Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort für Umsätze durch Partnerschaftsvermittlungen
Leitsatz (NV)
- Der Leistungsort in § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG für die Vermittlung von Umsätzen ist nicht anwendbar, wenn die Vermittlung keine Leistungen gegen Entgelt betrifft.
- Es ist nicht mehr klärungsbedürftig, dass die in § 3a Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 UStG erwähnte Betriebsstätte der in Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten festen Niederlassung entspricht.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 9; UStG § 3a Abs. 1, 2 Nr. 4; UStG 1993 § 3a Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt eine Partnervermittlungsagentur unter einer Anschrift in X (Inland). Sie vermittelte private Partnerschaften ausschließlich zwischen im Ausland wohnenden Partnern.
Aufgrund entsprechender Vereinbarung war sie berechtigt, zur Anbahnung der Partnerschaften Geschäftsräume in Paris von der Firma R und in New York von der Firma H zu nutzen, wenn diese verfügbar waren. Außerdem stellten diese Serviceunternehmen der Klägerin Telefon- und Telefaxdienste sowie einen Postservice zur Verfügung.
Die Klägerin behandelte die auf diese Weise ausgeführten Umsätze als nicht im Inland ausgeführt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) sah die im Streitjahr 1997 angemeldeten Umsätze dagegen als am Sitz der Klägerin in X bewirkt an (§ 3a Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 ―UStG 1993―) und besteuerte sie.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Ansicht der Klägerin zurück, sie habe ihre Dienstleistungen am Wohnsitz der ausländischen Privatkunden (§ 3a Abs. 3 Satz 3 UStG 1993) erbracht. Es begründete, dass die Klägerin keine Vermittlungsleistungen nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG 1993 ausgeführt habe, weil sie nicht an Verträgen mitgewirkt habe, durch die ein Umsatz erbracht worden sei. Ihre Tätigkeit entspreche auch keiner in § 3a Abs. 4 Nr. 1 bis 11 UStG 1993 bezeichneten Leistung (insbesondere Werbeleistung, Überlassung von Informationen), so dass ein Leistungsort nicht nach § 3a Abs. 3 UStG 1993 zu bestimmen sei. Deshalb sei als Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG 1993 der Sitz der Klägerin im Inland maßgebend. Betriebsstätten im Ausland kämen als Leistungsort nach § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG 1993 nicht in Betracht, weil solche nicht durch die Nutzung fremder Geschäftsräume nach deren Verfügbarkeit begründet würden.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision aus den in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgezählten Gründen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO oder Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die hervorgehobene Rechtsfrage über die Beurteilung des Streitfalls hinaus das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. Februar 1999 III B 91/98, BFH/NV 1999, 1122, m.w.N.). Die Beschwerdebegründung muss ergeben, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar ist (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 2000 XI B 122/99, BFH/NV 2000, 1495; vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51).
Die Klägerin sieht als grundsätzlich bedeutsam die Frage an, ob sie, die Klägerin, ihre Leistungen nach § 3a UStG 1993 im In- oder Ausland erbracht habe (Seite 8 der Beschwerdebegründung). Damit bezeichnet sie aber keine abstrakte Rechtsfrage i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, sondern begehrt nur eine Überprüfung der Vorentscheidung. Dies rechtfertigt keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Soweit dem Vorbringen der Klägerin Rechtsfragen entnommen werden könnten, sind diese ohne weiteres durch Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften klärbar.
So ist aufgrund des Gesetzeswortlauts nicht erklärungsbedürftig, dass der Leistungsort für die Vermittlung von Umsätzen (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG 1993) nicht anwendbar ist, wenn die Vermittlung keine Leistungen gegen Entgelt betrifft. Umsätze (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 ) setzen bei richtlinienkonformer Beurteilung eine (wirtschaftliche) Tätigkeit gegen Entgelt (Art. 2 Nr. 1, Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) voraus (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 27. September 2001 Rs. C-16/00 ―Cibo Partizipation―, Slg. 2001, I-6679, Umsatzsteuer-Rundschau 2001, 500, und BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 64/99, BFH/NV 2003, 128). Die Vorentscheidung enthält dafür keine Feststellungen. In der Beschwerdebegründung sind zur Frage des Entgelts keine Darlegungen vorhanden.
Ebenso ist nicht mehr klärungsbedürftig, dass die in § 3a Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 UStG 1993 erwähnte Betriebsstätte der in Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten festen Niederlassung entspricht (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19. November 1998 V R 30/98, BFHE 187, 348, BStBl II 1999, 108).
Weiterer Klärungsbedarf ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
b) Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
Die Revision ist auch nicht wegen Verfahrensmängeln zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil die Klägerin derartige Mängel nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend bezeichnet hat.
Die Klägerin rügt, das FG habe es unterlassen, darauf hinzuwirken, dass die Klägerin "alle für die Feststellung der Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen" abgebe (Seite 7 der Beschwerdebegründung).
Die dadurch ausdrücklich und sinngemäß erhobene Rüge, das FG habe den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und dadurch Verfahrensrecht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, genügt nicht den Anforderungen, die § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung des Verfahrensmangels stellt (vgl. zu den Anforderungen BFH-Beschluss vom 4. Juni 1998 VII B 67/98, BFH/NV 1999, 54, m.w.N.). Die Klägerin bezeichnet nicht, welche weitere Aufklärung sich dem FG ―nach dessen maßgebender sachlich-rechtlicher Auffassung― von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BFH-Beschluss vom 19. Juni 1998 IX B 13/98, BFH/NV 1999, 58) und welche Tatsachen aufklärungsbedürftig waren.
2. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 926146 |
BFH/NV 2003, 830 |