Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhaltliche Bestimmtheit von Steuerbescheiden
Leitsatz (NV)
Das Gebot inhaltlicher Bestimmtheit von Steuerbescheiden gebietet, dass der Regelungsgehalt aus dem Verwaltungsakt eindeutig und exakt entnommen werden kann.
Normenkette
AO 1977 §§ 110, 119, 126 Abs. 3 S. 1, § 157; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 18.02.2005; Aktenzeichen 16 K 440/03) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 FGO.
1. Der Kläger hat nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO genügt nicht die vom Kläger vorgenommene Beschreibung des Rechtsstoffes, der den Rahmen für die Entscheidung der Streitsache bildet. Den Ausführungen des Beschwerdeführers müsste vielmehr zu entnehmen sein, dass, in welchem Umfang und aus welchen Gründen eine Rechtsfrage umstritten ist und worin die Bedeutung einer Entscheidung zu dieser Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) für die Fortentwicklung des Rechts im Hinblick auf die Rechtsprechung --insbesondere des BFH-- oder auf gewichtige Auffassungen in der Literatur zu sehen sein könnte. Hierzu äußert sich der Kläger jedoch nicht.
Im Übrigen ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, welche Anforderungen an die Klarheit und Genauigkeit eines Steuerbescheides einschließlich seiner Erläuterungen zu stellen sind, durch die Rechtsprechung grundsätzlich geklärt. Das Gebot inhaltlicher Bestimmtheit von Steuerbescheiden (§ 119, § 157 der Abgabenordnung --AO 1977--) gebietet, dass der Regelungsinhalt aus dem Verwaltungsakt eindeutig und exakt entnommen werden kann. Das Erfordernis inhaltlicher Bestimmtheit des Steuerbescheids soll u.a. sicherstellen, dass für den Betroffenen erkennbar ist, welcher Sachverhalt besteuert wird und damit das Entstehen der Steuerschuld, ggf. das Eingreifen von Steuerbefreiungen und -vergünstigungen sowie der Verjährung ohne weiteres festzustellen sind (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1986 II R 62/84, BFH/NV 1987, 738, m.w.N.). Welche Anforderungen in dieser Hinsicht an den jeweiligen Steuerbescheid zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (so BFH-Urteil vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140). Dies hat zum einen zur Folge, dass die an die Bestimmtheit von Steuerbescheiden (oder bestimmter Arten von Steuerbescheiden) im Einzelnen und konkret zu stellenden Anforderungen regelmäßig nicht allgemein festgestellt werden können. Zum anderen führt diese Einzelfallbezogenheit dazu, dass Rechtsfragen in diesem Zusammenhang nur selten über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben werden. Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist jedenfalls nicht als im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Rechtsfrage anzusehen (vgl. BFH-Beschluss vom 5. November 1992 II B 19/92, BFH/NV 1993, 623). Es ist nicht möglich, allgemeine Grundsätze aufzustellen, die die Frage nach dem Bestimmtheitserfordernis eines Verwaltungsaktes für eine Sachverhaltskonstellation der hier vorliegenden Art generell und abstrakt nach allgemeinen, für alle Steuerbescheide gleichermaßen geltenden Kriterien beantwortet.
Im Übrigen wäre die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage auch nicht klärungsfähig, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 AO 1977). Dennoch könnte --worauf das Finanzgericht (FG) zutreffend hingewiesen hat-- im Streitfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO 1977 nicht gewährt werden, weil im Zeitpunkt der Einspruchserhebung durch den Kläger die Jahresfrist nach § 110 Abs. 3 AO 1977 bereits abgelaufen war.
2. Die Beschwerdebegründung des Klägers erschöpft sich im Kern --nach Art einer Revisionsbegründung-- in Ausführungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 24 und § 116 Rz. 34, jeweils m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1445673 |
BFH/NV 2005, 2157 |