Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Steuerzahlungen auf Aufteilungsbeträge
Leitsatz (amtlich)
Zur Anrechnung von Zahlungen, die nach Einleitung der Vollstreckung von einem bzw. beiden Gesamtschuldnern (Ehegatten) auf die Einkommensteuerschuld geleistet worden sind, auf die sich nach Aufteilung der Gesamtschuld ergebenden Steuerbeträge.
Orientierungssatz
Hier: Bestimmung des Erstattungsgläubigers nach § 37 Abs. 2 AO 1977 insbesondere für die Fälle der Gesamtschuldnerschaft von zusammenveranlagten Ehegatten und Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf die Frage, bei welchem der beiden Schuldner (Ehegatten) eine auf die Gesamtschuld geleistete Zahlung nach § 276 Abs. 6 AO 1977 auf die aufgeteilte Steuerschuld anzurechnen ist; Tilgungswillen bei getrennt lebenden Ehegatten im Zeitpunkt der Zahlung.
Normenkette
AO 1977 §§ 268, 276 Abs. 6, § 37 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr früherer Ehemann, der Beigeladene, wurden für das Kalenderjahr 1980 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Nachdem das beklagte und revisionsbeklagte Finanzamt (FA) wegen rückständiger Steuern u.a. auch aus der Einkommensteuerveranlagung 1980 die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin und den Beigeladenen betrieb, wurde mit einem auf ein gemeinsames Konto der Eheleute bei der C-Bank gezogenen Scheck vom 30. September 1985 eine Zahlung in Höhe von 100 000 DM auf die Einkommensteuer 1980 geleistet. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist der Scheck von der Klägerin ausgestellt und unterzeichnet und von dem Beigeladenen persönlich dem Sachgebietsleiter der Vollstreckungsstelle des FA übergeben worden.
Im Jahre 1986 beantragte die Klägerin u.a. die Aufteilung der Einkommensteuerschuld gemäß §§ 268 ff. der Abgabenordnung (AO 1977). Nach dem Aufteilungsbescheid entfiel auf die Klägerin eine rückständige Steuer von 0 DM. Auf die auf den Beigeladenen entfallende Steuerschuld von über 600 000 DM rechnete das FA u.a. die Scheckzahlung von 100 000 DM an. Der Einspruch und die Klage gegen den Aufteilungsbescheid, mit denen die Klägerin geltend machte, die Zahlung in Höhe von 100 000 DM sei aus ihrem Vermögen geleistet worden (Erlös aus dem Verkauf eines ihr gehörenden Grundstücks), um auf Drängen des FA ihre eigene Steuerschuld zu tilgen, und deshalb auf ihren Anteil an der Einkommensteuerschuld 1980 anzurechnen, blieben erfolglos.
Das FG führte aus, die streitige Zahlung sei nicht i.S. des § 276 Abs. 6 AO 1977 von der Klägerin oder für die Klägerin geleistet worden. Durch die Hingabe des Schecks als Zahlungsmittel (§ 224 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977) habe der Beigeladene die Zahlung geleistet, ohne daß dem FA gegenüber bekundet worden sei, daß es sich um eine Leistung der Klägerin handeln solle. Aus dem Umstand, daß die Klägerin den Scheck ausgestellt habe, lasse sich nichts anderes entnehmen.
Für die Beantwortung der Frage, von wem oder für wen geleistet worden sei, komme es allein darauf an, wie der Zahlungsempfänger nach den nach außen erfolgten Bekundungen der Schuldnerseite die Zahlung habe verstehen dürfen und müssen. Nach dem Gesamtbild des vorliegenden Falles sei nicht ersichtlich, daß tatsächlich für die Klägerin geleistet worden sei. Die Klägerin habe gegenüber dem FA im Mai 1985 erklärt, daß auch sie für die gemeinsamen Schulden einstehen wolle - also auch für die des Beigeladenen. Angesichts der Einkommensverhältnisse des Jahres 1980 habe der Klägerin auch klar sein müssen, daß die Steuerschulden auf den Einkünften des Beigeladenen und nicht auf ihren Einkünften beruhten. Selbst wenn die Steuer vom gemeinsamen Konto der Klägerin und des Beigeladenen entrichtet worden sei mit Mitteln, die zum Teil aus dem Vermögen der Klägerin stammen sollten, habe dies vom FA nicht als eine Zahlung für Rechnung der Klägerin verstanden werden müssen.
Im Streitfall könne auch keine Zahlung für Rechnung beider Ehegatten angenommen werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zwar ausgesprochen, es entspreche natürlicher Betrachtungsweise und regelmäßiger Absicht, daß derjenige, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirke, bei bestehender und intakter Ehe nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen Ehegatten von seiner Steuerschuld befreien wolle; ein Erstattungsbetrag, der für Rechnung beider geleistet worden sei, sei nach Kopfteilen aufzuteilen. Diese Rechtsprechung sei zum Erstattungsanspruch nach § 37 AO 1977 in den Fällen der Zusammenveranlagung ergangen. Im Streitfall sei es aber bei der gemeinsamen beträchtlichen Steuerschuld verblieben, die hier nur aufgeteilt werde. Es sei grundsätzlich Sache des Zahlenden, deutlich zu machen, für wen und auf welche Schuld die Zahlung erfolge. Zweifel gingen nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu Lasten desjenigen, für den die erwiesene Tatsache günstig gewesen wäre; das sei hier die Klägerin.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 276 Abs. 6 AO 1977.
Das FG habe bei seiner Beurteilung, sie habe die Zahlung allein auf ihre eigene Steuerschuld nicht nachgewiesen, nicht hinreichend berücksichtigt, daß sie vom FA massiv unter Druck gesetzt und mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in ihr eigenes Vermögen bedroht worden sei. Das habe sie schließlich veranlaßt, ein ihr gehöriges Grundstück zu veräußern und aus dem Erlös die 100 000 DM an das FA zu zahlen.
Ferner habe das FA nicht berücksichtigt, daß sie und der Beigeladene zum Zeitpunkt der Zahlung mittels des von ihr unterzeichneten Schecks bereits getrennt gelebt hätten. Dem FA sei aufgrund einer Außenprüfung bekannt gewesen, daß die Ehescheidung beabsichtigt gewesen sei. Es habe dem FA unter diesen Umständen klar sein müssen, daß sie kein Interesse daran hätte haben können, die Steuerschulden ihres Ehemannes zu begleichen, sondern allein die angedrohten Vollstreckungsmaßnahmen habe abwenden wollen.
Wenn der BFH im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO 1977 entschieden habe, daß bei Zweifeln darüber, auf wessen Steuerschuld geleistet worden sei, eine Zahlung für Rechnung beider Ehegatten anzunehmen sei, so müsse dies --entgegen der Auffassung des FG-- auch im Rahmen des § 276 Abs. 6 AO 1977 gelten. Denn in beiden Fällen gehe es darum, wem Zahlungen anzurechnen seien, wenn Ehegatten eine Leistung auf die gemeinsame Steuerschuld erbrächten. Im Streitfall sei aber die Zahlung allein ihr (der Klägerin) zuzurechnen, weil ihre Ehe zum damaligen Zeitpunkt bereits zerrüttet und dies dem FA auch bekannt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den angefochtenen Abrechnungsbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung dahin abzuändern, daß ein Betrag von 100 000 DM auf ihre Aufteilungssteuerschuld angerechnet wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise begründet.
1. Bei der Aufteilung einer Gesamtschuld gemäß §§ 268 ff. AO 1977 werden nach § 276 Abs. 6 AO 1977 Zahlungen, die --wie im Streitfall-- in den Fällen des Abs. 2 (Aufteilungsantrag nach Einleitung der Vollstreckung) nach Einleitung der Vollstreckung von einem Gesamtschuldner geleistet worden sind, dem Schuldner angerechnet, der sie geleistet hat oder für den sie geleistet worden sind. Ergibt sich dabei eine Überzahlung gegenüber dem Aufteilungsbetrag, so ist der überzahlte Betrag zu erstatten (§ 276 Abs. 6 Satz 2 AO 1977).
Die Anrechnungsvorschrift des § 276 Abs. 6 AO 1977 entspricht der Regelung über die Person des Erstattungsberechtigten in § 37 Abs. 2 AO 1977, wonach Erstattungsberechtigter derjenige ist, auf dessen Rechnung die Zahlung (ohne rechtlichen Grund) bewirkt worden ist. Das ist --wie der Senat zu § 37 Abs. 2 AO 1977 entschieden hat (Urteil vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41)-- nicht derjenige, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Den Finanzbehörden wird damit nicht zugemutet, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen --im Innenverhältnis-- auf die zu erstattenden Beträge materiell-rechtlich einen Anspruch hat (BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41 m.w.N.).
Die vorstehenden Rechtsgrundsätze gelten auch für den Fall, daß mehrere Personen --wie z.B. im Streitfall die zusammenveranlagten Ehegatten-- als Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 AO 1977) die überzahlte Steuer schuldeten. Erstattungsberechtigter ist der Gesamtschuldner, für dessen Rechnung gezahlt worden ist. Da regelmäßig jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO 1977), kann im Zweifel davon ausgegangen werden, daß jeder nur seine eigene Schuld tilgt. Daraus folgt, daß in der Regel nur derjenige Gesamtschuldner erstattungsberechtigt ist, der die Zahlung geleistet hat oder für dessen Rechnung von einem Dritten die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 37 AO 1977 Tz.20; Schwarz, Abgabenordnung, § 37 Anm. 13 m.w.N.). Hat dagegen der Gesamtschuldner (oder ein Dritter) nach dem erkennbar gewordenen Willen für Rechnung aller Gesamtschuldner gezahlt, so sind die Gesamtschuldner nach Köpfen erstattungsberechtigt (Senatsurteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41 mit Hinweisen auf die vorangegangene Rechtsprechung und auf das Schrifttum).
Für die Ermittlung des erstattungsberechtigten Ehegatten muß also auch in Fällen der Zusammenveranlagung darauf abgestellt werden, für wessen Rechnung der zu Unrecht geleistete Steuerbetrag gezahlt worden ist. Dafür kann --wie der Senat in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 42 ausgeführt hat-- nicht allein entscheidend sein, welcher Ehegatte den Zahlungsvorgang tatsächlich bewirkt hat, d.h. als Barzahler oder als Auftraggeber gegenüber der bezogenen Bank in Erscheinung getreten ist. Denn im Rahmen einer bestehenden Ehe als Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hängt es oft von Zufälligkeiten wie der Aufgabenverteilung und Zeiteinteilung der Ehegatten ab, welcher von ihnen die Zahlung der Einkommensteuer durch Bareinzahlung oder Überweisung vom eigenen oder gemeinsamen Bankkonto tatsächlich besorgt. Von der Zufälligkeit des jeweils handelnden Ehegatten kann aber nicht auf einen bestimmten Tilgungswillen geschlossen werden.
Ist die im Zeitpunkt der Zahlung bestehende Willensrichtung des zahlenden Ehegatten für das FA nicht erkennbar, so kann auch nicht --wie die herrschende Meinung für die sonstigen Fälle der Gesamtschuldnerschaft annimmt (z.B. Schuldner und Haftender für denselben Steuerbetrag)-- ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß jeder Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen will. Solange die Ehe besteht und intakt ist, entspricht es vielmehr natürlicher Betrachtungsweise und der regelmäßigen Absicht der Ehegatten, daß derjenige, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen Ehegatten von seiner Steuerschuld befreien will. Soweit also Anhaltspunkte für eine bestimmte andere Tilgungsabsicht des zahlenden Ehegatten fehlen, ist davon auszugehen, daß die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist. Das hat zur Folge, daß beide Ehegatten nach § 37 Abs. 2 AO 1977 erstattungsberechtigt sind. Der Erstattungsbetrag ist dann zwischen ihnen --wie oben ausgeführt-- nach Köpfen aufzuteilen (Senatsurteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 42 m.w.N.).
2. Die vorstehenden Rechtsgrundsätze, die der Senat zur Bestimmung der Person des Erstattungsgläubigers nach § 37 Abs. 2 AO 1977 insbesondere für die Fälle der Gesamtschuldnerschaft von zusammenveranlagten Ehegatten entwickelt hat, finden --entgegen der Vorentscheidung-- auch Anwendung auf die im Streitfall maßgebliche Frage, bei welchem der beiden Schuldner (Ehegatten) eine auf die Gesamtschuld geleistete Zahlung nach § 276 Abs. 6 AO 1977 auf die aufgeteilte Steuerschuld anzurechnen ist. Denn in den Fällen des § 37 Abs. 2 und § 276 Abs. 6 AO 1977 ist bei übereinstimmender Interessenlage zwischen den zusammenveranlagten Ehegatten und dem FA dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden, nämlich zugunsten welches der beiden Ehegatten eine auf die Gesamtschuld geleistete Zahlung zu berücksichtigen ist. Der Unterschied, den das FG in den beiden Fällen darin sieht, daß § 37 Abs. 2 AO 1977 den Gläubiger eines Erstattungsanspruchs bestimmt, während im Falle der Aufteilung einer Gesamtschuld insgesamt eine vollstreckbare Steuerschuld verbleibt, ist lediglich formaler Natur und für die Entscheidung der Frage, nach welchen Grundsätzen eine Zahlung einem der beiden (Gesamt-)Schuldner zugerechnet/angerechnet wird, ohne Bedeutung. Der Klägerin steht nach § 276 Abs. 6 Satz 2 AO 1977 ebenfalls ein Erstattungsanspruch zu, wenn die streitige Zahlung --wie beantragt-- ganz oder teilweise auf die auf sie entfallende Einkommensteuer angerechnet wird.
Auch im Schrifttum wird hinsichtlich der Anrechnung von Zahlungen nach § 276 Abs. 6 AO 1977 auf die für die Erstattung nach § 37 Abs. 2 AO 1977 bei Eheleuten als Gesamtschuldnern geltenden Grundsätze und damit auch auf das Senatsurteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41 Bezug genommen (Schwarz, a.a.O., § 276 Anm. 18 mit Verweis auf § 37 Anm. 12 bis 15, hier insbesondere Anm. 13 a). Der unterschiedliche Wortlaut der beiden Vorschriften (§ 37 Abs. 2: "auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist", § 276 Abs. 6: "der sie geleistet hat oder für den sie geleistet worden sind") steht dem nicht entgegen. Der Wortlaut des § 276 Abs. 6 AO 1977 entspricht Formulierungen, wie sie auch in der älteren Rechtsprechung des Senats zur Bestimmung des Erstattungsgläubigers verwendet worden sind (vgl. Urteile vom 11. Oktober 1961 VII 157/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1962, 235; vom 9. Dezember 1969 VII R 83/67, BFHE 98, 9, BStBl II 1970, 351, und vom 19. Oktober 1982 VII R 55/80, BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 163). Daraus konnte aber --auch schon vor der Geltung des § 37 Abs. 2 AO 1977-- nicht hergeleitet werden, daß für die Erstattungsberechtigung allein der tatsächliche Zahlungsvorgang und die Person des Zahlenden maßgeblich ist, sondern zu wessen Gunsten bzw. auf wessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 43 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Auch § 276 Abs. 6 AO 1977 ist dahin auszulegen, daß die Anrechnung bei dem, der geleistet hat, nur erfolgt, soweit erkennbar ist, daß er auf eigene Rechnung zahlen wollte.
3. In Anwendung der vorstehenden Grundsätze gelangt der Senat im Streitfall zu dem Ergebnis, daß die streitige Scheckzahlung über 100 000 DM nach § 276 Abs. 6 AO 1977 beiden Ehegatten je zur Hälfte anzurechnen ist, da die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld für Rechnung beider Eheleute erfolgt ist.
a) Einer (teilweisen) Anrechnung der geleisteten Zahlung zugunsten der Klägerin steht nicht entgegen, daß auf die Klägerin nach dem Aufteilungsbescheid eine Steuer von 0 DM entfällt. Im Zeitpunkt der streitigen Zahlung war eine Aufteilung der Einkommensteuerschuld 1980 noch nicht erfolgt und ein Aufteilungsantrag noch nicht gestellt worden. Die Klägerin schuldete zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Zusammenveranlagung unabhängig von der Höhe ihrer Einkünfte den gesamten Steuerbetrag neben dem Beigeladenen als Gesamtschuldnerin (§ 44 Abs. 1 AO 1977). Das FA betrieb wegen dieser Steuerschuld die Zwangsvollstreckung gegen die Eheleute, bei der auch Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der Klägerin drohten. Bei dieser Sachlage konnte das FA nach den ihm im Zeitpunkt der Zahlung erkennbaren Umständen, die für die Bestimmung des Erstattungs- bzw. Anrechnungsberechtigten gemäß §§ 37 Abs. 2, 276 Abs. 6 AO 1977 maßgeblich sind, davon ausgehen, daß eine Zahlung auf die Steuerschuld, soweit sie nicht eindeutig für den Beigeladenen geleistet wurde, nach dem Willen der Klägerin, die durch Ausstellung und Unterzeichnung des übergebenen Schecks an dem Zahlungsvorgang beteiligt war, zumindest auch für deren Rechnung geleistet werden sollte. Daß die Klägerin eine Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen auch dadurch hätte vermeiden können, daß sie den Antrag auf Aufteilung der Gesamtschuld schon früher gestellt hätte (§§ 268, 276 Abs. 1 AO 1977), hat auf die Beurteilung ihres Tilgungswillens im Zeitpunkt der Zahlung --entgegen der Auffassung des FA-- keinen Einfluß.
b) Wenn die Klägerin --wie das FG festgestellt hat-- dem Sachgebietsleiter der Vollstreckungsstelle des FA gegenüber im Mai 1985 erklärt hat, daß sie für die gemeinsamen Schulden einstehen wolle, so konnte daraus --entgegen der Vorentscheidung-- bei der nachfolgenden Zahlung nicht auf ihren Willen geschlossen werden, nur die Steuerschulden des Beigeladenen, nicht aber ihre eigenen Schulden begleichen zu wollen. Daß die Einkommensteuerschuld 1980 allein auf den Einkünften des Beigeladenen beruhte, war für die Auslegung des Tilgungswillens der Klägerin unerheblich, da sich dieser Umstand erst bei der Aufteilung der Steuerschuld ausgewirkt hat, wofür aber ein Antrag noch nicht gestellt war. Der Senat hat im Urteil in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 164 entschieden, daß sich ein Erstattungsanspruch zugunsten des einen Ehegatten nicht daraus ergibt, daß die Erstattungen auf gewerblichen Verlusten beruhen, die ihm zuzurechnen sind. Entsprechend muß auch für die Frage der Anrechnung von Zahlungen auf die gemeinsame Steuerschuld nach § 276 Abs. 6 AO 1977 unberücksichtigt bleiben, welchem der Ehegatten die Einkünfte zuzurechnen sind, die zu der Einkommensteuerschuld geführt haben.
c) Wie oben ausgeführt, ist es für die Bestimmung des Erstattungs- bzw. Anrechnungsberechtigten unerheblich, mit wessen Mitteln und aus welchem Vermögen die Steuern gezahlt worden sind; maßgeblich ist vielmehr, wessen Steuerschuld getilgt werden sollte. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die streitige Scheckzahlung --wie die Klägerin vorträgt-- aus dem Verkaufserlös eines ihr gehörigen Grundstücks bewirkt worden ist. Auch die Art des Bankkontos (geschäftlich oder privat) oder die Verfügungsbefugnis über das Konto, über das die Zahlung erfolgt ist, ist für die Anrechnung der Zahlung nach § 276 Abs. 6 AO 1977 grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. Senatsurteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 43). Die Tatsache, daß der übergebene Scheck auf ein gemeinsames Konto beider Eheleute gezogen war, vermag somit weder eine ausschließliche Anrechnung der Zahlung zugunsten der Klägerin noch eine solche zugunsten des Beigeladenen zu begründen.
d) Nicht außer Betracht bleiben kann aber im Streitfall, daß nach den Feststellungen des FG an dem Zahlungsvorgang beide Eheleute beteiligt waren: Die Klägerin hat den Scheck über 100 000 DM ausgestellt und unterzeichnet, der Beigeladene hat ihn dem Sachgebietsleiter der Vollstreckungsstelle des FA übergeben. Zwar hat der Senat entschieden, daß die Erstattungsberechtigung (hier Anrechnungsbefugnis) in den Fällen der Gesamtschuldnerschaft nicht davon abhängt, wer den tatsächlichen Zahlungsvorgang bewirkt hat, sondern davon, auf wessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 43 m.w.N.). Da hier aber andere Anhaltspunkte dafür, für wen die Zahlung erfolgen sollte, nicht ersichtlich sind, spricht die dem FA erkennbare Mitwirkung beider Ehegatten an dem Zahlungsvorgang für ein Zusammenwirken der Eheleute mit dem Willen zur Tilgung der beiderseitigen Steuerschuld. Jedenfalls kann nicht --wie das FA und das FG es gesehen haben-- allein aufgrund des Beitrags des Beigeladenen an dem Zahlungsvorgang --Hingabe des Schecks-- dieser als Leistender nur auf die eigene Steuerschuld angesehen werden, während der Zahlungsbeitrag der Klägerin --Ausstellung und Unterzeichnung des Schecks-- als für den Tilgungswillen unbeachtlich gelassen wird.
e) Zu dem Ergebnis, daß die Scheckzahlung für Rechnung beider Ehegatten geleistet worden ist mit der Folge, daß sie je zur Hälfte (nach Kopfteilen) auf die aufgeteilte Steuer beider Eheleute anzurechnen ist, gelangt der Senat auch unter Berücksichtigung seiner o.a. Rechtsprechung zur Zahlung an das FA innerhalb einer bestehenden Ehe. Danach kann --wie oben (1.) ausgeführt-- von dem Handlungsbeitrag des jeweiligen Ehegatten an dem Zahlungsvorgang, der oft von Zufälligkeiten, wie der Aufgabenverteilung und Zeiteinteilung der Ehegatten abhängt, nicht auf einen bestimmten Tilgungswillen geschlossen werden. Vielmehr ist, wenn --wie im Streitfall-- Anhaltspunkte dafür, daß nur die Steuerschuld eines Ehegatten getilgt werden soll, nicht erkennbar sind, entsprechend der natürlichen Betrachtungsweise und der regelmäßigen Absicht der Ehegatten davon auszugehen, daß die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist.
Der Grundsatz, daß der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkende Ehegatte nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen Ehegatten von seiner Schuld befreien will, gilt nach dem Urteil des Senats in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 42 nur für Steuerzahlungen innerhalb einer bestehenden und intakten Ehe. Die Klägerin trägt indessen vor, sie und der Beigeladene hätten im Zeitpunkt der Zahlung der 100 000 DM bereits getrennt gelebt und dem FA sei aufgrund einer Außenprüfung bekannt gewesen, daß sie beabsichtigt hätten, sich scheiden zu lassen. Insoweit handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zur Zerrüttung der Ehe oder zum Getrenntleben der Eheleute im Zeitpunkt der Zahlung sowie zur Kenntnis des den Scheck in Empfang nehmenden Beamten des FA von derartigen besonderen Umständen keine Feststellungen getroffen. Es ist vielmehr davon ausgegangen, daß das vorstehend zitierte Senatsurteil aus Rechtsgründen auf den Streitfall keine Anwendung finden könne, weil es zu § 37 Abs. 2 AO 1977 (Erstattungsgläubiger) ergangen ist.
Der Senat hat im übrigen im Urteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 43 ausgeführt, daß auch bei einer nicht intakten --dort seit längerer Zeit geschiedenen-- Ehe nicht generell davon ausgegangen werden kann, daß der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will. Eine andere Willensbekundung des Gesamtschuldners, der die Zahlung bewirkt, bleibt stets möglich und auch eine Zahlung für gemeinsame Rechnung kann im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung sogar zwischen geschiedenen Ehegatten ihren Sinn behalten. Im Streitfall war somit selbst bei einem Getrenntleben der Ehegatten im Zahlungszeitpunkt mangels erkennbarer Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Tilgungswillen im Hinblick auf das dem FA erkennbare Zusammenwirken der Ehegatten an dem Zahlungsvorgang (vgl. oben 3. d) davon auszugehen, daß die Ehegatten ihre beiderseitige Gesamtschuld tilgen wollten. Dafür spricht auch, daß es sich bei dem Bankkonto, auf das der Scheck gezogen war, weiterhin um ein gemeinsames Konto handelte und die Klägerin bereits früher erklärt hatte, für die gemeinsamen Schulden einstehen zu wollen. Da auf den Willen des bzw. der Zahlenden abzustellen ist, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, kann die spätere Interpretation dieses Willens durch die Klägerin, bei der Scheckausstellung nur für ihre eigene Rechnung handeln zu wollen, keine Berücksichtigung finden (BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 43).
4. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer weiteren Sachaufklärung hinsichtlich des dem FA erkennbaren Tilgungswillens der Ehegatten bei der hier streitigen Zahlung sind nicht ersichtlich. Da --wie oben ausgeführt-- die Zahlung des Betrags von 100 000 DM mittels Scheck von beiden Ehegatten und für Rechnung beider Ehegatten geleistet worden ist, ist der angefochtene Aufteilungsbescheid der Klägerin in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahin abzuändern, daß weitere 50 000 DM auf die Aufteilungsschuld der Klägerin angerechnet werden. Der weitergehende Klageantrag war abzuweisen.
Fundstellen
BFH/NV 1995, 57 |
BStBl II 1995, 492 |
BFHE 177, 224 |
BFHE 1996, 224 |
BB 1995, 1396 (L) |
DB 1995, 1648 (ST) |
DStR 1996, 869 (KT) |
DStZ 1995, 572-573 (KT) |
HFR 1995, 497-498 (LT) |
StE 1995, 422 (K) |
WPg 1995, 591 (L) |
StRK, R.5 (LT) |
NJW 1996, 742 |
NJW 1996, 742 (L) |
GStB 1995, Beilage zu Nr 8 (L) |