Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erweiterte Gewerbeertragskürzung für Grundstücksverwaltungs-GmbH i.L. nach Veräußerung des letzten Grundstücks
Leitsatz (NV)
Einer Grundstücksverwaltungs-GmbH i.L. steht nach Veräußerung ihres letzten Grundstücks auch dann keine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu, wenn sie fortan ausschließlich das durch den Verkauf angefallene Kapitalvermögen verwaltet und nutzt, weil der Erlös wegen des Sperrjahres gemäß § 73 Abs. 1 GmbHG nicht ausgeschüttet werden darf. Es fehlt die erforderliche "ausschließliche" Verwaltung oder Nutzung von Grundbesitz. Dies ist nach der Gesetzeslage klar und zweifelsfrei und damit nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 12. Juni 1999 I B 5/99, BFH/NV 2000, 79).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 9 Nr. 1 S. 1; GmbHG § 73 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) herausgestellten Rechtsfrage liegt nicht vor.
a) Der Gesetzeswortlaut in § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist insoweit eindeutig und zweifelsfrei, als dieser die "ausschließliche" Verwaltung oder Nutzung von Grundbesitz verlangt. Wie der erkennende Senat bereits durch Urteil vom 20. Januar 1982 I R 201/78 (BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477) und auch ―in einem Parallelfall zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt― im Beschluss vom 12. Juli 1999 I B 5/99 (BFH/NV 2000, 79) entschieden hat, kann von einer derartigen "ausschließlichen" Nutzung keine Rede (mehr) sein, wenn ein in Auflösung befindliches Grundstücksverwaltungsunternehmen sein einziges oder letztes verbliebenes Grundstück veräußert, seine bisherige, begünstigte Tätigkeit damit aufgibt und diese durch eine andere, an sich nicht begünstigte Tätigkeit ersetzt. So verhält es sich aber auch dann, wenn fortan ausschließlich das durch den Verkauf angefallene Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird. Darauf, aus welchen Gründen dies geschieht, kommt es nach der Gesetzeslage ebensowenig an, wie darauf, dass dieses Kapitalvermögen sich allein aus dem Verkaufserlös für den veräußerten Grundbesitz zusammensetzt. Maßgeblich für die Frage der ausschließlichen Betätigung des Grundstücksunternehmens ist dessen tatsächliches Verhalten.
Folglich ist es auch unbeachtlich, ob die Verwaltung und Nutzung des Kapitalvermögens allein deswegen erfolgt, um das Sperrjahr gemäß § 73 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) abzuwarten. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt ersichtlich von der teilweise in der Literatur diskutierten Konstellation, dass eine grundstücksverwaltende GmbH liquidiert und im Rahmen dessen der gesamte Grundbesitz unter Auskehrung des Erlöses veräußert wird (vgl. Neyer, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1991, 537; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz. 23; Gosch in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 9 GewStG Rz. 74, 76). Dass dadurch Kapitalgesellschaften im Ergebnis anders als Personengesellschaften oder natürliche Personen, die der Regelung in § 73 Abs. 1 GmbHG nicht unterfallen, behandelt werden, ändert daran nichts. Auch wenn es dem ursprünglichen Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entspricht, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vergleichbar tätigen Personengesellschaften gleichzustellen, so erzwingt dies dennoch keine uneingeschränkte Gleichbehandlung, vielmehr nur eine solche, die spezifisch darauf beruht, dass entsprechende Gewinne bei Personengesellschaften nicht mit Gewerbesteuer belastet sind (vgl. auch das von der Klägerin herangezogene Senatsurteil vom 29. April 1987 I R 10/86, BFHE 150, 59, BStBl II 1987, 603). Davon kann vorliegend jedoch keine Rede sein.
Insofern bleibt es dabei, dass der Begriff "ausschließlich" in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG umfassend, also gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich, zu verstehen ist. Ob und gegebenenfalls inwiefern in anderen steuerlichen Regelungszusammenhängen hiervon Abweichendes geboten sein mag (vgl. dazu auch Autenrieth, Neue Wirtschafts-Briefe, Blickpunkt Steuern 4/99, 4 f.), bedarf insofern keiner weiteren Erörterung.
b) Abgesehen davon, dass die bloße Anhängigkeit einer Parallelsache eine Rechtsfrage nicht grundsätzlich bedeutsam sein läßt, ist es auch unbeachtlich, in welcher Weise der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem Revisionsverfahren VIII R 38/98 entscheiden wird, in dem es um die Einbeziehung bestimmter Kapitalerträge in den erweiterten Kürzungsumfang geht. Diese Frage stellt sich vorliegend nicht.
c) Und schließlich muss unbeachtet bleiben, ob der Gesetzgeber die im Streitfall zu beurteilende Situation bei der Abfassung des Gesetzes gesehen hat. Ausschlaggebend ist, dass er sie geregelt hat, ohne dass eine anderweitige Regelung aus den Normzusammenhängen zwingend wäre.
2. Die Klägerin hat auch Unrecht darin, die Vorinstanz sei von einschlägigen Entscheidungen des BFH abgewichen, so dass die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO gerechtfertigt wäre.
Dies betrifft zunächst das Senatsurteil in BFHE 150, 59, BStBl II 1987, 603. In diesem Urteil hat der Senat darauf erkannt, dass auch der Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks zu dem Gewerbeertrag zählt, der auf die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks entfällt. In diesem Zusammenhang ist jedoch keine Aussage darüber gefällt worden, ob den Anforderungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann genügt ist, wenn das Grundstücksunternehmen nach Veräußerung seines letzten Grundstücks sich auf die Verwaltung von Kapitalvermögen beschränkt. Dies ist eine ganz andere Frage, die seinerzeit nicht zur Entscheidung stand. Folglich konnte die Vorinstanz hiervon auch nicht abweichen.
Das angefochtene Urteil divergiert auch nicht von den BFH-Urteilen vom 7. April 1967 VI 294/65 (BFHE 89, 130, BStBl III 1967, 559) und vom 23. Juli 1969 I R 134/66 (BFHE 96, 403, BStBl II 1969, 664). Diese beiden Urteile sind ―vor dem Hintergrund der seinerzeitigen Gesetzesfassung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG― zu der Frage ergangen, in welcher Weise und in welchem Umfang neben der eigentlichen Grundstücksnutzung und -verwaltung gesetzlich ausdrücklich erlaubte oder auch im Gesetz selbst nicht erwähnte, jedoch wirtschaftlich sinnvolle (Neben-)Tätigkeiten kürzungsschädlich sein können. Auch darum geht es im Streitfall, in dem die Klägerin die von ihr betriebene Grundstücksnutzung und -verwaltung aufgegeben hatte, aber gerade nicht. Die Klägerin verkennt, dass sie das ihr verbliebene Kapital nicht "neben" einer Grundstücksverwaltung, vielmehr an deren Stelle nutzt.
Soweit sie sich schließlich auf den dem Grundgesetz entlehnten "Grundsatz der Proportionalität" und in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98 (BFH/NV 2000, 130, DStR 1999, 1688) beruft, ist dies außerhalb der Begründungsfrist des § 115 Abs. 3 FGO erfolgt. Abgesehen davon ist ein Bezug dieser Entscheidung zum Streitfall nicht erkennbar.
Im Übrigen ergeht dieser Beschluss gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 508897 |
BFH/NV 2000, 1497 |