Entscheidungsstichwort (Thema)
Objektverbrauch nach § 7 b Abs. 5 EStG
Leitsatz (NV)
1. Für die Beurteilung der erworbenen Objekte als Wohnungseigentumsrechte genügt es, daß bei Eigentumsübertragung die Aufteilung der Wohnungen in die Wege geleitet war.
2. Objektverbrauch tritt auch ein, wenn die erhöhten Absetzungen in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt wurden.
Normenkette
EStG § 7b Abs. 5 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Durch notariell beurkundeten Grundstücksübertragungsvertrag vom 14. Juli 1977 erwarb der Kläger von seinen Eltern das Zweifamilienhaus X. An diesem Grundstück begründeten die Kläger mit notariell beglaubigter Erklärung vom selben Tag als ,,Berechtigte in Gütergemeinschaft" zwei Wohnungseigentumsrechte. Danach hatten die Eigentumswohnungen eine Wohnfläche von rund 81 qm im Erdgeschoß und von rund 87 qm im Obergeschoß. Die Kläger bewohnten das Obergeschoß. Im Übergabevertrag räumte der Kläger seinen Eltern an der Wohnung im Erdgeschoß auf Lebensdauer ein unentgeltliches Wohnungsrecht ein. Gemäß der im Übergabevertrag eingegangenen Verpflichtung zahlte der Kläger an seine Schwester zur ,,Gleichstellung" einen Betrag von . . . DM.
Im Juni 1984 stellten die Kläger auf dem ihnen gehörenden Grundstück Z ein Einfamilienhaus fertig. Die Baukosten betrugen rund . . . DM. Die Kläger bewohnen das Haus seit Fertigstellung. An der zuvor bewohnten Eigentumswohnung räumten sie ihrem Sohn auf Lebensdauer den unentgeltlichen Nießbrauch ein.
In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1977 und 1978, bei denen die Kläger von einem Lohnsteuerhilfeverein beraten wurden, machten sie für die beiden Eigentumswohnungen X ,,erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG" von jeweils . . . geltend. Dabei legten sie Anschaffungskosten in Höhe der Gleichstellungszahlung von . . . DM und Notarkosten in Höhe von . . . DM, insgesamt also von . . . DM, zugrunde.
In den Einkommensteuerbescheiden für 1977 und 1978 zog der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die erhöhten Absetzungen ab.Hingegen versagte das FA im Einkommensteuerbescheid für 1979 die in der Einkommensteuererklärung angesetzten erhöhten Absetzungen. Zur Begründung führte das FA aus, daß die Kläger die Eigentumswohnungen unentgeltlich erworben hätten.
Die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1977 bis 1979 erlangten Bestandskraft.
In der Folgezeit sahen die Kläger davon ab, für die Eigentumswohnungen erhöhte Absetzungen in Anspruch zu nehmen.
Für das Streitjahr 1984 begehrten die Kläger für das Einfamilienhaus Z erhöhte Absetzungen.
Das FA lehnte die Gewährung erhöhter Absetzungen gemäß § 7 b des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (EStG) wegen sog. Objektverbrauches ab.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung sachlichen Rechts.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA unter dem 25. März 1991 einen Änderungsbescheid erlassen, der erhöhte Absetzungen in Höhe von . . . DM bezüglich der seinerzeit noch selbstgenutzten Eigentumswohnung im Obergeschoß des Hauses X berücksichtigt.
Die Kläger haben den Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Einer Zurückverweisung nach § 127 FGO bedarf es nicht; die vom Finanzgericht (FG) getroffenen Feststellungen reichen für eine Entscheidung in der Sache aus.
1. FA und FG haben die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen gemäß § 7 b EStG für das neu errichtete Einfamilienhaus zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 7 b Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 EStG können Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, erhöhte Absetzungen für insgesamt zwei Objekte in Anspruch nehmen.
Die Kläger hatten bereits für die 1977 erworbenen Eigentumswohnungen erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen, so daß erhöhte Absetzungen für ein weiteres Objekt nicht zulässig sind.
a) Der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen stand nicht entgegen, daß die beiden Wohnungseigentumsrechte erst im Zuge der Eigentumsübertragung von den Eltern auf den Kläger begründet wurden.
Für die Qualifizierung des erworbenen Objekts kommt es auf dessen Zustand im Zeitpunkt der Anschaffung an. Das ist steuerrechtlich der Zeitpunkt, in dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. April 1985 IX R 49/84, BFHE 144, 36, BStBl II 1985, 513; Urteil des FG Köln vom 22. Mai 1987 5 K 310/87, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 499).
Zu diesem Zeitpunkt war die Aufteilung bereits in die Wege geleitet worden. Bereits am 20. Juni 1977 hatte die Kreisverwaltung die Abgeschlossenheit der beiden Wohnungen bescheinigt.
Unerheblich ist dagegen, daß die Eigentumsübertragung und nachfolgende Wohnungseigentumsrechtsbegründung erst am 5. Oktober 1977 in die Grundbücher eingetragen und die Wohnungseigentumsrechte formal betrachtet erst nach der Eigentumsübertragung begründet wurden.
Nach den gesamten Umständen stand von vornherein fest, daß die Kläger Wohnungseigentumsrechte erwerben wollten. Der Entschluß, das Zweifamilienhaus in Eigentumswohnungen aufzuteilen, wurde nicht erst nach Erwerb gefaßt. Es verbietet sich daher, auf den rein formalen Ablauf der Übertragungs- und Begründungsakte abzustellen. Deren Reihenfolge ist von Zufälligkeiten abhängig und kommt als geeigneter Anknüpfungspunkt für die Beurteilung des Erwerbsgegenstandes nicht in Frage (vgl. auch Urteil des FG Münster vom 30. August 1977 VI 2122/75 E, EFG 1978, 118).
Noch weitergehend hat der VIII. Senat des BFH im Urteil vom 15. Juni 1982 VIII R 24/81 (BFHE 137, 243, BStBl II 1983, 194) sogar einen engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Errichtung des Gebäudes und der Abgabe der Teilungserklärungen als ausreichend angesehen. In diesem Fall wurden die Teilungserklärungen erst fünf Monate nach Fertigstellung des Gebäudes abgegeben.
b) Entgegen der Auffassung der Kläger tritt der Objektverbrauch auch dann ein, wenn die erhöhten Absetzungen in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt wurden und die Steuervergünstigung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Unerheblich ist, ob der Sachverhalt vom Steuerpflichtigen oder vom FA falsch beurteilt wurde. Entscheidend ist allein das Ergebnis, daß eine Steuervergünstigung nach § 7 b EStG vom Steuerpflichtigen in Anspruch genommen wurde, die sich auf die Steuerfestsetzung ausgewirkt hat (BFH-Urteile vom 22. April 1980 VIII R 202/78, BFHE 131, 204, BStBl II 1980, 689, und vom 5. April 1990 IX B 201/89, BFH/NV 1990, 766).
c) Das FA war nicht verpflichtet, die Kläger nach § 89 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) auf die Auswirkungen ihrer Anträge hinzuweisen. Die Anträge waren aus der Sicht des FA nicht fehlerhaft. Spätere steuerliche Auswirkungen hätten die Kläger, die im übrigen beraten waren, selbst bedenken müssen.
2. Im Änderungsbescheid vom 25. März 1991 hat das FA zutreffend erhöhte Absetzungen gemäß § 7 b EStG für die im Streitjahr noch selbstgenutzte Wohnung im Obergeschoß des Hauses X angesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 417835 |
BFH/NV 1991, 742 |