Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugangsvoraussetzungen für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO n. F.
Leitsatz (NV)
Ein zunächst wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO n. F. unzulässiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht wird nicht deshalb im nachhinein zulässig, weil das FA während des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens einen nachträglich bei ihm gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat (Bestätigung der Rechtsprechung zu Art. 3 § 7 Abs. 1 VGFGEntlG; vgl. z. B. BFH-Beschluß in BFHE 192, 8, BStBl II 1980, 49).
Normenkette
FGO § 69 Abs. 4
Gründe
Der Antrag ist unzulässig und deshalb abzulehnen.
1. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist spätestens mit dem Ergehen des Beschlusses des Finanzgerichts (FG), daß dieses der Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin nicht abhelfe, für die Entscheidung nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) -- als Gericht der Hauptsache -- zuständig geworden (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1986 III S 5/86, BFH/NV 1986, 684, Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 69 Rdnr. 125 m. w. N. aus der Rechtsprechung des BFH).
2. Der unmittelbar bei Gericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung erfüllt nicht die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO n. F. Im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht hatte der Antragsgegner (das Finanzamt -- FA --) einen Antrag auf (weitere) Aussetzung der Vollziehung -- da ein solcher beim FA noch nicht gestellt war -- weder ganz noch zum Teil abgelehnt. Auch die Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 2 FGO n. F. lagen im Zeitpunkt der Einreichung des Antrages bei Gericht augenscheinlich nicht vor.
An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, daß das FA während des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens den nachträglich bei ihm gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat. Dadurch konnte der zunächst unzulässige Antrag bei Gericht nicht im nachhinein zulässig werden, weil es sich bei dem Erfordernis des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO n. F. -- entsprechend dem Zweck dieser Vorschrift, die Finanzgerichte zu entlasten -- um eine sog. Zugangsvoraussetzung und nicht um eine Sachentscheidungsvoraussetzung handelt (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rdnr. 62; ständige Rechtsprechung zu Art. 3 § 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Entla stung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, dem Vorläufer des § 69 Abs. 4 FGO n. F.: vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 11. Oktober 1979 IV B 61/79, BFHE 129, 8, BStBl II 1980, 49; vom 29. Mai 1985 II B 2/85, BFH/NV 1986, 107; vom 29. November 1985 VI S 6/85, BFH/NV 1986, 348; vom 20. Dezember 1985 VI B 51/85, BFH/NV 1986, 421; vom 11. Dezember 1985 II S 7/85, BFH/NV 1985, 753; vom 23. Januar 1985 I B 38/83, BFH/NV 1987, 314; vom 28. Mai 1990 V B 13/90, BFH/NV 1991, 698).
Fundstellen
Haufe-Index 423624 |
BFH/NV 1995, 413 |