Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes
Leitsatz (NV)
1. Auch wenn landwirtschaftliche Flächen vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung verpachtet worden sind, setzt eine Betriebsaufgabe wegen der möglichen stillen Reserven in den Hofgebäuden voraus, daß die Aufgabe des Betriebs unmißverständlich erklärt worden ist.
2. Im Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides kann nicht geklärt werden, ob das FA den Steuerpflichtigen im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen vom 29. Februar 1972 (BStBl I 1972, 102) aus Billigkeitsgründen so stellen muß, als habe er durch die Erfassung der Pachteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Aufgabe des Betriebs erklärt.
Normenkette
EStG §§ 14, 16
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) entsprechend den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt haben. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344).
Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die von den Klägern aufgeworfene Frage ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt. Der erkennende Senat hat in dem vom Finanzgericht (FG) herangezogenen Urteil vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86 (BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260) entschieden, daß eine Zerschlagung des Betriebs respektive Zwangsaufgabe nicht vorliegt, wenn der Landwirt die Selbstbewirtschaftung der eigenen Nutzflächen aufgibt und sie an andere Landwirte verpachtet, das lebende und tote Inventar verkauft, aber die Hofgebäude für andere Zwecke genutzt werden. Der Betrieb besteht dann als sog. Verpachtungsbetrieb fort mit der Folge, daß alle Wirtschaftsgüter einschließlich der verpachteten Betriebsvermögen bleiben (Senatsurteil vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303). Da die Möglichkeit besteht, daß der Betrieb, sei es durch den bisherigen Inhaber, sei es durch einen Rechtsnachfolger wieder selbst bewirtschaftet wird, kann die Absicht der dauernden Betriebseinstellung nur bei einer unmißverständlichen Erklärung des Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt angenommen werden (Senatsurteile vom 28. November 1991 IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, und vom 23. November 1995 IV R 36/94, BFH/NV 1996, 398 sowie Beschluß vom 14. November 1990 IV B 129/90, BFH/NV 1991, 591). Von einer Betriebsfortführung ist auch dann auszugehen, wenn der Landwirt nach Verpachtung eines größeren Teils der landwirtschaftlichen Nutzflächen die restlichen Flächen noch selbst bewirtschaftet und seinen Betrieb so mit wesentlich verringerter Selbstbewirtschaftung weiterführt (Senatsbeschluß in BFH/NV 1991, 591; vgl. Senatsurteile vom 24. Juli 1986 IV R 137/84, BFHE 147, 352, BStBl II 1986, 808; in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, und vom 5. Dezember 1996 IV R 65/95, BFH/NV 1997, 225). In letzterem Fall geht sogar eine Aufgabeerklärung ins Leere (Senatsurteil vom 13. Februar 1997 IV R 57/96, BFH/NV 1997, 649). In solchen Fällen übernimmt der Erbe oder Übernehmer entweder einen sog. Verpachtungsbetrieb oder einen Betrieb mit einer kleineren selbst bewirtschafteten Fläche. Ein solcher Betrieb kann jederzeit durch den Inhaber, also auch den Rechtsnachfolger aufgegeben werden (z.B. Senatsurteile in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, und in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521).
Grundsätzlich ist die Aufgabeerklärung nicht an eine bestimmte Form gebunden. Nach der Rechtsprechung des BFH reicht es für eine konkludente Aufgabeerklärung jedoch nicht aus, wenn der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung die aus dem verpachteten Betrieb erzielten Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung deklariert (z.B. Senatsurteile in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, m.w.N., und vom 23. Februar 1989 IV R 63/87, BFH/NV 1990, 219 sowie BFH-Urteil vom 22. April 1988 III R 104/85, BFH/NV 1989, 18). Nach der Auffassung des Senats muß eine solche Erklärung nämlich erkennbar von dem Bewußtsein getragen sein, daß infolge der Aufgabeerklärung die stillen Reserven versteuert werden (Senatsurteil vom 23. November 1995 IV R 36/94, BFH/NV 1996, 398).
Durch die Rechtsprechung des BFH ist ebenfalls geklärt, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb bei einer ständigen Verkleinerung der bewirtschafteten Fläche nicht allein deshalb zerschlagen wird, weil eine ertragreiche Bewirtschaftung der -- hier vom FG angenommenen -- Restfläche (3 800 qm) nicht mehr möglich ist (BFH- Urteile vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381; vom 12. November 1992 IV R 41/91, BFHE 170, 311, BStBl II 1993, 430; in BFH/NV 1996, 398, und in BFH/NV 1997, 649).
Schließlich ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt, daß der Steuerpflichtige wie bei einer Entnahme (BFH-Urteil vom 20. März 1987 III R 172/82, BFHE 149, 536, BStBl II 1987, 679) die sog. objektive Beweislast für seine Behauptung trägt, durch die Verpachtung der bisher selbstbewirtschafteten Flächen sei der Betrieb aufgegeben worden (BFH-Urteile vom 2. März 1995 IV R 52/94, BFH/NV 1996, 110, und in BFH/NV 1997, 649). Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache schließlich nicht etwa deshalb, weil die landwirtschaftlichen Flächen vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung verpachtet worden sein sollen. Der erkennende Senat hat bereits wiederholt solche Fälle entschieden. Er hat dabei ausgeführt, daß auch in diesen Fällen die Aufgabe des Betriebs hätte unmißverständlich erklärt werden müssen (z.B. BFH- Urteile vom 23. November 1995 IV R 36/94, BFH/NV 1996, 398; vom 7. Dezember 1995 IV R 109/94, BFH/NV 1996, 663; vgl. zur Auslegung einer Entnahmeerklärung unter Berücksichtigung bestehender Verwaltungsanweisungen Senatsurteil vom 15. Mai 1997 IV R 46/96, BFH/NV 1997, 850). Allerdings wären bei Annahme einer ausdrücklichen Erklärung der Eltern des Klägers anläßlich der Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen die Gewinne aus dem Grund und Boden gemäß §4 Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes a.F. unversteuert geblieben. Doch hätten die Gewinne aus der Entnahme der im Betriebsvermögen befindlichen Hofgebäude erfaßt werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1981 IV R 101/77, BFHE 134, 110, BStBl II 1982, 20, und in BFH/NV 1996, 110). Das lassen die Kläger bei ihrer Ansicht offenbar außer acht.
Der erkennende Senat weist jedoch darauf hin, daß in dem beabsichtigten Revisionsverfahren nicht hätte geklärt werden können, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) die Kläger im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen vom 29. Februar 1972 (BStBl I 1972, 102, 104, unter Nr. 6) so stellen müßte, als wäre durch die Erfassung der Einnahmen aus der Verpachtung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Einkommensteuerbescheid 1969 die Aufgabe des Betriebs erklärt worden (vgl. Senatsurteil vom 23. Februar 1989 IV R 63/87, BFH/NV 1990, 219).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 67421 |
BFH/NV 1998, 1345 |
BBK 1998, 1163 |