Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Steuersatzes: Begriff der Teilleistung
Leitsatz (NV)
1. Teilleistungen liegen nur dann vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird.
2. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn (faktisch) Teilabnahmen erfolgen, ohne dass die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung geändert wird.
Normenkette
UStG 1993 § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Organträgerin einer GmbH. Sie berechnete die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten.
Streitig ist, ob die GmbH hinsichtlich drei verschiedener Baumaßnahmen bis zum 31. März 1998 Teilleistungen erbracht hat, die noch mit dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden allgemeinen Steuersatz von 15 v.H. der Bemessungsgrundlage nach § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) abgerechnet werden konnten.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) verneinte im Anschluss an eine Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 6. Juni 2002) im Umsatzsteuerbescheid für 1998 (Streitjahr) vom 23. August 2002 die von der Klägerin angenommenen und von ihr mit 15 v.H der Bemessungsgrundlage versteuerten Teilleistungen und erhöhte insoweit ausgehend von einem Steuersatz von 16 v.H. der Bemessungsgrundlage die Umsatzsteuer um 48 027 DM.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte nach Beweisaufnahme u.a. aus, Teilleistungen hätten nicht vorgelegen. Diese setzten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG voraus, dass für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart werde. In den den einzelnen Baumaßnahmen zugrunde liegenden Aufträgen seien keine gesonderten Entgelte für Teilleistungen, sondern jeweils ein Gesamtentgelt vereinbart worden. Diese ursprünglichen Verträge seien nicht geändert worden. An den einzelnen Teilabnahmen hätten jeweils auf Seiten der Auftraggeber Personen teilgenommen, die nicht befugt gewesen seien, die Verträge zu ändern. Zudem sei bei einer Baumaßnahme der zum 31. März 1998 abgerechnete Teil nicht funktionsfähig gewesen. Bei den beiden übrigen Baumaßnahmen sei ausschließlich wegen der Erhöhung des Umsatzssteuersatzes eine Teilabrechnung erfolgt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Die Klägerin hat nicht ausgeführt, auf welchen Revisionszulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO sie ihre Beschwerde stützt. Der Senat geht davon aus, dass sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend machen will und/oder eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO erstrebt. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Januar 2003 X B 23/02, BFH/NV 2003, 504, m.w.N.).
b) Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich im Wesentlichen darin, dass die Klägerin im Stile einer Revisionsbegründung --unter eigenständiger Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme-- die Rechtswidrigkeit der Vorentscheidung behauptet. Das reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 2002 VII B 110/02, BFH/NV 2003, 659, m.w.N.; vom 8. Dezember 2003 V B 267/02, juris).
c) Überdies ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, "ob die Vereinbarung von Teilabnahmen und damit der Ablieferung von Teilleistungen lediglich auf der schriftlichen Vertragsgrundlage eines (Gesamt-)Vertrages vereinbart sein kann, oder ob diese auch ansonsten bei Üblichkeit dieser Teilabnahmen in einer Branche als vereinbart angesehen werden kann", weder klärungsbedürftig noch in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar.
Aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG ergibt sich, dass Teilleistungen (nur) dann vorliegen, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 1994 V R 59/92, BFH/NV 1995, 367, unter II. 2.). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn (faktisch) Teilabnahmen erfolgen, ohne dass die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung geändert wird. Dies bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.
Dementsprechend geht auch die Finanzverwaltung davon aus, dass eine vor dem 1. April 1998 erbrachte Teilleistung u.a. nur dann anerkannt werden kann, wenn vor diesem Zeitpunkt vereinbart worden ist, dass für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind; sind für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung zunächst keine Teilentgelte gesondert vereinbart worden, so muss die vertragliche Vereinbarung vor dem 1. April 1998 geändert werden (vgl. Tz. 26 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 177, 181).
Überdies hat das FG nicht festgestellt, dass Teilabnahmen in der Branche, in der die GmbH tätig war, üblich sind. Der Senat könnte deshalb in einem Revisionsverfahren von einer derartigen Üblichkeit nicht ausgehen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
d) Aus denselben Gründen kann die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO) zugelassen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1534867 |
BFH/NV 2006, 1530 |