Leitsatz (amtlich)
1. Die Erlasse des Reichsministers der Finanzen und des Bundesministers der Finanzen, die die Weitergeltung des § 79 Abs. 3 UStDB 1934 (Pauschalabzug für kleine durchlaufende Posten der Rechtsanwälte) anordnen, sind Verwaltungsweisungen, die der Vereinfachung dienen, und daher für die Steuergerichte nicht rechtsverbindlich.
2. Der Freibetrag des § 7 a UStG 1951 kann einer nach außen hin auftretenden Anwaltsgemeinschaft nicht nach der Zahl der an ihr beteiligten Rechtsanwälte mehrmals, sondern nur einmal gewährt werden. Das gilt auch, wenn zu der Anwaltsgemeinschaft Rechtsanwälte gehören, die zugleich Notare sind und die anfallenden Notariatsgeschäfte wahrnehmen.
Normenkette
AO §§ 96, 243 Abs. 2-3, § 259 Abs. 1; UStG 1951 § 2 Abs. 1, § 7a; Siebentes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes; UStDB 1934 § 79 Abs. 3; UStDB 1951 § 57 a
Tatbestand
I. Bescheid
Streitig ist für 1956, ob
1. der Pauschbetrag für kleine durchlaufende Posten der Rechtsanwälte nach § 79 Abs. 3 UStDB 1934 von den steuerpflichtigen Einnahmen der Bfin. abgesetzt werden kann,
2. der Freibetrag des § 7 a UStG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 5. Oktober 1956 -- 7. UStGÄndG -- (BGBl I S. 787, BStBl 1956 I S. 437) von 2 000 DM der Bfin. nur einmal oder nach der Zahl der an ihr beteiligten Rechtsanwälte mehrmals zusteht.
Die Bfin. ist eine aus drei Rechtsanwälten bestehende Anwaltsgemeinschaft. Zwei der Anwälte sind zugleich Notare, der dritte Anwalt ist zugleich Fachanwalt für Steuerrecht. Die Bfin. hatte in der Umsatzsteuererklärung für 1956 den Abzug des Pauschbetrages und des Freibetrages beantragt. Das Finanzamt hatte bei der Veranlagung den Abzug des Pauschbetrages (oben unter 1.) vorgenommen, die Absetzung des Freibetrages (oben unter 2.) dagegen mit der Begründung abgelehnt, der in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1956 erzielte Gesamtumsatz der Bfin. habe 22 000 DM überstiegen. Im Einspruchsverfahren machte die Bfin. geltend, bei Abzug der offen übergewälzten Umsatzsteuer und des auf das letzte Vierteljahr 1956 entfallenden Teils des Pauschbetrages nach § 79 Abs. 3 UStDB 1934 sinke der Gesamtumsatz aus dieser Zeit unter die 20 000-DM-Grenze des Art. 2 Abs. 2 des 7. UStGÄndG. Außerdem sei in den Fällen einer Anwaltsgemeinschaft die Vergünstigung des § 7 a UStG für jeden einzelnen der beteiligten Anwälte zu gewähren, und zwar nach Maßgabe des sich nach dem Verteilungsschlüssel ergebenden Umsatzanteiles. Es müsse daher ein Freibetrag von (3 ≪010≫ 2 000 =) 6 000 DM abgesetzt werden, so daß sich eine Überzahlung an Umsatzsteuer von 240 DM ergebe.
In der Einspruchsentscheidung lehnte das Finanzamt den Abzug eines Freibetrages (§ 7 a UStG) nach wie vor ab. Gleichzeitig verböserte es die Veranlagung, indem es auch den Pauschbetrag (§ 79 Abs. 3 UStDB 1934) nicht mehr zum Abzug zuließ, weil die Bfin. die kleinen durchlaufenden Posten im Journal getrennt ausgewiesen und in den Gesamtbetrag der vereinnahmten Entgelte nicht aufgenommen habe.
Die Berufung blieb im wesentlichen ohne Erfolg. Das Finanzgericht billigte die Wiederhinzurechnung des Pauschbetrages. Seine Absetzung bei der Veranlagung bedeute keine begünstigende Verfügung im Sinne des § 96 AO. Die Erlasse des Reichsministers der Finanzen und des Bundesministers der Finanzen, die die Weitergeltung des § 79 Abs. 3 UStDB 1934 anordneten, seien bloße Verwaltungsanweisungen, die der Vereinfachung dienten, und daher für die Finanzgerichte nicht rechtsverbindlich. Das Finanzgericht lehnte auch eine Vervielfältigung des Freibetrages nach § 7 a UStG entsprechend der Zahl der an der Bfin. beteiligten Rechtsanwälte ab. Die Bfin. sei nach außen als Anwaltsgemeinschaft und damit als Unternehmer aufgetreten. Jedem Unternehmer stehe der Freibetrag des § 7 a UStG nur einmal zu. Das Finanzgericht errechnete jedoch durch Kürzung der von der Bfin. im IV. Kalendervierteljahre vereinnahmten Entgelte um die hierauf entfallende offen übergewälzte Umsatzsteuer für diesen Zeitraum einen Gesamtumsatz, der zwischen 20 000 und 22 000 DM lag, und kam daher durch Anwendung der Milderungsregelung des § 57 a UStDB (in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 des 7. UStGÄndG und § 7 a UStG) zu einer geringfügigen Herabsetzung der Umsatzsteuer.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
1. Es ist der Vorentscheidung darin zuzustimmen, daß das Finanzamt nach den Vorschriften der AO berechtigt war, die Absetzung des Pauschbetrages für kleine durchlaufende Posten der Rechtsanwälte in der Einspruchsentscheidung vom Gesamtbetrage der vereinnahmten Entgelte zu unterlassen. Im Einspruchsverfahren hat das Finanzamt die Veranlagung auf ihre Richtigkeit hin erneut zu prüfen (§ 259 Abs. 1 AO). Es ist hierbei an die Anträge des Einspruchsführers nicht gebunden (§ 243 Abs. 2 AO). Es kann die Veranlagung auch zum Nachteil des Einspruchsführers ändern (§ 243 Abs. 3 AO).
Hieran wird es im Streitfalle auch nicht durch die Vorschrift des § 96 AO gehindert. Die vom Reichsminister der Finanzen (Erlasse S 4015 -- 1 III vom 20. Januar 1939, Abschn. C Ziff. 4, RStBl 1939 S. 129, 144, und S 4200 -- 407 III vom 21. August 1943, RStBl 1943 S. 641) getroffene und vom Bundesminister der Finanzen (nicht veröffentlichter Erlaß IV S 4106 -- 2/50 vom 7. Dezember 1950) übernommene Anordnung, daß § 79 Abs. 3 UStDB 1934 weiter anzuwenden ist, daß also Rechtsanwälte zur Abgeltung der zahlreichen kleinen Beträge an durchlaufenden Posten (insbesondere der Zustellungs- und Stempelkosten) einen Pauschabzug von 5 v. H. der gesamten vereinnahmten Beträge (nach Abzug der anderen Beträge an durchlaufenden Posten, wie der Streit- und Vergleichssummen und der Hypothekengelder) vornehmen dürfen, gehört nicht zu den sogenannten begünstigenden Verfügungen des § 96 AO. Hierunter fallen nur rechtsbegründende (konstitutive), nicht dagegen rechtsbestätigende (deklaratorische) Verfügungen. Die Erlasse sind, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, nach den vom Bundesminister der Finanzen ergangenen Weisungen bei der Umsatzsteuerveranlagung von Rechtsanwälten anzuwenden, ohne daß es einer Anerkennung, Genehmigung, Bewilligung oder Erlaubnis im Sinne des § 96 AO, also eines besonderen Verwaltungsaktes bedarf.
Die Erlasse, auf die die Bfin. ihr Begehren stützt, sind Verwaltungsanweisungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und Bundesfinanzhofs können solche Verwaltungsanweisungen von den Finanzgerichten grundsätzlich nicht beachtet werden, weil es sich hierbei nicht um ordnungsmäßig erlassene Rechtsnormen handelt. Soweit einer Anordnung der Normencharakter fehlt, können im gerichtlichen Verfahren keine Rechte aus ihr hergeleitet werden, weil andernfalls jede Verwaltungsmaßnahme einer Gesetzesvorschrift gleichgesetzt würde. Eine Ausnahme bilden Steuermilderungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des Grundgesetzes (GG), die die obersten Verwaltungsbehörden aus Billigkeitsgründen im Rahmen der ihnen nach § 13 AO erteilten Vollmacht angeordnet haben (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 94/54 U vom 16. November 1954, BStBl 1955 III S. 6, Slg. Bd. 60 S. 14; IV 556/55 U vom 15. November 1956, BStBl 1957 III S. 148, Slg. Bd. 64 S. 396). Um solche Milderungserlasse handelt es sich im Streitfalle nicht. Die Anwendung der streitigen Erlasse kann je nach der Lage des Einzelfalles für den Steuerpflichtigen zu einem günstigen oder ungünstigen Ergebnis führen. Letzteres wird insbesondere dann eintreten, wenn bei einem Rechtsanwalt sehr viele kleine durchlaufende Posten vorkommen. Der Pauschalabzug ist so bemessen, daß er im Durchschnitt etwa dem Gesamtbetrage der kleinen durchlaufenden Posten entspricht. Seine Zulassung dient ausschließlich der Vereinfachung der Buchführung des Steuerpflichtigen und damit zugleich der Arbeitserleichterung bei den Finanzämtern, die die einzelnen Posten nicht auf ihre Abzugsfähigkeit hin zu prüfen brauchen, sowie der Vermeidung von Differenzen und Prozessen zwischen den Steuerpflichtigen und den Finanzämtern über die Rechtsnatur der einzelnen Beträge. Wenn die Steuerpflichtigen dadurch, daß sie die zahlreichen kleinen durchlaufenden Posten in ihrer Buchführung nicht aufzunehmen brauchen, Kosten einsparen, so hat das mit einer Milderung der Steuer nichts zu tun.
Es ist daher nicht zu beanstanden, daß das Finanzgericht die genannten Vereinfachungserlasse bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat. Es bleibt der Bfin. unbenommen, wegen der Nichtanwendung dieser Erlasse den Verwaltungsweg zu beschreiten.
2. Zutreffend ist das Finanzgericht davon ausgegangen, daß die Bfin. Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG ist und daß der Freibetrag des § 7 a UStG jedem Unternehmer nur einmal zusteht. Unternehmer kann jedes wirtschaftliche Gebilde sein, das nach außen hin auftritt. Als Unternehmer kommen nicht bloß natürliche Einzelpersonen, juristische Personen und Personengesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts in Betracht. Unternehmer können vielmehr Personenzusammenschlüsse jeglicher Art sein, gleichgültig, ob sie sich in eine der gesetzlich geregelten Gesellschaftsformen einordnen lassen oder nicht. Die Bfin. übersieht, daß der Unternehmerbegriff ein Sonderbegriff des Umsatzsteuerrechts ist und daß sich die Unternehmerfähigkeit (= umsatzsteuerrechtliche Rechtsfähigkeit) mit der Rechtsfähigkeit des bürgerlichen Rechts nicht deckt, sondern einen weit größeren Personenkreis umfaßt.
Die Ausführungen der Bfin., der Anwaltsgemeinschaft fehle die Unternehmereigenschaft, weil sie weder eine juristische Person noch eine OHG noch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei, gehen daher an dem Kern der Sache vorbei. Dasselbe gilt von den Untersuchungen der Bfin., ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UStG vorliegen. Es ist hier die Selbständigkeit oder die Unselbständigkeit der Anwaltsgemeinschaft selbst, nicht ihrer Mitglieder zu prüfen. Es ist aber unstreitig, daß die Bfin. einem anderen Unternehmen nicht eingegliedert ist. Die Bfin. irrt auch insoweit, als sie ausführt, sie werde als Anwaltsgemeinschaft weder gewerblich noch beruflich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG tätig. Sie verkennt den Begriff der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Dieser Begriff deckt sich nicht mit ähnlichen Begriffen verwandter Rechtsgebiete, zum Beispiel des Einkommensteuerrechts und des Gewerbesteuerrechts, sondern hat seine eigene Bedeutung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Eine solche Tätigkeit hat die Bfin. entfaltet. Ihr Auftreten nach außen hat das Finanzgericht zutreffend aus der Benutzung von Briefbogen gefolgert, die im Kopf die Namen der drei Rechtsanwälte und einheitliche Bank- und Postscheckkonten aufweisen. Die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen durch die Anwaltsgemeinschaft ist ein weiteres Anzeichen hierfür. Der Hinweis der Bfin., auch zahlreiche sogenannte Bürogemeinschaften von Anwälten benutzten gemeinsame Briefbogen, Bankkonten und Hausschilder, führt nur zu dem Schluß, daß es sich bei Gemeinschaften, die in dieser Weise nach außen auftreten, nicht um Bürogemeinschaften im Sinne der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, das heißt nur nach innen wirkende Zusammenschlüsse von Rechtsanwälten, sondern um echte Anwaltsgemeinschaften handelt. Die Vorinstanzen haben die Bfin. somit zu Recht als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG angesehen.
3. Dagegen hat das Finanzgericht zu Unrecht nicht geprüft, ob der Bfin. alle in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1956 angegebenen Umsätze zuzurechnen sind. Zu dieser Prüfung wäre um so mehr Anlaß gewesen, als das Finanzamt im Berufungsverfahren selbst auf die Möglichkeit hingewiesen hatte, daß ein einer Anwaltsgemeinschaft angehörender Rechtsanwalt von den Klienten persönlich mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben beauftragt sein kann, und dann nicht die Anwaltsgemeinschaft, sondern der einzelne Anwalt als Unternehmer in Betracht kommt. In der Tat kann ein Rechtsanwalt, der einer Anwaltsgemeinschaft angehört, selber als Unternehmer auftreten, nämlich dann, wenn er selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig wird. Voraussetzung ist, daß unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Auftraggeber (Klienten) und dem Anwalt (nicht der Anwaltsgemeinschaft) entstehen.
Die nicht spruchreife Sache ist an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit sie feststellt, ob vereinnahmte Entgelte aus den in der Umsatzsteuererklärung der Bfin. für 1956 angegebenen Umsätzen auszuscheiden sind, weil sie nicht aus der Unternehmertätigkeit der Anwaltsgemeinschaft, sondern aus der Unternehmertätigkeit einzelner ihrer Mitglieder herrühren. Ein Beweisanzeichen für den letzteren Fall ist es im allgemeinen, wenn der Rechtsanwalt die Sondertätigkeit auch für eigene Rechnung ausführt, das heißt, wenn die Einnahmen daraus nicht in die Kasse der Sozietät, sondern in die eigene Kasse fließen. Dieses Beweisanzeichen versagt im Streitfalle, weil -- wie die Bfin. angibt -- auch Einnahmen aus der Unternehmertätigkeit ihrer Mitglieder in die Gemeinschaftskasse geflossen sind. Die Bfin. wird daher darlegen müssen, in welchen Einzelfällen nicht sie, sondern ausdrücklich ein ihr angehörender bestimmter Anwalt von den Klienten mit der Wahrnehmung der Anwaltsgeschäfte (zum Beispiel als Gutachter, Sachverständiger, Konkursverwalter, Nachlaßverwalter, Armenanwalt, Strafverteidiger, Vertreter in Steuersachen oder bei der Führung von Zivil- oder Strafprozessen) beauftragt worden ist. Es kommt hierbei in erster Linie auf den Wortlaut der Vollmachten an, die in der Regel schriftlich erteilt sein werden. Der Wille des Auftraggebers, einen bestimmten Anwalt zu beauftragen, ist -- selbst wenn er mündlich oder schriftlich zum Ausdruck gekommen sein sollte -- nicht ausschlaggebend, wenn sich aus der schriftlichen Vollmachterklärung eindeutig ergibt, daß der Auftrag der Anwaltsgemeinschaft erteilt worden ist. Denn diese ist ohne weiteres in der Lage, dem Wunsche eines Klienten entsprechend die Bearbeitung einer Sache einem ihrer Mitglieder zu übertragen, ohne daß dadurch ihre Unternehmereigenschaft verlorenginge. Das gilt auch insoweit, als Mitglieder der Bfin. als Notare tätig geworden sind. Denn auch das Notariat wird in der Regel im Rahmen der nach außen erkennbaren Anwaltsgemeinschaft betrieben, so daß (von den oben erwähnten Ausnahmefällen abgesehen) Rechtsbeziehungen nur zwischen den Auftraggebern und der Anwaltsgemeinschaft entstehen. Die Tatsache, daß der Notar, wie sich aus den Urkundsformularen ergibt, eine personengebundene Tätigkeit ausübt, ändert hieran nichts.
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung und nochmaligen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Bfin. hat mündliche Verhandlung beantragt. Es erschien dem Senat jedoch angezeigt, zunächst ohne eine solche zu entscheiden.
II. Urteil
Wegen der Sach- und Rechtslage wird auf den Bescheid vom 6. Dezember 1962 verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung beschränkte der Vertreter der Bfin. seine Ausführungen auf die Frage, ob der Freibetrag des § 7 a UStG der Bfin. nur einmal oder nach der Zahl der an ihr beteiligten Rechtsanwälte mehrmals zusteht. Er bat den Senat, nochmals zu prüfen, ob nicht eine Lösung gefunden werden könne, die eine einfachere technische Abwicklung der Geschäfte der Anwaltsgemeinschaften ermögliche. Die Benutzung besonderer Briefbogen für jeden der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Anwälte, die Einrichtung gesonderter Bank- und Postscheckkonten, vor allem aber eine getrennte Rechnungsführung, würden eine Erschwerung und Verteuerung der Geschäftsführung der Anwaltsgemeinschaften zur Folge haben. § 7 a UStG bezwecke, die freiberuflich Tätigen, insbesondere die klassischen freien Berufe, steuerlich zu entlasten. Man könne zweifeln, ob der Begriff des Unternehmers in § 7 a UStG genau ebenso zu verstehen sei wie in § 2 UStG. Man müsse auch beachten, daß in der Praxis der Bfin. -- im Gegensatz vielleicht zu mancher großen Anwaltspraxis -- das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen dem einzelnen Klienten und dem von ihm ausgewählten Anwalt eine ausschlaggebende Rolle spiele. Die eingehende Post werde auf die einzelnen Bearbeiter verteilt. Jede Sache werde grundsätzlich von dem hierfür zuständigen Anwalt bearbeitet. Das gelte besonders für die auf die einzelnen Anwälte aufgeteilten Sondergebiete (z. B. verwaltungsrechtliche Sachen, Steuersachen, Strafsachen). Eine Vertretung finde im allgemeinen nur in Routinesachen statt. Dieses Verfahren der Bfin. sei bei den Gerichten, bei denen die Anwälte der Bfin. auftreten, bekannt. Gegebenenfalls möge der Senat dem Finanzgericht aufgeben, hierüber Beweis zu erheben. Als Armenanwalt und als Pflichtverteidiger bestelle das Gericht nicht die Anwaltsgemeinschaft, sondern den einzelnen Anwalt. Auch die Tätigkeit als Notar müsse als außerhalb der Anwaltsgemeinschaft ausgeübt angesehen werden, weil sie personengebunden sei.
Hierzu ist folgendes zu bemerken: Technische Erleichterungen und die Verbilligung der Geschäftsführung sind keine Gründe, die die Rechtsfindung beeinflussen können. § 7 a UStG dient der steuerlichen Entlastung aller Unternehmer -- nicht bloß der freiberuflich Tätigen --, deren Gesamtumsatz eine bestimmte Höhe nicht übersteigt. Eine Vereinfachung für Buch- und Rechnungsführung wird durch die Vorschrift nicht bezweckt. Dem Vertreter der Bfin. kann auch darin nicht gefolgt werden, daß dem Begriff "Unternehmer" in § 7 a UStG eine von der allgemeinen Bestimmung dieses Begriffs in § 2 UStG abweichende Bedeutung zukomme. Es gibt für das gesamte Umsatzsteuerrecht nur einen einheitlichen Unternehmerbegriff. Vertrauensverhältnisse spielen bei persönlichen Leistungen oft eine erhebliche Rolle. Sie können aber, wenn der Vertrag eindeutig nicht mit einer Einzelperson, sondern mit einer Personengemeinschaft abgeschlossen wird, die Rechtslage nicht ändern. Nichts hindert die Mitglieder einer Personengemeinschaft, ihre Geschäfte so untereinander aufzuteilen, daß den Wünschen der Auftraggeber Rechnung getragen wird. Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn die auf den einzelnen Arbeitsgebieten anfallenden Sachen jeweils von den von vornherein dafür bestimmten Angehörigen der Gemeinschaft, die auf den betreffenden Arbeitsgebieten besondere Kenntnisse und Erfahrungen besitzen, wahrgenommen werden. Wird dagegen ausdrücklich und klar erkennbar nur ein bestimmter Anwalt der Anwaltsgemeinschaft persönlich vom Klienten oder (z. B. als Armenanwalt oder Pflichtverteidiger) vom Gericht mit der Wahrnehmung von Anwaltsaufgaben betraut, so tritt -- wie bereits im Bescheid dargelegt -- der betreffende Anwalt selbst als Unternehmer auf und kann daher (beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) die Vergünstigung des § 7 a UStG in Anspruch nehmen.
Der Senat sieht keinen Anlaß, die Rechtslage anders zu beurteilen, wenn einer Anwaltsgemeinschaft Anwälte angehören, die zugleich Notare sind und die anfallenden Notariatsgeschäfte wahrnehmen. Sind -- wie im Streitfalle -- innerhalb einer Anwaltsgemeinschaft mehrere Notare tätig, so wird es in vielen Fällen (z. B. bei Beglaubigungen oder bei Beurkundungen von geringer Bedeutung) dem Klienten gleichgültig sein, welcher Notar das Notariatsgeschäft vornimmt. Gehört zu der Anwaltsgemeinschaft nur ein Notar oder legt der Klient Wert darauf, daß ein bestimmter Notar den Notariatsakt vollzieht (ohne daß er ausdrücklich nur dem einzelnen Notar den Auftrag erteilt), so gilt dasselbe, was oben und im Bescheid zu dem Falle ausgeführt worden ist, daß Klienten das Tätigwerden eines bestimmten Anwalts der Anwaltsgemeinschaft wünschen. Der Notar wird dann im Rahmen der nach außen auftretenden Anwaltsgemeinschaft für diese tätig. Der Umstand, daß innerhalb einer im Rechtsverkehr nach außen auftretenden Gemeinschaft nur einzelne Personen rechtlich oder (und) tatsächlich die gewünschte Tätigkeit ausüben können, ist kein Grund, die Gemeinschaft als Unternehmer außer Betracht zu lassen. Wird z. B. eine Privatklinik im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben, der ein Arzt und ein Nichtarzt als Gesellschafter angehören, so ist bei entsprechendem Auftreten nach außen nur die Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Unternehmer, obwohl die ärztlichen Leistungen, auf die es dem Patienten ankommt, rechtlich und tatsächlich nur von dem Arzt bewirkt werden können. Für Anwaltsgemeinschaften, deren Mitglieder zum Teil auch Notare sind, kann nichts anderes gelten.
Der Vertreter der Bfin. hat sich zur Stützung der von ihm vorgetragenen Auffassung noch auf das Urteil des Bundesgerichtshofs III ZR 211/61 vom 29. April 1963 (Der Betriebs-Berater 1963 S. 711) berufen. Dieses Urteil kann auf den vorliegenden Fall schon deshalb keine Anwendung finden, weil es ganz aus der Sicht der Rechtsanwaltsgebührenordnung ergangen ist. Es muß daher bei der im Bescheid getroffenen Entscheidung verbleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 410942 |
BFHE 1964, 550 |