Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Zulassungsgrund im Zeitpunkt der Entscheidung
Leitsatz (NV)
Der Zulassungsgrund muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung (noch) vorliegen (st. Rspr., z.B. BFH-Beschluss vom 4. August 1994 III B 190/90, BFHE 175, 97, BStBl II 1994, 900). Nach den Entscheidungen des Senats zur Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kirchgeld ist die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage grundsätzlich entfallen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 09.09.2005; Aktenzeichen 9 K 30/03) |
Tatbestand
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kirchgeld.
Gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) evangelisches Kirchgeld in Höhe von 480 DM festgesetzt. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Baden-Württemberg vom 9. September 2005 9 K 30/03).
Die Klägerin beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Das FA hat zum Verfahren keine Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen, da der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht vorliegt.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
a) Der Zulassungsgrund muss --was sich aus dem Wortlaut des § 115 Abs. 2 FGO ("Die Revision ist nur zuzulassen, wenn …") ergibt-- im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung (noch) vorliegen. Wenn der Zulassungsgrund während des anhängigen Beschwerdeverfahrens entfällt, ist die Zulassung der Revision daher zu versagen (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. August 1994 III B 190/90, BFHE 175, 97, BStBl II 1994, 900; s. auch Dürr in Schwarz, FGO, § 115 Rz 22; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 115 FGO Rz 21; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 14; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 35 f.).
b) Eine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt u.a. die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage voraus; eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen (z.B. BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587). Die Frage der Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kirchgeld ist vom BFH während des anhängigen Beschwerdeverfahrens entschieden worden (s. Senatsurteil vom 19. Oktober 2005 I R 76/04, BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274; s. auch z.B. Senatsurteile vom 19. Oktober 2005 I R 57/05, BFH/NV 2006, 821, und vom 21. Dezember 2005 I R 44/05, juris). Der Senat hat sich dabei auch mit der aus der Sicht der Klägerin entscheidenden Frage der Bemessungsgrundlage des Kirchgelds befasst; dem Beschwerdevorbringen sind keine Argumente zu entnehmen, die vom erkennenden Senat in den angeführten Entscheidungen nicht schon gewürdigt worden sind. Dass gegen das Urteil I R 44/05 von der dortigen Klägerin Verfassungsbeschwerde eingelegt worden ist (Aktenzeichen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--: 2 BvR 591/06), begründet für sich allein nicht wiederum eine Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage; darüber hinaus ergibt sich mit Blick auf das beim BVerfG anhängige Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 591/06 auch nicht die Notwendigkeit, das Beschwerdeverfahren auf der Grundlage des § 74 FGO auszusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 1703543 |
BFH/NV 2007, 928 |