Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels wegen Nichtaussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO
Leitsatz (NV)
Da die Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit gemäß § 74 FGO im Ermessen des Gerichts steht, muss der Beschwerdeführer, will er einen diesbezüglichen Verfahrensverstoß des Gerichts rügen, insbesondere dartun, weshalb die besonderen Umstände seines Falles ausnahmsweise das FG zu einer Aussetzung des Verfahrens hätten veranlassen müssen, mithin das dem FG in § 74 FGO eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll.
Normenkette
FGO §§ 74, 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 27.03.2009; Aktenzeichen 15 K 1133/08 E) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben den gerügten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gerügt. Die Rechtssache macht auch nicht eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich.
1. Die Revision ist nicht --was die Kläger in erster Linie geltend machen-- wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Mit ihrem Vortrag, das Finanzgericht (FG) hätte das Verfahren nach § 74 FGO aussetzen und dem Kläger Gelegenheit geben müssen, in einem eigenen Rechtsmittel gegen die Einspruchsentscheidung im Grundlagenverfahren deren Fehlerhaftigkeit darzulegen, haben sie einen Verfahrensmangel nicht schlüssig gerügt.
Schlüssig ist die Darlegung eines Verfahrensmangels, wenn die vorgetragenen Tatsachen --ihre Richtigkeit unterstellt-- ausgehend von der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts den behaupteten Verfahrensmangel ergeben. Bei einem als Verfahrensmangel gerügten Verstoß gegen § 74 FGO ist zu berücksichtigen, dass nach dieser Vorschrift die Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit im Ermessen des FG steht. Daher muss vom Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge dargetan werden, aufgrund welcher konkreten Umstände seines Falls das dem FG hierfür eingeräumte Ermessen ausnahmsweise "auf Null reduziert" und die Aussetzung des Verfahrens also aufgrund der besonderen Umstände des Falls die einzig richtige Entscheidung gewesen sein soll (z.B. BFH-Beschluss vom 5. März 2003 VII B 381/02, BFH/NV 2003, 931). Dieser Darlegungspflicht genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger haben lediglich sinngemäß vorgetragen, das FG hätte aussetzen müssen und damit konkludent eine Reduzierung des Ermessens des FG gemäß § 74 FGO auf Null behauptet, ohne jedoch konkrete tatsächliche Umstände ihres Einzelfalls darzulegen, die diese rechtliche Annahme stützen könnten.
2. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung u.a. zuzulassen, wenn das Urteil des FG willkürlich oder unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16. Juni 2009 V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678). Ein solcher gravierender Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, der deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen, ist im Streitfall nicht erkennbar. Die nach Ansicht der Kläger willkürliche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen im Grundlagenbescheid erfüllt diese Voraussetzungen im Verfahren gegen den Folgebescheid jedenfalls nicht.
Fundstellen