OFD Niedersachsen, Verfügung v. 16.2.2011, S 7168 - 113 - St 173
Nach dem niedersächsischen Bestattungsgesetz (BestattG) vom 8.12.2005, Nds. GVBl. 2005 S. 381, ist in Niedersachsen die Beisetzung von Urnen mit der Asche Verstorbener zwischen den Wurzeln von Bäumen in sog. Friedwäldern möglich, sofern der Friedwald ein Friedhof im Sinne des Gesetzes ist (§ 12 Abs. 5 Satz 1 BestattG). Träger von Friedhöfen können in Niedersachsen nur Gemeinden und Kirchengemeinden sein (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BestattG); sie können aber Dritte mit dem Betrieb von Friedhöfen beauftragen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Die Gemeinde oder Kirchengemeinde wird mit der Überlassung des Rechts zur Nutzung einer Ruhestätte hoheitlich tätig (vgl. BFH-Urteil vom 14.4.1983, V R 3/79, BStBl 1983 II S. 491).
Steht der Bestattungswald nicht im Eigentum einer Gemeinde oder Kirchengemeinde, räumt der Waldbesitzer ihr eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) zur Nutzung bestimmter Bäume für die Waldbestattung ein und erhält hierfür einen Anteil an den Bestattungsgebühren („Baumpacht”). Im Übrigen wird der Wald weiterhin forstwirtschaftlich genutzt. In diesen Fällen bestehen Leistungsbeziehungen zwischen dem Waldbesitzer und der Gemeinde einerseits und zwischen Gemeinde und dem Kunden andererseits. Die Leistung des privaten Waldbesitzers an die Gemeinde besteht in der Überlassung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) zur Nutzung bestimmter Bäume für die Bestattung und die Leistung der Gemeinde an den Kunden in der Überlassung des Rechts auf Nutzung einer Ruhestätte.
Die Einräumung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit durch den Waldbesitzer an die Gemeinde ist umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG (Abschn. 4.12.8. Abs. 1 UStAE). Hat der Waldbesitzer weitere Maßnahmen zur Erhaltung des Bestattungswaldes in einem angemessenen Zustand durchzuführen (z.B. Ersetzung eines abgestorbenen Bestattungsbaumes durch eine Jungpflanze), liegen insoweit steuerfreie Nebenleistungen im Sinne des Abschnitts 3.10. Abs. 5 UStAE vor. Alle weiteren Leistungen, die der Waldbesitzer im Zusammenhang mit dem Betrieb des Bestattungswaldes an die Gemeinde oder unmittelbar an den Kunden erbringt (z.B. Werbung für das Konzept, Kundenführungen, Unterhaltung der Ruhestättendatenbank, Durchführung von Beerdigungen, Einräumung des Rechts zur Nutzung einer Ruhestätte, Gebühreneinziehung und -verteilung, Anlegen und Unterhalten eines Parkplatzes), sind umsatzsteuerpflichtig und unterliegen der Regelbesteuerung.
Betreibt der Waldbesitzer den Bestattungswald im eigenen Namen, kommt der Bewilligung der Grunddienstbarkeit kein eigenständiger Gehalt gegenüber der Gewährung des Rechts zur Nutzung der Ruhestätte zu, weil sie lediglich zur Absicherung der Verpflichtung des Betreibers zur Gewährung der vereinbarten Nutzung dienen würde. In diesem Fall sind sämtliche Leistungen steuerpflichtig. Der Umsatzsteuer unterliegen auch etwaige Zahlungen der Gemeinde oder Kirchengemeinde.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 Buchst. c