Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird ein stark kriegsbeschädigtes Gebäude wiederaufgebaut, so rechnen in der Regel die gesamten Aufwendungen für den Wiederaufbau zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 S. 1, § 7
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) betrieb früher ein Baugeschäft; jetzt vermietet sie hauptsächlich Sammel- und Einzelgaragen auf ihrem Grundstück; nur noch gelegentlich übernimmt sie Bauaufträge. Das Grundstück war schwer kriegsbeschädigt. Die gesamten Aufwendungen für den Wiederaufbau der Gebäude in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1951 betrugen rund 118 000 DM. Die Bfin. aktivierte davon zum 31. Dezember 1950 für die Auffahrtrampe 3 217 DM und zum 31. Dezember 1951 für die neue Autohalle 39 620 DM. Den Rest der Aufwendungen von rund 75 000 DM buchte sie als Instandsetzungskosten über Unkosten. Das Finanzamt aktivierte von den abgeschriebenen Aufwendungen die folgenden Beträge: Bilanz - - - - - - - - - - Gesamtaufwendungen - - - aktiviert 31. Dezember 1949 - - - - - rund 50 000 DM - - - - 30 000 DM 31. Dezember 1951 - - - - - rund 25 000 DM - - - - 5 000 DM.
Das Finanzgericht trat unter Berufung auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 8/53 U vom 9. Juli 1953 (BStBl 1953 III S. 245, Slg. Bd. 57 S. 639) und IV 438/54 S vom 21. April 1955 (BStBl 1955 III S. 173, Slg. Bd. 60 S. 453) der Auffassung des Finanzamts bei. Es führte aus, die Wertverbesserungen des Grundstücks durch die Aufbauten seien im Streitfall so erheblich gewesen, daß man die Aufbaukosten als Herstellungskosten ansehen müsse. Der Einheitswert des Grundstücks habe sich infolge des Neubaus in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum 1. Januar 1952 fast verzwölffacht. Auch der Art nach seien die Aufwendungen als Herstellungskosten anzusehen. Die Mieterträge seien in den Jahren 1950 und 1951 erheblich gestiegen. Das Finanzamt sei der Bfin. weit entgegengekommen, wenn es von den Gesamtkosten rund 40 000 DM sofort als Instandhaltungskosten habe abziehen lassen. Diese großzügige Behandlung sei im Streitfall vertretbar, weil es sich um die Beseitigung von Kriegsschäden gehandelt habe. Es seien an den Gebäuderesten Instandsetzungsarbeiten ausgeführt worden, die auch getrennt vom Wiederaufbau hätten durchgeführt werden können. Sie wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit dem Wiederaufbau ebenfalls zu aktivieren, sei nicht gerechtfertigt. Ferner müßten Instandhaltungskosten an einigen neu erstellten Anlagen berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rechtsbeschwerde (Rb.) ergibt:
Wird ein stark kriegsbeschädigtes Gebäude wiederaufgebaut, so sind in der Regel die gesamten Kosten, die sachlich und zeitlich mit dem Wiederaufbau zusammenhängen, aktivierungspflichtige Herstellungskosten. Das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 438/54 S a. a. O. ergibt nichts anderes. Dort wird vielmehr in Abschnitt II 1 mit Recht betont, daß auch für die Beseitigung von Kriegsschäden die allgemeinen Grundsätze über Herstellungskosten gelten, wie sie in dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 8/53 U a. a. O. entwickelt sind.
Sind die Kosten der Beseitigung von Kriegsschäden Herstellungskosten, so ist es im allgemeinen nicht möglich, einen Teil der einheitlichen Kosten des Wiederaufbaus als Instandhaltungskosten sofort abzuschreiben. Es gelten hier ähnliche Grundsätze, wie sie der Senat für einheitliche Aufwendungen zur Modernisierung eines neu erworbenen Gebäudes entwickelt hat (Urteil I 176/54 U vom 25. Oktober 1955, BStBl 1955 III S. 388, Slg. Bd. 61 S. 489). Jedenfalls bedarf es einer besonderen Begründung, wenn ein Teil der Kosten ausnahmsweise als Instandhaltungsaufwand sofort abgeschrieben werden soll.
Das Finanzgericht hat rund 40 000 DM, d. h. rund 35 v. H. der gesamten Aufbaukosten in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1951, als sofort abzugsfähigen Instandhaltungsaufwand für die erhalten gebliebenen Gebäudeteile und die inzwischen erstellten neuen Anlagen berücksichtigt. Es ist rechtlich zweifelhaft, ob es damit den Begriff der Herstellungskosten im Sinne der vorstehenden Rechtsgrundsätze richtig angewendet hat. Im allgemeinen werden Instandhaltungskosten an den Resten so schwer kriegsbeschädigter Gebäude überhaupt nicht in Betracht kommen. Die Kosten für ihre Herrichtung zur Verwendung beim Wiederaufbau des Gebäudes müssen im allgemeinen zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes gerechnet werden. Daß durch die Unterhaltung der neu geschaffenen Anlagen aber Kosten in Höhe von etwa 40 000 DM entstanden sein könnten, ist unwahrscheinlich. Das Finanzgericht muß bei der erneuten Entscheidung diese Fragen nochmals prüfen.
Fundstellen
Haufe-Index 409297 |
BStBl III 1959, 320 |
BFHE 1960, 151 |
BFHE 69, 151 |
BB 1959, 657 |
DB 1959, 847 |