Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung: Fahrtkosten Behinderter als außergewöhnliche Belastung; Divergenz nur bei vergleichbaren Sachverhalten
Leitsatz (NV)
- In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, in welchem Umfang Schwerkörperbehinderte neben dem Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG KfZ-Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend machen können.
- Die Klärungsbedürftigkeit einer hiermit im Zusammenhang stehenden Rechtsfrage ist nicht hinreichend dargetan, wenn sich der Beschwerdeführer nicht mit der bereits vorhandenen BFH-Rechtsprechung auseinandersetzt und nicht ausführt, warum diese Rechtsprechung nicht zu einer Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage geführt oder wenigstens beigetragen hat.
- Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist nur dann gegeben, wenn vom FG dieselbe Rechtsfrage für zumindest vergleichbare Sachverhalte anders entschieden worden ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG §§ 33, 33b
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß gerügt worden sind (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. An dem Erfordernis, dass die mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) darzulegen ist, hat sich durch die Änderung der FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757), das am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, nichts geändert (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, und vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BFH/NV 2002, 119).
Nach den vom BFH zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entwickelten Grundsätzen, die demnach weitergelten, ist es, wenn ―wie im Streitfall― eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache begehrt wird, erforderlich, in der Beschwerdebegründung eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage herauszuarbeiten und darzulegen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig ist. Hierzu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH in BFHE 196, 30, BFH/NV 2002, 119, m.w.N.). Allein der Hinweis, eine Frage sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden, genügt für eine solche Darlegung nicht. Vor allem sind, sofern zu diesem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 III B 91/98, BFH/NV 1999, 1122, m.w.N.).
Die Kläger machen mit ihrer Beschwerde geltend, der Streitfall werfe die Frage auf, ob im Rahmen der Berücksichtigung von Kfz-Kosten Schwerbehinderter als außergewöhnliche Belastung die Angemessenheit zu prüfen sei und falls diese Frage bejaht werde, ob die in den Einkommensteuer-Richtlinien und Lohnsteuer-Richtlinien für die Berücksichtigung von Kfz-Kosten als Werbungskosten und Betriebsausgaben festgesetzten Pauschsätze einer solchen Prüfung standhielten. Ihre Ausführungen hierzu reichen jedoch nicht aus, um den genannten Anforderungen an den Inhalt einer Beschwerdeschrift gerecht zu werden. Dazu hätten substantiierte Hinweise zur Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Rechtsfragen gehört. Es fehlt vor allem eine Auseinandersetzung mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung und den Äußerungen in der Literatur zum Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung i.S. von § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Zusammenhang mit Kfz-Kosten Schwerkörperbehinderter. Der erkennende Senat hat sich mit der steuerlichen Abziehbarkeit ―vor allem auch dem Erfordernis einer Angemessenheitsprüfung― derartiger Kosten wiederholt auseinander gesetzt, z.B. in den Entscheidungen vom 15. November 1991 III R 30/88 (BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179, unter 3. der Gründe, m.w.N.), vom 2. Oktober 1992 III R 63/91 (BFHE 169, 427, BStBl II 1993, 286, unter 2. der Gründe), vom 26. März 1993 III R 9/92 (BFHE 171, 428, BStBl II 1993, 749, 751), vom 22. Oktober 1996 III R 203/94 (BFHE 182, 44, BStBl II 1997, 384), vom 26. März 1997 III R 71/96 (BFHE 183, 98, BStBl II 1997, 538), vom 21. September 1999 III B 50/99 (BFH/NV 2000, 425) und vom 7. Juni 2000 III B 30/00 (BFH/NV 2000, 1364). Der Senat hat zudem in seinem Urteil in BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179, unter 5. die im Schrifttum an dieser Rechtsprechung geübte Kritik geprüft und zurückgewiesen. In seiner Entscheidung in BFHE 169, 427, BStBl II 1993, 286, unter 2. der Gründe hat der erkennende Senat zudem betont, die Rechtsprechung verfahre im Grundsatz großzügig, indem sie nicht nur den behinderungsbedingten Mehraufwand, sondern grundsätzlich alle PKW-Kosten als außergewöhnlich ansehe. Die Kläger haben ―wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) zutreffend ausgeführt hat― die bis in die jüngste Zeit fortgeführte ständige Rechtsprechung weder im Einzelnen dargestellt noch sich mit ihr in einer Weise auseinander gesetzt, dass ein erneuter bzw. weiterer Klärungsbedarf erkennbar würde.
2. Die Kläger haben zudem die Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 26. November 1997 1 K 4037/96 (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1998, 568) gerügt. Der Zulassungsgrund "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erfasst auch die Divergenz der Vorentscheidung zu Entscheidungen anderer Gerichte als des BFH, z.B. eines FG (BFH in BFHE 196, 30, BFH/NV 2002, 119, m.w.N.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 115 FGO Rz. 191).
Die Kläger haben die Voraussetzungen nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO jedoch nicht ausreichend dargelegt. Dazu wäre zumindest erforderlich gewesen, das Divergenzurteil und den Rechtssatz, den die Vorinstanz falsch ausgelegt oder angewendet hat, zu bezeichnen (BFH in BFHE 196, 30, BFH/NV 2002, 119). Die Kläger haben zwar die Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Urteil des FG München in EFG 1998, 568 behauptet. Sie haben hingegen nicht ausreichend dargetan, inwieweit das angefochtene Urteil im Widerspruch zu der vorgenannten Entscheidung steht, der ein mit dem Streitfall nicht identischer Sachverhalt zugrunde liegt; denn anders als im Streitfall war dort die behinderte Klägerin auf ein Fahrzeug angewiesen, dessen Anschaffungskosten wegen besonders aufwendiger behindertengerechter Einbauten stark überhöht waren. Im Übrigen geht auch das FG München in seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH davon aus, dass die Angemessenheit zu prüfen ist, d.h. dass Kfz-Kosten nur insoweit als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind, als sie einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen