Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtselbständige Tätigkeit eines Detektivs
Leitsatz (NV)
Für die Frage, ob jemand selbständig oder nichtselbständig tätig ist, ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Die Neufassung der Vorschrift des § 7 Abs. 4 SGB IV durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 hat keine entscheidende Bedeutung für die steuerrechtliche Beurteilung der Selbständigkeit.
Normenkette
UStG 1993 § 2 Abs. 2 Nr. 1; SGB IV § 7 Abs. 4
Tatbestand
I. Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Streitjahren (1995 bis 1997) für ein Detektivbüro als "Subunternehmer" tätig. Die Entlohnung richtete sich nach der Zahl der geleisteten Stunden, die nach einem festen Satz zuzüglich offen ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurden. Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) zur Überzeugung, dass der Kläger nicht selbständig gewesen sei, und nahm ihn ohne Berücksichtigung von Vorsteuern als Rechnungsaussteller für zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Anspruch.
Einspruch und Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde, mit der er grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.
Außerdem hat der Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Verbindung des Beschwerdeverfahrens und des Antrags auf PKH beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
2. Der Antrag auf PKH ist unbegründet.
Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil kein Zulassungsgrund für eine Revision eingreift.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Das ist in der Regel nicht der Fall, wenn die Rechtsfrage schon durch den Bundesfinanzhof (BFH) geklärt ist und von einer erneuten Entscheidung eine weitere Klärung nicht zu erwarten ist oder aber auch, wenn es lediglich um die Anwendung fester Rechtsgrundsätze auf einen bestimmten Sachverhalt geht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196; vom 14. Februar 2002 I B 29/01, BFH/NV 2002, 1033).
Im Streitfall ist eine weitere Klärung des Begriffs der Selbständigkeit durch den BFH nicht zu erwarten; vielmehr geht es um die Anwendung fester Rechtsgrundsätze auf den Streitfall.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Dies bedeutet, dass die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BFH-Urteile vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BFHE 180, 213, BStBl II 1996, 493, und vom 29. Juni 2000 V R 28/99, BFHE 191, 468, BStBl II 2000, 597). Dies gilt gleichermaßen für die Umsatzsteuer und die Ertragsteuern (vgl. BFH in BFHE 180, 213, BStBl II 1996, 493; vom 20. April 1988 X R 40/81, BFHE 153, 437, BStBl II 1988, 804, und vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534). Nicht ausschlaggebend ist die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig (BFH-Urteile in BFHE 153, 437, BStBl II 1988, 804, und in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, m.w.N.). Es besteht keine Bindung zwischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits. Daher vermag die Rechtsprechung zur sog. Scheinselbständigkeit nach § 7 Abs. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch a.F. die steuerrechtliche Beurteilung nicht vorzuprägen (BFH in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534). Daraus folgt, dass auch die Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 2 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621) keine entscheidende Bedeutung für die steuerrechtliche Beurteilung der Selbständigkeit hat. Ein weiterer Klärungsbedarf besteht nicht.
3. Demnach hat auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision keinen Erfolg.
4. Die Entscheidung wegen der PKH ist gerichtsgebührenfrei.
Fundstellen