Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Widerrufsvorbehalts. Umfang der Arbeitszeit
Orientierungssatz
Beschäftigung eines Musiklehrers im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses. Zulässigkeit eines Widerrufsvorbehalts zur einseitigen Herabsetzung der Arbeitszeit.
Normenkette
BGB §§ 315, 611, 134; KSchG § 2; BGB § 622 Abs. 5
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 30.05.1983; Aktenzeichen 5 Sa 279/83) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 18.02.1983; Aktenzeichen 14 Ca 72/83) |
Tatbestand
Der am 14. Dezember 1954 geborene Kläger ist aufgrund des am 20. Mai 1980 abgeschlossenen Arbeitsvertrages für teilbeschäftigte Lehrkräfte seit dem 3. August 1980 als Musikerzieher für die Fächer Blockflöte und Oboe an der von der beklagten Stadt betriebenen Musikschule beschäftigt. Der Arbeitsvertrag, der in § 1 eine Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Ende eines Schuljahres vorsieht, enthält in § 3 folgende Bestimmung:
"Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt vorerst
bis zu 13 Unterrichtsstunden. Anspruch auf eine
bestimmte Anzahl von Unterrichtsstunden besteht
nicht. Falls aus pädagogischen, organisatori-
schen oder sonstigen triftigen Gründen eine Min-
derung dieser vereinbarten Unterrichtsstunden
notwendig wird, hat die Stadt B
das Recht, die Anzahl der Unterrichtsstunden
herabzusetzen."
Die Vergütung des Klägers richtet sich gemäß § 4 des Arbeitsvertrages nach der jeweils geltenden Honorarordnung für die Lehrkräfte der Musikschule der Stadt B und beträgt z. Zt. 86,45 DM je Jahreswochenstunde. In § 9 des Arbeitsvertrages ist ferner festgelegt, daß Änderungen und Ergänzungen sowie Nebenabreden nur wirksam sind, wenn sie schriftlich vereinbart werden.
Der Kläger wurde von August 1980 bis März 1982 mit 13 Wochenstunden, von April 1982 bis Juni 1982 mit 12,5 Wochenstunden und von Juli 1982 bis Dezember 1982 mit 14 Wochenstunden beschäftigt.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 1982 teilte die beklagte Stadt dem Kläger mit, seine Stundenzahl werde mit Wirkung vom 1. Januar 1983 vorerst auf 12 Wochenstunden reduziert. Zur Begründung der Stundenreduzierung, durch die der Kläger eine Honorareinbuße von monatlich 172,90 DM erleidet, verwies die beklagte Stadt auf Schülerabgänge zum 31. Dezember 1982 und auf die Kürzung des Haushaltsansatzes um rund 17 % für das Jahr 1983 bei dem Titel "Dozentenhonorare".
Mit seiner am 5. Januar 1983 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß er weiterhin Anspruch auf die Erteilung von 14 Unterrichtsstunden wöchentlich habe. Auf diesen Umfang habe sich sein Arbeitsverhältnis konkretisiert. Die beklagte Stadt könne hiervon nur durch eine Änderungskündigung abweichen, keinesfalls aber durch eine einseitige Anordnung im Wege des Direktionsrechts, da sich dieses nicht auf die Vergütungsseite des Arbeitsvertrages erstrecke. Soweit § 3 des Arbeitsvertrages der beklagten Stadt das Recht zur einseitigen Verkürzung der Arbeitszeit einräume, sei diese Bestimmung gemäß § 134 BGB nichtig. Die eingeräumte Möglichkeit zur einseitigen Stundenreduzierung stelle eine unzulässige Teilkündigung dar und verstoße gegen § 2 KSchG. Außerdem verstoße diese Bestimmung gegen § 622 Abs. 5 BGB, weil sie nur den Arbeitnehmer an die in § 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten zum Schuljahresende binde, dem Arbeitgeber aber das Recht zur fristlosen Teilkündigung einräume.
Im Hinblick auf die Nichtigkeit des § 3 des Arbeitsvertrages könne sich die beklagte Stadt auch nicht auf die vertraglich vereinbarten 13 Wochenstunden berufen. Durch schlüssiges Verhalten sei die zu erbringende Stundenzahl vielmehr ab Juli 1982 auf 14 Stunden festgesetzt worden. Das Schriftformerfordernis des § 9 des Arbeitsvertrages stehe dem nicht entgegen. Infolge der Nichtigkeit des § 3 enthalte der Arbeitsvertrag keine Regelung über die Arbeitszeit, so daß nunmehr eine Regelung hierüber keiner Schriftform unterliege. Zudem seien die Parteien durch die Vereinbarung von 12,5 Wochenstunden im April 1982 formlos durch schlüssiges Verhalten von der Formvorschrift abgerückt. Die Berufung auf die Schriftform sei auch für einen öffentlichen Arbeitgeber treuwidrig und rechtsmißbräuchlich.
Schließlich könne sich die beklagte Stadt auch nicht auf die die Lehrkräfte an Volkshochschulen betreffende höchstrichterliche Rechtsprechung berufen. Im Gegensatz zu Volkshochschulen gebe es an Musikschulen Aufgabengliederungspläne, Einteilung in Leistungsstufen und Lehrpläne, deren Unterrichtsziele und -inhalte nach einzelnen Stufen und Fächern gestaffelt seien. Dieses seien Organisationsmaßnahmen, die dem Aufbau einer allgemein- bzw. berufsbildenden Schule sehr viel ähnlicher seien als dem einer Volkshochschule. Eine Vergleichbarkeit der Musikschulen mit Volkshochschulen sei daher nicht gegeben.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
zwischen den Parteien weiterhin mit
14 Unterrichtsstunden wöchentlich besteht.
Die beklagte Stadt hat Klagabweisung beantragt und geltend gemacht, Musikschulen seien vergleichbar mit Volkshochschulen, da bei beiden der Besuch freiwillig und das Stundenangebot von der Interessentenzahl abhängig sei. Für Volkshochschulen sei höchstrichterlich aber anerkannt, daß die Träger nicht lediglich auf die Möglichkeit von Kündigungen bei der flexiblen Arbeitszeitgestaltung verwiesen werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein lediglich nebenberuflich Tätiger, wie hier der Kläger, wegen der geringeren sozialen Schutzbedürftigkeit einem weniger strengen Maßstab bezüglich des Kündigungsschutzes zu unterwerfen. Die Bestimmung des § 3 des Arbeitsvertrages enthalte eine Ausgestaltung des Direktionsrechts, innerhalb dessen der Arbeitgeber Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Rahmen billigen Ermessens gemäß § 315 BGB bestimmen könne. Dagegen verstoße die Stundenreduzierung nicht; sie rechtfertige sich vielmehr aus der tatsächlich gegebenen Abmeldung von Schülern zum 31. Dezember 1982 und der erheblichen Kürzung des Haushaltsansatzes für 1983 um 17 %, was einen Betrag von 150.000,-- DM ausmache. Auswärtige Schüler würden ab 1. Januar 1983 an der Musikschule nicht mehr unterrichtet. Bei 61 beschäftigten Teilzeitkräften bewirke dies eine Reduzierung von 96 Stunden. Das Direktionsrecht sei vorliegend auch nicht dadurch eingeschränkt worden, daß der Kläger während eines längeren Zeitraumes 14 Wochenstunden unterrichtet habe. Eine Konkretisierung wäre nur dann eingetreten, wenn aufgrund besonderer Umstände gefolgert werden könnte, daß der Kläger künftig nur noch mit dieser Stundenzahl tätig sein sollte. Zudem scheitere die Konkretisierung auf 14 Wochenstunden auch am Schriftformerfordernis des § 9 des Arbeitsvertrages.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der beklagten Stadt zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die beklagte Stadt ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Den Vorinstanzen ist im Ergebnis darin beizupflichten, daß die von der beklagten Stadt mit Schreiben vom 10. Dezember 1982 erklärte Kürzung der Unterrichtsstunden von 14 auf 12 Wochenstunden ab 1. Januar 1983 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien mit 14 Unterrichtsstunden wöchentlich fortbesteht.
I. Das Landesarbeitsgericht, das zutreffend von der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und von der Zulässigkeit der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO ausgeht (vgl. dazu BAG 36, 218; BAG Urteil vom 28. November 1984 - 5 AZR 123/83 - AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A I der Gründe; BAG Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - EzA § 315 BGB Nr. 29, zu I der Gründe), hat in der Sache ausgeführt, der von den Parteien abgeschlossene und von seiner Wortwahl und Vertragsgestaltung her als Arbeitsvertrag anzusehende Vertrag bestehe mit einem Leistungsumfang von 14 Wochenstunden fort, da sein § 3 gemäß § 134 BGB unwirksam sei. Die vorgenommene Stundenreduzierung sei nicht vom Direktionsrecht erfaßt, da mit diesem der Arbeitgeber den Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung insbesondere dann nicht bestimmen könne, wenn die Bezahlung des Arbeitnehmers von der wöchentlich zu erbringenden Stundenzahl abhänge. Auch soweit in § 3 des Arbeitsvertrages die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes zu sehen sei, könne diese Bestimmung keinen Bestand haben, weil durch eine einseitige Änderung der Arbeitszeit auch die Vergütungsgrundlage verändert und damit das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört werde. Durch § 3 des Arbeitsvertrages werde § 2 KSchG umgangen. Die Unwirksamkeit des § 3 resultiere ferner aus der versuchten Umgehung der zwingenden Vorschrift des § 622 Abs. 5 BGB. Während der Kläger gemäß § 1 des Vertrages nur mit einer Frist von drei Monaten zum Schuljahresende eine Änderung seiner Rechtsstellung gegenüber der beklagten Stadt herbeiführen könne, werde die beklagte Stadt durch § 3 des Vertrages in die Lage versetzt, die Anzahl der Unterrichtsstunden ohne Einhaltung von Fristen herabzusetzen.
Wegen der Unwirksamkeit des § 3 des Arbeitsvertrages habe in der Vergangenheit eine Änderung der Stundenzahl nur einvernehmlich erfolgen können. Der Herabsetzung von 13 auf zunächst 12,5 und der dann erfolgten Erhöhung auf 14 Wochenstunden habe ein entsprechendes Angebot der beklagten Stadt zugrunde gelegen, welches der Kläger durch konkludentes Handeln, nämlich durch Ableistung der angebotenen Stunden, angenommen habe. Eine derartige Vertragsänderung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 9 des Arbeitsvertrages nichtig. Wegen der Unwirksamkeit des § 3 sei in dem schriftlichen Teil des Vertrages zwischen den Parteien keine wirksame Abrede über den Leistungsumfang enthalten gewesen. Die Formvorschrift habe sich nur auf die schriftlich vereinbarten Bestimmungen beziehen können. Im übrigen sei durch die formlose sachliche Änderung des Vertrages gleichzeitig eine Aufhebung der Schriftformklausel erfolgt.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, bei deren Überprüfung der Senat gemäß § 561 Abs. 2 ZPO an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden ist, halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Die in § 3 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung, wonach die beklagte Stadt berechtigt sein soll, die mit dem Kläger vertraglich vereinbarte Anzahl der Unterrichtsstunden einseitig herabzusetzen, wenn dies aus pädagogischen, organisatorischen oder sonstigen triftigen Gründen notwendig ist, stellt eine objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts (§§ 2, 1 Abs. 2 und 3 KSchG; § 622 Abs. 1 und 5 BGB) dar. Diese vertragliche Bestimmung ist daher gemäß § 134 BGB nichtig, und zwar gleichgültig, ob darin die vertragliche Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts (BAG 40, 199) oder ein der beklagten Stadt eingeräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB (BAG Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - EzA § 315 BGB Nr. 29) gesehen wird. Die einseitige Reduzierung der wöchentlichen Unterrichtsstunden ist auch nicht durch das dem Arbeitgeber zustehende allgemeine Weisungsrecht gedeckt.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, daß die beklagte Stadt die vertraglich vereinbarte wöchentliche Unterrichtsstundenzahl des Klägers nicht kraft ihres allgemeinen Direktions- oder Weisungsrechts von 14 auf 12 Wochenstunden reduzieren konnte.
Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses und berechtigt den Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im einzelnen festzulegen und insbesondere nach Art, Ort und Zeit näher zu bestimmen (BAG 33, 71, 75; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 31 VI, S. 114 f.). Seine Grenze findet das Weisungsrecht in den Vorschriften der Gesetze und in kollektivrechtlichen oder einzelvertraglichen Regelungen. Es darf vom Arbeitgeber auch nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ausgeübt werden (BAG Urteil vom 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 - AP Nr. 3 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu 3 der Gründe; BAG 33, 71, 75; Söllner, Einseitige Leistungsbestimmung im Arbeitsverhältnis, 1966, S. 41 ff. und 118 ff.).
Das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers hat hinsichtlich der im Arbeitsvertrag enthaltenen Rahmenarbeitsbedingungen nur eine Konkretisierungsfunktion und erstreckt sich demnach nicht auf die Bestimmung des Umfanges der beiderseitigen Hauptleistungspflichten (Vergütungs- und Arbeitspflicht). Die Regelung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten gehört zum Kernbereich des Arbeitsverhältnisses mit der Folge, daß diese Arbeitsbedingungen lediglich durch Gesetz, Kollektiv- oder Einzelarbeitsvertrag gestaltbar sind. Der Umfang der Arbeitspflicht bzw. die Dauer der Arbeitszeit kann daher im Wege des Direktionsrechts insbesondere dann nicht geregelt werden, wenn hiervon die Höhe der Vergütung abhängt. Das Direktionsrecht erstreckt sich niemals auf die Vergütungsseite des Arbeitsvertrages (Schaub, aaO, § 31 VI 3, S. 115; BAG 2, 221; 17, 241; BAG Urteil vom 11. Juni 1958 - 4 AZR 514/55 - AP Nr. 2 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG Urteil vom 14. Dezember 1961 - 5 AZR 180/61 - AP Nr. 17 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG Urteil vom 16. Oktober 1965 - 5 AZR 55/65 - AP Nr. 20 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen ist die Vergütung des Klägers vom Umfang der Arbeitszeit abhängig, den die beklagte Stadt nach Maßgabe des § 3 des Arbeitsvertrages abweichend bestimmen kann. Die beklagte Stadt kann, wenn auch nur beim Vorliegen pädagogischer, organisatorischer oder sonstiger triftiger Gründe, den Umfang der Arbeitszeit einseitig bestimmen und auf diese Weise unmittelbar auch auf die Höhe der Vergütung des Klägers Einfluß nehmen. Eine solche Vertragsgestaltung, die dem Arbeitgeber praktisch allein die Bestimmung über Umfang und Grenzen der beiderseitigen Hauptpflichten zuweist, übersteigt das dem Arbeitgeber zustehende allgemeine Weisungsrecht (ebenso BAG Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - EzA § 315 BGB Nr. 29). Die einzelvertraglich vereinbarte regelmäßige Dauer der Arbeitszeit von zuletzt 14 Wochenstunden konnte die beklagte Stadt mithin aufgrund ihres Direktions- und Weisungsrechts nicht einseitig auf 12 Wochenstunden herabsetzen.
b) Das Landesarbeitsgericht hat in § 3 des Arbeitsvertrages die Vereinbarung eines das Direktionsrecht der beklagten Stadt erweiternden Widerrufsvorbehaltes gesehen, dieser Bestimmung wegen Umgehung des § 2 KSchG aber mit Recht die Wirksamkeit versagt.
Die einzelvertragliche oder kollektivrechtliche Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes, d. h. eines Rechts zur einseitigen Änderung einzelner Vertragsbedingungen ist grundsätzlich zulässig. Sie ist nur dann gemäß § 134 BGB nichtig, wenn sie zur Umgehung zwingender Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts führt. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde (BAG 40, 199, 207; 8, 338; BAG Urteile vom 4. Februar 1958 - 3 AZR 110/55 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Teilkündigung; vom 16. Oktober 1965 - 5 AZR 55/65 - AP Nr. 20 zu § 611 BGB Direktionsrecht; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 2 Rz 6; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 2 Rz 68; KR-Rost, 2. Aufl., § 2 KSchG Rz 48). Grundsätzlich hat sich daher der Widerruf auf die für die Charakterisierung des Arbeitsverhältnisses nicht wesentlichen Zusatzbestimmungen zu beschränken. Der Kernbestand des Arbeitsverhältnisses, zu dem insbesondere die Vergütungspflicht des Arbeitgebers und die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers gehören, darf nicht angetastet werden (KR-Rost, aaO; Hueck, Die Teilkündigung im Arbeitsrecht, RdA 1968, 206; Schaub, Der Kündigungsschutz bei Änderungskündigungen, RdA 1970, 231; Monjau, Senkung außertariflicher Löhne, DB 1959, 707).
Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Landesarbeitsgericht die in § 3 des Arbeitsvertrages enthaltene Vereinbarung, wonach die Beklagte die mit 13 Wochenstunden vereinbarte Zahl der Unterrichtsstunden einseitig herabsetzen darf, zutreffend als einen, allerdings gemäß § 134 BGB nichtigen Widerrufsvorbehalt im dargelegten Sinne ausgelegt. Durch diese Regelung wird - was das Landesarbeitsgericht allerdings nicht in Erwägung gezogen und geprüft hat - der Beklagten kein unmittelbares einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich des Umfanges der Arbeitszeit eingeräumt, wie dies in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt der Siebte Senat mit Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - (EzA § 315 BGB Nr. 29) angenommen hat. Während in dem vom Siebten Senat entschiedenen Fall der Arbeitgeber von Fall zu Fall die zu erteilenden Unterrichtsstunden festlegen oder bis zu einer zeitlichen Höchstgrenze bestimmen sollte, ist im Streitfall die Unterrichtsstundenzahl vertraglich festgelegt, dem Arbeitgeber aber das Recht eingeräumt worden, unter bestimmten Voraussetzungen die Stundenzahl einseitig herabzusetzen. Dieser grundlegende Unterschied im Sachverhalt läßt deutlich werden, daß vorliegend nicht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, sondern ein Widerrufsvorbehalt in Betracht kommt. Im übrigen erfordert der Streitfall hierzu keine grundsätzliche Stellungnahme, da beide Vertragsgestaltungen eine objektive Umgehung zwingender kündigungs- und kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften (§§ 2, 1 Abs. 2 und 3 KSchG; § 622 Abs. 1 und 5 BGB) darstellen und deshalb gemäß § 134 BGB Nichtigkeit zur Folge haben.
c) Grundsätzlich muß der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen will, eine Änderungskündigung unter Beachtung der gesetzlichen bzw. kollektiv- oder einzelvertraglichen Kündigungsfrist aussprechen, gegen die der Arbeitnehmer gegebenenfalls nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes (§ 2 KSchG) vorgehen kann. Durch das einzelvertraglich ausbedungene Recht der beklagten Stadt, die Pflichtstundenzahl des Klägers einseitig herabzusetzen, werden die Vorschriften des § 2 KSchG in Verb. mit § 1 Abs. 2 und 3 KSchG sowie § 622 Abs. 1 und 5 BGB objektiv umgangen. Da die Vergütung des Klägers von der Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden abhängig ist, wird in den kündigungsrechtlich geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingegriffen. Ohne Bindung an die für eine Änderungskündigung maßgebenden Voraussetzungen und ohne Einhaltung von Kündigungsfristen wird die beklagte Stadt durch die Ausübung des Widerrufs in die Lage versetzt, unmittelbar gestaltend auf Inhalt und Bestand des Arbeitsverhältnisses einzuwirken. Zumindest theoretisch ist eine Stundenreduzierung bis auf "Null" möglich. Der Kläger kann demgegenüber eine Arbeitszeitverkürzung nur über eine fristgemäße ordentliche Änderungskündigung erreichen. Dieser erheblichen Verschlechterung der kündigungsrechtlichen Stellung des Klägers steht kein anderweitiger gleichwertiger arbeitsrechtlicher Schutz gegenüber. Eine Minderung der Unterrichtsstunden darf zwar nur erfolgen, wenn dies aus "pädagogischen, organisatorischen oder sonstigen triftigen Gründen" notwendig wird. Die Ausübung des vereinbarten Widerrufs muß gemäß § 315 Abs. 1 BGB auch nach billigem Ermessen erfolgen (BAG 40, 199, 207; BAG Urteil vom 7. Januar 1971 - 5 AZR 92/70 - AP Nr. 12 zu § 315 BGB). Eine ausreichende, den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses betreffende Bestandsschutzsicherung ist dadurch gleichwohl nicht gewährleistet, zumal einerseits die vertraglich festgelegten Voraussetzungen für eine Minderung der Stundenzahl wenig konkret sind und einen weiten Beurteilungsspielraum beinhalten und sich andererseits der gerichtliche Überprüfungsrahmen auf eine Billigkeitskontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB) beschränkt.
Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer objektiven Umgehung des Kündigungsschutzes nicht entgegen, daß der geringeren Vergütung auch entsprechend geringere Leistungen des Klägers gegenüberstehen und insoweit das arbeitsvertragliche Synallagma nicht gestört ist. Denn durch die den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses berührende einseitige Stundenreduzierung wird der Bestand des Arbeitsverhältnisses gleichsam als Ganzes geändert und praktisch ein neues Arbeitsverhältnis begründet (BAG Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - EzA § 315 BGB Nr. 29; KR-Rost, 2. Aufl., § 2 KSchG Rz 48).
d) Die Vertragsgestaltung des § 3 des Arbeitsvertrages ist auch weder durch die Abhängigkeit der Musikschule von der jährlichen Zuweisung von Haushaltsmitteln, noch durch den unterschiedlichen Arbeitsanfall für Musiklehrer infolge einer sich ständig ändernden Schülerzahl gerechtfertigt.
Die Abhängigkeit von jeweils in unterschiedlicher Höhe zugewiesenen Haushaltsmitteln besteht für eine Vielzahl von Institutionen des öffentlichen Dienstes und ist keine Besonderheit von kommunalen Musikschulen. Führen Haushaltsmittelkürzungen zu Einschränkungen des Lehrangebots und zum gänzlichen oder teilweisen Fortfall einzelner Arbeitsplätze, so kann die beklagte Stadt dem durch Kündigungen Rechnung tragen, da derartige Umstände grundsätzlich dringende betriebliche Erfordernisse i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG darstellen (BAG Urteil vom 26. Juni 1975 - 2 AZR 499/74 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG 30, 272; KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 334 m. w. N.). Auch der durch Reduzierung von Schülerzahlen ausgelösten Einschränkung des Lehrangebots kann die beklagte Stadt unter Beachtung zwingender Kündigungsschutzvorschriften begegnen, indem sie zum Zwecke der Anpassung der Arbeitszeit an den Unterrichtsbedarf betriebsbedingte ordentliche Änderungskündigungen ausspricht (vgl. dazu auch BAG Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - EzA § 315 BGB Nr. 29, in dem der Siebte Senat in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit hinweist, auch den Abgang von Schülern an bestimmte Fristen zu binden, um die Fluktuation bei den Musikschulen zu steuern).
Schließlich verkennt die Revision auch, soweit sie sich im Hinblick auf die Notwendigkeit einer flexiblen oder variablen Vertragsgestaltung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Beschäftigungsverhältnissen von Lehrkräften an Volkshochschulen beruft, daß es sich hierbei in der Regel um freie Mitarbeiter handelt (vgl. BAG 37, 58). Im Streitfall liegt dagegen ein Teilzeitarbeitsverhältnis vor. Der Kläger ist nicht freier Mitarbeiter, sondern - wie die beklagte Stadt nicht mehr in Abrede stellt - Arbeitnehmer; es geht um die Frage der Zulässigkeit des der beklagten Stadt im Rahmen dieses Teilzeitarbeitsverhältnisses eingeräumten Widerrufsvorbehalts, durch dessen Ausübung die Arbeitszeit des Klägers einseitig und mit Auswirkung auf die Vergütungsseite reduziert werden kann.
III. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1982 hat die beklagte Stadt weder eine (unzulässige) Teilkündigung noch eine Änderungskündigung erklärt, sondern von ihrem in § 3 des Arbeitsvertrages vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch machen wollen. Diese in § 3 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung über den Widerrufsvorbehalt ist jedoch, wie dargelegt, gemäß § 134 BGB nichtig. Das Landesarbeitsgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß zwischen den Parteien über den 31. Dezember 1982 hinaus die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitszeitregelung mit 14 Wochenunterrichtsstunden fortbesteht, zumal in dem unzulässig erklärten Widerruf nicht nachträglich eine Änderungskündigung gesehen werden kann (KR-Rost, 2. Aufl., § 2 KSchG Rz 50).
1. Bei Abschluß des schriftlichen Arbeitsvertrages haben die Parteien zunächst eine Unterrichtsverpflichtung des Klägers von 13 Wochenstunden vereinbart. Diese Regelung haben die Parteien nachträglich einvernehmlich geändert, und zwar dahingehend, daß der Kläger ab April 1982 wöchentlich 12,5 Stunden und ab Juli 1982 wöchentlich 14 Stunden unterrichtet hat. Diesen Vertragsänderungen lag, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, jeweils ein Angebot der beklagten Stadt zugrunde, das der Kläger durch konkludentes Handeln gemäß § 151 BGB angenommen hat, indem er ab diesem Zeitpunkt die jeweilige Stundenzahl unterrichtet hat. Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 151 BGB. Soweit die Revision meint, diese Betrachtungsweise berücksichtige "völlig einseitig allein Arbeitnehmerinteressen", ist dies daher unverständlich.
2. Mit Recht ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, daß diese Vertragsänderungen nicht wegen Verstoßes gegen die Schriftformvereinbarung des § 9 des Arbeitsvertrages nichtig sind. Denn auch beim Bestehen einzelvertraglich vereinbarter Schriftformklauseln sind mündliche Vertragsänderungen verbindlich, wenn die Parteien die Maßgeblichkeit des mündlich Vereinbarten gewollt haben, also darüber einig waren, für ihre vertraglichen Beziehungen solle neben dem Urkundeninhalt auch eine bestimmte mündliche Abrede gelten (BGH Urteil vom 26. November 1964 - VII ZR 111/63 - AP Nr. 2 zu § 127 BGB m. w. N.). Die Parteien können von dem Schriftformerfordernis im Wege gegenseitiger, formloser Vereinbarung wieder abgehen (BAG Urteil vom 4. Juni 1963 - 5 AZR 16/63 - AP Nr. 1 zu § 127 BGB). Nachdem die Parteien den Arbeitsvertrag zunächst mit 12,5 Wochenstunden und später mit 14 Wochenstunden durchgeführt haben, ist vorliegend ohne weiteres von einem derartigen Verzicht auf die Einhaltung des Schriftformerfordernisses auszugehen.
3. Die Vertragsänderung verstößt auch nicht gegen die Schriftformklausel des § 4 Abs. 2 BAT, da die Anwendbarkeit des BAT auf das vorliegende Arbeitsverhältnis jedenfalls gemäß § 3 q BAT ausgeschlossen ist (vgl. auch § 2 des Arbeitsvertrages). Im übrigen betrifft die Änderung der Stundenzahl keine Nebenpflicht, sondern den Kernbereich des Arbeitsvertrages und ist daher eine Regelung i. S. des § 4 Abs. 1 BAT, für die tariflich keine konstitutive Schriftform vorgeschrieben ist (vgl. Breier/Kiefer/Uttlinger, BAT, Stand: 1. April 1979, § 4 Erl. 5).
IV. Die Revision war daher aus den dargelegten Gründen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Dr. Röhsler Dr. Steckhan
zugleich für den in
Urlaub befindlichen
Vorsitzenden Richter
Hillebrecht
Thieß Ramdohr
Fundstellen
Haufe-Index 437862 |
EzBAT § 8 BAT Direktionsrecht, Nr 3 (ST) |