Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifpluralität - Betrieb des Baugewerbes - Landwirtschaftliches Lohnunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
Für die Fälle, in denen es um - allgemeinverbindliche - Tarifverträge geht, die das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zu gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien regeln, folgt der Senat aus Gründen der Praktikabilität im Ergebnis der Ansicht des Vierten Senats, daß ein speziellerer Tarifvertrag (hier: Rahmentarifvertrag für Arbeitnehmer in ländlichen Lohnunternehmen in Schleswig-Holstein) den Verfahrenstarifvertrag für das Baugewerbe schon dann verdrängt, wenn nur der Arbeitgeber an diesen spezielleren Tarifvertrag tarifgebunden ist (im Anschluß an die Entscheidung des Senats vom 22. September 1993 - 10 AZR 207/92 -, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin (im folgenden: ZVK) ist nach näherer tariflicher Maßgabe als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Sie nimmt den Beklagten auf Beitragszahlung betreffend gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum März bis Juli 1987 und November 1987 bis März 1988 und betreffend Angestellte für den Zeitraum April bis Juli 1987 und November 1987 bis März 1988 in Anspruch.
Der Beklagte betreibt ein Unternehmen, in dem in den Jahren 1987 und 1988 Drainagearbeiten, Planier- und Baggerarbeiten, Grabenausbau und -erhaltung sowie Drainagespülungen für landwirtschaftliche Betriebe durchgeführt wurden. Im wesentlichen arbeitete er mit Spezialmaschinen, mit denen in einem Arbeitsgang die Drainagegräben ausgehoben, Rohre verlegt sowie die Gräben wieder verschlossen wurden.
Ob Arbeitnehmer in seinem Betrieb Mitglieder einer Gewerkschaft (und ggf. welcher Gewerkschaft) sind, ist nicht bekannt.
Der Beklagte ist seit 1984 Mitglied des Landesverbandes der Lohnunternehmer in Land- und Forstwirtschaft Schleswig-Holstein e. V.
Die ZVK ist der Ansicht, der Betrieb des Beklagten unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (im folgenden: VTV).
Er verrichte Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 2 VTV.
Zum betrieblichen Geltungsbereich heißt es im VTV - soweit hier von Interesse -:
"§ 1 Geltungsbereich
(1) ...
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Be-
triebe, die unter einen der nachfolgenden Ab-
schnitte I bis IV fallen.
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Be-
trieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbei-
ten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt
werden:
...
2. Aptierungs- und Drainagearbeiten, wie das
Entwässern von Grundstücken und urbar zu ma-
chenden Bodenflächen einschließlich der Gra-
benräumungs- und Faschinierungsarbeiten, des
Verlegens von Drainagerohrleitungen sowie des
Herstellens von Vorflut- und Schleusenan-
lagen;"
Die ZVK hatte zunächst in zwei Verfahren Beitragsansprüche und in einem Verfahren Auskunftsansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht. Sie obsiegte in allen drei Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Nachdem der Beklagte Berufung eingelegt hatte, beantragte die ZVK im Wege der Anschlußberufung die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils über den Auskunftsanspruch und auch insoweit die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Beiträgen.
Das Landesarbeitsgericht hat alle drei Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zur Zahlung von insgesamt
DM 68.768,33 (38.338,63 DM - Rechtsstreit - 7 Ca
2265/88 -; 19.951,38 DM - Rechtsstreit - 7 Ca
3581/88 - und 10.478,32 DM - Rechtsstreit - 7 Ca
3580/88 -) an sie zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, bei seinem Betrieb handele es sich um keinen baugewerblichen, sondern um ein sogenanntes landwirtschaftliches Lohnunternehmen, so daß er nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfalle. Dies habe auch das Landesarbeitsamt Schleswig-Holstein-Hamburg mit Bescheid vom 27. August 1987 und der Landesverband der Lohnunternehmen in Land- und Forstwirtschaft am 9. Juli 1987 festgestellt. So biete er das Drainieren, Pflügen und Planieren von landwirtschaftlichen Flächen, den Grabenausbau und die Grabenerhaltung sowie die Drainagespülung für landwirtschaftliche Betriebe an. Auf dem so "drainierten" Land werde dann landwirtschaftlicher Anbau betrieben.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.
Mit ihrer Revision verfolgt die ZVK ihre Ansprüche weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur begründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Beitragszahlung für beim Beklagten beschäftigte Angestellte richtet. Im übrigen ist sie unbegründet. Der ZVK stehen gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Beitragszahlung für bei ihm tätige Arbeiter zu. Insoweit findet der VTV auf den Betrieb des Beklagten keine Anwendung.
I. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Betrieb des Beklagten unterfalle an sich dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV, weil dort Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 2 VTV ausgeübt worden seien. Jedoch sei der Beklagte im Klagezeitraum Mitglied des Landesverbandes der Lohnunternehmer in Land- und Forstwirtschaft Schleswig-Holstein e. V. gewesen. Dieser Verband habe für die Jahre 1987 und 1988 mit der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft, Landesbezirk Nordmark, einen Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer sowie einen Lohntarifvertrag geschlossen. Diese Tarifverträge gälten fachlich für "Lohnunternehmen in der Land- und Forstwirtschaft sowie ähnliche ländliche Dienstleistungsbetriebe". Damit habe ein Fall von Tarifpluralität vorgelegen, da nicht feststehe, ob Arbeitnehmer des Beklagten Mitglied der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft gewesen seien. Ob dieser Fall der Tarifpluralität dadurch zu lösen sei, daß nur der speziellere Tarifvertrag im Betrieb Anwendung finden solle, könne dahinstehen. Indem der VTV erkennen lasse, daß er grundsätzlich nur Betriebe in ihrer Gesamtheit erfassen wolle, bringe er zugleich zum Ausdruck, daß er zurücktreten wolle, wenn durch eine anderweitige Tarifbindung des Arbeitgebers Tarifpluralität entstehen könne und wenn sich der andere Tarifvertrag als der speziellere erweise.
Dies werde deutlich in § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 1 Satz 1 VTV, wo dieser Grundsatz klar angesprochen werde ("... fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag".) Es werde weiter deutlich in § 4 Abs. 1 Satz 1 VTV, wonach für jeden gewerblichen Arbeitnehmer eine Lohnnachweiskarte zu führen sei oder in § 7 Abs. 1 Satz 1 VTV, wonach für jeden Angestellten ein Versicherungsheft geführt werden müsse. Außerdem sei im Rahmen der Meldeverpflichtungen in diesem Zusammenhang § 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d und e VTV von Bedeutung.
Das Landesarbeitsgericht kommt zu dem Ergebnis, der VTV trete hier zurück, weil der Beklagte anderweitig und spezieller tarifgebunden sei. Der Beklagte betreibe in Schleswig-Holstein ein Lohnunternehmen der Landwirtschaft und sei Mitglied des Landesverbandes der Lohnunternehmer in Land- und Forstwirtschaft Schleswig-Holstein e. V. Er führe für Betriebe der Landwirtschaft als Lohnunternehmer Arbeiten durch, die sonst die landwirtschaftlichen Betriebsinhaber selbst auszuführen hätten. Der Betrieb des Beklagten sei daher an die speziellen Tarifverträge für die Lohnunternehmen der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein gebunden.
Diesen Ausführungen kann nur teilweise gefolgt werden.
II.1. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Betrieb des Beklagten grundsätzlich dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfällt.
Unstreitig wurden in den Jahren 1987 und 1988 von diesem ganz überwiegend Drainagearbeiten für landwirtschaftliche Betriebe ausgeführt. Diese Tätigkeiten stellen baugewerbliche Arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 2 VTV dar, so daß der Betrieb dem Geltungsbereich des VTV unterfällt, ohne daß zu prüfen ist, ob die allgemeinen Merkmale des § 1 Abs. 2 Abschn. I bis III VTV erfüllt sind (ständige Rechtsprechung; vgl. statt aller: BAG Urteil vom 18. August 1993 - 10 AZR 177/91 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.).
Ob diese Drainierungsarbeiten als baugewerbliche oder als landwirtschaftliche durchgeführt worden sind, ist für ihre Einordnung unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 2 VTV ohne Belang (BAG Urteil vom 24. Januar 1990 - 4 AZR 561/89 - AP Nr. 126 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
2. Der Betrieb des Beklagten wird darüber hinaus auch vom fachlichen (betrieblichen) Geltungsbereich des Rahmentarifvertrages für Arbeitnehmer in ländlichen Lohnunternehmen in Schleswig-Holstein (RTV) erfaßt.
Nach § 1 Buchst. b des RTV gilt dieser fachlich für Lohnunternehmen in der Land- und Forstwirtschaft sowie für ähnliche ländliche Dienstleistungsbetriebe.
Eine Bestimmung des Begriffes "Lohnunternehmen in der Land- und Forstwirtschaft" enthält der Tarifvertrag nicht. Das Landesarbeitsgericht nimmt ebenfalls keine Bestimmung dieses Begriffes vor, sondern folgert aus der Tatsache, daß der Beklagte Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes ist und "für Betriebe der Landwirtschaft als Lohnunternehmer Arbeiten durchführt, die sonst die landwirtschaftlichen Betriebsinhaber selbst auszuführen hätten", daß er ein Lohnunternehmen im Sinne des § 1 Buchst. b RTV betreibt. Diese Schlußfolgerung ist nicht zwingend.
Fehlt in einem Tarifvertrag die Definition eines Begriffes und erläutern die Tarifvertragsparteien diesen auch nicht - etwa in Protokollnotizen -, so ist davon auszugehen, daß sie den Begriff in seiner fachtechnischen Bedeutung verwendet haben und auch angewandt wissen wollen (vgl. BAG Urteil vom 31. August 1988 - 4 AZR 133/88 - AP Nr. 5 zu § 21 MTL II). Der Begriff des "Lohnunternehmens in der Land- und Forstwirtschaft" wird vom Gesetzgeber in § 776 RVO fast wortgleich verwendet. Dort heißt es:
"§ 776
(Umfang der landwirtschaftlichen
Unfallversicherung)
I. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung
umfaßt vorbehaltlich des § 644 die folgenden
Unternehmen und die in ihnen tätigen gegen
Arbeitsunfall Versicherten:
...
2. Land- und forstwirtschaftliche Lohnunter-
nehmen,"
Die Tarifvertragsparteien haben erkennbar an diese rechtliche Terminologie angeknüpft.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 19. März 1991 - 2 RU 58/90 - NZA 1991, 867) ist für die Annahme, daß ein Lohnunternehmen im Sinne des § 776 RVO vorliegt, von entscheidender Bedeutung, ob der Betrieb für einen landwirtschaftlichen Unternehmer Tätigkeiten "spezifisch landwirtschaftlicher Natur" ausübt. Von untergeordneter Bedeutung sei es, ob der Betrieb hauptsächlich für Landwirte tätig sei und ob die Arbeiten sonst von dem landwirtschaftlichen Unternehmer selbst oder mit eigenen Arbeitskräften ausgeführt würden. Alleine aus dem Umstand, daß ein Unternehmen im Bereich der Landwirtschaft tätig sei, folge nicht, daß die Tätigkeiten landwirtschaftlicher Natur seien. Ein land- oder forstwirtschaftliches Lohnunternehmen liege nur dann vor, wenn die Tätigkeit des Unternehmens unmittelbar der Bodenbewirtschaftung, d. h. der überwiegend planmäßigen Aufzucht und Aberntung von Bodengewächsen als dem eigentlichen Wesen der Landwirtschaft zu dienen bestimmt sei. Dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schließt sich der Senat an.
Demnach ist alleine die Zugehörigkeit des Beklagten zum tarifschließenden Arbeitgeberverband nicht ausschlaggebend dafür, ob sein Betrieb unter den fachlichen (betrieblichen) Geltungsbereich des RTV fällt (vgl. Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 73).
Des weiteren darf aus der Tatsache, daß der Beklagte Arbeiten für Betriebe der Landwirtschaft durchgeführt hat, welche sonst die landwirtschaftlichen Betriebsinhaber selbst hätten erledigen müssen, nicht zwingend geschlossen werden, der Beklagte betreibe ein Lohnunternehmen der Land- und Forstwirtschaft.
Allerdings hat der Beklagte vorgetragen, er drainiere, pflüge und planiere landwirtschaftliche Flächen, auf denen dann "angebaut" werde bzw. er baue und erhalte für diese Flächen Gräben. Diese Einlassungen sind von der Klägerin nicht bestritten worden.
Mithin ist davon auszugehen, daß der Beklagte überwiegend Drainierungsarbeiten, Grabenausbau und -erhaltungsarbeiten zur Grundstücksentwässerung für Landwirte vornimmt, damit diese auf ihren Wiesen, Äckern und Feldern eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bewirtschaftung durchführen können. Die Tätigkeit des Beklagten stellt demnach einen "Teil der Landwirtschaft" dar. Sein Betrieb ist somit als land- und forstwirtschaftliches Lohnunternehmen im Sinne des § 776 Abs. 1 Nr. 2 RVO und damit auch im Sinne des § 1 Buchst. b RTV zu betrachten. Letztlich gibt auch die Tatsache, daß der Beklagte Mitglied des Landesverbandes der Lohnunternehmen in Land- und Forstwirtschaft ist und daß ihn das Landesarbeitsamt Schleswig-Holstein-Hamburg nicht als Unternehmer des Baugewerbes betrachtet, einen Anhaltspunkt für diese Annahme.
3. Der Betrieb des Beklagten unterliegt dem fachlichen Geltungsbereich sowohl des VTV als auch des RTV.
a) Der VTV nimmt den Betrieb des Beklagten nicht von seinem Geltungsbereich aus. Dieser Tarifvertrag ist durch Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (Bundesanzeiger vom 28. Februar 1987, S. 2093) durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung für allgemeinverbindlich erklärt worden. Eine Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit, welche Betriebe von der Art betrifft, wie sie der Beklagte betreibt, ist ausdrücklich nicht erfolgt. Sie ergibt sich auch nicht konkludent unter Berücksichtigung des Antrages auf Allgemeinverbindlicherklärung des VTV vom 27. November 1986 (Bundesanzeiger vom 3. Dezember 1986, S. 16305).
Somit erfassen nach § 5 Abs. 4 TVG die Rechtsnormen des VTV die Arbeitsverhältnisse aller im Betrieb des Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer, welche dem persönlichen Geltungsbereich des VTV unterfallen, also insbesondere der gewerblichen Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 VTV), der Angestellten (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 VTV) und der Auszubildenden (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 VTV).
b) Dem Landesarbeitsgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß der VTV nach dem Willen der Tarifvertragsparteien grundsätzlich dann keine Anwendung finden soll, wenn - wie vorliegend - der Arbeitgeber seinerseits auch noch anderweitig tarifgebunden ist und dieser andere Tarifvertrag spezieller als der VTV ist.
Eine ausdrückliche Regelung dieses Inhalts enthält der VTV nicht. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien ergibt sich auch nicht aus einer Auslegung des Tarifvertrages. Bei der Tarifauslegung ist - entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung - zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist dann der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist dann zu berücksichtigen, wenn er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. für alle: BAG Urteil vom 13. Oktober 1993 - 10 AZR 335/92 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.).
Auf den Willen der Tarifvertragsparteien, der VTV solle für solche Betriebe nicht gelten, bei denen der Arbeitgeber kraft Verbandszugehörigkeit auch an einen anderen, spezielleren Tarifvertrag gebunden ist, kann aus dem VTV nicht geschlossen werden. Insbesondere ist dies nicht - wie es das Landesarbeitsgericht meint - aus § 1 Abs. 2 Abschn. VI Satz 1 VTV herzuleiten. Dort heißt es:
"Betriebe, soweit in ihnen die unter den Ab-
schnitt I bis V genannten Leistungen überwiegend
erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes
unter diesen Tarifvertrag."
Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien soll der VTV alle Betriebe mit allen dort beschäftigten Arbeitnehmern (mit Ausnahme der in § 1 Abs. 3 Satz 2 VTV genannten) erfassen, sofern es sich bei ihnen um solche des Baugewerbes im Sinne des § 1 Abs. 2 VTV handelt.
In den Anträgen der Tarifvertragsparteien auf Allgemeinverbindlicherklärung des VTV in der Fassung vom 12. November 1986 (Antrag vom 27. November 1986, Bundesanzeiger vom 3. Dezember 1986) und des VTV in der Fassung vom 6. Januar 1989 (Antrag vom 12. Januar 1989, Bundesanzeiger vom 19. Januar 1989) ist jeweils der zusätzliche Antrag enthalten, die Allgemeinverbindlicherklärung gemäß den Abschnitten I bis IV der Bekanntmachung über einen Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages für das Baugewerbe in der Bundesrepublik Deutschland vom 5. November 1985 (Bundesanzeiger vom 12. November 1985) einzuschränken. In diesen Abschnitten I bis IV des Antrags vom 5. November 1985 sind alle diejenigen Betriebe aufgeführt, die von der Allgemeinverbindlicherklärung der Bautarife nicht erfaßt werden sollen. Lohnunternehmen der Land- und Forstwirtschaft sind dabei nicht erwähnt.
Daraus ist zu folgern, daß der VTV alle nicht ausgenommenen Betriebe erfassen will und auch nicht dann zurücktreten will, wenn ein Betrieb des Baugewerbes unter den Geltungsbereich eines weiteren (spezielleren) Tarifvertrages fällt.
Aus den Regelungen, daß für jeden gewerblichen Arbeitnehmer eine Lohnnachweiskarte (§ 4 Abs. 1 VTV) und für jeden Angestellten (§ 7 Abs. 1 VTV) ein Versicherungsnachweisheft vom Arbeitgeber zu führen ist, kann allenfalls der Wille der Tarifvertragsparteien hergeleitet werden, der VTV solle - im Falle seiner betrieblichen Anwendbarkeit - für alle Arbeitnehmer des Betriebes gelten, die ihrerseits dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfallen. Diese tariflichen Regelungen ergeben keine Anhaltspunkte dafür, für welche Betriebe der VTV gelten und unter welchen Umständen er gegenüber anderen Tarifverträgen zurücktreten soll. Gleiches gilt für die vom Landesarbeitsgericht zur Stützung seiner Ansicht herangezogene Bestimmung des § 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d und e VTV.
Dort heißt es:
"Auf dem Formular hat der Arbeitgeber ferner an-
zugeben:
...
d) jeweils die Zahl aller von diesem Tarifvertrag
erfaßten gewerblichen Arbeitnehmer und
Angestellten des Betriebes für den Abrech-
nungszeitraum,
e) die Zahl der Angestellten, deren regelmäßige
wöchentliche Arbeitszeit mindestens zwanzig
Stunden beträgt."
Diese Bestimmungen setzen voraus, daß die Arbeitnehmer vom VTV "erfaßt" werden, regeln aber nicht selbst, wie der Kreis der "erfaßten" Arbeitnehmer zu bestimmen ist.
Somit ist davon auszugehen, daß nach dem Willen der Tarifvertragsparteien der VTV auch für den Betrieb des Beklagten Anwendung finden soll.
4. Der Beklagte ist daher kraft Allgemeinverbindlichkeit an den VTV und kraft Verbandszugehörigkeit an den RTV gebunden.
a) Damit besteht in den Fällen, in denen einer seiner Arbeiter der tarifschließenden Gewerkschaft des RTV (Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft) angehört, eine sogenannte Tarifkonkurrenz, weil beide Parteien des Arbeitsverhältnisses gleichzeitig an zwei von verschiedenen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge gebunden sind und deshalb zwei Tarifverträge auf dasselbe Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Die Bindung an den VTV tritt wegen dessen Allgemeinverbindlichkeit ein, § 5 Abs. 4 TVG, diejenige an den RTV wegen der Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 TVG. Diese Fälle der Tarifkonkurrenz werden nach der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts so gelöst, daß nur der speziellere Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet (BAG Urteil vom 24. Januar 1990, aa0; BAG Urteil vom 14. Juni 1989 - 4 AZR 200/89 - AP Nr. 16 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; BAG Urteil vom 27. August 1986 - 4 AZR 280/85 - AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
b) In den Fällen, in denen Arbeiter des Beklagten nicht Mitglieder der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft sind, entsteht eine solche Tarifkonkurrenz nicht, weil auf die Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 4 TVG nur die Normen des allgemeinverbindlichen VTV unmittelbar und zwingend Anwendung finden. Insgesamt betrachtet kann es jedoch zu einer sogenannten "Tarifpluralität" kommen, weil der Betrieb des Beklagten vom Geltungsbereich zweier von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossener Tarifverträge, nämlich VTV und RTV, erfaßt wird, an die er gebunden ist, während für den jeweiligen Arbeiter je nach Tarifbindung entweder nur einer der beiden Tarifverträge oder aber beide konkurrierend Anwendung finden. Für Arbeitsverhältnisse mit Mitgliedern der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft würde nämlich sowohl der VTV als auch der RTV (= Tarifkonkurrenz), für Nichtmitglieder nur der VTV gelten.
Für die Annahme einer solchen Tarifpluralität genügt die Möglichkeit, daß ein der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft angehörender Arbeiter im Betrieb beschäftigt ist bzw. beschäftigt werden könnte (BAG Urteil vom 24. Januar 1990, aa0, m.w.N.; BAG Urteil vom 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz).
c) Nach der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts sind sowohl die Fälle der Tarifkonkurrenz als auch die der Tarifpluralität im Ergebnis dahingehend zu lösen, daß nach dem Grundsatz der Spezialität dem sachnäheren Tarifvertrag der Vorzug zu geben ist und damit der mit diesem in Tarifkonkurrenz oder Tarifpluralität stehende sachfremdere Tarifvertrag zurücktreten muß (BAG Urteil vom 24. Januar 1990, aa0; BAG Urteil vom 20. März 1991, aa0).
Die gleichzeitige Anwendung konkurrierender Tarifverträge im selben Betrieb widerspräche dem Grundsatz der Tarifeinheit. Dieser Grundsatz habe zwar im Tarifvertragsgesetz keinen Niederschlag gefunden, folge aber aus den übergeordneten Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Rechtliche und tatsächliche Unzuträglichkeiten, die sich aus einem Nebeneinander von Tarifverträgen in einem Betrieb ergäben, würden dadurch vermieden. Dabei gewährleiste ein Anknüpfen an die Tarifbindung des Arbeitgebers eine vom Wechsel der Arbeitnehmer und vom Zufall unabhängige betriebseinheitliche Anwendung desjenigen Tarifvertrages, der den Erfordernissen des Betriebes und seiner Arbeitnehmer am besten gerecht werde. Auch wenn man dieser Begründung nicht folge, müsse man von einer Regelungslücke des Tarifvertragsgesetzes ausgehen, die nach den allgemeinen Grundsätzen zu schließen sei. Es sei dann ein Rückgriff auf das allgemein anerkannte Rechtsprinzip der Tarifeinheit vorzunehmen. Dieses Prinzip sei nicht nur ausdrücklich in der Begründung des Entwurfes eines Tarifvertragsgesetzes erwähnt worden, sondern es habe auch Eingang in § 8 des sogenannten Stuttgarter Entwurfes vom Juli 1948 gefunden (Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., Geschichte des Gesetzes, Rz 6).
d) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 22. September 1993 (- 10 AZR 207/92 -, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt) Bedenken gegen diese Rechtsprechung geäußert. Er hat ausgesprochen, daß durch die einzelvertragliche Vereinbarung eines - spezielleren - Tarifvertrages der VTV jedenfalls dann nicht verdrängt wird, wenn der Arbeitgeber an den spezielleren Tarifvertrag nicht auf Grund Verbandszugehörigkeit tarifgebunden ist. In einem solchen Fall liege in der Vereinbarung eines anderen Tarifvertrages lediglich eine einzelvertragliche Vereinbarung von Arbeitsbedingungen, durch die - auf Grund der Allgemeinverbindlichkeit - zwingende tarifliche Normen nicht abbedungen werden können. Er hat offengelassen, ob die Tarifbindung des Arbeitgebers an den spezielleren Tarifvertrag eine andere Sicht, die des Vierten Senats, rechtfertigen könne. Diese Frage ist vorliegend zu entscheiden.
Auch dann, wenn der Arbeitgeber an den spezielleren Tarifvertrag gebunden ist, liegt in der vertraglichen Vereinbarung dieses Tarifvertrages mit einem nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nur eine einzelvertragliche Vereinbarung von Arbeitsbedingungen. Ob und inwieweit diese gegenüber den zwingenden Normen des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages Bestand haben, bestimmt sich alleine nach § 4 Abs. 3 TVG. Eine Tarifkonkurrenz, die zur Verdrängung des allgemeinverbindlichen - generellen - Tarifvertrages führen kann, liegt nicht vor. Es "konkurriert" nur ein Arbeitsvertrag mit einem Tarifvertrag. Von daher kann es hinsichtlich der Frage, ob der allgemeinverbindliche VTV im vorliegenden Fall auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer durch den RTV für landwirtschaftliche Lohnunternehmen verdrängt wird, keinen Unterschied machen, ob der Beklagte an den RTV wegen seiner Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband tarifgebunden ist oder nicht. Der RTV könnte den VTV für diese Arbeitnehmer nicht verdrängen, selbst wenn der Beklagte mit seinen Arbeitnehmern die Anwendung des RTV vereinbart hätte.
Gleichwohl folgt der Senat für die Fälle, in denen es um - allgemeinverbindliche - Tarifverträge geht, die das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zu gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien regeln, im Ergebnis der Ansicht des Vierten Senats. Ausschlaggebend dafür sind allein Gründe der Praktikabilität. Eine rein dogmatisch begründete Beantwortung der zu entscheidenden Rechtsfrage müßte zu unüberwindlichen praktischen Schwierigkeiten führen.
Beschäftigt der tarifgebundene Arbeitgeber in seinem Betrieb auch Arbeitnehmer, die an den spezielleren Tarifvertrag durch ihre Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft tarifgebunden sind, so fände auf deren Arbeitsverhältnisse der speziellere Tarifvertrag Anwendung. Er würde den generellen VTV verdrängen. Das hätte zur Folge, daß auf die Arbeitsverhältnisse eines Teils der Arbeitnehmer - unabhängig von dessen Größe - der RTV und auf die Arbeitsverhältnisse eines anderen Teils der VTV anzuwenden wäre.
Schon dies würde dazu führen, daß es in Abhängigkeit von der Gewerkschaftszugehörigkeit der jeweiligen Arbeitnehmer zu einer wiederholten Änderung der Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes käme. Das wiederum hätte zur Folge, daß der Beklagte monatlich feststellen müßte, welche seiner Arbeiter Mitglieder der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft sind. Nur für diese fände nach den Regeln über die Auflösung einer Tarifkonkurrenz der dem VTV vorgehende speziellere RTV Anwendung. Auch die ZVK könnte ihrerseits ihre Beitragsforderungen nur zutreffend berechnen, wenn ihr die Zahl der jeweiligen Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb des Beklagten bekannt wäre. Ob überhaupt und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Beklagte oder die ZVK von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer Kenntnis erlangen können, ist zumindest umstritten.
Den aufgezeigten praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten ließe sich nur dadurch begegnen, daß dem VTV gegenüber dem spezielleren Tarifvertrag auch dann der Vorrang eingeräumt würde, wenn der speziellere Tarifvertrag kraft Tarifbindung auf Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer anzuwenden ist. Das aber würde den Regeln über die Lösung von Tarifkonkurrenzen widersprechen. Es würden damit den Mitgliedern der Tarifvertragsparteien des spezielleren Tarifvertrages "ihre" in Ausübung ihrer Tarifautonomie vereinbarten Arbeitsbedingungen durch einen anderen Tarifvertrag genommen, der u. U. - wie hier - von anderen Tarifvertragsparteien vereinbart wurde.
Der Senat verkennt nicht, daß mit dieser Lösung den nicht an den spezielleren Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmern der Schutz der zwingenden tariflichen Normen des VTV entzogen wird, ohne daß sie gleichzeitig dem spezielleren Tarifvertrag unterfallen. Selbst wenn mit ihnen die Anwendung des spezielleren Tarifvertrages arbeitsvertraglich vereinbart wird, gelten dessen Arbeitsbedingungen doch nicht mit zwingender Wirkung. Der unabdingbare Schutz der Normen des VTV und der dazugehörigen materiellen Bestimmungen der anderen allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Baugewerbes beruht - jedenfalls in den Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht auch Mitglied der Tarifvertragsparteien der Bautarife ist - jedoch nur auf deren Allgemeinverbindlicherklärung. Mit dieser soll die fehlende Tarifbindung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an diesen Tarifvertrag ersetzt werden, aber nur innerhalb von dessen Geltungsbereich. Erstreckt sich dieser nicht auf Betriebe, in denen nach dem Gesagten ein speziellerer Tarifvertrag zur Anwendung kommt, verbleibt es dabei, daß ein Tarifvertrag außerhalb seines Geltungsbereichs keinen unabdingbaren Schutz von Arbeitsbedingungen zu gewähren vermag.
5. Der RTV ist der sachnähere, speziellere Tarifvertrag, der den VTV nach dem Gesagten zurücktreten läßt. Der fachliche Geltungsbereich des RTV umfaßt die Lohnunternehmen der Land- und Forstwirtschaft und damit Betriebe, die spezielle Tätigkeiten in diesem Wirtschaftsbereich ausüben. Der VTV ist nicht deshalb fachlich enger, weil er Drainierungsarbeiten ausdrücklich in den Bestimmungen über den betrieblichen Geltungsbereich erwähnt. Vielmehr ist für den betrieblichen Geltungsbereich des VTV der gesamte, von den Bautarifverträgen bestimmte Geltungsbereich maßgebend. Dieser umfaßt grundsätzlich jede bauliche Tätigkeit im weitesten Sinne. Demgegenüber ist die Land- und Forstwirtschaft ein weniger umfassender Bereich. Für die Arbeitsverhältnisse im Betrieb des Beklagten ist der RTV ferner räumlich enger, so daß er besser als ein im ganzen Bundesgebiet geltender Tarifvertrag auf die Bedürfnisse in der Land- und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein eingehen kann (BAG Urteil vom 24. Januar 1990, aa0).
6. Damit wird im Betrieb des Beklagten der VTV durch den spezielleren RTV verdrängt, was zur Folge hat, daß für die dem persönlichen Geltungsbereich des RTV unterfallenden arbeiterrentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer (§ 1 Buchst. c RTV) der VTV im Klagezeitraum nicht galt und der Beklagte daher für diese Arbeiter auch keine Beiträge an die ZVK abführen mußte. Dies hat auch das Landesarbeitsgericht im Ergebnis so entschieden, so daß insoweit die Revision zurückzuweisen war.
III. Bezüglich der Angestellten ist der Beklagte im Klagezeitraum jedoch zur Beitragszahlung nach dem VTV an die ZVK verpflichtet. Insoweit lag für seinen Betrieb weder eine Tarifkonkurrenz noch eine Tarifpluralität vor.
Es existierte im Klagezeitraum kein Tarifvertrag für Lohnunternehmen in der Land- und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein, der nach seinem persönlichen Geltungsbereich auch die Angestellten erfaßte.
Somit fand auf die Arbeitsverhältnisse aller Angestellten im Betrieb des Beklagten nur der allgemeinverbindliche VTV Anwendung, weil sich dessen persönlicher Geltungsbereich auch auf technische und kaufmännische Angestellte sowie Poliere und Schachtmeister, die als Arbeitnehmer eine nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, erstreckt (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 VTV).
Liegt aber keine Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität im oben dargelegten Sinne vor, so kann es auch nicht zu einer Verdrängung des auf die Arbeitsverhältnisse der Angestellten anzuwendenden VTV durch einen spezielleren Tarifvertrag kommen.
Es kann auch nicht angenommen werden, es sei Wille der Tarifvertragsparteien des VTV gewesen, dieser solle dann auch für die Angestellten zurücktreten, wenn diese zwar von ihm erfaßt werden, die Arbeiter desselben Betriebes aber deshalb von seinem Geltungsbereich ausgenommen sind, weil für sie ein speziellerer Tarifvertrag gilt, der wegen bestehender Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität den VTV verdrängt.
Wenn schon dem VTV nicht entnommen werden kann, er solle nicht für solche Betriebe gelten, bei denen der Arbeitgeber kraft Verbandszugehörigkeit an einen anderen, spezielleren Tarifvertrag gebunden ist (vgl. oben II.3 b), so kann ihm erst recht nicht entnommen werden, er solle für solche Arbeitnehmer zurücktreten, für die ein speziellerer Tarifvertrag nicht besteht.
Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht dem oben für Fälle dieser Art bejahten Grundsatz der Tarifeinheit bezüglich der beim Beklagten beschäftigten Arbeiter.
Dieses Prinzip ist von der Rechtsprechung entwickelt worden, um zu vermeiden, daß für einen Betrieb bzw. auf ein Arbeitsverhältnis zwei konkurrierende Tarifverträge anzuwenden sind.
Wird aber eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern eines Betriebes (hier die Angestellten) nicht von zwei konkurrierenden Tarifverträgen erfaßt, weil nur ein Tarifvertrag existiert, der diese Gruppe nach seinem persönlichen Geltungsbereich erfaßt, scheidet eine Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität aus. Das Prinzip der Tarifeinheit kann nicht dazu führen, auch diese Gruppe von Arbeitnehmern dem Geltungsbereich eines Tarifvertrages zu entziehen, der infolge Allgemeinverbindlichkeit bzw. Tarifbindung auf ihre Arbeitsverhältnisse nach § 5 Abs. 4 TVG bzw. nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG zwingend anzuwenden ist.
Auch die oben dargestellten Gründe der Praktikabilität gebieten es nicht, den Grundsatz der Tarifeinheit und des Vorranges des spezielleren Tarifvertrages für den Betrieb des Beklagten auch auf die dort beschäftigten Angestellten anzuwenden. Es ist für den Beklagten organisatorisch ohne weiteres möglich, bezüglich seiner Angestellten die Verpflichtungen nach dem VTV gegenüber der ZVK zu erfüllen, da diese Arbeitnehmergruppe von derjenigen der Arbeiter unschwer abzugrenzen ist und sich der Status der Arbeitnehmer als Arbeiter bzw. Angestellte während der Beschäftigungsdauer nur in besonderen und dann leicht erkennbaren Ausnahmefällen (z. B. Übernahme einer andersartigen Tätigkeit) ändert.
IV. Die ZVK kann deshalb Beiträge für den Klagezeitraum lediglich für die beim Beklagten im Arbeitsverhältnis stehenden Angestellten verlangen. Da aber zwischen den Parteien die Anzahl dieser Angestellten streitig ist, muß der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden. Dieses hat über die Ansprüche der ZVK auf Beitragszahlung für beim Beklagten beschäftigte Angestellte und über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Revision neu zu entscheiden.
Matthes Hauck Böck
Kähler Harnack
Fundstellen
Haufe-Index 436648 |
BAGE, 298 |
BB 1994, 1224 |
DB 1994, 2633-2634 (LT1) |
NZA 1994, 1038 |
NZA 1994, 1038-1042 (LT1) |
AP § 4 TVG Tarifkonkurrenz (LT1), Nr 22 |
AR-Blattei, ES 370.8 Nr 156 (LT1) |
ArbuR 1994, 389-391 (LT1) |
AuA 1995, 285-286 (LT1) |
EzA § 4 TVG Tarifkonkurrenz, Nr 9 (LT1) |