Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung des Armenrechts für die Rechtsmittelinstanz setzt voraus, daß der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist neben dem Armenrechtsgesuch selbst auch das sog. Armutszeugnis vorlegt (vgl. Beschluß des BAG vom 1. November 1966 1 AZA 19/66, NJW 1967, 222).
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 118 Abs. 2
Tatbestand
Mit Urteil vom 26. Juni 1975 hat das FG die Klage des Antragstellers, mit der dieser die Aufhebung eines gemäß § 113 AO erlassenen Haftungsbescheides für Umsatzsteuer 1973 und 1974, Lohn- und Kirchensteuer Januar mit März 1974 begehrte, abgewiesen. Das Urteil wurde dem Antragsteller am 22. Dezember 1975 zugestellt.
Gegen das Urteil hat der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Dezember 1975, eingegangen beim FG am 13. Januar 1976, Revision eingelegt. Er hat gleichzeitig gebeten, ihm das Armenrecht zu bewilligen, da er derzeit ohne Einkommen sei und sich einen Rechtsanwalt nicht erlauben könne. Mit Schreiben vom 26. Januar 1976, eingegangen beim BFH am 28. Januar 1976, hat er beim BFH diesen Antrag wiederholt, da er (verheiratet mit zwei Kindern) derzeit ca. 1 200 DM monatlich verdiene.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts ist abzulehnen.
Nach § 142 FGO in Verbindung mit § 114 ZPO ist einer Partei, die außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu bestreiten, das Armenrecht zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Gesuch ist nach § 142 FGO in Verbindung mit § 118 Abs. 2 ZPO ein von der zuständigen Behörde ausgestelltes Zeugnis beizufügen, in dem unter Angabe des Standes oder Gewerbes, der Vermögens- und Familienverhältnisse der Partei sowie des Betrages der von dieser zu entrichtenden direkten Steuern das Unvermögen zur Bestreitung der Prozeßkosten ausdrücklich bezeugt wird (sog. Armutszeugnis).
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller zwar den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts, für den auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975 S. 1861, BStBl I 1975, 932) kein Vertretungszwang besteht, innerhalb der Revisionseinlegungsfrist gestellt, so daß die Revision nicht schon deshalb unzulässig ist, weil sie selbst nicht durch einen Vertreter eingelegt worden ist (vgl. Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 9. Dezember 1954 VII ZB 94/54, BGHZ 16, 1, und vom 18. März 1966 VII ZB 19/67, Versicherungsrecht 1968 S. 598). Der Antragsteller hat jedoch das sogenannte Armutszeugnis, das diesem Antrag nach § 142 FGO in Verbindung mit § 118 Abs. 2 ZPO "beizufügen" ist, nicht eingereicht. Auch das Armutszeugnis muß, wie das Bundesarbeitsgericht in dem Beschluß vom 1. November 1966 1 AZA 19/66 (Neue Juristische Wochenschrift 1967 S. 222) mit eingehender und vom erkennenden Senat geteilter Begründung entschieden hat, innerhalb der Rechtsmittelfrist eingegangen sein. Da dies hier nicht der Fall gewesen ist, war der Antrag abzulehnen.
Fundstellen
BStBl II 1976, 386 |
BFHE 1976, 300 |
NJW 1976, 1232 |