Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung des Arbeitslosengeldanspruchs. Verfügbarkeit. Nichterscheinen zu Meldeterminen. mehrmalige Verletzung der allgemeinen Meldepflicht. Einzelfallprüfung. Untersuchungsgrundsatz. Wesentliche Änderung in den Verhältnissen. Sperrzeit. Dienstanweisung. Rechtsfolgenbelehrung
Leitsatz (amtlich)
Auch eine mehrmalige Verletzung der allgemeinen Meldepflicht berechtigt die Bundesagentur für Arbeit nicht, ohne weitere Einzelfallprüfung die Zahlung von Arbeitslosengeld aufgrund fehlender Verfügbarkeit des Arbeitslosen aufzuheben.
Normenkette
SGB III a.F. § 118 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Abs. 1 Nr. 3, § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 6, § 309; SGB X §§ 20, 48 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht mit Bescheiden vom 08.08.2008 und 19.08.2008 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 12.08.2008 ganz aufgehoben hat, weil die Verfügbarkeit des Klägers wegen Nichtbefolgung von drei Meldeaufforderungen entfallen war.
Der 1967 geborene Kläger war von April 1991 bis Dezember 2007 als Vertriebsleiter der DBV- W. Versicherungen im Außendienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages zum 31.12.2007 unter Vereinbarung einer Abfindungszahlung von 90.000,00 EUR.
Auf Grund der Abfindungszahlung ruhte der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld im Zeitraum 01.01.2008 bis 05.07.2008. Eine zusätzlich von der Beklagten festgestellte Sperrzeit von 12 Wochen ab 01.01.2008 wegen Arbeitsaufgabe wurde auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs vor dem Sozialgericht München (Aktenzeichen S 37 AL 66/08) auf 6 Wochen verkürzt. Ab 06.07.2008 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von maximal 270 Tagen bewilligt.
Nachdem sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit W. mehrfach über Vermittlungsvorschläge beschwerte, Einladungen zur Vorsprache nicht nachkam und sich per E-mail vom 06.04.2008 an das Kundenreaktionsmanagement der Beklagten in Nürnberg gewandt hatte, fand am 24.04.2008 im Beisein des Teamleiters für Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit W. ein persönliches Gespräch mit dem Kläger statt, welches nach kurzer Zeit abgebrochen wurde, da der Kläger das Gespräch mit Diktiergerät aufzeichnen wollte und ihm dies nicht gestattet wurde.
Mit einer E-mail vom selben Tag teilte der Kläger der Agentur für Arbeit W. mit, dass er weitere Gesprächseinladungen ausschließlich auf der Basis der Möglichkeit des Mitschnitts mittels Diktiergerät wahrnehmen werde. Die Teilnahme seines Rechtsbeistandes bei jedem Gesprächstermin als Alternativoption habe er aus Kostengründen verworfen. Er werde Einladungen nur noch Folge leisten, wenn ein Einverständnis der Agentur für Arbeit W. in schriftlicher Form zur Dokumentation vorliege.
Nach Aktenlage wurde der Kläger dann mit Schreiben vom 23.06.2008 mit Wirkung zum 21.07.2008, mit Schreiben vom 23.07.2008 zum 31.07.2008 und mit Schreiben vom 01.08.2008 zum 07.08.2008 zur Vorsprache in die Agentur für Arbeit W. eingeladen. Als Grund für die Meldeaufforderungen wurde jeweils angegeben, dass mit dem Kläger über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation gesprochen werden solle.
Die mit Schreiben vom 01.08.2008 ergangene Einladung zum 07.08.2008 enthielt folgenden ergänzenden Hinweis:
"Die Tatsache, dass Sie am 21.07.2008 und am 31.07.2008 einer Meldeaufforderung ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen sind, begründet Zweifel an ihrer Arbeitslosigkeit. Bitte beachten Sie, dass die Bewilligung der Leistung wegen fehlender Verfügbarkeit für die Zeit nach dem erneuten Meldetermin ganz aufgehoben wird und zusätzlich ein Meldeversäumnis vorliegt (vgl. hierzu die Rechtsfolgenbelehrung auf Seite 2), wenn Sie dieser Aufforderung ohne wichtigen Grund nicht nachkommen. Wird die Bewilligung aufgehoben, erhalten Sie kein Arbeitslosengeld mehr."
Mit E-mails vom 25.06.2008 und 26.06.2008 bestätigte der Kläger, dass er die Einladung für den 21.07.2008 erhalten habe. Der Kläger verwies hierbei auf sein Schreiben vom 24.04.2008, wonach er Einladungen der Agentur für Arbeit W. nur dann annehmen werde, wenn diese sich bereit erkläre, die Gespräche nachvollziehbar zu machen. Es sei ihm nicht möglich, den Termin am 21.07.2008 wahrzunehmen, ohne dass die Zustimmung zur Aufzeichnung mittels Diktiergerät vorliege.
Dem Kläger wurde mit E-mail der Agentur für Arbeit W. vom 26.06.2008 mitgeteilt, dass ein Mitschnitt des Gespräches mittels Diktiergerät nicht möglich sei, selbstverständlich könne der Kläger jederzeit einen Vertrauten seiner Wahl zum Gespräch mitbringen.
Mit Bescheid vom 08.08.2008 stellte die Agentur für Arbeit W. drei Sperrzeiten von jeweils einer Woche wegen Meldeversäumnis für die Zeiträume 22.07. bis 28.07.2008, 01.08. bis 07...