Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachaufklärungspflicht: Teilwertabschreibung des erworbenen Geschäftswerts
Leitsatz (NV)
Das FG ist nicht verpflichtet, von Amts wegen der Frage nachzugehen, ob sich infolge des Umbaus einer Spielhalle deren bisheriger Kundenstamm verflüchtigt hat, wenn der Umsatz des Jahres nach dem Umbau annähernd doppelt so hoch ist wie der des Jahres vor dem Umbau.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2
Tatbestand
Geschäftsgegenstand der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), ist der Betrieb und die Aufstellung von Unterhaltungs- und Geldspielautomaten sowie der Betrieb und die Verpachtung von Bierstuben. Am 1. Januar 1993 erwarb die Klägerin eine Spielhalle zum Preis von 250 000 DM. Darin war eine Entgelt für den Geschäftswert in Höhe von 200 000 DM brutto (netto: 173 913,04 DM) enthalten. Die Klägerin schrieb den Geschäftswert jährlich mit 11 592 DM (1/15) ab. Zum 31. Dezember 1997 betrug er noch 115 953 DM. Diesen Restbetrag schrieb die Klägerin in ihrer Gewinnermittlung 1998 (Streitjahr) ab. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte demgegenüber lediglich die reguläre Abschreibung in Höhe von 11 592 DM und stellte einen Jahresgewinn in Höhe von … DM fest.
Hiergegen wandte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Sie machte geltend, der Geschäftswert sei zu Recht abgeschrieben worden. Der Umsatz des Unternehmens habe sich zwar seit 1993 zunächst aufgrund der persönlichen Bemühungen der neuen Unternehmer geringfügig erhöht. Er sei jedoch ab 1996 stark zurückgegangen. Da die Präsentation des Unternehmens nicht mehr zeitgemäß gewesen sei, habe man die Raumaufteilung, die gesamte Inneneinrichtung, die Schaufenster und den Eingangsbereich neu gestaltet. Alle Spielautomaten seien durch modernstes Gerät ersetzt worden. Die Umsatzsteigerungen ab 1998 seien darauf zurückzuführen. Für das Unternehmen in seinem ursprünglichen Zustand hätte man bei einem Verkauf keinen Geschäftswert mehr erlöst. Ein Geschäftswert aus der Anschaffung sei daher nicht mehr vorhanden gewesen. Er sei durch einen neu entstandenen Geschäftswert abgelöst worden. Dazu komme, dass die frühere Spielhallenkonzession abgelaufen sei. Sie laute nun auf die Gesellschafter der Klägerin.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensfehler gestützt ist.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
1. Die Vorentscheidung beruht ―ungeachtet des schon nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Vertrags― nicht auf einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Insbesondere hat das FG die ihm obliegende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht verletzt. Die Klägerin trägt nicht vor, dass das FG Beweisanträge übergangen habe. Offenbar meint sie, das FG hätte von Amts wegen weitere Ermittlungen durchführen müssen, die zu dem Ergebnis geführt hätten, dass nach der Umgestaltung der Räume und des Unternehmenskonzepts der alte Kundenstamm im wesentlichen nicht mehr vorhanden war. Das Unterlassen solcher Ermittlungen könnte jedoch nur dann einen Verfahrensfehler darstellen, wenn ihre Notwendigkeit sich dem FG hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 5. März 2002 IV B 22/01, BFHE 198, 463, BStBl II 2002, 690, Nr. 1 b der Gründe, m.w.N.). Das war indessen nicht der Fall. Das FG konnte angesichts des ihm vorgetragenen Sachverhalts davon ausgehen, dass nicht nur Lage und ―wie die Klägerin einräumt― der Name des Unternehmens unverändert geblieben sind, sondern auch der Ruf und ein großer Teil des Kundenstamms. Es ist fernliegend, dass infolge des Umbaus und der Modernisierung der Räume sowie der Vermehrung der Spielautomaten der alte Kundenstamm nahezu vollständig verdrängt und durch einen neuen Kundenstamm ersetzt wurde, mit dem bereits im ersten Jahr nach dem Umbau nahezu der doppelte Umsatz erzielt werden konnte wie im Jahr vor dem Umbau. Es kann dahinstehen, ob etwas anderes dann in Betracht kommt, wenn mit dem Umbau gleichzeitig das Unternehmenskonzept in der Weise geändert wurde, dass keine Speisen und alkoholischen Getränke mehr angeboten wurden. Diesen Umstand hat die Klägerin erstmals in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen. Er kann daher keine Rolle für die Beantwortung der Frage spielen, ob das FG seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts verletzt hat.
2. Die Rechtssache wirft auch keine Frage auf, an deren Klärung ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse bestünde.
Die Klägerin sieht als klärungsbedürftig die Frage an, ob eine Teilwertabschreibung des erworbenen Geschäftswerts in Betracht kommt, wenn sich infolge einer Umgestaltung der Geschäftsräume und des Unternehmenskonzeptes ein völlig neuer Kundenstamm und ein neuer Ruf des Unternehmens entwickelt hat. Diese Rechtsfrage könnte sich jedoch in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Wie oben unter 1. ausgeführt hat das FG festgestellt, dass Umstände, die auf eine Minderung oder gar die Wertlosigkeit des Geschäftswertes schließen ließen ―wie etwa Verflüchtigung des bisherigen Kundenstamms oder Veränderung des Rufs der Firma― nicht ersichtlich seien. An diese Feststellung ist der Senat mangels begründeter Verfahrensrügen gebunden.
Fundstellen
Haufe-Index 1019033 |
BFH/NV 2003, 1608 |