Leitsatz (amtlich)
1. Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind (§ 95 Abs. 2 BGB), bleiben bewegliche Wirtschaftsgüter im Sinne des § 19 BHG 1964.
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen eine von dem Mieter einer Wohnung eingebaute zentrale Gasheizungsanlage als nur zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt angesehen werden kann.
Normenkette
BGB § 95 Abs. 2; BHG 1964 § 19
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte ist praktischer Arzt. Er ließ in seinen gemieteten Praxisräumen im Jahre 1965 neben den bereits vorhandenen Kachelöfen eine Gasheizungsanlage installieren. Das FA versagte die beantragte Investitionszulage, weil es sich nicht um ein bewegliches Wirtschaftsgut handele. Das FG sprach sie zu und führte u. a. aus: Bei der Frage, was unter einem beweglichen Wirtschaftsgut zu verstehen sei, komme es nicht auf die "natürliche Betrachtungsweise" an, die dem beweglichen Wirtschaftsgut das unbewegliche gegenüberstelle. Daß die Heizungsanlage ihrer Natur nach zu den wesentlichen Grundstücksbestandteilen zu rechnen sei, könne nicht bezweifelt werden, denn sie müsse in Einzelteile zerlegt werden, wenn sie aus dem Hause wieder entfernt würde (§ 93 BGB), und diene zur Herstellung der Räume und damit des Hauses (§ 94 Abs. 2 BGB). Trotzdem handele es sich bei der Heizungsanlage um keinen Grundstücksbestandteil, weil sie ein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB sei. Denn die Anlage sei nach der mit der Vermieterin getroffenen schriftlichen Vereinbarung ausdrücklich nur für die Mietdauer zugelassen worden. Der Kläger habe sich verpflichtet, die Anlage nach Beendigung des Mietverhältnisses zu entfernen und den alten Zustand wiederherzustellen, weshalb er auch verpflichtet worden sei, die vorhandenen Kachelöfen stehenzulassen. Ein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB sei kein Grundstücksbestandteil und damit ein bewegliches Wirtschaftsgut im Sinne des Gesetzes.
Mit der Revision trägt das FA vor, die Absicht, die Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude einzufügen, werde regelmäßig dann nicht anzunehmen sein, wenn die tatsächliche Art der Verbindung notwendig auf einen Dauerzweck hinweise. Das gelte insbesondere dann, wenn die Sache nicht nur für den speziellen Zweck eingefügt worden sei, den der Mieter verfolge, sondern allgemein dazu bestimmt und geeignet sei, die Nutzung des Gebäudes zu ermöglichen (Staudinger-Coing, Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Aufl., Anm. 7 zu § 95).
Der Revisionsbeklagte weist darauf hin, daß die Vermieterin, wenn sie auch nur entfernt die Möglichkeit der Übernahme der Gasheizung in Erwägung gezogen hätte, nicht das Stehenlassen der Kachelöfen verlangt haben würde. Für einen normalen Gebrauch der Räume zu Wohnzwecken seien die Kachelöfen ausreichend. Die Vermieterin habe offenkundig kein Interesse daran gehabt, daß die Gasheizung auch beim Auszug des Mieters auf dem Grundstück verbleibe. Beim preisgebundenen Althausbesitz könne ein Hauseigentümer nicht daran interessiert sein, daß in seinem Haus eine Arztpraxis unterhalten werde. In solchen Fällen sei nämlich die Miete zumeist nicht hoch und auch der gesetzlich erlaubte Zuschlag für die berufliche Mitbenutzung von Wohnräumen gleiche die Nachteile des Hauseigentümers nur unvollständig aus. Auch werde allgemein der Eigentümer eines mit Ofenheizung ausgestatteten Hauses nicht daran interessiert sein, in einem Ausnahmefall eine Gasheizung in einer Wohnung zu haben, wenn alle übrigen Wohnungen durch Kachelöfen beheizt würden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung des Streitfalls an das FG.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BHG 1964 können Unternehmer im Sinne des § 2 UStG, die in Berlin (West) einen Betrieb (eine Betriebstätte) haben, für die nach dem 30. Juni 1962 und vor dem 1. Januar 1970 angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens eine Investitionszulage erhalten. Dies wird in § 19 Abs. 2 Satz 1 BHG 1964 dahin erläutert, daß die Investitionszulage nur für neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter gewährt wird, die zum Anlagevermögen eines Betriebs (einer Betriebstätte) in Berlin (West) gehören und mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem solchen Betrieb (einer solchen Betriebstätte) verbleiben. Streitig ist lediglich, ob die vom Revisionsbeklagten in seinen gemieteten Praxisräumen installierte Gasheizungsanlage ein bewegliches Wirtschaftsgut in diesem Sinne ist.
Der BFH hat die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum beweglichen oder unbeweglichen Anlagevermögen nach der endgültigen betrieblichen Verwendung des Wirtschaftsguts beurteilt (Urteil VI 55/65 vom 29. Juli 1966, BFH 87, 313, BStBl III 1967, 125, betreffend Verbindung neu angeschaffter Gegenstände mit bereits vorhandenen Wirtschaftsgütern des beweglichen Anlagevermögens, und Urteil VI R 30/67 vom 17. Mai 1968, BFH 92, 373, BStBl II 1968, 563, betreffend Einbau u. a. eines Garagenkipptores in ein bestehendes Gebäude). Nach dieser Rechtsprechung, an der der Senat festhält, kann aus der Tatsache, daß die eingebaute Heizungsanlage vor dem Einbau aus beweglichen Wirtschaftsgütern bestand, nichts für die Entscheidung der Streitfrage hergeleitet werden. Die Entscheidung hängt vielmehr davon ab, wie die Heizungsanlage nach ihrem Einbau zu beurteilen ist.
Der Senat folgt dem FG darin, daß die Heizungsanlage aus den vom FG angeführten Gründen ihrer Natur nach zu den wesentlichen Grundstücksbestandteilen und damit zum unbeweglichen Anlagevermögen zu rechnen wäre. Zutreffend ist auch, daß in der Heizung keine Betriebsvorrichtung zu sehen ist, die nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. die zutreffende Darstellung in Abschn. 43 Abs. 2 EStR) stets als bewegliches Wirtschaftsgut zu beurteilen wäre. Die Gasheizungsanlage ist nicht unmittelbar und ausschließlich auf den in den Räumen ausgeübten Betrieb bezogen, sondern hat in erster Linie die Funktion, das Gebäude als solches besser nutzbar zu machen (vgl. auch das Urteil des Senats VI R 341/66 vom 17. Mai 1968, BFH 92, 372, BStBl II 1968, 563).
Der Senat folgt der Vorinstanz schließlich auch hinsichtlich der von ihr angestellten rechtlichen Erwägung, daß die Vorschrift des § 95 Abs. 2 BGB auch für den Bereich des Investitionszulagerechts maßgeblich ist. Nach § 95 Abs. 2 BGB gehören Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke in ein Gebäude eingefügt sind, nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes. Derartige Sachen werden bürgerlich-rechtlich vielmehr als beweg liche Sachen beurteilt (vgl. im einzelnen Staudinger-Coing, a. a. O., 11. Aufl. 1957, § 95 Anm. 13). Weder § 19 BHG noch das Einkommensteuerrecht, dessen Begriffe die Vorschrift des § 19 BHG weitgehend verwendet, enthalten ausdrückliche Regelungen über die steuerliche Zuordnung von Scheinbestandteilen im Sinne des bürgerlichen Rechts. Auch das BewG, aus dem das Einkommensteuerrecht etwa die Zuordnung von Betriebsvorrichtungen zum beweglichen Anlagevermögen übernommen hat, enthält über die Zuordnung von Scheinbestandteilen eines Gebäudes keine Regelungen. Zwar wird in § 50 Abs. 3 BewG a. F. (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BewG 1965) ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden abweichend von § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB als Grundstück und damit als unbewegliches Vermögen behandelt - eine Beurteilung, die auch für das Einkommensteuerrecht gilt, wie der Senat in der Entscheidung VI R 170/69 vom 1. Dezember 1970, BStBl II 1971, 159, ausgeführt hat. Diese Beurteilung kann aber nicht ohne weiteres auf Scheinbestandteile im Sinne des § 95 Abs. 2 BGB übertragen werden, weil sich, abgesehen von dem Fehlen entsprechender ausdrücklicher Vorschriften, auch aus dem systematischen Zusammenhang insoweit keine überzeugenden Gesichtspunkte für eine Abweichung des Einkommensteuerrechts vom bürgerlichen Recht ergeben. Insbesondere läßt sich aus der Unterscheidung in § 7 EStG zwischen beweglichen Wirtschaftsgütern und Gebäuden (wobei nicht zwischen Gebäuden auf eigenem und solchen auf fremdem Grund und Boden unterschieden wird) nichts für eine vom bürgerlichen Recht abweichende Beurteilung sogenannter Scheinbestandteile von Gebäuden herleiten.
Der Senat vermag dem FG allerdings nicht darin zu folgen, daß ein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 Abs. 2 BGB allein deshalb angenommen werden könne, weil die Heizungsanlage nur für die Mietdauer zugelassen worden ist und der Revisionsbeklagte sich verpflichtet hat, die Anlage nach Beendigung des Mietverhältnisses wieder zu entfernen. Nach allgemeiner Auffassung ist eine Sache nur dann zu einem vorübergehenden Zwecke in ein Gebäude eingefügt, wenn im Hinblick auf den mit der Verbindung beabsichtigten Erfolg schon bei der Vornahme der Verbindung oder Einfügung die spätere Aufhebung der Verbindung gewollt ist. Ob dies zutrifft, ist nach tatsächlichen Momenten zu beurteilen (Staudinger-Coing, a. a. O., § 95 Anm. 7).
Die Beurteilung darf deshalb im Falle eines Mietverhältnisses nicht auf die zwischen Vermieter und Mieter getroffenen Vereinbarungen beschränkt werden. Sie muß vielmehr die Gesamtheit aller Umstände umfassen. Maßgebend ist nicht die individuelle Willensrichtung der unmittelbar Beteiligten, sondern die aus der Gesamtheit aller Umstände zu gewinnende typische Willensrichtung. Denn nur unter Berücksichtigung auch aller objektiven Umstände läßt sich der wirkliche, von den Erklärungen der Parteien oft abweichende Wille erkennen. So kann die Art der Verbindung bei objektiver Betrachtung notwendig auf einen Dauerzweck hinweisen. Wenn etwa ein Mieter Einbauten vornimmt, die erst die Benutzung des Gebäudes ermöglichen, z. B. indem er eine Holztreppe durch eine feuersichere Betontreppe ersetzt, so spricht dies für einen Dauerzweck und nicht etwa dafür, daß es sich um eine auf die Bedürfnisse des Mieters zugeschnittene Einfügung handelt, die nach Ende der Mietzeit wirklich wieder entfernt wird (vgl. auch das Urteil VI R 143/69 vom 24. November 1970, BStBl II 1971, 157). In Anwendung dieser Grundsätze ist schon das Reichsgericht (RG) in seiner Entscheidung V 201/36 vom 13. Januar 1937 (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 153 S. 231) davon ausgegangen, daß die Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck dann nicht gegeben ist, wenn die Lebensdauer der eingefügten Sache nicht länger ist als die Zeitspanne, für die sie eingefügt wird. Dieser Auffassung liegt die zutreffende Überlegung zugrunde, daß eine Einfügung dann als endgültig angesehen werden muß, wenn nach Ablauf der vorgesehenen oder voraussichtlichen Einfügungsdauer eine gebrauchsfähige Sache nicht mehr vorhanden ist. In einem solchen Falle kann der Verpflichtung des Vermieters, eine eingefügte Sache nach Ablauf der Mietdauer wieder zu entfernen, lediglich die Bedeutung einer Grundlage für die tatsächliche und finanzielle Auseinandersetzung der Vertragsparteien beigemessen werden. Aus dem vom RG in der Entscheidung V 201/36 (a. a. O.) ausgesprochenen Gedanken ergibt sich aber noch eine weitere Schlußfolgerung. Eine in ein Gebäude eingefügte Sache ist nach Ablauf der Mietdauer auch dann als verbraucht anzusehen, wenn sie von dem Gebäude nicht mehr getrennt werden kann, ohne daß sie zerstört oder doch praktisch wertlos wird. Wenn etwa ein Mieter in den Mieträumen eine Zwischenwand einziehen läßt und diese am Ende der Mietdauer wieder entfernt, so repräsentieren die dabei gewonnenen Mauersteine keinen ins Gewicht fallenden Wert mehr. Dies bedeutet aber, daß sich die tatsächliche Lebensdauer der eingefügten Steine mit der Dauer des Mietverhältnisses erschöpft und damit nicht mehr als Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck angesehen werden kann. Eine solche kommt vielmehr nur bei Einfügung von Sachen in Betracht, die auch nach ihrer späteren Trennung noch einen beachtlichen Nutzungswert repräsentieren.
Von den vorerwähnten Grundsätzen ist der Senat auch in seiner bisherigen Rechtsprechung schon ausgegangen. So hat er etwa in dem Urteil VI R 209/67 vom 17. Mai 1968 (BFH 92, 383, BStBl II 1968, 581) bei einer von einem Mieter eingebauten Schaufensteranlage die Anwendung des § 95 Abs. 2 BGB abgelehnt. Ähnliche Überlegungen liegen auch der Entscheidung des I. Senats I 86/65 vom 9. August 1966 (BFH 87, 195, BStBl III 1967, 65), die den Ausbau von gemieteten Geschäftsräumen betraf, zugrunde.
Da das FG von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, war die Entscheidung aufzuheben. Bei seiner erneuten Entscheidung muß das FG auch die gesamten objektiven Umstände in seine Prüfung, ob die Heizungsanlage ein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 Abs. 2 BGB ist, einbeziehen. Es muß insbesondere feststellen, welche Nutzungsdauer die Heizungsanlage hat und wie lange der Mietvertrag läuft. Dabei kommt es nicht nur darauf an, für welche Laufzeit der Mietvertrag fest vereinbart ist, sondern darauf, nach welchem Zeitraum der Revisionsbeklagte bei normalem Verlauf der Dinge mit erheblicher Wahrscheinlichkeit mit einer Beendigung des Mietverhältnisses rechnen muß. Ist die Nutzungsdauer kürzer als die voraussichtliche Mietdauer, so liegt schon aus diesem Grunde keine Einfügung für einen vorübergehenden Zweck vor. Ist die Nutzungsdauer aber länger, so muß weiterhin geprüft werden, ob nach einem etwaigen Ausbau die Heizungsanlage noch einen beachtlichen Wiederverwendungswert repräsentiert oder ob sie durch den Ausbau bis an die Grenze des Schrottwerts zerstört wird. Auch in letzterem Falle liegt ein Scheinbestandteil nicht vor. Ist die Annahme eines Scheinbestandteils nicht schon auf Grund dieser Überlegungen auszuschließen, so muß das FG sich noch mit dem vom FA vorgebrachten Gesichtspunkt auseinandersetzen, ob die Heizungsanlage nur für den speziellen Zweck des Revisionsbeklagten eingefügt worden ist oder ob sie allgemein dazu dient, die Nutzung des Gebäudes zu ermöglichen. Eine solche zentrale Beheizungsanlage bedeutet gegenüber einer Kachelofenheizung in den einzelnen Räumen einen Fortschritt. Es wäre zu prüfen, ob sich nicht auch der Vermieter über kurz oder lang gezwungen sehen würde, die Beheizung seines Hauses nach moderneren Gesichtspunkten zu gestalten.
Soweit der Senat in der Entscheidung VI R 59/67 vom 17. Mai 1968 (BFH 92, 257, BStBl II 1968, 565) von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, hält er daran nicht mehr fest.
Fundstellen
BStBl II 1971, 165 |
BFHE 1971, 5 |