Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Antragstellung. Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Zulässigkeit des Auflösungsantrags des Arbeitgebers auch bei aus anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG unwirksamer Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber kann auch nach den zum 1. Januar 2004 erfolgten Änderungen der §§ 4 bis 7, § 13 Abs. 3 KSchG im Fall einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur verlangen, wenn die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung allein auf der Sozialwidrigkeit, nicht jedoch auf anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG beruht.
Orientierungssatz
1. Nicht jede Bezugnahme auf Sachvortrag in den Schriftsätzen kann ohne Weiteres als Bezugnahme auf alle darin enthaltenen Anträge verstanden werden. Eine konkludente Bezugnahme der Anträge kann nur in Betracht kommen, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits fest umrissen und klar ist, dass die Bezugnahme auf die Schriftsätze zum Zweck der Antragstellung erfolgt.
2. Ist eine konkrete Sachantragstellung in der Form des § 297 Abs. 1 ZPO erfolgt und sind Anträge nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu Beginn der mündlichen Verhandlung in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden, bedarf eine ergänzende Antragstellung durch konkludente Bezugnahme auf einen nicht protokollierten, schriftsätzlich jedoch angekündigten Antrag der Klarstellung. Es reicht nicht aus, dass der weitere Antrag Gegenstand der Erörterung des Sach- und Streitgegenstands war.
3. Der Senat hält auch nach den zum 1. Januar 2004 erfolgten Änderungen der §§ 4 bis 7, § 13 Abs. 3 KSchG daran fest, dass ein Arbeitgeber nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Fall einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung nur verlangen kann, wenn die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung allein auf der Sozialwidrigkeit, nicht jedoch auf anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG beruht.
Normenkette
ZPO § 160 Abs. 3 Nr. 2, § 297 Abs. 1-2, § 308; KSchG § 9 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. November 2006 – 11 Sa 650/06 – im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 30. September 2004 aufgelöst sowie den Beklagten zur Zahlung einer Abfindung verurteilt hat.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Auflösungsantrag des Beklagten – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revision nur über die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Der am 16. September 1958 geborene, ledige Kläger war ab 1. September 2001 bei dem Beklagten als Sachbearbeiter, zuletzt im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende beschäftigt. Der Monatsverdienst des Klägers betrug etwa 3.000,00 Euro brutto.
Der Beklagte mahnte den Kläger beginnend ab Oktober 2003 mehrfach ab. Mit Schreiben vom 24. März 2004 hörte der Beklagte den Personalrat zu einer beabsichtigten verhaltensbedingten Kündigung des Klägers an. Nach schriftlicher Zustimmung des Personalrats kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13. Mai 2004 “gemäß § 53 Abs. 2 BAT fristgemäß zum 30. Juni 2004”.
Mit seiner dagegen am 27. Mai 2004 erhobenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger ua. geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Darüber hinaus sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Dieser sei über die Kündigungsgründe nur pauschal und unzureichend unterrichtet worden. Außerdem habe der Beklagte dem Personalrat die Gegendarstellungen des Klägers zu einzelnen Abmahnungen nicht vorgelegt.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen erheblicher Pflichtverletzungen des Klägers, insbesondere im Umgang mit seinen Vorgesetzten, gerechtfertigt. Die Personalratsbeteiligung sei weder formell noch inhaltlich zu beanstanden.
Mit einem 23-seitigen Schreiben vom 20. März 2005 wandte sich ein enger Freund des Klägers an den Beklagten und beanstandete die aus seiner Sicht ungerechtfertigte Kündigung des Klägers. Er führte aus, seit geraumer Zeit mit der Angelegenheit des Klägers bestens vertraut zu sein und die Fakten aus dem gesamten Schriftverkehr und den gesammelten Unterlagen des Klägers zu kennen. Dabei nahm er auf Sozialhilfeakten und von ihm eingesehene Schriftstücke Bezug, welche zwischen dem Kläger und Mitarbeitern des Beklagten vor Zugang der Kündigung ausgetauscht worden waren. Außerdem verwies er darauf, dass die von ihm vorgefundenen Dokumente sicherlich für die Presse sehr interessant seien und erklärte abschließend: “Denken Sie bitte, über eine sozial gerechte Lösung nach, da ich mich nicht scheue, auch die Presse entsprechend zu unterrichten”. Aus diesem Anlass kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18. Mai 2005 vorsorglich erneut fristlos, hilfsweise ordentlich. Diese Kündigung ist Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits, der auf übereinstimmenden Antrag der Parteien ruht.
Nach mehreren erstinstanzlichen Klageerweiterungen hat das Arbeitsgericht durch Teilurteil vom 2. März 2006 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 13. Mai 2004 nicht aufgelöst worden ist. Mit seiner dagegen erhobenen Berufung hat der Beklagte den auf Abweisung der Kündigungsschutzklage gerichteten Antrag weiter verfolgt und diesen schriftsätzlich mit dem Hilfsantrag verbunden,
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung, die jedoch 1.500,00 Euro nicht überschreiten sollte, zum 30. September 2004 aufzulösen.
Zur Begründung des Auflösungsantrags hat der Beklagte geltend gemacht, aus dem Schreiben vom 20. März 2005 ergäben sich grobe Verstöße des Klägers gegen seine Verschwiegenheitspflicht und gegen Datenschutzbestimmungen. Dieses Schreiben müsse sich der Kläger ebenso zurechnen lassen wie weitere anonyme Schreiben, durch die “Stimmung gegen den Beklagten” gemacht worden sei. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei künftig nicht mehr zu erwarten.
Der Kläger hat sich gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewandt und ausgeführt, der Beklagte könne mit diesem Antrag schon deshalb nicht durchdringen, da die Kündigung nicht nur sozialwidrig, sondern auch wegen fehlerhafter Anhörung des Personalrats unwirksam sei.
Laut der über die mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz vom 24. Oktober 2006 gefertigten Sitzungsniederschrift sind zu Beginn der Verhandlung die Anträge wie folgt gestellt worden:
“Der Beklagte beantragt:
1. Das Teilurteil vom 02.03.2006 Az. 8 Ca 8678/04 wird aufgehoben.
2. Soweit der Klage mit dem Teilurteil stattgegeben worden ist, wird sie abgewiesen.
Der Klägervertreter beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
– vorgelesen und genehmigt –”
Anschließend hat der Vorsitzende – wie es im Protokoll heißt – “den Sach- und Streitgegenstand” mit den Parteien erörtert. Nach zweimaliger Unterbrechung der Verhandlung, ua. im Hinblick auf einen Vergleichsvorschlag des Vorsitzenden, über den kein Einvernehmen erzielt werden konnte, ist die mündliche Verhandlung geschlossen und ein Verkündungstermin bestimmt worden.
Mit Urteil vom 24. November 2006 hat das Landesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2004 aufgelöst und den Beklagten verurteilt, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 9.000,00 Euro “brutto” zu zahlen. “Im Übrigen” hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht uneingeschränkt zugelassenen, aber nur vom Kläger eingelegten Revision begehrt dieser – unter vollständiger Zurückweisung der Berufung des Beklagten – die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts, soweit es dem Auflösungsantrag stattgegeben hat.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat den Auflösungsantrag des Beklagten im Urteilstatbestand wiedergegeben und diesbezüglich ausgeführt: “Der bezeichnete, im Berufungsbegründungsschriftsatz enthaltene Hilfsantrag wurde in der Kammerverhandlung am 24.10.2006 versehentlich zwar nicht zu Protokoll genommen, er wurde jedoch nebst Begründung des Beklagten vom Vorsitzenden referiert und war Gegenstand der streitigen Verhandlung”. In der Sache hat es seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Kündigung sei gemäß § 1 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam. Allerdings sei das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Beklagten aufzulösen. Der Kläger habe seinem Freund Einblick in die behördliche Sachverhalte betreffende Auseinandersetzung mit seinen Vorgesetzten bzw. seinem Arbeitgeber verschafft. Dies habe, ohne dass der Kläger seinen Freund mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt habe, zur Konfrontation des Beklagten mit einem Beschwerdeschreiben geführt, in dem das Verhalten des Beklagten bzw. das seiner Mitarbeiter in beleidigender Form charakterisiert worden sei. Indem der Kläger seinen Freund in dieser Weise in die Auseinandersetzung mit dem Beklagten einbezogen und die Ursache dafür gesetzt habe, dass der Freund – ohne eigene persönliche oder rechtliche Interessen zu verfolgen – versucht habe, auf den Beklagten durch wiederholte Anspielungen auf eine Weitergabe von Informationen an die Presse Druck auszuüben, habe er Umstände gesetzt, die eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht erwarten ließen. Dem Auflösungsantrag stehe nicht entgegen, dass sich der Kläger auch auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des Personalrats berufe. Entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts könne der Arbeitgeber den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG jedenfalls dann stellen, wenn der Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage auch die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend mache und diese gerichtlich festgestellt werde. Der Auflösungsantrag sei nur dann unzulässig, wenn sich der Arbeitnehmer nicht auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung berufe, sondern seine Klage allein auf andere Unwirksamkeitsgründe stütze. Insoweit habe es der Arbeitnehmer in der Hand, durch Geltendmachung nur anderer Unwirksamkeitsgründe dem Arbeitgeber die Möglichkeit eines Auflösungsantrags zu nehmen.
B. Dem folgt der Senat weder in der Begründung noch im Ergebnis.
I. Das Landesarbeitsgericht durfte, was die Revision zu Recht rügt, über den Auflösungsantrag des Beklagten nicht sachlich entscheiden. Der Beklagte hatte diesen Antrag in der anberaumten mündlichen Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, nicht in prozessual wirksamer Weise zur Entscheidung des Berufungsgerichts gestellt. Soweit das Landesarbeitsgericht gleichwohl das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst hat, hat es dem Beklagten etwas zugesprochen, was dieser nicht beantragt hat (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Gemäß § 297 Abs. 1 ZPO sind die Anträge aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden. Nach § 297 Abs. 2 ZPO kann die Verlesung dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, die die Anträge enthalten. Da die Verlesung der Anträge “ersetzt” werden soll, muss die Bezugnahme zum Zwecke der Antragstellung erfolgen. Es muss deutlich werden, dass es um eine Antragstellung geht. Dies entspricht dem Sinn des Gesetzes, das eine Erleichterung gegenüber der strengeren Form des § 297 Abs. 1 ZPO vorsieht, aber die mit dieser Vorschrift bezweckte Klarheit des Rechtsbegehrens keineswegs völlig aufgeben will. Auch im Falle des § 297 Abs. 2 ZPO muss wegen der zentralen Bedeutung der Sachanträge für Streitgegenstand, Rechtskraft, Möglichkeit der “Flucht in die Säumnis”, Streitwert und Kosten eindeutig sein, ob Anträge gestellt werden, was beantragt wird und was nicht (BAG 4. Dezember 2002 – 5 AZR 556/01 – BAGE 104, 86, 88; Musielak/Huber ZPO 4. Aufl. § 297 Rn. 3). Nicht jede Bezugnahme auf Sachvortrag in Schriftsätzen kann deshalb ohne Weiteres als Bezugnahme auf alle darin enthaltenen Anträge verstanden werden. Eine konkludente Bezugnahme der Anträge kann nur in Betracht kommen, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits fest umrissen und klar ist, dass die Bezugnahme auf die Schriftsätze zum Zwecke der Antragstellung und nicht nur zur Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt (BAG 1. Dezember 2004 – 5 AZR 121/04 – EEK 3169).
2. In Anwendung dieser Grundsätze liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte den schriftsätzlich angekündigten Auflösungsantrag in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2006 gestellt hat.
a) Das über die Berufungsverhandlung gefertigte Sitzungsprotokoll beweist gemäß § 165 Satz 1 ZPO iVm. §§ 297, 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO lediglich, dass der Beklagte durch Verlesen aus dem vorbereitenden Schriftsatz (§ 297 Abs. 1 ZPO) den Antrag gestellt hat, das Teilurteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Kündigungsschutzklage abzuweisen. Der vom Beklagten schriftsätzlich angekündigte Auflösungsantrag wurde dabei unstreitig nicht mit verlesen. Der Auflösungsantrag wurde im Termin der mündlichen Verhandlung auch nicht anderweitig ausdrücklich gestellt. Gegenteiliges behauptet selbst der Beklagte nicht.
b) Bezüglich des Auflösungsantrags liegt auch keine konkludente Antragstellung vor.
aa) Zwar hat das Landesarbeitsgericht, das den Auflösungsantrag im streitigen Urteilstatbestand wiedergegeben hat, das Prozessgeschehen im Verlauf der mündlichen Verhandlung ersichtlich im Sinne einer konkludenten Bezugnahme auf den schriftsätzlich angekündigten Antrag gewertet. Dieser Würdigung, die der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt, kann indes nicht gefolgt werden. Gerade wegen der gebotenen, beweiskräftigen Feststellung des Prozessziels schreibt § 297 ZPO für die konkrete Sachantragstellung eine bestimmte Form und nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO deren Aufnahme in das Sitzungsprotokoll vor (vgl. BAG 23. Januar 2007 – 9 AZR 492/06 – BAGE 121, 67). Ist aber, wie im vorliegenden Streitfall, eine diesen Anforderungen genügende konkrete Antragstellung und damit verbundene Verdeutlichung des Prozessziels des Beklagten zu Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgt, kann allein aus der Tatsache, dass der weitere, bei der förmlichen Antragstellung nicht berücksichtigte Auflösungsantrag vom Vorsitzenden “referiert” wurde – was nur so viel bedeuten kann wie: “berichtet” wurde – und Gegenstand der Erörterung des Sach- und Streitgegenstands war, nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit darauf geschlossen werden, dass der Beklagte diesen Antrag zur Entscheidung des Gerichts stellen wollte. Hierzu hätte es vielmehr, zumal Auflösungsanträge nach §§ 9, 10 KSchG häufig “in den Raum gestellt werden”, um die Vergleichsverhandlungen zu fördern, im Hinblick auf die Verteidigungsmöglichkeiten des Klägers einer entsprechenden Klarstellung bedurft. Dass diese erfolgt ist, lässt sich den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entnehmen. Auch der Beklagte macht hierzu in der Revision nichts Näheres geltend.
bb) Es bedarf demnach keiner Entscheidung dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine tatsächlich erfolgte Antragstellung im Fall einer entgegen § 297 iVm. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO unterbliebenen Protokollierung gemäß § 314 ZPO durch den Urteilstatbestand bewiesen werden kann (vgl. dazu nur BVerwG 3. Juli 1987 – 4 C 12/84 – NJW 1988, 1228; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 297 Rn. 22). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob hinsichtlich der Antragstellung ein Widerspruch zwischen Urteilstatbestand und Sitzungsprotokoll besteht mit der Folge, dass für die Feststellung der gestellten Parteianträge nach § 160 Abs. 3 Nr. 2, § 165 ZPO allein das im Protokoll Aufgeführte als beantragt anzusehen wäre.
3. Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO kann in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht dadurch geheilt werden, dass die Zurückweisung der Revision beantragt wird, da dies eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageerweiterung ermöglichen würde (vgl. BAG 18. Dezember 1974 – 5 AZR 66/74 – AP BGB § 615 Nr. 30 = EzA BGB § 615 Nr. 27).
4. Da eine Sachentscheidung über den Auflösungsantrag mangels diesbezüglicher Antragstellung nicht ergehen durfte, ist das Berufungsurteil insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung über den Auflösungsantrag ist dem Senat verwehrt.
II. Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht aufgrund der neuen mündlichen Verhandlung über den Auflösungsantrag streitig zu entscheiden hat, wird es zu berücksichtigen haben, dass eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf den Antrag des Beklagten nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur dann in Betracht kommt, wenn die Kündigung nicht auch aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit unwirksam ist.
1. Der Beklagte hat das Urteil vom 24. November 2004, soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 13. Mai 2004 für sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG und damit für unwirksam erachtet hat, weder mit der für ihn zugelassenen Revision noch mit einer Anschlussrevision angegriffen. Das Urteil ist insoweit rechtskräftig.
2. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Arbeitgeber nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch im Fall einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung nur verlangen kann, wenn die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung allein auf der Sozialwidrigkeit, nicht jedoch auf anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG beruht (vgl. nur BAG 9. Oktober 1979 – 6 AZR 1059/77 – BAGE 32, 122, 124; Senat 30. November 1989 – 2 AZR 197/89 – BAGE 63, 351, 362; 27. September 2001 – 2 AZR 389/00 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 41 = EzA ZPO § 322 Nr. 13; zuletzt 10. Februar 2005 – 2 AZR 584/03 – AP BGB § 174 Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 174 Nr. 3). Dies hat es vorrangig damit begründet, dass die Lösungsmöglichkeit nach § 9 KSchG für den Arbeitgeber eine Vergünstigung bedeute, die nur in Betracht komme, wenn eine Kündigung “nur” sozialwidrig und nicht (auch) aus anderen Gründen nichtig sei (vgl. grundlegend BAG 9. Oktober 1979 – 6 AZR 1059/77 – aaO sowie 10. Februar 2005 – 2 AZR 584/03 – aaO). Lediglich im Fall, dass die Norm, aus der der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung neben der Sozialwidrigkeit herleitet, nicht den Zweck verfolgt, ihm einen zusätzlichen Schutz zu verschaffen, sondern allein der Wahrung der Interessen Dritter dient, steht die sich daraus ergebende Unwirksamkeit der Kündigung dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers nicht entgegen (vgl. Senat 10. November 1994 – 2 AZR 207/94 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 24 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 43; 27. September 2001 – 2 AZR 389/00 – aaO).
3. Dieser Auffassung hat sich die Literatur überwiegend angeschlossen (vgl. ErfK/Kiel 8. Aufl. § 9 KSchG Rn. 18; HaKo/Fiebig 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 30; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 9 Rn. 16; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 7. Aufl. § 9 KSchG Rn. 6; KR/Etzel 8. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 191; KR/Friedrich 8. Aufl. § 13 KSchG Rn. 329; Bader/Bram/Dörner/Kriebel-Bader KSchG Stand August 2007 § 9 Rn. 4; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 9 Rn. 46; MünchKommBGB/Hergenröder 4. Aufl. § 9 KSchG Rn. 30; HWK/Thies 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 12; Richardi/Thüsing BetrVG 10. Aufl. § 102 Rn. 137; Thüsing/Laux/Lembke-Arnold KSchG § 9 Rn. 13; AnwK-ArbR/Eylert § 9 KSchG Rn. 18; Boewer RdA 2001, 399; Hertzfeld NZA 2004, 298, 300 f.; Keßler NZA-RR 2002, 5; Müller/Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers Diss. 2004, S. 28 f., 33 f.; Neumann AR-Blattei SD Stand Juli 1996 1020.6 Rn. 41). Dabei wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, es sei unbeachtlich, ob der sonstige Kündigungsmangel gerade im Interesse des Arbeitnehmers die Unwirksamkeit der Kündigung anordnet (vgl. v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 9 Rn. 18; HaKo/Fiebig 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 31a; Bader/Bram/Dörner/Kriebel-Bader KSchG Stand August 2007 § 9 Rn. 4; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 9 Rn. 46).
4. Demgegenüber soll nach anderer Auffassung der Arbeitgeber den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG im Fall einer sozial ungerechtfertigten ordentlichen Kündigung unabhängig davon stellen können, ob ein sonstiger Unwirksamkeitsgrund vorliegt. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, weder dem Gesetzestext, der Gesetzessystematik, der Gesetzesbegründung noch dem Bestandsschutzprinzip des Kündigungsschutzgesetzes ließen sich Argumente für die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts und der überwiegenden Literaturmeinung entnehmen. Der Arbeitnehmer habe es in der Hand, den Streitgegenstand auf die Prüfung eines sonstigen Unwirksamkeitsgrunds zu beschränken. Dann sei es dem Arbeitgeber im Hinblick auf § 13 Abs. 3 KSchG verwehrt, den Auflösungsantrag zu stellen. Berufe er sich demgegenüber auch auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung, sei kein Grund ersichtlich, dem Arbeitgeber den jedenfalls nicht von Gesetzes wegen ausgeschlossenen Antrag zu verwehren (vgl. APS/Biebl 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 11; KR/Spilger 8. Aufl. § 9 KSchG Rn. 27c; Stahlhacke/Vossen 9. Aufl. Rn. 1970; Tschöpe FS Schwerdtner S. 217, 227; Auffarth DB 1969, 528).
5. Die gegen die bisherige Rechtsprechung vorgebrachten Argumente überzeugen nicht.
a) Für das Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung spricht zunächst die Entstehungsgeschichte und der daraus abzuleitende Sinn und Zweck des § 9 KSchG.
Vor Inkrafttreten des Kündigungsschutzgesetzes konnte der Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht erzwingen. Der nach dem Betriebsrätegesetz (BRG) vom 4. Februar 1920 geschaffene Kündigungsschutz war kein absoluter. Das Gericht hatte, wenn es der Klage des Arbeitnehmers stattgab, auf Widerruf der Kündigung zu erkennen und im Urteil von Amts wegen für den Fall, dass der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ablehnte, eine Entschädigung festzusetzen (zur Entstehung des Kündigungsschutzgesetzes vgl. im Einzelnen die zusammenfassenden Darstellungen bei KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 1; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. Einleitung Rn. 21 ff.).
Dagegen besteht das Arbeitsverhältnis bei sozial ungerechtfertigter Kündigung seit Geltung des KSchG 1951, wie es in der Begründung des Regierungsentwurfs vom 23. Januar 1951 zu der § 9 KSchG vorgehenden Regelung des § 7 KSchG 1951 heißt, “wie in anderen Fällen einer rechtsunwirksamen Kündigung” grundsätzlich fort (vgl. RdA 1951, 58, 64). Nach der weiteren Begründung im Regierungsentwurf zu § 7 KSchG 1951 “trifft der Entwurf” mit der vorgesehenen Auflösungsmöglichkeit auf Antrag des Arbeitgebers “Vorsorge für die Fälle, in denen die Vertrauensgrundlage, auf der das Arbeitsverhältnis beruht, fortgefallen ist. Er sieht hier die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht und Verurteilung des Arbeitgebers, der sozial ungerechtfertigt gekündigt hat, zur Zahlung einer Abfindung vor”. Daraus lässt sich, da 1969 in § 9 KSchG lediglich die Beweislast zum Nachteil des Arbeitgebers verändert wurde, im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. insbesondere BAG 9. Oktober 1979 – 6 AZR 1059/77 – BAGE 32, 122, 124) ableiten, dass die dem Arbeitgeber eröffnete Lösungsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KSchG 1951) ein Korrektiv seiner durch die Sozialwidrigkeit einer Kündigung bewirkten Bindung an den Arbeitnehmer darstellt (vgl. auch v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 9 Rn. 16, 18). Der dem Arbeitnehmer im Fall einer an sich zulässigen, aber sozialwidrigen Kündigung gewährte Bestandsschutz sollte durch die dem Arbeitgeber eingeräumte Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen Abfindungszahlung zu beenden “entschärft” und durch eine Abfindung ersetzt werden, wenn für die Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr zu erwarten ist. Dagegen ging der Gesetzgeber ersichtlich davon aus, dass der “in anderen Fällen einer rechtsunwirksamen Kündigung” gewährleistete Bestandsschutz durch die Regelungen des KSchG nicht in Frage gestellt werden sollte; für diese hat er eine dem § 9 KSchG (§ 7 KSchG 1951) entsprechende Regelung nicht geschaffen.
b) Dass das Auflösungsrecht des Arbeitgebers in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 1 KSchG steht und einer Durchbrechung des durch den allgemeinen Kündigungsschutz gewährleisteten Bestandsschutzes dient, zeigt auch § 13 Abs. 3 KSchG (vgl. bereits BAG 9. Oktober 1979 – 6 AZR 1059/77 – BAGE 32, 122, 124). Diese Vorschrift erklärt die Bestimmungen des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes für eine Kündigung, die bereits aus anderen als in den in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, für nicht anwendbar, wobei seit Inkrafttreten des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) lediglich eine Ausnahme hinsichtlich der §§ 4 bis 7 KSchG gilt. Auch wenn die Verwendung des Wortes “bereits” aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit im Rechtsstreit keine abschließende vorrangige Prüfung verlangt, ob die Kündigung aus anderen Gründen als den in § 1 KSchG Genannten unwirksam ist (aA Neumann AR-Blattei SD Stand Juli 1996 1020.6 Rn. 40 ff.), lässt sich hieraus zusätzlich ableiten, dass der Bestandsschutz durch § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur dort gemildert sein soll, wo er – wie beim Verbot sozialwidriger Kündigungen – am weitesten ausgedehnt ist, nicht aber im Hinblick auf solche Normen, die aufgrund eines besonderen Schutzzwecks zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Die Vorschriften über die sozial ungerechtfertigte Kündigung sollen demzufolge, wie es in der Begründung des Regierungsentwurfs vom 23. Januar 1951 zu § 11 Abs. 3 KSchG 1951, dem § 13 Abs. 3 KSchG nachgebildet ist, heißt, “grundsätzlich nur dann Platz greifen, wenn der Schutz des Arbeitsverhältnisses nicht bereits durch andere Vorschriften gewährleistet ist, d. h. wenn die Kündigung nicht bereits aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist” (vgl. RdA 1951, 58, 64).
Daran hat sich durch das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) und die hierdurch normierte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 4 bis 7 KSchG in Fällen des § 13 Abs. 3 KSchG nichts Wesentliches geändert. Der in § 13 Abs. 3 KSchG enthaltene, ausdrücklich als Ausnahme formulierte Verweis auf die §§ 4 bis 7 KSchG ist eine Folge der Vereinheitlichung der Klagefrist in § 4 Satz 1 KSchG. Danach gilt die dreiwöchige Klageerhebungsfrist auch für schriftliche Kündigungen, die aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind. Die Vorschrift trägt dem Interesse des Arbeitgebers Rechnung, alsbald Klarheit über den Fortbestand oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von ihm erklärten Kündigung zu gewinnen, was durch die Neuregelung auch hinsichtlich der aus “sonstigen” Gründen unwirksamen Kündigung anerkannt wird. Im Übrigen hat der Gesetzgeber aber an der prinzipiellen Unanwendbarkeit der Bestimmungen des ersten Abschnitts des KSchG festgehalten. Diesen, im Wortlaut des § 13 Abs. 3 KSchG zum Ausdruck kommenden Grundsatz, hat der Gesetzgeber zudem in der Gesetzesbegründung ausdrücklich hervorgehoben, soweit es dort heißt: “Ansonsten soll es dabei bleiben, dass für die aus sonstigen Gründen unwirksamen Kündigungen die Vorschriften der §§ 1 bis 14 nicht gelten. Das betrifft insbesondere die Bestimmungen über die sechsmonatige Wartezeit nach § 1 Abs. 1 und über die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach den §§ 9 und 10” (vgl. BT-Drucks. 15/1587 S. 27).
c) Zudem sprechen weitere teleologische Gesichtspunkte für die Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsprechung.
aa) Zwar trifft es zu, dass sich die Frage der Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses unabhängig vom Grund der Unwirksamkeit der Kündigung stellen kann (vgl. dazu nur KR/Spilger 8. Aufl. § 9 KSchG Rn. 27c). Dieser Gesichtspunkt ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass nach der Konzeption des Kündigungsschutzgesetzes dem Arbeitgeber nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG – bei Vorliegen der weiteren dort genannten Voraussetzungen – eine Lösungsmöglichkeit nur im Fall einer allein nach § 1 Abs. 2 und 3 KSchG unwirksamen Kündigung zugebilligt wird und es für die anderen, gesetzlich normierten Unwirksamkeitsgründe an einer entsprechenden Regelung fehlt. Im Übrigen können Umstände, die das Arbeitsverhältnis erheblich belasten, auch bei einer aus sonstigen Gründen unwirksamen Kündigung, die nicht zugleich sozial ungerechtfertigt ist, auftreten. Für derartige Fälle kann der Arbeitgeber aber nach nahezu einhelliger Auffassung, auch in der Literatur, keinen Auflösungsantrag stellen.
bb) Der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, wonach es der Arbeitnehmer nach der geltenden Dispositionsmaxime in der Hand habe, die Klage nach § 4 Satz 1 KSchG lediglich auf andere Gründe als die der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu stützen und dadurch die Unzulässigkeit des Auflösungsantrags herbeizuführen (ebenso: APS/Biebl 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 11; KR/Spilger 8. Aufl. § 9 KSchG Rn. 27c; Stahlhacke/Vossen 9. Aufl. Rn. 1970), ist mit dem Sinn und Zweck des Kündigungsschutzgesetzes nicht in Einklang zu bringen. Dieses will dem seinem Geltungsbereich unterliegenden Arbeitnehmer einen stärkeren Bestandsschutz einräumen. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich zur Erhaltung dieses Bestandsschutzes im eigenen Interesse gehalten, sich sowohl auf eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG als auch auf eventuelle sonstige Unwirksamkeitsgründe zu berufen, da er bei Klageabweisung eine bestimmte Kündigung nicht mehr wegen anderer Mängel mit Erfolg angreifen kann (vgl. KR/Friedrich 8. Aufl. § 4 KSchG Rn. 291). Im Fall einer rechtzeitig nach § 4 Satz 1 KSchG erhobenen Klage hält die Vorschrift des § 6 Satz 1 KSchG dem Arbeitnehmer – allerdings nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz – die Möglichkeit offen, selbst dann noch den Bestandsschutz nach dem KSchG in Anspruch zu nehmen, wenn er binnen der dreiwöchigen Klageerhebungsfrist lediglich sonstige Unwirksamkeitsgründe geltend gemacht hat. Darauf soll ihn das Arbeitsgericht nach § 6 Satz 2 KSchG hinweisen. Mit diesem Schutzgedanken wäre es nicht vereinbar, den Arbeitnehmer vor die Alternative zu stellen, sich bei noch offenem Prozessausgang entweder um den “Preis” des Ausschlusses eines – später ggf. gar nicht erhobenen – Auflösungsantrags des Arbeitgebers des Kündigungsschutzes nach dem KSchG zu begeben oder aber sich durch gleichzeitiges Berufen auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung ggf. einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers und damit einem Nachteil auszusetzen, den er ohne die Geltendmachung des allgemeinen Kündigungsschutzes nicht zu vergegenwärtigen hätte. Ob sich die Hinweispflicht des Arbeitsgerichts nach § 6 Satz 2 KSchG auch hierauf erstreckt, erscheint außerdem mehr als zweifelhaft.
cc) Im Übrigen wäre im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes der “zusätzlich” sozialwidrig kündigende Arbeitgeber besser gestellt als ein Arbeitgeber, dessen Kündigung “lediglich” aus sonstigen Gründen unwirksam ist. Darin läge ein nicht begründbarer Wertungswiderspruch (zu dieser “Kontrollüberlegung” vgl. nur v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 9 Rn. 19; MünchKommBGB/Hergenröder 4. Aufl. § 9 KSchG Rn. 30). Dieser ließe sich nur bei einem vollständigen Verzicht auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung als Voraussetzung des Auflösungsantrags vermeiden, was aber keinesfalls mit § 9 Abs. 2 KSchG sowie § 13 Abs. 2 und 3 KSchG in Einklang zu bringen wäre.
d) Schließlich führt auch der Umstand, dass die Rechtsprechung dem Arbeitnehmer den Auflösungsantrag auch dann zubilligt, wenn sich die Unwirksamkeit der Kündigung aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit ergibt (vgl. nur Senat 29. Januar 1981 – 2 AZR 1055/78 – BAGE 35, 30, 39; BAG 20. März 1997 – 8 AZR 769/95 – BAGE 85, 330, 333), zu keinem anderen Ergebnis. Der maßgebliche Unterschied liegt nämlich darin, dass der Arbeitnehmer, und zwar im Einklang mit den Zielen des Kündigungsschutzgesetzes, jederzeit auf die Geltendmachung des sich zu seinen Gunsten aus anderen Normen ergebenden Bestandsschutzes verzichten kann, indem er entsprechende Tatsachen nicht vorträgt. Dann darf es ihm aber nicht zum Nachteil gereichen, wenn er die verschiedenen Unwirksamkeitsgründe nebeneinander geltend macht (vgl. nur Neumann AR-Blattei SD Stand Juli 1996 1020.6 Rn. 41).
6. Bei dem vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgrund der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats handelt es sich auch um einen dem Schutz des Arbeitnehmers dienenden Grund, bei dessen Eingreifen dem Arbeitgeber der Auflösungsantrag verwehrt ist (vgl. Senat 27. September 2001 – 2 AZR 389/00 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 41 = EzA ZPO § 322 Nr. 13; zu § 78 Abs. 1, Abs. 3 SächsPersVG). Insoweit gilt nichts Anderes als in Fällen, in denen die Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam ist (vgl. nur BAG 17. November 1983 – 6 AZR 291/83 –; Senat 27. Mai 1982 – 2 AZR 96/80 – DB 1984, 620; 10. November 2005 – 2 AZR 623/04 – AP BGB § 626 Nr. 196 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 11).
7. Das Landesarbeitsgericht wird demnach, bevor es einem etwaigen Auflösungsantrag des Beklagten stattgibt, der Frage nachzugehen haben, ob dieser den Personalrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt hat. An einer solchen Prüfung wäre das Landesarbeitsgericht, entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung des Beklagten, nicht wegen der rechtskräftig gewordenen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage gehindert (vgl. Senat 27. September 2001 – 2 AZR 389/00 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 41 = EzA ZPO § 322 Nr. 13).
Unterschriften
Rost, Eylert, Berger, Jan Eulen, Niebler
Fundstellen
Haufe-Index 2128226 |
BAGE 2010, 329 |
DB 2009, 630 |
NJW 2009, 2233 |
EBE/BAG 2009 |
FA 2009, 111 |
FA 2009, 127 |
NZA 2009, 275 |
AP 2011 |
AnwBl 2009, 137 |
EzA-SD 2009, 15 |
EzA |
MDR 2009, 453 |
AUR 2009, 104 |
ArbRB 2009, 130 |
RdW 2009, 450 |
FSt 2009, 600 |