Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Antrages auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung von Umsatzsteuerbescheiden bei Streit, ob unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt
Leitsatz (NV)
1. Bei Steuerbescheiden, derentwegen ein Rechtsstreit in der Revisionsinstanz anhängig ist, können ernstliche Zweifel i. S. des § 69 FGO nur dann bestehen, wenn auch unter Beachtung der nur noch beschränkten Prüfungsmöglichkeit des Revisionsgerichts ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts zu rechnen ist.
2. Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist für die Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 zu fordern, daß das Abrechnungspapier Angaben tatsächlicher Art enthält, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet wird.
3. Bei der gebotenen summarischen Prüfung ist nicht ernstlich in Betracht zu ziehen, daß ein unzureichender Belegnachweis durch eine Zeugenvernehmung vervollständigt werden könnte.
4. Im AdV-Verfahren läßt es sich nicht ausschließen, daß bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 auch durch eine zureichende Beschreibung derjenigen Arbeiten genügt wird, mit denen die betreffenden Arbeitnehmer beim Leistungsempfänger beschäftigt worden sind.
5. Eine Verweigerung des Vorsteuerabzugs infolge der Belastung mit den Nachteilen aus der Unerwiesenheit von Tatsachen kommt insbesondere in Betracht, wenn der den Vorsteuerabzug geltend machende Unternehmer Rechnungen einer Scheinfirma vorlegt.
6. Zur Ermessensentscheidung gemäß § 74 FGO.
7. Zum Verzicht auf das Rügerecht (§ 155 FGO i. V. m. § 295 ZPO).
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Sätze 1, 4, §§ 74, 155; UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 295
Tatbestand
Die Klin., die inzwischen ihre gewerbliche Tätigkeit eingestellt hat und sich in Liquidation befindet, begehrt im vorliegenden Verfahren Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung von Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1976 bis 1982. Im entsprechenden Hauptverfahren ergibt sich folgende Sach- und Streitlage:
Die Klin., über deren Revision noch nicht entschieden ist, betrieb nach den Feststellungen des FG in der mit der Revision angefochtenen Vorentscheidung in den Streitjahren (1976 bis 1982) ein . . .-unternehmen. Sie war ausschließlich als Auftragnehmerin der Firma X auf deren Werksgelände tätig. Nach ihren Angaben beschäftigte sie einen Subunternehmer namens Y, Inhaber Z. Die diesbezüglichen Abrechnungsbelege, aus denen die Klin. Vorsteuerabzug begehrt, sind - wie das FG in der Vorentscheidung angeführt hat - nach folgendem Muster erstellt: . . .
Im Oktober 1982 wurde bei der Klin. mit einer Außenprüfung begonnen, in deren Verlauf Zweifel an der Existenz der Firma Y aufkamen, so daß die Steuerfahndung eingeschaltet wurde. Diese kam zu dem Ergebnis, daß die Firma Y nicht existiere und daß eine Person namens Z nicht habe ermittelt werden können, so daß die in Abrechnungsbelegen der Firma Y ausgewiesenen Vorsteuerbeträge nicht abzugsfähig seien.
Das FA folgte dem und setzte durch gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderte Bescheide (betr. Umsatzsteuer 1976 bis 1981) bzw. durch erstmaligen Bescheid (betr. Umsatzsteuer 1982) vom 4. Juli 1983 die Umsatzsteuer fest.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens setzte das FA die Umsatzsteuer 1982 durch Änderungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 vom 9. Februar 1984 herab. Im übrigen wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klage wurde vom FG mit der Begründung abgewiesen, die Klin. könne aus den die Firma Y, Inhaber Z, als Aussteller bezeichnenden Abrechnungsbelegen Vorsteuerabzug nicht geltend machen, weil die Belege keine ausreichenden Abrechnungsurkunden i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 und 1980 seien.
Unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung einer Rechnung i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973/1980 sei, daß in dem betreffenden Abrechnungspapier die bezogene Leistung ausreichend beschrieben werde. Dies ergebe sich unmittelbar aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973/1980, wonach die Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen in Rechnung gestellt sein müsse. Daraus folge, daß Leistungsbeschreibung und gesonderter Steuerausweis eine unauflösbare Einheit bildeten (Hinweis auf Weiß, UR 1985, 25 ff., 27). Diese aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973/1980 abgeleitete Auffassung entspreche dem System des Vorsteuerabzugs und werde den Interessen aller Beteiligten gerecht.
Die von der Klin. vorgelegten Abrechnungsbelege enthielten keine hinreichende Leistungsbeschreibung. Die Abrechnungsbelege bezeichneten die von der Klin. bezogenen Leistungen als ,,erledigte Arbeiten aus ob. . . .-stelle wie gesehen und besichtigt". Aus dieser Formulierung sei nicht erkennbar, über welche konkrete Leistung habe abgerechnet werden sollen. Nach dem Inhalt der Abrechnungsurkunden könne es sich jeweils um eine Werklieferung, eine Werkleistung oder auch um eine sonstige Leistung in Form der Arbeitnehmerüberlassung handeln. Auch der Zeitpunkt bzw. Zeitraum der Leistungen sei nicht konkretisiert. Art und Umfang der erbrachten Leistungen ließen sich somit weder der Rechnung noch ergänzenden Urkunden entnehmen.
Soweit die Klin. vortrage, es sei ,,in höchstem Grade unangemessen", von den Vertragsparteien nähere Angaben zu verlangen, folge der Senat ihrem Vorbringen nicht. Es sei ohne weiteres möglich gewesen, in den Abrechnungen genauere Angaben zu machen. In diesem Zusammenhang sei auf die von der Klin. vorgelegten Abrechnungen mit der Firma X hinzuweisen, die die Baustelle näher beschrieben, vor allem aber den Gegenstand der Leistung bezeichneten.
Dem Antrag der Klin., den Geschäftsleiter ihrer Komplementär-GmbH im Rahmen einer Ortsbesichtigung auf dem . . .-gelände zu vernehmen, folge der Senat nicht, weil die unzureichende Leistungsbeschreibung in den Abrechnungsurkunden dadurch nicht behoben werden könnte. Es würde dem den §§ 14, 15 UStG 1973/1980 zu entnehmenden Urkundsprinzip widersprechen, wenn der unbedingt notwendige Inhalt der Abrechnungsurkunde (die ausreichende Konkretisierung der Leistung) durch mündliche Erklärung ersetzt werden könnte. Dem Antrag auf Aussetzung der Verhandlung nach § 74 FGO habe der Senat schon deshalb nicht entsprochen, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorlägen. Die Entscheidung des Rechtsstreits sei weder ganz noch zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängig, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bilde oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen sei. Das von der Klin. eingeleitete Verfahren auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sei kein vorgreifliches Rechtsverhältnis i. S. des § 74 FGO. Denn das Steuerfestsetzungsverfahren und das Billigkeitsverfahren nach § 163 Abs. 1 AO 1977 seien voneinander unabhängige Verfahren mit jeweils anderem Streitgegenstand, die zeitlich nebeneinander betrieben werden könnten. Soweit die Steuerfestsetzung bestandskräftig werde, bevor eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 Abs. 1 AO 1977 ergehe, bleibe die Möglichkeit, die Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu ändern. Im übrigen wäre eine Aussetzung des Verfahrens im Streitfall auch unzweckmäßig. Die Aussetzung des Verfahrens würde voraussichtlich zu einer erheblichen Verzögerung führen, zumal die Klin. den Antrag auf Billigkeitsmaßnahmen erst jetzt gestellt habe. Zudem erscheine es zweckmäßig, daß in dem anhängigen Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzungen zunächst die Rechtsfrage nach den Anforderungen an eine Abrechnungsurkunde i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973/1980 geklärt werde, bevor über die eventuelle sachliche Unbilligkeit der gesetzlichen Regelung entschieden würde.
Mit der Revision beantragt die Klin., unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung die angefochtenen Bescheide dahin zu ändern, daß die Umsatzsteuer der Streitjahre herabgesetzt wird, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Klin. rügt Verletzung der §§ 74, 76, 96 Abs. 1 und 2 FGO, der Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG und der §§ 14 und 15 UStG 1973/1980.
Zur Begründung macht sie geltend:
a) Das FG habe die Klage für sämtliche Streitjahre mit der Begründung abgewiesen, daß die in den Rechnungen enthaltenen Leistungsbeschreibungen nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllten, obwohl dem FG die die Jahre 1976 bis 1981 betreffenden Rechnungen nicht bekannt gewesen seien. Sie habe mit Schriftsatz vom 15. Februar 1985 dem FG Kopien der das Streitjahr 1982 betreffenden Rechnungen vorgelegt und mit Schriftsatz vom 26. März 1985 Ausführungen zur Leistungsabwicklung durch den Subunternehmer gemacht. Sodann sei sie vom FG mit Verfügung vom 24. April 1985 um Mitteilung gebeten worden, ob die schriftsätzlichen Ausführungen (26. März 1985) auch für die Streitjahre 1976 bis 1981 gälten und ob für diese Streitjahre entsprechende Rechnungskopien vorhanden seien. Die erstere Frage habe sie mit Schriftsatz vom 2. Mai 1985 bejaht. Bevor sie sich noch Kopien der seinerzeit bei den Finanzbehörden befindlichen Rechnungen der Jahre 1976 bis 1981 habe beschaffen können, sei am 5. Juni 1985 die mündliche Verhandlung durchgeführt worden, bei der die zunächst selbständigen drei Verfahren (. . ., betreffend 1976 bis 1980; . . ., betreffend 1981; . . ., betreffend 1982) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden seien. Hierbei habe sich das FG offenbar die Überzeugung gebildet, daß sämtliche Rechnungen dem in der Vorentscheidung wiedergegebenen Muster entsprächen, obwohl für 1976 10 der 12 Rechnungen und für 1977 20 der 21 Rechnungen in der Leistungsbeschreibung vom wiedergegebenen Muster erheblich abwichen.
In dem Erlaß einer Entscheidung durch das FG vor der Beschaffung entsprechender Rechnungskopien für die Jahre 1976 bis 1981 liege eine Verletzung der sich aus § 76 FGO ergebenden Ermittlungspflicht; gegen die Ermittlungspflicht sei ferner dadurch verstoßen worden, daß für die Jahre 1976 und 1977 unrichtige Summen der Vorsteuerbeträge zugrunde gelegt worden seien.
Zugleich liege ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO vor, weil das FG seine Überzeugung, sämtliche Abrechnungsbelege hätten den gleichen Wortlaut, weder auf den Beteiligtenvortrag noch auf eigene Ermittlungen habe stützen können. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 2 FGO sei darin zu sehen, daß die eben behandelte Feststellung eines einheitlichen Wortlauts der Rechnungen erstmals im angefochtenen Urteil aufgetaucht sei, so daß sie, die Klin., hierzu habe nicht Stellung nehmen können.
Der § 74 FGO sei dadurch verletzt, daß die mündliche Verhandlung nicht ausgesetzt worden sei, um ihr, der Klin., Gelegenheit zu geben, die Anfrage vom 24. April 1985 bezüglich der Rechnungen für 1976 bis 1981 zu beantworten.
Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liege darin, daß das FG die Antwort nicht abgewartet habe.
Die geschilderten Verletzungen hätten vor dem FG nicht gerügt werden können, weil ihrem, der Klin., Prozeßbevollmächtigten bei der mündlichen Verhandlung der aufgezeigte Fehler nicht bekannt gewesen sei. Die gerügten Verletzungen seien Ursache für die Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung. Denn selbst nach der strengen Ansicht des FG zu den Erfordernissen für die Leistungsbeschreibung hätten einzelne Rechnungen den Anforderungen genügt.
b) Eine Verletzung des § 74 FGO sei darin zu sehen, daß das FG den im Schriftsatz vom 3. Juni 1985 gestellten und in der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Antrag abgelehnt habe, das Verfahren auszusetzen, bis von der zuständigen Finanzbehörde über den Antrag auf Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 AO 1977 befunden worden sei.
c) Eine Verletzung der Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG liege im Hinblick darauf vor, daß die Klin. letztlich als Garant für den Steuerausfall herangezogen werde, der dem Staat - tatsächlich oder vermeintlich - durch einen Betrüger entstehe, ohne daß ihr irgendeine Tatbeteiligung vorgeworfen werden könne.
d) Eine Verletzung des § 76 Abs. 1 FGO liege ferner darin, daß das FG dem im Schriftsatz vom 4. Juni 1985 (dort S. 6) enthaltenen Antrag nicht entsprochen habe, ihren, der Klin., Geschäftsleiter bei einer Ortsbesichtigung auf dem . . .-gelände als Zeugen zu vernehmen. Dadurch habe sich das FG der Möglichkeit begeben, den Sachverhalt so aufzuklären, daß dem Klageerfolg eine unzureichende Leistungsbeschreibung nicht entgegengestanden hätte.
e) Eine falsche Anwendung der §§ 14 und 15 UStG 1973 bzw. 1980 ergebe sich aus der zu engen Auslegung der Vorschriften durch das FG. Richtig sei, daß die Leistungsbeschreibung und der gesonderte Steuerausweis eine unauflösliche Einheit darstellten, daß die Leistungsbeschreibung eine die Klärung ermöglichende Konkretisierung aufweisen müsse (notwendige Sicherung gegen Mißbräuche zu Lasten der Steuerkasse) und daß bei nicht zureichender Leistungsbeschreibung in der Rechnung selbst weitere Umstände beigebracht werden könnten. Dagegen sei die Ansicht des FG nicht zu billigen, daß die weiteren Umstände schriftlich fixiert vorliegen müßten. Die Frage, ob eine Leistungsbeschreibung ausreichend sei, könne nicht generell, sondern nur für den Einzelfall beantwortet werden. Grundsätzlich müsse die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung als ausreichend angesehen werden, wenn sie den am Umsatzgeschäft Beteiligten genüge. Ausreichend sei die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung stets dann, wenn es im Einzelfall keine Schwierigkeiten mache, der Rechnung eine bestimmte Leistung zuzuordnen, wobei für die Zuordnung andere Nachweise als die mit Urkunden zulässig seien. Das Erfordernis der leichten Nachprüfbarkeit durch die Finanzverwaltung müsse darauf abgestellt werden, ob dem Vorsteuerabzug - etwa wie bei einem Einzelhändler - Tausende von Rechnungen mit jeweils verhältnismäßig geringen Beträgen oder - wie hier - nur wenige Rechnungen mit jeweils hohen Summen zugrunde lägen.
Das FA ist der Revision entgegengetreten. Es hält die Revisionsrügen der Klin. für unbegründet.
Im vorliegenden Verfahren hatte die Klin. zunächst beantragt, die vom FG ausgesprochene Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung zu verlängern. Nunmehr beantragt sie:
1. die Vollziehung wie folgt auszusetzen: . . .
2. die Vollziehung wie folgt aufzuheben: . . .
Zur Begründung ihres Antrags verweist die Klin. auf die Revisionsbegründung und den gesamten Akteninhalt im Revisionsverfahren. Außerdem macht sie geltend, im Umfange ihres Aufhebungsbegehrens seien bereits Vollstreckungen vorgenommen worden.
Die Klin. hat ferner - ohne dies näher zu erläutern - als Muster für eingereichte ergänzte Rechnungen die Kopie der im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Rechnung vom 1. Februar 1982 vorgelegt, in der es nunmehr heißt: . . .
Das FA beantragt, den Antrag auf Aufhebung bzw. Aussetzung der Vollziehung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung ist nicht begründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheitsleistung, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 4 FGO).
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (vgl. z. B. Beschluß des BFH vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, richtet sich bei Steuerbescheiden, derentwegen ein Rechtsstreit in der Revisionsinstanz anhängig ist, nach revisionsrechtlichen Grundsätzen. Ernstliche Zweifel können in einem solchen Fall nur dann bestehen, wenn auch unter Beachtung der nur noch beschränkten Prüfungsmöglichkeit des Revisionsgerichts ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte zu rechnen ist. Das bedeutet, daß beim vermutlichen Durcherkennen des BFH zu prüfen ist, wie das Revisionsverfahren wahrscheinlich ausgehen wird. Bei vermutlicher Zurückverweisung der Sache an das FG ist der wahrscheinliche Ausgang des Klageverfahrens entscheidend (BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1980 I S 1/80, BFHE 131, 455, BStBl II 1981, 99 unter 2. mit weiteren Nachweisen).
2. Bei summarischer Prüfung ist im Streitfall nicht ernstlich damit zu rechnen, daß die Klin. im Hauptverfahren letztlich obsiegen wird.
a) Soweit es um die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 1982 geht, ist nicht ernstlich damit zu rechnen, daß die Revision für begründet gehalten werden wird.
aa) Vermutlich werden die materiellen Rügen, insbesondere die der unrichtigen Anwendung der §§ 14 und 15 UStG 1980, nicht als durchschlagend angesehen werden. Es ist wahrscheinlich, daß der Senat in Beziehung auf das Streitjahr 1982 zu dem Ergebnis kommt, die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen entspräche nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Auch wenn sich der Senat zu der Ansicht bekennt, die gesetzlichen Anforderungen an die in eine Rechnung aufzunehmende Leistungsbeschreibung seien nicht dadurch geändert worden, daß an die Stelle von ,,. . . gesondert in Rechnung gestellte Steuer . . ." (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/1973) die Formulierung getreten ist ,,. . . die in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer . . ." (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980), so ist doch nach wie vor zu fordern, dem Abrechnungspapier müsse sich entnehmen lassen, daß bestimmte in Anspruch genommene Leistungen dem geltend gemachten Vorsteuerabzug zugrunde liegen. Erforderlich ist insoweit, daß das Abrechnungspapier Angaben tatsächlicher Art enthält, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet wird (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1986 V R 138/78, BFHE 146, 489, BStBl II 1986, 581, und vom 12. Juni 1986 V R 75/78, BFHE 146, 569, BStBl II 1986, 721).
Diesen Anforderungen genügen die das Streitjahr 1982 betreffenden Rechnungen nicht. Sie enthalten, was die Leistungsbeschreibung anbelangt, allenfalls Angaben von der Art, wie sie in der Rechnung vom 1. Februar 1982 angeführt sind, deren Inhalt das FG im angefochtenen Urteil beispielhaft wiedergegeben hat: nämlich die Angabe der . . .-stelle sowie den Hinweis darauf, daß die Arbeiten bereits erledigt und besichtigt worden seien. Hiermit lassen sich bestimmte, von der Klin. in Anspruch genommene Leistungen nicht identifizieren.
Nichts anderes gilt, soweit die Klin. im vorliegenden Verfahren - ohne nähere Erläuterungen - die Kopie der erwähnten Rechnung mit Ergänzungen vorgelegt hat. Die Ergänzungen sind offenbar nachträglich von der Klin. eingefügt worden, so daß sie, was den geltend gemachten Vorsteuerabzug anbelangt, ohne rechtliche Wirkung bleiben (vgl. BFH-Beschluß vom 17. April 1980 V S 18/79, BFHE 130, 348, BStBl II 1980, 540).
bb) Von den geltend gemachten Verfahrensrügen könnten für das Streitjahr 1982 allenfalls diejenigen Bedeutung haben, mit denen die Klin. geltend macht, das FG habe den Antrag abgelehnt, das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen, bis über ihren Billigkeitsantrag gemäß § 163 AO 1977 entschieden ist, sowie den Antrag, ihren Geschäftsleiter bei einem Ortstermin auf dem . . .-gelände als Zeugen zu vernehmen. Aber auch insoweit ist nicht mit einem Erfolg der Revision der Klin. zu rechnen.
Die Entscheidung über den Aussetzungsantrag i. S. des § 74 FGO ist eine Ermessensentscheidung. Bei der Ausübung des Ermessens ist zwar für den Fall, daß der Streitgegenstand des Verfahrens, das ausgesetzt werden soll, und der des Verfahrens, dessentwegen ausgesetzt werden soll, ein Verhältnis zueinander aufweisen, wie es zwischen Folgebescheid und Grundlagenbescheid gegeben ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 24. April 1979 VIII R 57/76, BFHE 128, 136, BStBl II 1979, 678), regelmäßig zweckmäßig und geboten, den Streit um die Rechtmäßigkeit des Folgebescheides auszusetzen, solange noch unklar ist, wie das Verfahren wegen des Grundlagenbescheides ausgehen wird. Dementsprechend könnte hiervon auch dann ausgegangen werden, wenn die Verfahrensaussetzung im Hinblick auf ein bei den Finanzbehörden anhängig gemachtes Verfahren gemäß § 163 AO 1977 begehrt wird, weil der Verwaltungsakt, der eine Billigkeitsmaßnahme zuläßt, im Verhältnis zum Steuerbescheid als Grundlagenbescheid angesehen werden kann (vgl. Tipke / Kruse, AO 12. Aufl., § 163 Rdnr. 7). Das FG hat jedoch nicht nur Ausführungen dazu gemacht, daß die Voraussetzungen des § 74 FGO nicht vorliegen, womit die Bedeutung der Vorschrift verkannt sein könnte, sondern sich auch - verneinend - zur Zweckmäßigkeit einer Aussetzung des Verfahrens geäußert. Angesichts der dabei angeführten Gründe ist nicht damit zu rechnen, daß der Senat zu dem Ergebnis kommen könnte, das FG habe durch die Ablehnung der Aussetzung des Verfahrens einen Verfahrensmangel herbeigeführt, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könnte.
Daß das FG nicht zunächst in einem besonderen Beschluß entschieden hat, das Verfahren werde nicht, wie beantragt, gemäß § 74 FGO ausgesetzt, sondern die betreffende Entscheidung im angefochtenen Urteil getroffen hat, läßt nicht erwarten, daß hierwegen die Revision Erfolg haben wird. Es ist vielmehr damit zu rechnen, daß sich der Senat die diesbezüglichen Erwägungen im BFH-Beschluß vom 13. Oktober 1967 VI B 43/67 (BFHE 90, 393, BStBl II 1968, 118) zu eigen machen wird.
Der Antrag der Klin., ihren Geschäftsleiter im Rahmen einer Ortsbesichtigung auf dem . . .-gelände als Zeugen zu vernehmen, hat das FG ablehnen dürfen. Von einer solchen Beweisaufnahme hat im Hinblick darauf abgesehen werden können, daß der unzureichende Belegnachweis zum Gegenstand der Leistung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980) durch eine solche Vernehmung nicht hätte vervollständigt werden können.
3. Soweit es um die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung für die Streitjahre 1976 bis 1981 geht, läßt sich zwar nicht ausschließen, daß die Revision der Klin. Erfolg haben wird. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß die Klin. letztlich auch im zweiten Rechtsgang unterliegen wird.
a) Eine die Begründetheit der Revision aussprechende Entscheidung läßt sich im Hinblick darauf erwarten, daß die Klin. rügt, das FG habe seine Ermittlungspflicht verletzt, indem es nicht den Inhalt der umstrittenen Rechnungen für die anderen Streitjahre festgestellt hat, sondern davon ausgegangen ist, insoweit werde kein wesentlich anderer Rechnungsinhalt als für das Jahr 1982 vorliegen. Das Vorbringen der Klin. im Revisionsverfahren, insbesondere ihre Vorlage von Rechnungskopien aus den Jahren 1976 und 1977, belegt jedoch, daß die vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Annahme offenbar unzutreffend ist, weil die Rechnungen für andere Jahre als das Jahr 1982 nicht nur zum Teil zeitliche Angaben über die Leistungsausführung enthalten, sondern auch Angaben über die ausgeführten Arbeiten. Daß für den Fall, es hätten Arbeitnehmerüberlassungen vorgelegen, nicht dies als Leistungsgegenstand angegeben ist, braucht dem Vorsteuerabzug nicht unbedingt entgegenzustehen. Es kann unter solchen Umständen nicht ausgeschlossen werden, daß den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 bzw. 1980 auch durch eine zureichende Beschreibung derjenigen Arbeiten genügt wird, mit denen die betreffenden Arbeitnehmer beim Leistungsempfänger beschäftigt worden sind.
Daß in Beziehung auf die unterlassenen Feststellungen des FG ein Verlust des Rügerechts der Klin. eingetreten sei, wird vermutlich vom Senat bei der Entscheidung über die Revision nicht angenommen werden. Gemäß § 155 FGO ist im finanzgerichtlichen Verfahren § 295 ZPO anzuwenden (BFH-Urteil vom 4. Oktober 1974 III R 127/73, BFHE 113, 470, BStBl II 1975, 302, mit weiteren Nachweisen), wonach die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden kann, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die aufgrund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein mußte.
Daß das FG dem Inhalt der die anderen Streitjahre als das Jahr 1982 betreffenden Rechnungen nicht nachgehen würde, hat die Klin. am Schluß der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 1985 nicht annehmen müssen. Hierauf brauchte die Klin. vor allem im Hinblick darauf nicht eingerichtet zu sein, daß der Berichterstatter des FG die Klin. noch mit Verfügung vom 24. April 1985 aufgefordert hatte, sich u. a. zu der Frage zu äußern, ob für die Streitjahre 1976 bis 1981 den bereits eingereichten Rechnungen für 1982 entsprechende Rechnungen vorlägen, und die Klin. sich hierzu - nach ihren Angaben: weil sie die Rechnungen erst bei den Finanzbehörden beschaffen mußte - noch nicht geäußert hatte. Bei dieser Prozeßlage lag es für die Klin. nicht nahe, daß das FG davon absehen würde, den Inhalt der die Jahre 1976 bis 1981 betreffenden Rechnungen festzustellen, gleichwohl aber die Klage mit der Begründung abweisen würde, der Rechnungsinhalt entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Nichts Gegenteiliges ergibt sich aufgrund des Vermerks im Protokoll der mündlichen Verhandlung darüber, daß die Sitzung geschlossen worden sei und daß das Gericht sich zur Beratung zurückgezogen habe; denn im Hinblick auf die eben dargestellte Prozeßlage konnte die Klin. bei ,,Sitzungsschluß" eher damit rechnen, daß das FG einen Beschluß über die beantragte Verfahrensaussetzung gemäß § 74 FGO oder einen Beweisbeschluß erlassen würde, als mit der Verkündung eines Endurteils.
b) Im Falle einer Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Hauptsache wird das FG in dem Umfange, in dem die in den Rechnungen enthaltenen Angaben zum Leistungsgegenstand als ausreichend angesehen werden könnten, zu prüfen haben, ob die von der Klin. in Anspruch genommenen Leistungen von einem Unternehmer erbracht worden sind, wofür die Klin. die objektive Beweislast trägt. Die Verweigerung des Vorsteuerabzuges infolge der Belastung mit den Nachteilen aus der Unerwiesenheit von Tatsachen kommt insbesondere in Betracht, wenn der den Vorsteuerabzug geltend machende Unternehmer Rechnungen einer Scheinfirma vorlegt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19. Oktober 1978 V R 39/75, BFHE 127, 71, BStBl II 1979, 345). Die in der zur Hauptsache ergangenen Vorentscheidung auf S. 7 und 10 bis 13 dargestellten Umstände, auf die das FG die Klageabweisung allerdings nicht gestützt hat, sind bei summarischer Prüfung nicht geeignet, Zweifel an der Existenz von Z, dem in den Abrechnungspapieren aufgetretenen Firmeninhaber, auszuräumen.
Soweit die Klin. geltend macht, die vom FA übernommene Berechnung der Vorsteuerkürzungen durch den Steuerfahndungsdienst sei für 1976 um . . . DM und für 1977 um . . . DM überhöht, reicht das derzeitige Vorbringen der Klin. nicht aus, um ernstlich in Betracht zu ziehen, daß die Klin. insoweit im zweiten Rechtsgang obsiegen würde.
Fundstellen