Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Prozeßkostenhilfe in (Teil-)Schätzungsfällen
Leitsatz (NV)
Einer gegen einen (Teil-)Schätzungsbescheid gerichteten Klage sind grundsätzlich keine hinreichenden Erfolgsaussichten beizumessen, wenn die zu Grunde liegende Schätzung auf eine unzureichende Erfüllung der in § 160 AO 1977 geregelten Benennungspflicht zurückzuführen ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß sich diese Ausgangslage entscheidend verändern wird oder daß die Schätzung unangemessen hoch ausgefallen ist.
Normenkette
AO 1977 §§ 160, 162; FGO § 142; ZPO § 114
Tatbestand
I. Die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat vor dem Finanzgericht (FG) die gegen sie gerichteten Bescheide über gesonderte Feststellung des Gewinns und über die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags für 1991 angegriffen und wendet sich gegen die Kürzung der Betriebsausgaben, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) in den angefochtenen Steuerverwaltungsakten unter Berufung auf § 160 der Abgabenordnung (AO 1977) im Hinblick darauf vorgenommen hat, daß die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung nicht alle Lieferer der in Frage stehenden Waren mit Namen und Anschrift benannt hat.
Mit ihren Klagen macht die Klägerin geltend, die Kürzungen seien zu hoch ausgefallen. Zwar seien die Unterlagen für das Streitjahr nicht auffindbar, doch zeigten die zurückliegenden und die nachfolgenden Jahre, daß das FA einen überhöhten Wareneingang zugrunde gelegt habe.
Die zugleich mit Klageerhebung in beiden beim FG noch anhängigen Verfahren gestellten Anträge auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) sind durch Beschlüsse vom 26. Oktober 1998 wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Klagen abgelehnt worden.
Hiergegen richten sich die Beschwerden, zu deren Begründung im wesentlichen weiterhin das Mißverhältnis zwischen den für das Streitjahr (ohne Unterlagen) und den für die übrigen Feststellungs- bzw. Festsetzungszeiträume zugrunde gelegten Zahlen angeführt wird. Die angefochtenen Beschlüsse erweckten den Eindruck, als habe sie, die Klägerin, für eine gewisse Zeit bewußt ihre Aufzeichnungspflichten nicht wahrgenommen. Hierfür und dafür, daß das Steueraufkommen nicht gewährleistet sein könnte, gebe es "keinen einzigen konkreten Anhaltspunkt". Angesichts fehlender Unterlagen hätte sie, die Klägerin, die Namen und Anschriften der Lieferanten "frei erfinden" müssen. Das habe sie, entgegen dem Rat ihres früheren Bevollmächtigten, nicht getan.
Die Klägerin begehrt weiterhin Gewährung von PKH für die beim FG anhängigen Klageverfahren.
Entscheidungsgründe
II. Die vom Senat in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden sind unbegründet, und zwar unabhängig davon, ob Bedürftigkeit gegeben ist.
Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Solche Erfolgsaussichten können den Klagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei der gebotenen summarischen Prüfung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. dazu: Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526, und vom 30. Juli 1998 X B 97/98, BFH/NV 1999, 206, m.w.Nachw.) nicht eingeräumt werden. Allein der Umstand, daß die Klägerin dem Benennungsverlangen des FA nicht nachgekommen ist, berechtigte dieses unter den gegebenen Umständen gemäß § 160 AO 1977 zur Nichtberücksichtigung der streitigen Betriebsausgaben. Auf Verschulden kommt es nicht an; unerheblich ist deshalb, daß die Klägerin mangels ordnungsgemäßer Aufzeichnungen nunmehr ―nach Jahren― die Empfänger nicht mehr benennen kann. Ein Ermessensfehler ist nicht erkennbar; konkrete, verwertbare Einwände gegen die durch die Verletzung der Mitwirkungspflichten erforderliche Teilschätzung sind bisher, auch im Beschwerdeverfahren, nicht vorgebracht worden; jede in diesem Zusammenhang verbleibende Ungewißheit geht zu Lasten der Klägerin (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 160 AO 1977 Rz. 14; vgl. i.ü. auch BFH-Entscheidungen vom 17. März 1997 I B 123/95, BFH/NV 1997, 730, 731; vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFH/NV 1998, 369, und vom 17. Juli 1998 VIII B 114/97, BFH/NV 1999, 68, 69).
Fundstellen
Haufe-Index 171147 |
BFH/NV 1999, 1181 |