Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt es an einem ziffernmäßigen Antrag, so ist aus dem Vorbringen des Steuerpflichtigen zu schließen, was begehrt wird.
2. Wenn beide Parteien etwa in gleichem Maße unterlegen sind und für einen hinzugezogenen Bevollmächtigten außergerichtliche Kosten entstanden sind, wird in der Regel eine gegenseitige Kostenaufhebung nicht gerechtfertigt sein, sondern eine bruchteilmäßige Kostenteilung je zur Hälfte in Frage kommen.
Normenkette
FGO § 140 Abs. 3, § 136 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer sind Eigentümer eines in X gelegenen Grundstücks. Streitig war der Einheitswert des als ein Einfamilienhaus bewerteten Grundstücks zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1964. Das FA hatte zunächst einen Einheitswert von 202 200 DM festgestellt. Dieser Wert beruhte auf einem geschätzten Bodenpreis von 10 DM je qm (20 229 qm). Im Einspruchsverfahren machten die Kläger im wesentlichen geltend, das FA habe für seine Schätzung nicht geeignete Vergleichsobjekte herangezogen. In einem Schriftsatz regten sie an, einen qm-Preis von 4,50 DM festzusetzen. Mit der Einbeziehung eines bisher selbständig bewerteten Flurstücks von 814 qm zu der wirtschaftlichen Einheit des Streitgrundstücks erklärten sie sich einverstanden. Das FA setzte durch Einspruchsentscheidung einen Einheitswert von 210 400 DM fest (21 043 qm x 10 DM).
Im Klageverfahren erstrebten die Kläger die Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Einheitswertbescheids zum 1. Januar 1964. In der Klageschrift nahmen sie ausdrücklich auf ihre Einspruchsbegründung Bezug und machten geltend, es könnte beispielsweise ein anderer Prozentsatz des Werts der Vergleichsobjekte eingesetzt werden, beispielsweise 25 % statt 50 %. Sie hielten einen Abschlag von weit über 50 % des Wertes der Vergleichsobjekte für angemessen.
Die Klage erledigte sich dadurch, daß das FA den angefochtenen Einheitswertbescheid gemäß § 94 Abs. 3 AO mit Zustimmung der Kläger auf 147 300 DM berichtigte. Dem geänderten Bescheid liegt ein qm-Preis des Grund und Bodens von 7 DM zugrunde. Die Beteiligten erklärten übereinstimmend die Erledigung des Verfahrens im finanzgerichtlichen Prozeß. Das FG erklärte daraufhin durch Beschluß den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und hob gleichzeitig die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf.
Mit der Beschwerde wenden sich die Kläger dagegen, daß ihnen die Hälfte der Kosten auferlegt worden ist. Sie machen vor allem geltend, sie hätten lediglich eine Aufhebung des angefochtenen Einheitswertbescheids beantragt und ihrem Antrag habe das FA aufgrund ihrer Klage stattgegeben. Gerade ihr Einverständnis zu dem neuen Wert von 7 DM je qm beweise, daß sie keinen niedrigeren Wert erstrebt hätten.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist zum Teil begründet.
Die nach Erledigung der Hauptsache zu treffende Kostenentscheidung ergibt sich aus § 138 FGO. Durch die übereinstimmende Erklärung der Beteiligten, die Hauptsache sei erledigt, konnte das FG nur noch über die Kosten entscheiden. Gemäß § 138 Abs. 1 FGO ist die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Nach § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO sind die Kosten dem FA aufzuerlegen, soweit sich der Rechtsstreit dadurch erledigt hat, daß einem Antrag der Kläger durch Änderung des angefochtenen Einheitswertbescheids stattgegeben worden ist. Die Kostenregelung in § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO kann folglich nicht in allen Fällen Platz greifen, in denen ein angefochtener Verwaltungsakt zugunsten eines Klägers aufgehoben oder geändert wird, sondern nur dann, wenn seinem Antrag in vollem Umfange stattgegeben worden ist. Diese Auslegung trägt dem Grundgedanken des Kostenrechts Rechnung, nach dem den Beteiligten die Kosten in dem Maße zur Last fallen, wie sie im Falle einer Sachentscheidung unterlegen gewesen wären (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Nach dem Beschluß des BFH VI B 47/67 vom 25. April 1968 (BFH 92, 469, BStBl II 1968, 608) entspricht es in der Regel billigem Ermessen, wenn der oder die Kläger insoweit die Kosten tragen, als durch den geänderten Bescheid dem Klagebegehren nicht entsprochen wurde. "Antrag des Steuerpflichtigen" im Sinne des § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO ist der im Rechtsmittelverfahren gestellte Antrag.
Die Kläger sind im Ergebnis in etwa zur Hälfte unterlegen, so daß gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO entweder die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen sind. Das ursprüngliche Klagebegehren ging weiter als die mit der Erledigungserklärung erfolgte Einschränkung auf 7 DM je qm. Da die Kläger keinen ziffernmäßig bestimmten Antrag gestellt haben, der ohne weitere Auslegung den Streitgegenstand und den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung begrenzt hätte, mußte aus ihrem Vorbringen geschlossen werden, welches Ziel sie mit der Klage erreichen wollten. Ihre Darlegungen können nur so verstanden werden, daß sie nicht die ersatzlose Aufhebung des Einheitswertbescheids über die Hauptfeststellung 1964, sondern lediglich eine erhebliche Minderung des vom FA auf 10 DM je qm geschätzten Bodenwerts begehrten. Zwischen den Beteiligten bestand ursprünglich ein erheblicher Unterschied in den Wertvorstellungen der strittigen Bewertungseinheit. Die Kläger begehrten einen Wert von etwa 4,50 DM je qm, während das FA von einer Schätzung von 10 DM je qm ausging. Der nunmehr festgestellte Wert von 7 DM je qm, der etwa einen Mittelwert zwischen den unterschiedlichen Wertvorstellungen darstellt, spricht für ein beiderseitiges Nachgeben. Noch in der Klageschrift haben die Kläger unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in der Einspruchsbegründung die Auffassung vertreten, eine Bewertung mit 25 % anstatt mit 50 % im Verhältnis zu den Vergleichsobjekten sei angemessen.
Das spätere Einverständnis zur Feststellung eines Werts von 7 DM je qm beweist nicht, wie die Kläger meinen, daß sie im Klageverfahren ursprünglich keinen niedrigeren Wert begehrt hätten. Die Kläger müssen gegen sich gelten lassen, daß sie vorher nach ihrem Sachvortrag einen niedrigeren Wert mit der Klage erreichen wollten. Die mit der Erledigung erfolgte Einschränkung des Klagebegehrens konnte auf die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten keinen Einfluß haben.
Die Vorentscheidung hat die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Sie führt dazu, daß jedem Teil die Gerichtskosten zur Hälfte zur Last fallen und daß jeder Teil die eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat (§ 136 Abs. 1 Satz 2 FGO). Der Senat sieht in diesem Ergebnis für die Kläger eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung, da nur ihnen durch die Zuziehung eines Bevollmächtigten - auch wenn dieser gleichzeitig in eigener Sache tätig geworden ist - erstattungsfähige außergerichtliche Aufwendungen entstanden sind (§ 139 Abs. 1, 2. Halbsatz FGO). Aus diesem Grund erscheint es dem Senat angezeigt, die Kostenentscheidung des FG zu ändern. Entsprechend dem Maß des Unterliegens sind die Kosten den Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen. Die Kläger haben danach die Hälfte der Gebühren und Auslagen des Gerichts und die Hälfte der Einspruchsgebühren zu tragen, während das FA die Hälfte der den Klägern entstandenen erstattungsfähigen Aufwendungen übernehmen muß.
Fundstellen
Haufe-Index 69618 |
BStBl II 1972, 89 |
BFHE 1972, 303 |