Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision gegen Urteil in Zolltarifsache
Leitsatz (NV)
1. Eine nach § 116 Abs. 2 FGO zulassungsfreie Revision ist nur gegeben, wenn das Urteil des FG auf einer zolltariflichen Entscheidung beruht.
2. Die bloße Feststellung in der Rechtsmittelbelehrung, dem Beteiligten stehe das Rechtsmittel der Revision zu, genügt nicht als Revisionszulassung.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 1, § 116 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger Goldschmied. Neben Gebrauchsschmuck stellt er auch Miniaturen her.
In seiner Umsatzsteuer-Erklärung für das Streitjahr unterwarf der Kläger nur einen geringen Teil seiner Umsätze dem Regelsteuersatz; beim größeren Teil seiner Umsätze berücksichtigte er den ermäßigten Steuersatz. Nach einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung erachtete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung des Verkaufs der vom Kläger hergestellten Gegenstände für nicht gegeben und unterwarf seine gesamten Umsätze dem Regelsteuersatz.
Der hiergegen erhobene Einspruch und die Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, der Kläger habe für das Streitjahr keine Unterlagen vorgelegt, die eine Prüfung ermöglichten, ob er Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst oder Sammlungsstücke geliefert habe. Darüber hinaus scheitere die Klage daran, daß er keine nach Steuersätzen getrennte Aufzeichnung seiner Umsätze vorgelegt habe. Am Ende der Entscheidungsgründe führt das FG aus: "Die Zulässigkeit der Revision ergibt sich aus § 116 Abs. 2 FGO." Dementsprechend heißt es in der Rechtsmittelbelehrung, daß gegen das Urteil die Revision gegeben ist. Einen Hinweis auf den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde enthält die Rechtsmittelbelehrung nicht.
Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist (§§ 124, 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Ein Fall der nach § 116 Abs. 2 FGO zulassungsfreien Revision ist -- entgegen der Ansicht der Vorinstanz -- nicht gegeben. Eine Zulassung der Revision ist nicht erfolgt.
1. Die Vorentscheidung ist kein Urteil in einer Zolltarifsache (§ 116 Abs. 2 FGO). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt ein ohne Zulassung revisibles Urteil in einer Zolltarifsache vor, wenn das Urteil von einer in ihm getroffenen zolltarifrechtlichen Entscheidung abhängt oder abhängen kann, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die zoll tarifrechtliche Frage die einzige oder auch nur die wesentliche Vorfrage war. Die zolltarifrechtliche Frage muß jedoch eine Rolle spielen; das Urteil muß auf der zolltarifrechtlichen Entscheidung beruhen (vgl. BFH-Beschluß vom 26. Februar 1991 VII R 41/89, BFHE 164, 5, BStBl II 1991, 526 m. w. N.).
Das trifft hier nicht zu. Das FG hat keine zolltarifrechtliche Entscheidung getroffen. Es hat zwar die Klage abgewiesen, weil es die Tatsachen, die für die zolltarifrecht liche Einordnung entscheidend sind, als vom Kläger nicht hinreichend dargelegt ansah. Die Frage, welche Anforderungen an die Darlegung der Tatsachen zu stellen sind, ist auch letztlich unter Zugrunde legung des materiellen Tarifrechts zu entscheiden und könnte daher die Sache zu einer Zolltarifsache nach § 116 Abs. 2 FGO machen (vgl. zu den entsprechenden Nachweispflichten BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VII R 119/92, BFH/NV 1994, 594). Dies scheitert im Streitfall aber daran, daß das FG die Klageabweisung nicht nur darauf gestützt hat, daß die Tatsachen, die für die zolltarifrechtliche Einordnung entscheidend sind, nicht feststellbar sind. Es hat die Klageabweisung daneben -- un abhängig von der zolltarifrechtlichen Einordnung der vom Kläger gelieferten Gegenstände -- darauf gestützt, daß der Kläger seine Pflicht zur getrennten Aufzeichnung der Umsätze nach Steuersätzen gemäß § 22 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 i. V. m. § 63 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung nicht erfüllt habe.
Für die Prüfung, ob das FG richtig entschieden hat, daß der Kläger seine Pflicht zur getrennten Aufzeichnung der Umsätze nach Steuersätzen nicht erfüllt hat und daß bereits allein dieses die Versteuerung sämt licher Lieferungen des Klägers mit dem Regelsteuersatz rechtfertigt, ist nur bei zugelassener Revision Raum; die zulassungsfreie Revision ist insoweit nicht eröffnet (vgl. hinsichtlich von Fragen des Zollrechts BFH in BFHE 164, 5, BStBl II 1991, 526).
2. Die Revision ist auch nicht zugelassen worden. Dies muß ausdrücklich erfolgen. Die bloße Feststellung in der Rechtsmittelbelehrung, den Beteiligten stehe das Rechtsmittel der Revision zu, genügt nicht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 40 mit Nachweisen der Rechtsprechung).
3. Die Rechtsmittelbelehrung in der Vorentscheidung ist, weil Hinweise auf die Nichtzulassungsbeschwerde fehlen, unvollständig, damit unrichtig. Der Kläger hätte mithin noch binnen Jahresfrist Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision einlegen können.
4. Da das FG den Kläger entgegen den vorstehenden Ausführungen dahin belehrt hat, daß die Revision gegen das klageabweisende Urteil gegeben sei, werden gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes für das Revisionsverfahren keine Gerichtskosten erhoben.
Fundstellen