Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des Urteils gemäß § 107 FGO; Vernehmung eines abgelehnten Richters als Zeugen
Leitsatz (NV)
1. Voraussetzung für eine Berichtigung gemäß § 107 FGO ist, daß das Urteil im Rubrum, Tenor, Tatbestand oder in den Gründen einen Schreib- oder Rechenfehler oder eine ähnlich offenbare Unrichtigkeit enthält. Eine Änderung des vom FG gewollten und richtig erklärten Inhalts des Urteils kann nicht mit einem Berichtigungsantrag gemäß § 107 FGO, sondern nur mit dem gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel erreicht werden.
2. Hält die ablehnende Partei die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters für inhaltlich unrichtig, kann sie desssen Vernehmung als Zeugen beantragen.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1, § 107; ZPO § 44 Abs. 2 S. 2, § 46 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1982 bis 1984 Klage erhoben. Mit Urteil vom 13. November 1990 wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Die Klägerin beantragte daraufhin die Berichtigung des Urteils. Zur Begründung trug sie vor, das Urteil sei unvollständig und unrichtig. Es seien nicht alle im Laufe des Verfahrens gestellten Anträge aufgeführt. Ferner sei nicht vermerkt, daß der Bevollmächtigte der Klägerin bereits am 7. November 1990 einen Antrag auf Terminverlegung gestellt habe. Es sei nicht vermerkt, welche Akten vom Gericht beigezogen worden seien und daß wichtige Aktenteile vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) nicht vorgelegt worden seien. Die dem FA während des Besteuerungsverfahrens und der Außenprüfung unterlaufenen Verfahrensverstöße seien nicht dargestellt.
Ferner beantragte die Klägerin die Berichtigung einer dienstlichen Stellungnahme des Richters am FG A, die dieser gemäß § 44 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) abgegeben hatte.
Das FG lehnte den Antrag auf Berichtigung des Urteils vom 13. November 1990 ab. Zur Begründung führte es aus, das Urteil enthalte keine Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten i.S. des § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Ferner wies das FG den Antrag auf Berichtigung der dienstlichen Stellungnahme zurück.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, der das FG nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet und war zurückzuweisen.
1. Gemäß § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil zu berichtigen. Ein die Berichtigung ablehnender Beschluß des FG kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 128 Abs. 1 FGO). Die von der Klägerin begehrte Berichtigung kann im Verfahren nach § 107 FGO nicht erreicht werden. Voraussetzung für eine Berichtigung nach dieser Vorschrift ist, daß das Urteil im Rubrum, im Tenor, im Tatbestand oder in den Gründen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Februar 1970 III B 3/69, BFHE 99, 94, BStBl II 1970, 546) einen Schreib- oder Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit enthält. Eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 107 FGO liegt nur vor, wenn es sich um ein Versehen handelt, durch das es, wie bei einem Schreib- oder Rechenfehler, dazu kommt, daß das wirklich Gewollte nicht zum Ausdruck gelangt. Ziel der Berichtigung nach § 107 FGO kann es deshalb nur sein, den erklärten mit dem gewollten Inhalt des Urteils in Einklang zu bringen. Eine Änderung des gewollten und richtig erklärten Inhalts des Urteils kann nicht mit einem Berichtigungsantrag nach § 107 FGO, sondern nur mit dem gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel erreicht werden (BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 1976 V B 16/76, BFHE 120, 145, BSTBl II 1977, 38; vom 29. Juni 1989 IV B 12/88, BFH/NV 1990, 246).
Die Klägerin macht keine Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten geltend. Auch der Senat kann keine derartigen Fehler des Urteils feststellen. Die Klägerin begehrt vielmehr Änderungen und Ergänzungen des Urteils, die vom FG nicht gewollt sind. Ein solches Ziel kann nur mit dem gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel erreicht werden.
2. Den Antrag auf Berichtigung der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters hat das FG zu Recht zurückgewiesen. Der Antrag war nicht statthaft. Art und Umfang der dienstlichen Äußerung eines abgelehnten Richters liegen in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Hält die ablehnende Partei die dienstliche Äußerung für unrichtig, kann sie beantragen, den abgelehnten Richter als Zeugen zu vernehmen (vgl. § 46 Abs. 1 ZPO), und sich auf dessen Zeugnis berufen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Fundstellen