Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Absetzungen nur für Neubauten
Leitsatz (NV)
Der erhöhte Abschreibungssatz nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG kommt nur bei Neubauten zur Anwendung, die auf Grund eines nach dem 31. März 1985 gestellten Bauantrags errichtet werden, zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen.
Normenkette
FGO §§ 76, 115 Abs. 2; EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 10e Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 02.09.2004; Aktenzeichen 5 K 4589/02 E, F) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Entgegen der Ansicht des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.
a) "Grundsätzliche Bedeutung" kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
b) Eine klärungsbedürftige Frage in diesem Sinne vermochte der Kläger nicht aufzuwerfen; denn das angefochtene FG-Urteil entspricht der eindeutigen Rechtslage.
Die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob der erhöhte Abschreibungssatz gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre geltenden Fassung auch auf zu einem Betriebsvermögen gehörende und nicht Wohnzwecken dienende Gebäude, die aufgrund eines nach dem 31. März 1985 gestellten Bauantrags umgebaut wurden, angewendet werden kann oder ob der erhöhte Abschreibungssatz nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung nur bei Neubauten, die aufgrund eines nachdem 31. März 1985 gestellten Bauantrags errichtet werden, zur Anwendung kommen kann (wie das FG meint), ist nach dem Wortlaut des Gesetzes sowie dessen Sinn und Zweck eindeutig im letzteren Sinne zu beantworten und deshalb nicht klärungsbedürftig.
Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, abweichend von Absatz 1 als Absetzung für Abnutzung jährlich 4 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzuziehen. Die Vorschrift verlangt somit nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, dass der Bauantrag für das Gebäude nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist. Die erhöhten Abschreibungssätze nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung können somit in Fällen, in denen nach dem 31. März 1985 ein Bauantrag für den Umbau eines Gebäudes gestellt wurde, nicht gewährt werden. Auch der in der Beschwerdebegründung angestellte Vergleich mit § 7 Abs. 5 EStG kann nicht die Rechtsauffassung des Klägers untermauern, auch der Umbau von Wirtschaftsgebäuden aufgrund eines nach dem 31. März 1985 gestellten Bauantrags sei nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung begünstigt. § 7 Abs. 5 EStG fordert, dass Gebäude vom Steuerpflichtigen hergestellt oder aber bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung begünstigt hingegen auch Objekte, die nicht bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft werden, soweit der Bauantrag für das Gebäude nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist somit auch dann weiter als der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 EStG, wenn die Vorschrift nur neue Wirtschaftsgebäude erfasst.
Dass nur der Neubau eines Wirtschaftsgebäudes nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG begünstigt ist, ergibt sich zudem auch aus Sinn und Zweck der Regelung. Im Allgemeinen Teil der Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für Wirtschaftsgebäude und für moderne Heizungs- und Warmwasseranlagen vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2434, BStBl I 1985, 705) wird die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen u.a. mit günstigeren Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Wirtschaftsgebäude begründet. Die verbesserten Abschreibungsbedingungen sollten der wirtschaftlichen Zielsetzung des Gesetzes entsprechend nur für neue Wirtschaftsgebäude gelten. Ziel sei es, die Rahmenbedingungen für zukünftige Wirtschaftsgebäudeinvestitionen zu verbessern und damit die Investitionsdynamik für die Zukunft zu beeinflussen. Abschreibungsverbesserungen für Altbauten könnten die erstrebte Wirkung nicht entfalten. Eine Einbeziehung auch des Altbestandes würde infolge zusätzlicher hoher Steuermindereinnahmen über erneut steigende Haushaltslücken wachstums- und beschäftigungspolitisch eher das Gegenteil der angestrebten Belebung der Wirtschaft bedeuten (vgl. BTDrucks 10/4042, S. 5).
2. Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz zum BFH-Urteil vom 28. September 1971 VIII R 73/68 (BFHE 103, 468, BStBl II 1972, 176) kommt im Streitfall ebenfalls nicht in Betracht.
a) Rügt der Beschwerdeführer eine Abweichung von einer Entscheidung des BFH, so muss er nach ständiger Rechtsprechung des BFH tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und den behaupteten Divergenzentscheidungen des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42).
b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers augenscheinlich nicht gerecht. Die genannte Divergenzentscheidung betrifft nicht § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung, sondern § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung.
3. Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch das FG (§ 76 FGO) führt nicht zur Zulassung der Revision. Vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG aus gesehen war nicht entscheidungserheblich, ob der Kläger --wie im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen-- im Keller des Hotelgebäudes tragende Wände entfernt und durch Stahlträger ersetzt hat, ob er darüber hinaus den Dachstuhl erheblich verändert hat und zudem der neu errichtete Eingangsbereich nicht allein auf der Statik des Altgebäudes abgestützt worden ist, sondern Lastenträger zur Abstützung der Decke der Eingangshalle eingezogen worden sind. Das FG hat bei der Prüfung der Frage, ob der Rechtsvorgänger des Klägers durch den (grundlegenden) Umbau des Hotelgebäudes einen Neubau errichtet hat, die Senatsrechtsprechung zu § 10e Abs. 1 EStG auf § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung übertragen. Danach können Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude nur dann als Herstellung einer Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG beurteilt werden, wenn die Baumaßnahmen einem Neubau gleichkommen. Hiernach muss das Gebäude bautechnisch neu sein. Nur wenn ein Gebäude infolge Abnutzung unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), wird nach dieser Rechtsprechung durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Wirtschaftsgut hergestellt. Unbrauchbar im Sinne eines Vollverschleißes ist ein Gebäude nur bei schweren Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen, indes nicht schon dann, wenn es beispielsweise deshalb nicht vermietbar ist, weil es wegen Abnutzung und Verwahrlosung zeitgemäßen Wohnvorstellungen nicht mehr entspricht. Die Umgestaltung des umbauten Raums oder die grundlegende Sanierung reicht nicht aus. Vielmehr müssen die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge geben (vgl. z.B. Senatsurteil vom 14. Mai 2003 X R 32/00, BFH/NV 2003, 1178). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen --insbesondere des Vollverschleißes des Hotelgebäudes vor Beginn der Umbauarbeiten durch seinen Rechtsvorgänger-- hat der Kläger weder in der mündlichen Verhandlung noch im Beschwerdeverfahren vorgetragen.
Fundstellen
Haufe-Index 1401886 |
BFH/NV 2005, 1798 |