Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine offenbare Unrichtigkeit bei Übernahme eines nicht gerügten Fehlers in der Steuerberechnung der Vorentscheidung
Leitsatz (NV)
Geht das Revisionsgericht bei seiner Steuerberechnung von dem in der Vorentscheidung zugrunde gelegten unzutreffenden, aber mit der Revision nicht beanstandeten zu versteuernden Einkommen aus, so leidet die Revisionsentscheidung unbeschadet dessen, ob das FG-Urteil seinerseits offenbar unrichtig war, nicht an einer offenbaren Unrichtigkeit.
Normenkette
FGO § 107 Abs. 1
Tatbestand
Der Beklagte, Revisionskläger und Antragsteller (das Finanzamt -- FA --) beantragt, den Tenor des Senatsurteils vom 23. November 1993 IX R 104/92 gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahingehend zu berichtigen, daß die Einkommensteuer auf 7 602 DM festgesetzt wird. Der Senat sei bei der Steuerberechnung von dem zu versteuernden Einkommen der Kläger, Revisionsbeklagten und Antragsgegner (Kläger) lt. Urteil des Finanzgerichts (FG) in Höhe von 39 354 DM ausgegangen. Das FG, das bei seiner Steuerberechnung das in der Einspruchsentscheidung ermittelte zu versteuernde Einkommen (in Höhe von 70 396 DM) zugrunde gelegt habe, habe aber übersehen, daß am 10. April 1990 ein Änderungsbescheid ergangen sei. Dieser Bescheid, der auf Antrag der Kläger zum Gegenstand des Verfahrens geworden sei, weise ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 72 196 DM aus. Damit liege im Ergebnis eine offenbare Unrichtigkeit i. S. von § 107 Abs. 1 FGO vor.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet.
Eine offenbare Unrichtigkeit i. S. von § 107 FGO setzt einen Schreib- oder Rechenfehlern ähnlichen mechanischen Fehler voraus, der ohne weitere Prüfung erkannt und korrigiert werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 29. März 1985 VI R 140/81, BFHE 144, 118, 119 f., BStBl II 1985, 569; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 107 Anm. 4 m. w. N.). Ein solcher Fehler ist im Senatsurteil vom 23. November 1993 nicht enthalten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das FG- Urteil deshalb eine -- grundsätzlich auch im Revisionsverfahren zu korrigierende (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1987 II R 92/85, BFH/NV 1988, 664 m. w. N.), im übrigen von dem FA mit seiner Revision nicht gerügte -- offenbare Unrichtigkeit enthielt, weil bei der Steuerberechnung der Änderungsbescheid vom 10. April 1990 unberücksichtigt geblieben ist. Der erkennende Senat ist jedenfalls bei seiner Steuerberechnung ausweislich der Entscheidungsgründe von dem im FG-Urteil zugrunde gelegten zu versteuernden Einkommen der Kläger ausgegangen; er hat den in seinem Urteil auch nicht erwähnten Änderungsbescheid vom 10. April 1990 ersichtlich nicht berücksichtigt. Damit liegt eine offenbare Unrichtigkeit i. S. von § 107 Abs. 1 FGO, die einen eindeutigen oder augenfälligen Widerspruch zwischen Gewolltem und Erklärtem voraussetzt (BFH-Beschluß vom 4. September 1984 VIII B 157/83, BFHE 142, 13, BStBl II 1984, 834), nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 423558 |
BFH/NV 1995, 140 |