Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen Ablehnung der AdV; Keine Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit bei Verletzung rechtlichen Gehörs und Divergenz
Leitsatz (NV)
- Wird vom FG die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung nicht zugelassen, kann dagegen nicht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgegangen werden.
- Den außerordentlichen Beschwerdeweg wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit eröffnen weder die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs noch die Rüge einer Abweichung von der Rechtsprechung des BFH.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3, 5, § 128 Abs. 3
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Ehegatten. An einer GmbH sind der Ehemann mit 48 v.H. und die Ehefrau mit 42 v.H. beteiligt. Anlässlich einer Außenprüfung bei der GmbH wurde festgestellt, dass die GmbH ihr Betriebsgrundstück von den Antragstellern (Eigentümer zu je 1/2) und das gesamte Anlagevermögen des früheren Einzelunternehmens des Ehemanns von diesem angemietet hatte. Die Vorsteuer auf die Grundstücksmiete hatte die GmbH abgezogen, während die Umsatzsteuer nur vom Ehemann für seinen Hälfteanteil abgeführt worden war.
Der Prüfer ging davon aus, dass eine Betriebsaufspaltung zwischen der GmbH und einer aus den Ehegatten bestehenden Grundstücks-Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bestand. Am 8. Juni 2000 erließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) gegenüber dem Ehemann eine "Anordnung der Außenprüfung bei der GdbR", die Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Einheitswert des Betriebsvermögens sowie einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für den Zeitraum 1993 bis 1998 umfasste. Nach erfolglosem Einspruch erhoben die Antragsteller gegen die Prüfungsanordnung in der Hauptsache Klage, über die noch nicht entschieden ist. Ohne Erfolg blieb auch ein beim FA gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung.
Den anschließend beim Finanzgericht (FG) gestellten Aussetzungsantrag lehnte das FG als unbegründet ab. Es beständen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung. Sie sei ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Inhaltlich sei sie zutreffend an die GbR gerichtet. Als Bekanntgabeadressat habe das FA einen Gesellschafter heranziehen können (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 16. November 1989 IV R 29/89, BFHE 159, 28, BStBl II 1990, 272).
Eine auf § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützte Außenprüfung könne nach der Rechtsprechung des BFH auch mit dem Ziel durchgeführt werden, zu klären, ob der Steuerpflichtige wirklich einen Gewerbebetrieb unterhalte. Aufgrund der Beteiligungsverhältnisse bei der GmbH und der Eigentumsverhältnisse am Betriebsgrundstück habe sich die Frage nach dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung mit der Folge gewerblicher Einkünfte aufgedrängt. Außerdem sei der Prüfer im Hinblick auf die Feststellungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Mietzahlungen gehalten gewesen, die Unternehmereigenschaft der Ehefrau zu überprüfen.
Das FG hat ein Rechtsmittel gegen den Beschluss nicht zugelassen.
Mit ihrer Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, machen die Antragsteller geltend: Zwar habe das FG die Beschwerde nicht zugelassen. Der BFH habe aber in seinem Beschluss vom 21. Januar 1998 VII B 255/97 (BFH/NV 1998, 818) einen außerordentlichen Rechtsbehelf zum übergeordneten Fachgericht anerkannt, der zugleich Zulässigkeitsvoraussetzung für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde sei.
Das FG stütze seine Entscheidung auf den BFH-Beschluss vom 19. Februar 1996 VIII B 4/95 (BFH/NV 1996, 660), wonach eine Personengesellschaft, die einen gewerblichen Betrieb unterhalte, als solche auch eine Außenprüfung dulden müsse. Das sei hier aber streitig, denn die Betriebsaufspaltung führe nicht zu einem Gewerbebetrieb, sondern nur zu einer Umqualifizierung der Einkünfte.
Selbst wenn aber von einem gewerblichen Betrieb ausgegangen werde, müssten nach den vom FG zitierten Entscheidungen des BFH noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Das FG nehme Bezug auf das BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 45/88 (BFHE 163, 98, BStBl II 1991, 278). Dort habe der VIII. Senat unter ausdrücklichem Hinweis, nicht von dem Urteil des IV. Senats vom 5. November 1981 IV R 179/79 (BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208) abzuweichen, entschieden, dass eine Prüfung nur auf § 193 Abs. 1 AO 1977 gestützt werden könne, wenn nach dem Verhalten des Steuerpflichtigen feststehe, dass er im Prüfungszeitraum gewerblich tätig war, also bei Erklärung gewerblicher Einkünfte. Auch in dem Urteil vom 1. August 1986 VI R 26/85 (BFH/NV 1987, 77) würden konkrete Anhaltspunkte verlangt. Im Urteil vom 8. März 1988 VIII R 220/85 (BFH/NV 1988, 758) habe der BFH verlangt, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen dürften, dass die vermutete Gemeinschaft einen Gewerbebetrieb unterhalte. Die Voraussetzungen dafür seien mangels Erklärung gemeinschaftlicher Einkünfte nicht für erfüllt gehalten worden.
Vorliegend seien keine Steuererklärungen für die angebliche Gemeinschaft eingereicht worden. In einem Außenprüfungsbericht aus dem Jahr 1987 heiße es, die Voraussetzungen für die bisher zwischen dem Verpächter (Ehemann) und der GmbH angenommene Betriebsaufspaltung beständen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Zusammenrechnung von Anteilen der Ehegatten nicht mehr. Nachdem tatsächliche Veränderungen seither nicht stattgefunden hätten, seien ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung des FA angebracht.
Auch weiche das FG von den zitierten Entscheidungen des BFH ab, weil es die dort aufgestellten Voraussetzungen zur Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung ignoriere. Soweit das FG Tipke/ Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 193 AO 1977 Tz. 6) zitiere, werde dort eine vom IV. Senat des BFH abweichende Auffassung vertreten.
Die Auffassung des FG, dass keine ernstlichen Zweifel beständen, könne insbesondere wegen des Hinweises von Tipke/Kruse auf divergierende Rechtsauffassungen zweier Senate des BFH nicht hingenommen werden. Abgesehen davon, dass die Antragsteller dazu nicht gehört worden seien, hätte zumindest ein Rechtsmittel zugelassen werden müssen. Da die Entscheidung auf der Abweichung beruhe, liege ein Revisionsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor.
Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde gegen den Beschluss zuzulassen.
Das FA hat keine Stellungnahme abgegeben.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen.
1. Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO steht den Beteiligten die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 und 5 FGO nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Das FG hat die Beschwerde nicht zugelassen, vielmehr ausdrücklich erklärt, es werde kein Rechtsmittel zugelassen.
Ist die Beschwerde der Antragsteller so zu verstehen, dass sie sich gegen die Nichtzulassung der Beschwerde richtet, ist sie nicht statthaft, weil ein solches Rechtsmittel von der FGO nicht vorgesehen ist. Im Unterschied zur Nichtzulassung der Revision gibt es kein eigenständiges Verfahren zur Prüfung der Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde. Insbesondere ergibt sich ein solches Verfahren nicht aus dem Verweis auf § 115 Abs. 2 FGO in § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO. Dieser Verweis bezieht sich nur auf die Voraussetzungen, unter denen das FG die Beschwerde zuzulassen hat, denn es wird nicht zugleich auch auf § 115 Abs. 3 FGO a.F. (jetzt § 116 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757) verwiesen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 7. Oktober 1997 IV B 61/97, BFH/NV 1998, 344, m.w.N.). Nach Auffassung des BVerfG bestehen gegen die Regelung keine verfassungsmäßigen Bedenken (Beschluss vom 6. Oktober 1977 2 BvR 502/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 39).
Sollte sich die Beschwerde dagegen unmittelbar gegen den Beschluss über die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung richten, ist sie nicht statthaft, weil das FG die Beschwerde nicht zugelassen hat (§ 128 Abs. 3 Satz 1 FGO).
2. Auch eine außerordentliche Beschwerde wegen so genannter greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist im Streitfall nicht gegeben.
Die Statthaftigkeit eines solchen, in der FGO nicht vorgesehenen Rechtsbehelfs hat die Rechtsprechung ausnahmsweise für Sonderfälle greifbarer Gesetzeswidrigkeit in Erwägung gezogen, d.h. für Fälle, in denen die erstinstanzliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und damit eine nicht hinnehmbare Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2000 IV B 98/00, BFH/NV 2001, 332, und vom 26. August 1991 IV B 135/90, BFH/NV 1992, 509). Der kraft Gesetzes unanfechtbare Beschluss muss demgemäß unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen sein oder auf einer Gesetzesauslegung beruhen, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (BFH-Beschluss vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791, m.w.N.).
Die Antragsteller tragen einen derartig außergewöhnlichen und schwerwiegenden Rechtsverstoß nicht schlüssig vor. Weder legen sie einen schwerwiegenden Verstoß gegen Verfahrensrecht noch eine dem Zweck der Norm offensichtlich widersprechende Auslegung des § 193 AO 1977 dar. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs eröffnet den außerordentlichen Beschwerdeweg nicht (BFH-Beschluss vom 26. Mai 1977 V B 7/77, BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628). Auch die Rüge einer Abweichung von der Rechtsprechung des BFH in einer streitigen Rechtsfrage reicht zur Darlegung einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit nicht aus.
Fundstellen