Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwand bei Dachgeschoßerneuerung eines Wohngebäudes
Leitsatz (NV)
Herstellungsaufwand kann vorliegen, wenn das Satteldach eines bisher zweieinhalbgeschossigen Wohngebäudes derart durch ein Flachdach ersetzt wird, daß durch Erhöhung der Außenwände ein drittes Obergeschoß entsteht, und dort gleichzeitig die Raumaufteilung geändert wird.
Normenkette
EStG §§ 21, 9
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger erbte 1971 ein 1896 erbautes zweieinhalbgeschossiges Mietwohnhaus, dessen Obergeschoß aus einer Mansarde bestand. Im Streitjahr ließ der Kläger an diesem Gebäude umfangreiche Bauarbeiten durchführen, wobei der ganz überwiegende Teil der Gesamtkosten von rund 70 000 DM auf Baumaßnahmen im Bereich des Dachgeschosses entfiel, das wie folgt umgestaltet wurde: Das reparaturbedürftige - schiefergedeckte - Satteldach, das wegen seiner Neigung von ca. 43 Grad mit Gauben ausgestattet war, wurde abgetragen. Durch die Erhöhung des 87,5 cm hohen Drempels auf 2,60 m hohe, mit Eternitschindeln verkleidete Außenwände und die Errichtung eines Flachdaches wurden die Dachschrägen beseitigt. In der aus mehreren kleinen Räumen bestehenden Mansarde wurden Innenwände abgerissen, eine Trennmauer geöffnet sowie ein Bad und eine Gasetagenheizung eingebaut. Hierdurch entstand eine Wohneinheit mit größeren Zimmern, einem Bad und einer Gasetagenheizung.
Die Geschoßfläche blieb von den Baumaßnahmen im wesentlichen unberührt. Der umbaute Raum verringerte sich geringfügig. In seinem äußeren Erscheinungsbild unverändert blieb ein turmähnlicher Gebäudeteil.
Die Beteiligten einigten sich über die steuerliche Behandlung eines Teilbetrages von rund 20 000 DM.
Die verbleibenden Aufwendungen der Dachgeschoßerneuerung in Höhe von rund 50 000 DM behandelte das FA als nachträgliche Herstellungskosten und lehnte somit den Antrag des Klägers ab, diese Aufwendungen nach § 82 b EStV auf fünf Jahre zu verteilen.
Die Klage und die Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Rechtsfehlerfrei hat das Finanzgericht (FG) die gesamten Aufwendungen des Klägers in Zusammenhang mit der Erneuerung der Dachkonstruktion und dem Umbau des Dachraumes als Herstellungskosten behandelt.
Herstellungskosten liegen vor, wenn durch Baumaßnahmen das betroffene Gebäude wesentlich in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder - von der üblichen Modernisierung abgesehen - über seinen bisherigen Zustand hinaus erheblich verbessert wird (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 22. August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672; Urteile vom 9. November 1976 VIII R 27/75, BFHE 121, 179, BStBl II 1977, 306, und vom 13. Dezember 1984 VIII R 273/81, BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394, m.w.N.). Dagegen ist in der Regel Erhaltungsaufwand gegeben bei Aufwendungen, welche die Wesensart des Gebäudes nicht verändern und das Gebäude in ordnungsgemäßem Zustand erhalten sollen sowie regelmäßig in ungefähr gleicher Höhe wiederkehren (vgl. BFH-Urteil vom 1. Februar 1983 VIII R 103/82, BB 1983, 1076).
Die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen von Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Diese dem FG obliegende Sachverhaltswürdigung ist im Revisionsverfahren nur beschränkt nachprüfbar. Der Nachprüfung entzogen sind Feststellungen, zu denen das FG zumindest kommen konnte, wenn es auch nicht zu ihnen kommen mußte (BFH-Urteil vom 9. März 1962 I 192/61 U, BFHE 74, 523, BStBl III 1962, 195).
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG zu dem Ergebnis gekommen ist, daß sich der Zustand des bis zum Umbau zweieinhalbgeschossigen Mietwohnhauses durch die Errichtung eines dritten Vollgeschosses und den Umbau im Dachraum wert- und nutzungsmäßig erheblich verbessert hat.
Zu Recht hat das FG auch den Umbau insgesamt als einheitliche Baumaßnahme gewürdigt. Die gesamten Einzelaufwendungen stellen Herstellungsaufwand dar, da alle Arbeiten im Dachgeschoß in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (BFH-Urteil vom 22. Februar 1973 VIII R 72/78, BFHE 109, 36, BStBl II 1973, 483, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 60860 |
BFH/NV 1986, 157 |