Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Umsatzsteuerpflicht von Reisebüros, die gegen Leistung von Pauschalpreisen die Reiseteilnehmer mit eigenen Omnibussen an das Reiseziel befördern, während die Unterbringung und Verpflegung der Reiseteilnehmer durch selbständige Unternehmer ausgeführt wird.
Normenkette
UStG § 5/3, § 10/1/4
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) hat im Jahre 1953 mit eigenen Omnibussen Gesellschaftsreisen nach Orten des In- und Auslandes veranstaltet. Gegen Zahlung je eines bestimmten Pauschbetrages beförderte er die Reiseteilnehmer an die Reiseziele, nachdem er vor jeder einzelnen Reise durch Verhandlungen mit den dortigen Hoteliers oder Gastwirten und dergleichen die Unterbringung und die Verpflegung der Reiseteilnehmer vereinbart gehabt hatte. In seinen Prospekten war verlautbart: ".... Bitte .... überlassen Sie mir die Sorge um Ihr Wohlergehen und Vergnügen ..." "Ich biete Ihnen: Beste Quartiere, Verpflegung sehr gut und reichlich, äußerst kalkulierte Preise ..." Auf der letzten Seite der Prospekte befand sich unter der überschrift "Allgemeine Reisebedingungen und Hinweise" der Vermerk: "Bei allen Fahrten trete ich als Vermittler für die in Anspruch genommenen Hotel-, Gasthof- und Privatquartiere auf ...".
Den Preis für die übernachtung und Verpflegung der Reiseteilnehmer zahlte der Bf. an die Inhaber der Hotels oder Gasthöfe oder dergleichen. Diese Beträge setzte er als durchlaufende Posten von seinen der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Einnahmen ab. Das Finanzamt erkannte die Eigenschaft der Beträge als durchlaufender Posten nicht an. Das Finanzgericht ist der Ansicht des Finanzamts beigetreten, es hat jedoch die für die Unterbringung und Verpflegung der Reiseteilnehmer im Ausland gezahlten Beträge als Umsätze, die nicht im Inlande getätigt worden waren, als nicht steuerbar behandelt.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) beruft sich der Bf. erneut auf die Eigenschaft der hier in Betracht kommenden Beträge als durchlaufender Posten. Er führt aus, trotz des von dem Reiseteilnehmer zu zahlenden Gesamtentgeltes lägen zwei auseinanderzuhaltende Leistungen vor, nämlich die Beförderungsleistung und die Vermittlung der Leistung von Unterkunft und Verpflegung. Die Wirte, Hoteliers usw. seien nicht seine Erfüllungsgehilfen.
Entscheidungsgründe
Der Rb. ist der Erfolg nicht zu versagen.
Es triff zwar zu, daß das Entgelt, das ein Reiseteilnehmer pauschal an den Bf. zahlt, die Kosten der gesamten angekündigten Reise deckt, an der sich der Interessent beteiligt. Die Durchführung einer solchen Reise bringt aber ganz verschiedenartige Leistungen des Reiseveranstalters mit sich, wenn er die Beförderung mit eigenen Omnibussen selbst durchführt, im übrigen aber mit Hoteliers, Gastwirten, Inhabern von Logierhäusern usw. wegen der Unterkunft und Verpflegung der Reiseteilnehmer verhandelt und Vereinbarungen trifft. Heutzutage pflegt allgemein bekannt zu sein, daß ein kleines Reisebüro, wie es der Bf. im Jahre 1953 betrieb, allenfalls die Beförderung selbst durchführt, wenn es sich nicht auch insoweit der Eisenbahn, eines Schiffahrts- oder eines anderen Beförderungsunternehmens bedient, daß aber das Reisebüro nicht auch selbst die Hotels usw. in den auf der Reise besuchten Orten bewirtschaftet.
überdies wird in der Regel jeder Reiseteilnehmer bei Fällen dieser Art durch einen Hinweis in den Prospekten, wie es auch für den vorliegenden Fall zutrifft, ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß das die Reise durchführende Reisebüro hinsichtlich der Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer als Vermittler auftritt.
Das Entgelt jedes Reiseteilnehmers war also im vorliegenden Falle für zwei Leistungen gezahlt worden einmal für eine Beförderungsleistung und zum anderen für eine Vermittlungsleistung. Schon der Reichsfinanzhof hat mit Urteil V 31/40 vom 4. Februar 1943 (RStBl 1943 S. 221) ausgeführt, daß derartige Umsätze auseinanderzuhalten sind, auch wenn das dafür gezahlte Entgelt zusammengerechnet und zusammen entrichtet wird. Anders dürften die Fälle zu beurteilen sein, bei denen ein Reisebüro ein ganzes Hotel oder Gasthaus oder Teile davon oder eine bestimmte Anzahl von Zimmern für einen Teil des Jahres mietet und dort die Teilnehmer verschiedener, zeitlich aufeinanderfolgender Reisegesellschaften unterbringt und gegebenenfalls auch verpflegt.
Die in den an den Bf. gezahlten Pauschalbeträgen der Reiseteilnehmer enthaltenen Beträge für Unterkunft und Verpflegung können nur dann die Eigenschaft durchlaufender Posten haben, wenn insoweit unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Reiseteilnehmer und dem jeweiligen Hotelier usw. zustande gekommen sind. Das aber ist für den vorliegenden Fall zu bejahen. Wenn der Bf. vor Beginn der Reise an einen Hotelier schrieb: "Ich bestelle für die Zeit vom .... bis ..... 15 Zweibettzimmer und 4 Einzelzimmer sowie Frühstück für 34 Personen" und dergleichen, so wußte der Hotelier, daß der Bf. insoweit nicht für sich und seine Familie, sondern daß er für Teilnehmer an einer Pauschalreise bestellte. Ebenso wußte jeder Reiseteilnehmer, daß sich der Bf. als Vermittler um die Unterkunft und Verpflegung bemühte. Es wußte zwar zunächst weder der Hotelier die Namen der Reiseteilnehmer, noch wußte der Reiseteilnehmer, wo er untergebracht und verpflegt werden würde. Ein solches von vornherein vorhandenes Wissen ist jedoch nicht notwendig, wenn nur überhaupt einmal die Vertragsparteien anläßlich des Vermittlungsgeschäfts gegenseitig voneinander Kenntnis nehmen und an dieser Kenntnisnahme auch Interesse haben (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 36, 32 vom 21. Dezember 1934, RStBl 1935 S. 712). Das traf hier zu. Der Hotelier erfuhr schon im Interesse der polizeilichen Anmeldung seiner Gäste, aber auch im eigenen Interesse, wen er bei sich zur übernachtung aufnahm, der Reiseteilnehmer nahm ebenfalls im eigenen Interesse davon Kenntnis, wo und wie er untergebracht war. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen jedem Reiseteilnehmer und dem Hotelier waren sonach zustande gekommen. Sollte der Bf., insbesondere bei der Hin- und Rückreise, bei Gastwirtschaften nicht die Unterbringung der Reiseteilnehmer, sondern nur deren Verpflegung für eine Mahlzeit oder mehrere Mahlzeiten vermittelt haben, so werden in solchen Fällen zwar die Gastwirte nicht die Namen der Reiseteilnehmer erfahren haben, weil es in Speisewirtschaften nicht üblich ist, daß der Wirt die Namen der Gäste feststellt. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Gastwirt und Reiseteilnehmer kommen aber in Fällen solcher Art gleichwohl zustande, und zwar schon dadurch, daß sich die Reiseteilnehmer nicht im Reisepauschalpreise inbegriffene Getränke, Tabakwaren, Ansichtskarten und dergleichen bei dem Gastwirt zu kaufen pflegen, und der Gastwirt im Hinblick auf derartige Einnahmen und allgemein im Interesse der Werbung für seine Gastwirtschaft Wert auf die Reiseteilnehmer als Gäste, der Reiseteilnehmer seinerseits Wert auf aufmerksame Bedienung legt. Beschwerden, die ein Reiseteilnehmer vielleicht vorzubringen hat, wird er in Speisewirtschaften dem Bedienungspersonal, in Hotels dem Portier, dem sonstigen Personal oder dem Hotelbesitzer gegenüber geltend machen. Wendet er sich insoweit an den vom Reisebüro mitgesandten Reiseleiter, so nicht deshalb, weil er das Reisebüro als Vertragsteilnehmer des Hoteliers hinsichtlich der Unterbringung und Verpflegung der Reiseteilnehmer ansieht, sondern deshalb, weil der Vertreter des Reisebüros mit dem Hotelier oder dessen Personal schon verhandelt hat und darum besser in der Lage ist, im Namen des Reiseteilnehmers für diesen aufzutreten.
Bedenken könnten insoweit bestehen, als die Reiseteilnehmer nicht die Höhe der für die Unterkunft und Verpflegung vereinbarten Preise erfahren. Es kann jedoch unbedenklich ihre Zustimmung zu dem, was der Hotelier oder Gastwirt mit dem Reisebüro im Interesse der Reiseteilnehmer vereinbart haben, unterstellt werden, zumal da der vom Reiseteilnehmer gezahlte Pauschalpreis diese Kosten mit deckt.
Sind somit trotz des Wortlautes der vom Bf. verwendeten Prospektankündigungen: "Bitte überlassen Sie mir die Sorge für Ihr Wohlergehen" und "Ich biete Ihnen: Beste Quartiere usw." unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Hotelier, Gastwirt usw. einerseits und Reiseteilnehmer andererseits zustande gekommen, so haben die von dem Bf. vereinbarten Entgelte insoweit, als sie an die Hoteliers usw. für die Unterbringung und Verpflegung der Reiseteilnehmer gezahlt worden sind, die Eigenschaft durchlaufender Posten.
An sich unterläge der überschuß, den der Bf. im Rahmen des Reisekosten-Pauschalbetrages für die Unterbringung und Verpflegung der Reiseteilnehmer vereinnahmt und als Vermittlungsprovision einbehält, der Umsatzsteuer. Da aber fast alle Umsätze des Bf. unter § 4 Ziff. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) fallen und somit nach § 13 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz bei der Berücksichtigung des Gesamtumsatzes auszuscheiden haben, daneben vom Bf. nur noch rund 1.350 DM an Umsätzen erzielt worden sind, und die Provisionen auf Grund der im Inlande für Unterkunft und Verpflegung der Reiseteilnehmer insgesamt gezahlten rund 19.300 DM keinesfalls zusammen mit den erwähnten 1.350 DM den Betrag von 12.000 DM überstiegen haben können, greift insoweit § 4 Ziff. 17 UStG ein. Diese Vermittlungsprovisionen sind also ebenfalls umsatzsteuerfrei.
Das Urteil der Vorinstanz ist daher aufzuheben. Der Fall ist spruchreif. Die Umsatzsteuer wird auf 53,75 DM festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 409417 |
BStBl III 1959, 358 |
BFHE 1960, 255 |
BFHE 69, 255 |