Justizvollzugsanstalten” in „Justizvollzugseinrichtungen und Psychiatrischen Krankenanstalten” wollte die Vorschrift lediglich redaktionell an die zuvor erfolgte Änderung der Vorbem. 12 anpassen(Scheuring/Steingen/Banse/Thivessen MTArb Band III Teil IV Stand August 2001 TV über Zulagen an Arbeiter bei Justizvollzugseinrichtungen und Psychiatrischen Krankenanstalten – Anh. 5 d Erl. 2).
(2) Da die Vorbem. 12 die Begriffe „Beamte bei Justizvollzugseinrichtungen” nicht selbst definiert und sich eine eindeutige Definition auch nicht in sonstigen landes- oder bundesrechtlichen Vorschriften findet, hat sich die Auslegung dieses Begriffs am allgemeinen Sprachgebrauch, an der Entstehungsgeschichte und am Sinn und Zweck der Norm zu orientieren. Sprachlich setzt sich der Begriff aus „Einrichtungen” und „Justizvollzug” zusammen. Justizvollzug wird allgemein als Strafvollzug verstanden, soweit er von Justizbehörden ausgeübt wird. Der Justizstrafvollzug ist im Strafvollzugsgesetz geregelt. Hiernach befaßt sich der Strafvollzug mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (§ 1 StrVollzG). Freiheitsstrafen und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung werden in Justizvollzugsanstalten vollzogen (§ 139 StrVollzG). Der Dienststelle des Klägers, der Justizvollzugsschule Nordrhein-Westfalen, obliegt die Ausbildung von Beamtenanwärtern des allgemeinen Vollzugsdienstes, des mittleren Verwaltungsdienstes und des Werkdienstes bei Justizvollzugsanstalten. Sie ist damit eine Einrichtung, die mittelbar Aufgaben im Zusammenhang mit dem Justizvollzug erfüllt.
(3) Damit ist sie jedoch in ihrer Gesamtheit keine „Justizvollzugseinrichtung” im Sinne der Vorbem. 12. Erforderlich ist vielmehr eine Tätigkeit in einer Dienststelle oder einem Teil einer Dienststelle, die unmittelbar für die Durchführung des Strafvollzugs, dh. für den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Strafvollzugsgesetz mit den damit verbundenen herausgehobenen Funktionen zuständig ist.
(3.1.) Die Entwicklung der Vorbem. 12 zeigt, daß die Vollzugszulage immer an eine Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Strafvollzug in abgeschlossenen Bereichen geknüpft war. Ursprünglich erhielten Beamte des beklagten Landes nach der Vorbemerkung Nr. 8 der Landesbesoldungsordnung Nordrhein-Westfalen eine Zulage, wenn sie „in einer Justizvollzugsanstalt oder in den Hausgefängnissen der Gerichte” tätig waren. Mit der bundeseinheitlichen Neuregelung des Besoldungsrechts wurde die Vorbem. 12 eingeführt, die in der Fassung vom 23. Mai 1975 eine Zulage für Beamte vorsah, die „bei Justizvollzugsanstalten sowie in geschlossenen Abteilungen bei Psychiatrischen Krankenanstalten, die ausschließlich dem Vollzug von Maßregeln der Sicherung und Besserung dienen” tätig waren. Landesrechtlich wurde die Neuregelung durch die Anordnung der entsprechenden Geltung der Vorbem. 12 umgesetzt(Vorbemerkung Nr. 1.5. zur Landesbesoldungsordnung Nordrhein-Westfalen). Mit dem 5. Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990 wurde der Kreis der zulagenberechtigten Beamten in der Vorbem. 12 erneut erweitert, auf Beamte in „abgeschlossenen Vorführbereichen der Gerichte”.
Sowohl der Einsatz bei „Justizvollzugsanstalten”, in „abgeschlossenen Vorführbereichen der Gerichte” als auch in „geschlossenen Abteilungen bei Psychiatrischen Krankenanstalten, die ausschließlich dem Vollzug von Maßregeln der Sicherung und Besserung dienen”, bezog sich unmittelbar auf Tätigkeiten des Justizvollzugs (§§ 1, 139 StrVollzG). Die Einrichtungen der abgeschlossenen Vorführbereiche der Gerichte und geschlossenen Abteilungen und Stationen bei Psychiatrischen Krankenanstalten sind ihrer Funktion nach mit dem geschlossenen Strafvollzug vergleichbar(BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – aaO). Sämtlichen in der 1990 geltenden Fassung der Vorbem. 12 genannten Einrichtungen ist gemeinsam, daß die in diesen Bereichen des unmittelbaren Strafvollzugs tätigen Mitarbeiter in geschlossenen, der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht zugänglichen Einrichtungen im ständigen Umgang mit straffällig gewordenen Personen eingesetzt sind.
(3.2.) Die mit dem Gesetz zur Neufassung anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 1990 in Kraft getretene Änderung des Wortlauts der Vorbem. 12 hat daran nichts geändert. Sie erweitert den Kreis der Anspruchsberechtigten von Mitarbeitern der „Justizvollzugsanstalten” auf solche in „Justizvollzugseinrichtungen”. Der Begriff knüpft aber weiterhin an den unmittelbaren Justizvollzug an. Das ergibt sich schon aus der Verwendung des Genitivs „Justizvollzugs …”. Erforderlich ist damit eine unmittelbar der Durchführung des Strafvollzugs dienende Tätigkeit(BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – aaO; OVG Rheinland-Pfalz 19. September 1997 – 10 A 12838/96 – ZTR 1998, 144; Arbeitsgericht Köln 12. April 2000 – 3 Ca 8040/99 –; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Mai 2001 Teil V ZulTVe 1982 Erl. 9.1.; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Teil III Stand August 2001 TV allg. Zul. Bund/TdL § 6 II. Rn. 5; aA: OVG Hamburg 31. Oktober 1996 – Bf I 24/95 – = nachgehend BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – aaO, Verwaltungsgericht Arnsberg 9. Mai 2001 – 2 K 318/00 –).
(3.3.) Die Annahme des Klägers, der Gesetzgeber habe mit der Wortlautänderung nunmehr jegliche Tätigkeit in Justizvollzugseinrichtungen auch ohne unmittelbaren Bezug zum Strafvollzug besonders vergüten wollen, steht im Widerspruch zur gesetzlichen Regelungskompetenz für Stellenzulagen nach § 42 BBesG. Es ist aber davon auszugehen, daß sich der Gesetzgeber gesetzeskonform verhalten wollte. Grundsätzlich wird die Tätigkeit eines Beamten durch das dem verliehenen Amt entsprechende Grundgehalt nebst Familienzuschlag angemessen besoldet. Gemäß § 42 Abs. 1 BBesG können für „herausgehobene Funktionen” Zulagen gewährt werden. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Zulagen einen weiten Gestaltungsspielraum, doch verlangt § 42 Abs. 1 BBesG unabdingbar ein Amt, das mit einer Funktion verbunden ist, die sich aus den übrigen Funktionen, die dem gleichen statusrechtlichen Amt zugewiesen sind, heraushebt. Die Dienstaufgaben müssen sich nach den vorausgesetzten Kenntnissen, Schwierigkeiten der Dienstverrichtung oder der Verantwortung im Vergleich zu den sonstigen Ämtern als höherwertig herausheben(BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – aaO; Fürst GKÖD Band III Besoldungsrecht des Bundes und der Länder Teil 2 Stand Februar 2001 K vor § 42 Rn. 24 u. 26, K § 42 Rn. 13; Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel Besoldungsrecht des Bundes und der Länder Teil II Stand März 2001 BBesG § 42 Anm. 3). Die in der Vorbem. 12 vorgesehene Stellenzulage findet systemgerecht ihre Rechtfertigung darin, daß die Zuordnung der Ämter zu den Besoldungsgruppen der BBesO A die ständig über die Normalanforderungen der Laufbahn hinausgehenden Anforderungen an die Beamten des Strafvollzugsdienstes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese sind zu erhöhter Wachsamkeit angehalten und müssen notfalls Leben und Gesundheit einsetzen, um Ausbruchsversuche oder Übergriffe der ihrer Obhut anvertrauten Personen zu verhindern. Sie können auch im privaten Bereich Nachteile infolge ihrer dienstlichen Tätigkeit erleiden. Diese berufstypischen Besonderheiten sollen ausgeglichen werden(OVG Rheinland-Pfalz 19. September 1997 – 10 A 12838/96 – aaO; BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – aaO; BAG 7. Juni 2000 – 10 AZR 423/99 – aaO; Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel Besoldungsrecht des Bundes und der Länder Teil IV Stand März 2001 BBesG Anlage I Vorbem. Nr. 12 Anm. 1).
(3.4.) Die Erweiterung des zulagenberechtigten Personenkreises ist sinnvoll vor dem Hintergrund, daß auch nicht unmittelbar in Strafanstalten tätige Personen die gleichen herausgehobenen Funktionen ausüben können. So ist es beispielsweise denkbar, daß ein Mutter-Kind-Heim nicht innerhalb einer „Anstalt” ieS eingerichtet wird, dennoch aber Strafen an den Müttern vollzogen werden. Weiterhin wird der Begriff der „Einrichtung” teilweise synonym mit dem der „Anstalt” verwendet. So werden beispielsweise im Vollstreckungsplan für das Land Hessen(Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen vom 1. Oktober 2001, S 605 ff.) „Einrichtungen für den Vollzug von Jugendarrest”, als „Zweiganstalt” einer Justizvollzugsanstalt erwähnt, weiterhin „Abteilungen” zB für den offenen Vollzug. Angesichts der erweiternden Formulierung der Vorbem. 12 können – auch in Anbetracht künftig möglicher Entwicklungen – keine Zweifel über die Zulagenberechtigung nur wegen der Bezeichnung oder der Organisation der Vollzugseinrichtung entstehen.
(3.5.) Die vom Kläger zitierte Beschlußempfehlung des Innenausschusses des Bundestages vom 17. Oktober 1990(BT-Drucks. 11/8138 S 31), nach der die vorgeschlagene Wortlautänderung in der Vorbem. 12 dahingehend interpretiert wurde, damit würden „in die Gewährung der Zulage … Beamte bei Justizvollzugsämtern einbezogen”, zwingt nicht zu einer anderen Auslegung. Die Stellungnahme trifft zu, soweit tatsächlich Beamte in Justizvollzugsämtern mit zulagenrechtfertigenden Aufgaben des Strafvollzugs betraut sind. Zu den sonstigen Beamten in Justizvollzugsämtern enthält sich die Stellungnahme. Die Interpretation, die Gesetzesänderung begünstige unterschiedslos sämtliche Beamten der Justizvollzugsämter, ist im übrigen für die Auslegung der Vorbem. 12 auch insoweit ohne Belang, als subjektive Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten nicht dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden dürfen. Maßgebend bleibt allein der objektive Wille des Gesetzgebers, der im Gesetz selbst Ausdruck gefunden hat(BVerwG 23. April 1998 – 2 C 1/97 – aaO).
(4) Dem entsprechen Sinn und Zweck der Regelung des § 2 Abs. 1 ZulagenTV in Verbindung mit der Vorbem. 12 und damit der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien. Die „Gitterzulage” stellt eine Erschwerniszulage dar, mit der die erhöhten Anforderungen einer Tätigkeit in abgeschlossenen, der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht zugänglichen Einrichtungen und der Umgang mit straffällig gewordenen Personen abgegolten werden sollen(BAG 7. Juni 2000 – 10 AZR 423/99 – nv. zu der entsprechenden Regelung des § 9 Abs. 1 Tarifvertrag über Zulagen an Angestellte). Der Stellungnahme des Bundesrates zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern ist zu entnehmen, daß damit „schwierige äußere und psychische Bedingungen” ausgeglichen werden sollen(BT-Drucks. 7/1906 S 114 Nr. 15 a). In der Gegenäußerung der Bundesregierung(BT-Drucks. 7/1906 S 135 Nr. 15 a) wird auf die „besonderen Belastungen des unmittelbaren dauernden Umgangs mit Anstaltsinsassen” Bezug genommen.
c) Danach hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei die Tätigkeit des Klägers für nicht zulagenberechtigt gehalten.
aa) Der Kläger übte mit seiner Tätigkeit, soweit er nicht als Fahrer von Strafgefangenen beschäftigt war, unstreitig keine Aufgaben aus, die mit den besonderen Belastungen des unmittelbaren Justizvollzugs verbunden waren.
bb) Mit einem Zeitanteil von etwa drei Stunden pro Tag oblag dem Kläger der Transport von Strafgefangenen. Er verbrachte diese zur offenen Justizvollzugsanstalt R und holt sie nachmittags wieder ab. Ob diese Tätigkeit an sich zulagenauslösend sein konnte, kann dahinstehen, da ihr zeitlicher Umfang zu gering war.
Aus der tarifvertraglich vorgesehenen Gleichbehandlung der Arbeiter mit vergleichbaren Beamten des beklagten Landes folgt, daß Arbeiter wie Beamte keine Zulage erhalten, wenn die nicht zulagenberechtigende Tätigkeit nicht nur geringfügig, dh. zu mehr als 20 % der Gesamtarbeitszeit ausgeübt wird(§ 42 Abs. 3 BBesG iVm. Ziff. 42.3.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz, BBesGVwV, vom 11. Juli 1997, GMBl. 1997, 314, 322).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Zulage auf der Grundlage einer betrieblichen Übung erworben. Die entsprechende Beurteilung des Verhaltens des beklagten Landes durch das Landesarbeitsgericht ist von der Revision nicht angegriffen worden.
III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Bacher, Burger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.10.2001 durch Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 671655 |
BAGE, 198 |
BB 2002, 632 |
FA 2002, 64 |
NZA 2003, 50 |
ZTR 2002, 230 |
AP, 0 |
PersR 2002, 225 |
PersR 2002, 89 |
PersV 2002, 572 |
RiA 2002, 275 |
AUR 2002, 117 |