Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe geklärt; Divergenz setzt gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt voraus; keine Verletzung des rechtlichen Gehörs bei Durchführung der mündlichen Verhandlung trotz Ausbleiben des geladenen Bevollmächtigten, der weder sein Erscheinen noch die Möglichkeit einer Verzögerung angekündigt hat
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3, § 96 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist unbegründet.
1. Die Entscheidung des Streitfalls erfordert nicht die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Denn es ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt, dass eine Betriebsaufgabe voraussetzt, dass der Gewerbetreibende zweifelsfrei und unmissverständlich eine dahin gehende Erklärung abgeben muss, wenn die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter es ermöglichen, den Betrieb jederzeit wieder aufzunehmen (Urteile vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276; vom 26. Februar 1997 X R 31/95, BFHE 183, 65, BStBl II 1997, 561; vom 11. Februar 1999 III R 112/96, BFH/NV 1999, 1198). Es ist auch entschieden, dass die gewerblich genutzten Räume den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden können, der dem Handelsgeschäft das Gepräge gegeben hat (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1198). Ein weiterer abstrakter Klärungsbedarf ist nicht erkennbar.
2. Das Finanzgericht (FG) ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht von Entscheidungen des BFH abgewichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die angeblichen Divergenzentscheidungen beziehen sich auf andere Sachverhalte. Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt aber einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt voraus (BFH-Beschluss vom 11. Dezember 1992 III B 28/91, BFH/NV 1993, 610; Urteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, unter II. 3. a).
3. Die Kläger sehen ihr Recht auf Gehör (vgl. § 96 Abs. 2 FGO und Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) zu Unrecht dadurch als verletzt an, dass die mündliche Verhandlung, zu der ihr Prozessbevollmächtigter geladen worden war, in dessen Abwesenheit durchgeführt und ein klageabweisendes Urteil erlassen worden ist. Dem Recht der Parteien auf Anhörung wird dadurch genügt, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, die Parteien dazu ordnungsgemäß geladen werden, die Verhandlung zu dem anberaumten Termin eröffnet und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 1997 VII B 69/97, BFH/NV 1998, 63; die Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluss wurde gemäß Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Dezember 1997 1 BvR 1882/97 nicht zur Entscheidung angenommen). Erscheint ein Beteiligter nicht pünktlich, so liegt es grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden, ob er die mündliche Verhandlung eröffnet oder gleichwohl noch eine gewisse Zeit abwartet. Für den Fall, dass ein Beteiligter sein Erscheinen oder die Möglichkeit einer geringfügigen Verspätung angekündigt hat, kann er nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen damit rechnen, dass eine gewisse Zeit gewartet und die Verhandlung z.B. nicht bereits zehn Minuten nach dem anberaumten Termin eröffnet wird (BFH-Beschluss vom 24. August 1992 X B 19/92, BFH/NV 1993, 46; BFH-Urteile vom 25. September 1990 IX R 207/87, BFH/NV 1991, 397; vom 30. Januar 1986 IV R 22/84, BFH/NV 1987, 649). Hat der zur mündlichen Verhandlung geladene Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten dagegen ―wie im Streitfall― sein Erscheinen oder eine mögliche Verspätung nicht vorher angekündigt, so kann er in der Regel nicht erwarten, dass das Gericht, das keine Anhaltspunkte dafür hat, ob und wann der Prozessbevollmächtigte erscheinen wird, von einer pünktlichen Eröffnung der mündlichen Verhandlung absieht und möglicherweise vergeblich auf ihn wartet, zumal sich dann auch die nachfolgenden Termine verschieben und die Beteiligten dieser Verfahren unnötig Zeit verlieren würden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 63, 64). Im Übrigen hat das FG im Streitfall ausweislich des Protokolls über die Sitzung vom 12. Juli 2000 sein die Klage abweisendes Urteil auch erst um 10.00 Uhr, also 30 Minuten nach der auf 9.30 Uhr anberaumten mündlichen Verhandlung, verkündet.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 558139 |
AO-StB 2001, 37 |