Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Anwendung des § 6 StAnpG setzt den eindeutigen Nachweis der mißbräuchlichen Rechtsgestaltung, insbesondere der Steuerumgehungsabsicht voraus.
Normenkette
StAnpG § 6
Tatbestand
Streitig ist die Gesellschaftsteuerpflicht von Darlehen, die der Revisionsklägerin (Steuerpflichtigen - Stpfl. -) im Jahre 1951 von ihrem derzeitigen Gesellschafter-Geschäftsführer, dem Kaufmann D, gewährt worden sind.
Die Stpfl. ist im Juni 1951 gegründet und am 15. August 1951 ins Handelsregister eingetragen worden. Das Stammkapital betrug bei der Gründung der GmbH 25.000 DM. Davon übernahm der Bankprokurist R 10.000 DM, der Kaufmann M 15.000 DM.
Den Gegenstand des Unternehmens der Stpfl. bildet neben dem Handel sowie dem Import und Export von Textilerzeugnissen aller Art der Betrieb einer Strumpfwarenfabrik. Einen Teil der für die Strumpfwarenfabrikation erforderlichen Maschinen sollte der Textilingenieur L der Stpfl. zur Verfügung stellen bzw. in diese einbringen. Ungeachtet devisenrechtlicher Schwierigkeiten bei der Einfuhr dieser bereits gebrauchten Maschinen aus dem Ausland konnte der Fabrikationsbetrieb bereits im Jahre 1952 mit den zum Teil umgebauten Maschinen des L sowie mit anderen von der Stpfl. hinzuerworbenen Maschinen und maschinellen Anlagen begonnen werden. Im darauffolgenden Jahr 1952 wurde es auch möglich, daß der Textilingenieur L, der inzwischen von dem Gesellschafter M dessen Stammanteil an der steuerpflichtigen GmbH erworben hatte, die von ihm zur Verfügung gestellten Maschinen im Werte von 180.000 DM formell in die GmbH einbringen konnte, deren Stammkapital gleichzeitig auf 200.000 DM erhöht wurde.
Sowohl der Gründungsvorgang als auch die spätere Erhöhung des Stammkapitals sind durch unangefochtene Vorauszahlungs- bzw. Steuerbescheide der Gesellschaftsteuer unterworfen worden.
Zur weiteren Einrichtung und Ausgestaltung ihres Betriebes bedurfte die Stpfl. erheblicher finanzieller Mittel, die im Kreditwege zunächst vorwiegend von dem Bankhaus N in X zur Verfügung gestellt wurden, bei dem der spätere Gesellschafter der Stpfl., der Kaufmann D, ein Sperrmarkguthaben besaß. Letzterer hatte bereits kurz nach Gründung der steuerpflichtigen GmbH mit dieser zwei Darlehnsverträge vom 9. Juli und 1. Dezember 1951 über je 150.000 DM abgeschlossen, die aber erst nach Erteilung der devisenrechtlichen Genehmigung am 8. September 1952 dadurch vollzogen werden konnten, daß D die zunächst von dem Bankhaus N vorgelegten Kredite nunmehr in der angegebenen Höhe auch formell übernahm. Diese Darlehen im Gesamtbetrag von 300.000 DM waren mit 6,5 v. H. verzinslich und hatten eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 1961; außerdem war in dem Darlehnsvertrag vom 1. Dezember 1951 die Stellung von Sicherheiten vorgesehen.
D, der seit 1955 als Angestellter mit einem Jahresgehalt von 20.000 DM bei der Stpfl. tätig war, wurde erst Ende 1957 Gesellschafter der GmbH, indem er durch einen Vertrag vom 5. November 1957 die Stammanteile des Gesellschafters L im Nennwert von 190.000 DM kaufte. Gleichzeitig wurde er zum alleinigen Geschäftsführer der steuerpflichtigen GmbH bestellt.
Nachdem beim Finanzamt (FA) der Verkauf der GmbH-Anteile des bisherigen Gesellschafters L an D bekanntgeworden war - aus dem sich ergab, daß der Darlehnsgeber D mit dem Erwerb dieser Anteile nunmehr auch Gesellschafter der GmbH war -, zog es die Stpfl. nach § 3 KVStG mit dem Wert der Darlehen zur Gesellschaftsteuer heran, indem es davon ausging, daß die Darlehnsgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt habe.
Der Einspruch, in dem die Stpfl. geltend machte, ihr Gesellschafter D habe seine Darlehnsforderung in Höhe von 300.000 DM bereits am 30. Juni bzw. 10 November 1955, d. h. vor dem Zeitpunkt des Erwerbs der GmbH-Anteile durch D, an das Bankhaus Y in Z abgetreten, blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies auch die Berufung der Stpfl. in der letztere erneut Freistellung von der Gesellschaftsteuer beantragt und dazu u. a. ausgeführt hatte, die Ablehnung dieses Antrags könne nicht damit begründet werden, daß das Bankhaus Y - wie übrigens auch andere ausländische Banken - die Erteilung von Auskünften und die Abgabe von Erklärungen an Finanzbehörden außerhalb des Landes grundsätzlich verweigere, als unbegründet zurück. Das FG gelangte auf Grund seiner eigenen Ermittlungen und insbesondere nach der Vernehmung des Gesellschafter- Geschäftsführers D durch den Kammervorsitzenden zu der überzeugung, D habe bei der Darlehnshingabe nicht in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu der Stpfl. gestanden. D habe die Gesellschaftsrechte von L vielmehr erst 1957 erworben. Da er seine Darlehnsforderung aber bereits 1955 an das Bankhaus Y abgetreten habe, sei er formell zu keiner Zeit gleichzeitig Gesellschafter und Gläubiger der Stpfl. gewesen. Trotzdem sei die Steuerpflicht aus § 3 KVStG zu bejahen, weil nach den besonderen Umständen des Falles, insbesondere unter Berücksichtigung der Beziehungen, die zwischen D und dem Bankhaus Y bestanden hätten, in der Abtretung der Darlehnsforderung an das genannte Bankhaus ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 6 StAnpG erblickt werden müsse, durch den die sich aus § 3 KVStG ergebende Steuerpflicht weder umgangen noch gemindert werden dürfe.
Mit der Rb. rügt die Stpfl. fehlerhafte Anwendung des geltenden Rechts und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Sie führt aus, die Anwendung des § 6 StAnpG setze eine mißbräuchliche Gestaltung innerhalb der eigenen Geschäftssphäre der Stpfl. voraus. Die Abtretung einer Forderung an eine "absolut" fremde Person könne an sich den Tatbestand des § 6 StAnpG nicht erfüllen. Die Auffassung des FG, daß ein solcher Tatbestand vorliege, hätte allenfalls dann eine gewisse Berechtigung, wenn der Kaufmann D im Zeitpunkt der Abtretung seiner Forderung, d. h. im Jahre 1955 gewußt hätte, daß er zwei Jahre später Gesellschafter der GmbH werden würde. Dies sei aber im Jahre 1955 in keiner Weise vorauszusehen gewesen. Davon abgesehen habe das FG den Boden der Tatsachen verlassen, wenn es zur Begründung seiner Entscheidung ausführe, im Streitfall sprächen gewichtige Gründe dafür, daß ein solcher Mißbrauch vorliege, insbesondere daß durch irgendwelche Vereinbarungen - Beteiligungsverhältnisse, Gegengeschäfte, Nebenabreden o. ä. - zwischen den Beteiligten eine Regelung getroffen worden sei, die den durch die Abtretung geschaffenen formellen Rechtszustand wirtschaftlich wieder aufgehoben habe. Im übrigen genüge dies zur Anwendung des § 6 StAnpG nicht, vielmehr setze die Anwendung dieser Vorschrift voraus, daß dem Stpfl. der Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts nachgewiesen werde.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 gemäß §§ 115, 184, Abs. 1 und 2 Nrn. 1 und 2 FGO in Verbindung mit § 286 AO a. F. als Revision zu behandelnde Rb. ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Nach § 3 Abs. 1 KVStG unterliegt auch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, wenn die Darlehnsgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt. Die Besteuerung von Darlehnsgewährungen bei Anwendung des § 3 Abs. 1 KVStG setzt demgemäß - neben der hier nicht streitigen Besonderheit, daß die in Betracht kommenden Darlehen als Ersatz notwendigen Eigenkapitals dienen - voraus, daß der Darlehnsgeber ein Gesellschafter der darlehnsnehmenden Kapitalgesellschaft ist.
Nach den Ausführungen der Vorinstanz in der Begründung des angefochtenen Urteils konnte eine dahingehende Feststellung für den Zeitpunkt der Darlehnsgewährung nicht getroffen werden. Das FG hielt es vielmehr - ungeachtet der engen persönlichen Beziehungen des Darlehnsgebers D zu dem von Anfang an als Gesellschafter vorgesehenen späteren Gesellschafter- Geschäftsführer L - für glaubhaft, daß rein kaufmännische Gründe, insbesondere die Möglichkeit einer günstigen Kapitalanlage in der damals besonders blühenden Textilbranche, den Darlehnsgeber zur Darlehnshingabe bestimmt haben, so daß weder mittelbar noch unmittelbar eine Darlehnsgewährung durch einen Gesellschafter als vorliegend zu erachten ist.
Diese negative Feststellung des FG würde indessen die Anwendung des § 3 Abs. 1 KVStG nicht unbedingt ausschließen. Denn eine Besteuerung der Darlehnsgewährung würde auch im Falle eines späteren Erwerbs von Gesellschaftsrechten der Darlehnsnehmerin durch den Darlehnsgeber in Betracht kommen. Jedenfalls hat der RFH bereits in dem Urteil II A 293/27 vom 24. Juni 1927 (Slg. Bd. 21 S. 229, RStBl 1927 S. 183) entschieden, daß die Steuerpflicht eines Darlehens im Sinne des damaligen § 6 c KVStG - an dessen Stelle der heutige § 3 KVStG getreten ist - auch dann begründet sein kann, wenn der Gläubiger des Darlehens erst nachträglich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft wird. Diesem Grundsatz ist auch für das geltende Recht beizupflichten (vgl. hierzu Egly, Gesellschaftsteuer-Kommentar 1959/1960, II. Teil, Abschn. 73 S. 136; Boruttau-Schadeck, "Kapitalverkehrsteuer", 2. Aufl., Abschn. 18 "Gesellschafterdarlehen" auf S. 100; insoweit auch Urteil des BFH II 42/59 U vom 26. Oktober 1962, BStBl 1963 III S. 21, Slg. Bd. 76 S. 56). Voraussetzung für die Besteuerung ist aber in jedem Fall, daß Gläubiger- und Gesellschafterstellung zeitlich zusammenfallen. Daran fehlt es nach den für den erkennenden Senat verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils; denn wie das FG überzeugend darlegt, ist der Kaufmann D zu keinem Zeitpunkte gleichzeitig Gesellschafter der Stpfl. und ihr Gläubiger gewesen. D hat seine Gesellschaftsrechte erst 1957 erworben, was übrigens auch das FA nicht bestreitet. Seine Darlehnsforderungen sind aber nach den einwandfrei getroffenen Feststellungen des FG bereits im Jahre 1955 rechtswirksam abgetreten worden.
Das FG hat dessenungeachtet die Steuerfestsetzung des FA aufrechterhalten, weil es in der Abtretung der Darlehnsforderungen an das Bankhaus Y eine mißbräuchliche Rechtsgestaltung erblickt. Es hält deshalb die Abtretung der Darlehnsforderung, soweit deren Kapitalverkehrsteuerpflicht in Frage steht, für unbeachtlich.
In der Tat schreibt § 6 StAnpG, auf den die Vorinstanz ausdrücklich Bezug genommen hat, im Abs. 1 vor, daß die Steuerpflicht durch den Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts nicht umgangen oder gemindert werden darf. Liegt ein derartiger Mißbrauch vor, so sind gemäß § 6 Abs. 2 StAnpG die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessen rechtlichen Gestaltung zu erheben gewesen wären.
Die Anwendung dieser Vorschrift setzt zunächst eine Handlung (Unterlassung) voraus, die zur Steuerumgehung dient. Als solche kann im Streitfall nur die Abtretung der Darlehnsrechte an das Bankhaus Y in Betracht kommen; denn der spätere Erwerb der Gesellschaftsrechte durch D im Jahre 1957 würde zu einer Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands des § 3 Abs. 1 KVStG geführt haben, wenn der neue Gesellschafter D nicht zuvor seine Darlehnsansprüche gegen die Stpfl. an das Bankhaus Y abgetreten hätte. Indessen ist nicht jede Handlung, welche die Erfüllung steuergesetzlicher Tatbestände verhindert und damit den Eintritt der Steuerpflicht ganz oder teilweise unmöglich macht, als Umgehungshandlung im Sinne des § 6 StAnpG zu werten. Da es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt ist, seine Rechtsverhältnisse beliebig zu gestalten und insbesondere seine Angelegenheiten in einer für ihn auch steuerlich günstigen und vorteilhaften Weise zu ordnen, so kann ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 6 StAnpG nur dann ernsthaft in Betracht gezogen werden, wenn nicht nur zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Zieles ein nach bürgerlichem Recht ungewöhnlicher Weg gewählt wird; entscheidend muß hinzukommen, daß durch diesen ungewöhnlichen Weg ein steuerlicher Erfolg erreicht werden soll, der bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung vom Gesetz mißbilligt wird (vgl. Urteile des BFH II 175/61 U vom 14. Oktober 1964, BStBl 1964 III S. 667, Slg. Bd. 80 S. 539, und II 119/62 U vom 20. Oktober 1965, BStBl 1965 III S. 697, Slg. Bd. 83 S. 545). Deshalb ist insbesondere auch die Feststellung der Steuerumgehungsabsicht erforderlich, um § 6 StAnpG zur Anwendung bringen zu können.
Die Stpfl. hat in der Begründung ihrer Rb. (Revision) ausgeführt, daß die Abtretung einer Forderung an eine "absolut" fremde Person den Tatbestand des § 6 StAnpG ohnehin nicht erfüllen könne. Sie hat diese Rechtsbehauptung allerdings für den Fall eingeschränkt, daß D schon im Zeitpunkt der Abtretung, d. h. im Jahre 1955, gewußt hätte, er werde zwei Jahre später Gesellschafter der steuerpflichtigen GmbH werden. Sie bestreitet jedoch die Voraussehbarkeit dieses Ereignisses, da sich die Erlangung der Gesellschaftereigenschaft erst im Jahre 1957 auf Grund von Umständen als erforderlich erwiesen habe, die nach dem Tage der Abtretung eingetreten seien.
Wenngleich entgegen den äußerungen der Stpfl. potentiell der gesetzliche Tatbestand des § 6 StAnpG, wie schon ausgeführt, auch durch die Abtretung einer Darlehnsforderung erfüllt werden kann - das Gesetz macht insoweit hinsichtlich der Gestaltung der möglichen Tatbestände keine Ausnahme -, wenn diese nachweisbar zum Zwecke der Steuerumgehung erfolgt ist, so muß der Stpfl. doch darin beigestimmt werden, daß gerade im Streitfall eine Steuerumgehungsabsicht nur dann angenommen werden könnte, wenn dem Gläubiger D schon im Zeitpunkt der Abtretung bekannt gewesen wäre oder er jedenfalls damit gerechnet hätte, er selbst werde aller Voraussicht nach Gesellschafter der Darlehnsnehmerin werden. Denn wenn eine solche Erwartung im Zeitpunkt der Abtretung nicht bestand, so war auch für den Darlehnsgläubiger nicht damit zu rechnen, daß durch seine Abtretung der Eintritt der Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 KVStG vereitelt werde. Das angefochtene Urteil enthält eine derartige Feststellung nicht.
Im übrigen würde eine solche Feststellung allein nicht genügt haben, die Anwendung des § 6 StAnpG im Streitfall zu rechtfertigen; vielmehr hätte es dazu noch der ausdrücklichen Feststellung bedurft, daß gerade diese Abtretung zum Zwecke der Steuerumgehung erfolgt, daß also diese Art der Rechtsgestaltung nicht durch andere wirtschaftlich beachtliche und deshalb anzuerkennende Beweggründe des Darlehnsgebers veranlaßt worden sei. Insoweit hat das FG keine bestimmte Feststellungen getroffen, die es ausschließen würden, daß der spätere Gesellschafter der Stpfl. auch aus anderen als steuerlichen Gründen, insbesondere aus wirtschaftlichen Erwägungen, so gehandelt hat, wie es tatsächlich geschehen ist. Das FG hat sich im wesentlichen darauf beschränkt, eine Anzahl von Gründen anzuführen, die insbesondere das Verhalten des Bankhauses Y, an das D seine Darlehnsforderungen abgetreten hat, als ungewöhnlich erscheinen lassen. Selbst wenn man aber mit der Vorinstanz darin übereinstimmen würde, daß das Verhalten des Bankhauses ein ungewöhnliches ist und daß möglicherweise besondere Vereinbarungen zwischen dem Bankhaus Y und D bestanden haben, die das Bankhaus Y zu diesem Verhalten veranlaßten, so ist damit doch nicht auszuschließen, daß der damalige Darlehnsgläubiger D selbst im Zeitpunkt der Abtretung nicht die Umgehung der Steuer beabsichtigt, sondern andere wirtschaftliche Ziele verfolgt hat. Die Feststellungen des FG reichen schon deshalb für die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs nicht aus, weil - wie oben bemerkt - nicht geklärt werden konnte, ob überhaupt im Zeitpunkt der Abtretung durch D damit gerechnet worden ist, daß er späterhin Gesellschafter der Stpfl. werden sollte. Sie reichen aber auch deshalb nicht aus, weil sie es keineswegs ausschließen, daß für D auch andere als steuerliche Gründe Veranlassung zur Abtretung gegeben haben können. Denkbar wäre es z. B., daß D die Abtretung vorgenommen hat, um sich auf diese Weise anderer Schulden bei dem Bankhaus Y oder auch bei dritten im Ausland ansässigen Gläubigern zu entledigen. Diese und andere Möglichkeiten, die durchaus sachgemäßen wirtschaftlichen Erwägungen entsprechen können, werden durch die Beweisführung des FG nicht ausgeschlossen, und es ist der Rb. (Revision) darin beizupflichten, daß die Annahme des FG zum Teil auf Mutmaßungen beruht und damit den Boden der Tatsachen verläßt. Im übrigen genügt es zur Anwendung des § 6 StAnpG nicht, wenn es im Einzelfall gewisse Anhaltspunkte für einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts gibt. Vielmehr setzt die Anwendung des § 6 StAnpG voraus, daß der Mißbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten und insbesondere die Absicht der Steuerumgehung dem Stpfl. eindeutig nachgewiesen werden. Dazu reichen die vom FG getroffenen Feststellungen nicht aus. Das angefochtene Urteil des FG unterliegt deshalb der Aufhebung.
Von einer Zurückverweisung der Sache an das FG war abzusehen, da nach den überzeugenden Ausführungen des angefochtenen Urteils das Gericht seine Aufklärungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft hat, eine weitere Klärung des Sachverhalts also auch bei einer etwaigen Zurückverweisung an die Vorinstanz, zumal nach der Länge der inzwischen vergangenen Zeit, nicht zu erwarten wäre. Da einerseits die getroffenen Feststellungen des FG für den Nachweis einer Steuerumgehungsabsicht nicht ausreichen, andererseits das FG festgestellt hat, daß im Jahre 1955 eine Vollabtretung der Darlehnsforderungen, also nicht etwa nur eine lediglich fiduziarische Abtretung stattgefunden hat - in letzterem Falle wäre sonst die Steuerpflicht möglicherweise unabhängig von § 6 StAnpG zu bejahen gewesen -, so waren das angefochtene Urteil ebenso wie die Einspruchsentscheidung des FA und der ihr zugrunde liegende Steuerbescheid ersatzlos aufzuheben und die Stpfl. von der Gesellschaftsteuer freizustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 412031 |
BStBl III 1966, 509 |
BFHE 1966, 396 |
BFHE 86, 396 |